VwGH 91/09/0023

VwGH91/09/002325.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 17. Dezember 1990, Zl. LDK 40/10-H, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §126 Abs2;
BDG 1979 §14 Abs1 Z1;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs2;
BDG 1979 §44;
BDG 1979 §52;
BDG 1979 §91;
LDG 1984 §12 Abs1 Z1;
LDG 1984 §12 Abs3;
LDG 1984 §19;
LDG 1984 §21;
LDG 1984 §30 Abs1;
LDG 1984 §30 Abs2;
LDG 1984 §30;
LDG 1984 §36;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §70 Abs1;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §95 Abs2;
StGB §6 Abs1;
StGB §9 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
BDG 1979 §126 Abs2;
BDG 1979 §14 Abs1 Z1;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs2;
BDG 1979 §44;
BDG 1979 §52;
BDG 1979 §91;
LDG 1984 §12 Abs1 Z1;
LDG 1984 §12 Abs3;
LDG 1984 §19;
LDG 1984 §21;
LDG 1984 §30 Abs1;
LDG 1984 §30 Abs2;
LDG 1984 §30;
LDG 1984 §36;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §70 Abs1;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §95 Abs2;
StGB §6 Abs1;
StGB §9 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der beantragten Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahre 1957 geborene Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol; ihre Dienststelle ist die Hauptschule R in Innsbruck.

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung die Beschwerdeführerin nach durchgeführter mündlicher Verhandlung mit Erkenntnis vom 10. Juli 1990 schuldig erkannt, sie hätte die ihr nach § 29 Abs. 1 und 2 sowie § 30 Abs. 1, § 35 Abs. 1 und 2 und § 36 LDG 1984 obliegenden Dienstpflichten dadurch verletzt, daß sie

a) die Weisung vom 7. September 1989, sich bis 11. September 1989, 08.00 Uhr bei der Direktion der Hauptschule X-Straße vorzustellen, nicht befolgt hätte,

b) in der Zeit vom 11. bis 18. September 1989 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei und

c) die Weisung vom 1. September 1989, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, nicht befolgt hätte. Gemäß § 70 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 war über die Beschwerdeführerin die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt worden.

