Normen
ABGB §7;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §8;
BAO §308 Abs1;
BDG 1979 §112;
B-VG Art119a;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FinStrG §167 Abs1;
GehG 1956 §13;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
ABGB §7;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §8;
BAO §308 Abs1;
BDG 1979 §112;
B-VG Art119a;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FinStrG §167 Abs1;
GehG 1956 §13;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben. Gleichzeitig wird die Beschwerde gegen diesen Verwaltungsakt gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen.
Begründung
Die Vorgeschichte des vorliegenden Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann zur Vermeidung von Wiederholungen dem hg. Beschluß vom 6. Juni 1991, Zl. 91/09/0048, entnommen werden. Mit diesem Beschluß hatte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Kapfenberg gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für öffentlich-rechtliche Bedienstete der steirischen Gemeinden vom 11. Feber 1991 gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt, weil die beschwerdeführende Partei dem ihr mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1991 erteilten Auftrag, den auf die Beschwerdeerhebung gerichteten Beschluß des zuständigen Stadtrates vorzulegen, nicht nachgekommen war.
Mit dem vorliegenden, am 15. Juli 1991 zur Post gegebenen Schriftsatz stellt die beschwerdeführende Stadtgemeinde fristgerecht den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1991 gesetzten Frist zur Ergänzung der Beschwerde. Begründend führt sie ins Treffen, die ergänzte Beschwerde sei am 29. April 1991 an den Verwaltungsgerichtshof abgesandt worden, wobei irrtümlicherweise vom Kanzleipersonal ihres Rechtsvertreters versehentlich der am selben Tage gefaßte Stadtratsbeschluß, auf den eigens gewartet worden sei, nicht beigelegt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Grund, an den Angaben im Wiedereinsetzungsantrag zu zweifeln. Ausgehend von diesem Sachverhalt ist der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus folgenden Erwägungen berechtigt:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 f zitierte Rechtsprechung). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit im Hinblick auf die Bestimmung des § 46 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nur in Betracht, wenn dem Antragsteller und seinem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist diesem nur dann als Verschulden anzulasten, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Unterläuft einem Angestellten erst nach der Unterfertigung eines fristgebundenen Schriftsatzes und nach Kontrolle desselben durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe ein Fehler, so stellt dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein unvorhergesehenes Ereignis dar (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1990, Zl. 90/16/0042). Die regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft diese rein manipulativen Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Rechtsanwalt nicht zumutbar, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen.
Diese in der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes enthaltenen Erwägungen kommen auch im vorliegenden Fall voll zum Tragen. Auch hier hat der bevollmächtigte Rechtsanwalt der antragstellenden Stadtgemeinde das für die fristgerechte Erstattung der Beschwerde Erforderliche vorgekehrt. Zur Versäumung der Beschwerdefrist kam es nur auf Grund des oben beschriebenen Versehens seiner Bürokraft, die anstelle des Beschlusses des Stadtrates jenen des Gemeinderates vom 27. Mai 1986 vorlegte, mit dem das in § 43 Abs. 2 lit. d der Stmk. Gemeindeordnung 1967 geregelte Beschlußrecht dem Stadtrat übertragen worden war.
Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eröffnet für den Antragsteller die letzte Möglichkeit in der Sache selbst vor einem unabhängigen Gericht Gehör zu erhalten. Deshalb dürfen in diesem Zusammenhang bei der Anwendung und Auslegung der für die Wiedereinsetzung maßgeblichen prozeßrechtlichen Vorschriften die Anforderungen daran nicht überspannt werden, damit der verfassungsrechtliche Anspruch des Betroffenen auf den Zugang zu einem Höchstgericht und auf Überprüfung der Rechtssache nicht abgeschnitten wird.
Da dem Antragsteller und seinem bevollmächtigten Vertreter ein Verschulden an der Versäumung somit nicht vorgeworfen werden kann, war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.
Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren nun gemäß § 46 Abs. 5 VwGG in jene Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Stadtgemeinde in der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde auf Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Bestimmung des § 68 Abs. 4 lit. a AVG durch die belangte Disziplinaroberkommission für öffentlich-rechtliche Bedienstete der steirischen Gemeinden in dem Recht, die Enthebung vom Dienst für Revierinspektor W, Sicherheitswachebeamter der Stadt Kapfenberg, und die Herabsetzung seines Monatsbezuges auf zwei Drittel für die Dauer seiner Enthebung vom Dienst auszusprechen, verletzt.
Daraus erhellt, daß es sich bei der vorliegenden Beschwerde um eine Parteibeschwerde wegen Verletzung subjektiver Rechte nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, nicht aber um eine sogenannte Gemeindebeschwerde gemäß Art. 119a B-VG handelt. Gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG hat die Gemeinde in aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde vor dem Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 und 132) Beschwerde zu führen. Diese Verfassungsbestimmung gewährleistet in Verbindung mit Art. 116 Abs. 1 B-VG der Gemeinde ein subjektives Recht auf Selbstverwaltung und demzufolge einen Abwehranspruch gegenüber rechtswidrigen, AUFSICHTSBEHÖRDLICHEN Verwaltungsakten.
Bei dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid handelt es sich jedoch um keinen Bescheid einer Gemeindeaufsichts-(Vorstellungs-)behörde, sondern um den Bescheid einer Disziplinarbehörde, deren Mitglieder in Ausübung ihres Amtes selbständig und unabhängig sind. Parteien im Disziplinarverfahren sind der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von demjenigen erhoben werden, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf die vorgenannte Verfassungsbestimmung gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Ein solches Recht liegt nur dann vor, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seiner EIGENEN Interessenssphäre betroffen wurde (vgl. VwSlg. 10511/A).
Mißt man die Beschwerde an diesem Erfordernis, so ist die Beschwerdelegitimation im vorliegenden Falle zu verneinen, weil dem angefochtenen Bescheid nicht die Eignung zukommt, EIGENE RECHTE DER BESCHWERDEFÜHRENDEN STADTGEMEINDE zu verletzen. Das bloß WIRTSCHAFTLICHE Interesse der beschwerdeführende Stadtgemeinde an der Enthebung des in ihren Diensten stehenden Revierinspektors W vom Dienst und an seiner Bezugskürzung auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung ist hingegen mit dem zur Begründung der Beschwerdelegitimation erforderlichen RECHTLICHEN Interesse nicht gleichzusetzen (vgl. die bei Dolp-Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 416f zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes).
Die vorliegende Beschwerde mußte daher, ohne daß auf das meritorische Vorbringen der beschwerdeführenden Stadtgemeinde eingegangen werden konnte, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen werden.
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