Die Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung als Disziplinarbehörde zweiter Rechtsstufe gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 17. Dezember 1990 der Berufung der Beschwerdeführerin, in der sie die Annahme der ihr in den beiden Schuldsprüchen a) und b) zur Last gelegten beiden Dienstpflichtverletzungen deshalb als rechtswidrig bezeichnete, weil sie die mit Wirkung vom 11. September 1989 ausgesprochene vorübergehende Zuweisung iSd § 21 LDG 1984 zur Hauptschule X-Straße in Innsbruck für eine Versetzung iSd § 19 leg. cit. gehalten habe und solcherart einem Rechtsirrtum unterlegen sei und zum Schuldspruch c) die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung in Zweifel zog, keine Folge. Zur Begründung führte die Rechtsmittelbehörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, der Beschwerdeführerin sei am 1. September 1989, mittags, durch den Schulwart der Hauptschule R ein Schreiben des Stadtmagistrates Innsbruck vom 1. September 1989 zugestellt worden. Danach habe die Beschwerdeführerin bereits dreimal einen Termin für eine amtsärztliche Untersuchung nicht wahrgenommen, weshalb ihr unter Hinweis auf § 36 LDG 1984 die Weisung erteilt worden sei, sich am 7. September 1989 einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Am 9. September 1989, 08.40 Uhr, sei der Beschwerdeführerin ein weiteres Schreiben des Stadtmagistrates Innsbruck durch den Schulwart zugestellt worden. Mit diesem Schreiben sei die Beschwerdeführerin gemäß § 21 LDG 1984 mit Wirkung vom 11. September 1989 unter der Begründung, daß an der Hauptschule R mehrere Lehrpersonen überzählig seien, vorübergehend der Hauptschule X-Straße zur Dienstleistung zugewiesen worden. Sie sei weiters angewiesen worden, sich spätestens am 11. September 1989, 08.00 Uhr bei der Direktion der genannten Schule vorzustellen. Auch sei ihr mitgeteilt worden, daß beabsichtigt sei, sie an die Hauptschule X-Straße zu versetzen. Die Beschwerdeführerin sei weder zu der für 7. September 1989 festgesetzten ärztlichen Untersuchung erschienen, noch habe sie sich am 11. September 1989, 08.00 Uhr, bei der Direktion der Hauptschule X-Straße vorgestellt. Vielmehr habe sie in der Zeit vom 11. bis 18. September 1989 ihren Dienst wie bisher - entgegen der vorübergehenden Zuweisung an die Hauptschule X-Straße - an der Hauptschule R versehen. Da von der Beschwerdeführerin zugestanden werde, sich trotz der ihr erteilten Weisung nicht bei der Direktion der Hauptschule X-Straße vorgestellt und dort auch nicht trotz vorübergehender Zuweisung den Dienst vom 11. bis zum 18. September 1989 versehen zu haben, stünden die der Beschwerdeführerin in den Punkten a) und b) des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen in objektiver Hinsicht als erwiesen fest. Bestritten werde diesbezüglich lediglich das Vorliegen der subjektiven Tatseite. Die Beschwerdeführerin sei nämlich der irrigen Rechtsansicht unterlegen gewesen, daß es sich bei der vorübergehenden Zuweisung gemäß § 21 LDG 1984 um eine Versetzung iSd § 19 LDG 1984 gehandelt habe. Auf Grund dieses Rechtsirrtums liege ein Schuldausschließungsgrund vor. Dieser Ansicht der Beschwerdeführerin sei entgegenzuhalten, daß für die Beschwerdeführerin bei genauem Durchlesen des Schreibens des Stadtmagistrates Innsbruck vom 7. September 1989 durchaus erkennbar gewesen wäre, daß sie mit Wirkung vom 11. September 1989 lediglich gemäß § 21 LDG 1989 der Hauptschule X-Straße zur Dienstleistung zugewiesen und nicht dorthin versetzt worden sei. In diesem Schreiben sei nämlich ausdrücklich von einer vorübergehenden Zuweisung gemäß § 21 LDG 1984 die Rede. Wesentlich sei jedoch, daß der Beschwerdeführerin in einem auch mitgeteilt worden sei, daß beabsichtigt sei, sie an die Hauptschule X-Straße zu versetzen. Dabei sei sie auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß es ihr freistehe, gemäß § 19 Abs. 5 LDG 1984 gegen die Versetzung Einwendungen zu erheben. Zusammenfassend ergebe sich daraus, daß in dem Schreiben des Stadtmagistrates Innsbruck die beiden Begriffe "vorübergehende Zuweisung" und "Versetzung" klar auseinandergehalten worden seien. Auch aus der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin unmittelbar nach Zustellung dieses Schreibens Berufung erhoben habe, lasse sich nichts gewinnen. Eine solche Berufung wäre der Beschwerdeführerin nur gegen eine gegen sie mit Bescheid gemäß § 19 LDG 1984 verfügte Versetzung zugestanden. Diesfalls hätte die Berufung auch aufschiebende Wirkung gehabt. Schließlich könne auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie hätte von dem von ihr mit der gegenständlichen Angelegenheit betrauten Tirolredakteur der Tageszeitung "M", G, den Rat erhalten, ihren Dienst ungeachtet des Schreibens des Stadtmagistrates Innsbruck wie bisher an der Hauptschule R fortzusetzen, nicht als schuldbefreiend gewertet werden. Wie bereits im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis dazu ausgeführt worden sei, wäre es der Beschwerdeführerin durchaus zumutbar gewesen, Rechtsauskünfte in dienstrechtlichen Angelegenheiten bei den ihr ohnedies aus zahlreichen Schriftwechseln bekannten zuständigen Behörden einzuholen. Unrichtige Auskünfte von anderen Stellen müßten jedenfalls zu Lasten der Beschwerdeführerin selbst gehen. Wenn die Beschwerdeführerin bezüglich des Schuldspruches c) die von der Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe erfolgte Abweisung des Antrages auf Einvernahme der Amtsärztin Dr. Z dazu, daß keine wie immer geartete Gründe vorgelegen seien, um die Beschwerdeführerin zur amtsärztlichen Untersuchung zu überweisen, rüge, so sei ihr entgegenzuhalten, daß gemäß § 36 LDG 1984 sich ein Landeslehrer auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen habe, wenn berechtigte Zweifel an seiner für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen körperlichen oder geistigen Eignung bestehen. Die Beschwerdeführerin irre nun, wenn sie vermeine, es hätte nur von fachkundiger Seite das Bestehen oder das Nichtbestehen berechtigter Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen körperlichen oder geistigen Eignungen festgestellt werden können. Aufgabe der ärztlichen Untersuchung iSd § 36 LDG 1984 könne lediglich sein, Befund und Gutachten darüber zu erstellen, ob tatsächlich die erforderliche körperliche oder geistige Eignung vorliege. Die Beurteilung der Frage, ob berechtigte Zweifel vorliegen, um eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, komme hingegen der zuständigen Dienstbehörde zu. Solle auch auf Grund des Ergebnisses einer behördlich angeordneten amtsärztlichen Untersuchung feststehen, daß die körperliche und geistige Eignung für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben vorliege, so bedeute dies lediglich, daß die Zweifel der Behörde unbegründet gewesen seien. Nicht hingegen bedeute es, daß der Behörde nicht tatsächlich derartige Zweifel entstanden sein konnten. Bereits mit Schreiben des Stadtmagistrates Innsbruck vom 10. Mai 1989 sei die Magistratsabteilung VII - Gesundheitsamt um Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin ersucht worden. Dieses Ersuchen sei unter Hinweis auf die häufigen Krankmeldungen sowie unter Hinweis auf eine 15-seitige Entgegnung der Beschwerdeführerin an den Bezirksschulrat aus Anlaß einer von ihm erteilten Weisung zur verpflichtenden Teilnahme an Fachkoordinationskonferenzen erfolgt. Auf Seite 12 dieser Entgegnung habe die Beschwerdeführerin häufige Schwindelanfälle beklagt. Weiters habe sie darin ausgeführt:

"Ich kann mich nämlich nicht ständig zusätzlich nervlich belasten lassen, da ich durch meine Lehrtätigkeit in einer sehr schwierigen dritten LG und dem 'Unterfach' BE genug belastet bin. Ein zweiter Rieser soll wohl nicht gezüchtet werden". Aus diesen Ausführungen der Beschwerdeführerin ergebe sich, daß die von der Dienstbehörde veranlaßte ärztliche Untersuchung zu Recht erfolgt sei. Im übrigen werde wohl gerade bei Lehrpersonen hinsichtlich der Beurteilung, ob berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen körperlichen oder geistigen Eignung bestehen, auf Grund der ihnen zukommenden Verantwortung bei der Erziehung und Bildung von Schulkindern ein eher strenger Maßstab anzuwenden sein. Daraus ergebe sich, daß der Schuldvorwurf bezüglich des Schuldspruches c) zu Recht erhoben worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Disziplinarverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, nicht der ihr zur Last gelegten drei Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Sie trägt hiezu zu den beiden Schuldsprüchen a) und b) unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Einklang mit ihrem Vorbringen im Administrativverfahren vor, die belangte Behörde habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dargetan, warum für die rechtlich nicht gebildete Beschwerdeführerin die beiden Begriffe "vorübergehende Zuweisung" und "Versetzung" ohne Schwierigkeiten auseinanderzuhalten gewesen wären. Sie übergehe dabei völlig, daß die Weisung an einem Samstag (9. September 1989) zugestellt worden sei und daß bereits am darauffolgenden Montag morgens (11. September 1989) der Weisung Folge geleistet hätte werden müssen, daß also der Beschwerdeführerin die Einholung einer Rechtsauskunft nicht möglich gewesen sei. Unwiderlegt sei, daß die Beschwerdeführerin erst unmittelbar vor der Disziplinarverhandlung vom 26. Juni 1990 von ihrem auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesenen Rechtsfreund über diese Unterscheidung aufgeklärt worden sei. Wäre dazu noch der Redakteur G einvernommen worden, so wäre klar geworden, daß sich die Beschwerdeführerin in einer verfehlten, d.h. irrtümlichen Rechtsvorstellung befunden habe:

Auf Grund eines Gespräches mit der Beschwerdeführerin habe der genannte Redakteur Hofrat Dr. E die Sache so vorgetragen, als wäre es zu einer Versetzung gekommen. Der genannte Beamte habe daher hinsichtlich einer Versetzung die rechtlich richtigen Ratschläge gegeben. Hätte er gewußt, daß es sich nur um eine vorläufige Zuweisung gehandelt habe, so hätte er selbstverständlich nicht geraten, täglich in der Hauptschule R den Dienst anzutreten.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Gemäß § 69 LDG 1984 sind Landeslehrer, die schuldhaft ihre Dienstpflichten verletzen, nach den Bestimmungen des 7. Abschnittes zur Verantwortung zu ziehen. Niemand darf bestraft werden, wenn seine Schuld nicht erwiesen ist ("nulla poena sine culpa"). Schuldhaft verletzt ein Landeslehrer seine Dienstpflichten nur dann, wenn er ihnen entweder vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt. Zur Feststellung einer Dienstpflichtverletzung gehört der Nachweis, der Landeslehrer habe im Bewußtsein (Wissen), pflichtwidrig zu handeln oder unter Außerachtlassung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt gegen seine ihm auferlegten Pflichten verstoßen. Dazu kommt, daß die Feststellung der Schuldform (Grad des Verschuldens) vor allem für die Schwere der Dienstpflichtverletzung und damit für die Bemessung der Disziplinarstrafe (§ 71 Abs. 1 erster Satz LDG 1984) entscheidend ist.

Das Disziplinarrecht bezweckt die Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes und erfüllt eine dem Interesse der Allgemeinheit dienende Ordnungsfunktion. Anders als im Strafrecht, wo moralische Wertung, Vergeltung und Sühne im Vordergrund stehen, sind im Disziplinarrecht die Ahndungsgesichtspunkte vorwiegend die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetriebes. Durch eine Disziplinarstrafe soll der der Disziplinargewalt Unterworfene entweder an seine dienstlichen Pflichten gemahnt und angehalten werden, diese Pflichten künftig zuverlässig zu erfüllen oder, wenn er schuldhaft in seinem Dienstverhältnis untragbar geworden ist, im Wege der Entlassung aus dem Dienstverhältnis entfernt werden.

Unter Schuld ist dabei die "Vorwerfbarkeit der Tat mit Rücksicht auf die darin liegende zu mißbilligende Gesinnung des Täters" zu verstehen, die nach neuerer Auffassung drei Komponenten:

a) das biologische Schuldelement, d.h. der Täter muß voll zurechnungsfähig sein;

b) das psychologische Schuldelement, d.h. der Täter muß vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben und

c) das normative Schuldelement, d.h. dem Täter muß zugemutet werden können, daß er sich rechtmäßig verhält" ( so ausdrücklich die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum BDG 1977, 500 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR, 14. GP, zu § 51, Seite 82) umfaßt (vgl. im Zusammenhang die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/09/0025, und vom 21. Feber 1991, Zl. 90/09/0171).

Das BDG 1979 enthält keine eigene Definition, was unter den beiden Schuldformen "Vorsatz" und "Fahrlässigkeit" zu verstehen ist. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft das BDG 1979 mangels erkennbarer Abweichung an jenes Begriffsverständnis an, das seinen positiv-rechtlichen Niederschlag im StGB (§§ 5 und 6) gefunden hat, zumal auch das in die Betrachtung gleichfalls einzubeziehende VStG 1950 die Schuldformen nicht umschreibt und diese von Lehre und Judikatur für den Anwendungsbereich des VStG 1950 im Sinne des StGB ausgelegt werden (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 4. Auflage, Rz. 738 ff, Seite 265 ff; zu dieser Auslegung des BDG 1979 siehe schon Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S. 141 ff).

Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß die Beschwerdeführerin durch die in beiden oben wiedergegebenen Schuldsprüchen a) und b) näher bezeichneten Unterlassungen objektiv gegen dienstlich bindende Anordnungen verstoßen hat. Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin diesbezüglich schuldhaftes Verhalten anzulasten ist oder ob ihr ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihr die beiden ihr zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ.

Nach der Meinung der Beschwerde liegt ein entschuldbarer Irrtum vor. Die Entschuldbarkeit dieses Irrtums werde von der Behörde zu Unrecht verneint. Für die Beschwerdeführerin bestanden keine Zweifel über die Richtigkeit ihres Verhaltens. Sie habe sich auf eine Rechtsauskunft des zuständigen Beamten, Hofrat Dr. E, gestützt, in welcher dem für sie anfragenden Redakteur des "Tiroler M" ausdrücklich bekannt gegeben worden sei, sie solle sich weiterhin an der Hauptschule R zu Dienstleistung einfinden.

Bei der Beurteilung der der Beschwerdeführerin nach ihren persönlichen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt ist zu bedenken, daß ihr als Hauptschullehrerin der dienstrechtliche Unterschied zwischen "vorübergehender Zuweisung" und "Versetzung" nicht unbekannt sein sollte. Die Unkenntnis eines im Bundesgesetzblatt kundgemachten Bundesgesetzes über das Dienstrecht der Landeslehrer muß einer Hauptschullehrerin als Verschulden zugerechnet werden (vgl. Kucsko-Stadlmayer, op. cit. S 150 f).

Der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegende und vom Leiter der Abteilung II des Stadtschulamtes unterfertigte Dienstauftrag vom 7. September 1989, dessen Nichtbeachtung der Beschwerdeführerin in den beiden Schuldsprüchen a) und b) zur Last gelegt wird, lautet:

"Sehr geehrte Frau NÜ

Die Weisung vom 1.9.1989, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, haben Sie mit einem als vollkommen unsachlich zurückweisenden Schreiben an den Unterfertigten abgetan. Beim Amtsarzt sind Sie nicht erschienen. Aus diesem Grunde hat der Stadtmagistrat beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. IVa, über dieses Dienstvergehen Meldung erstattet.

Da an der Hauptschule R mehrere Lehrpersonen überzählig sind, werden Sie hiemit gem. § 21 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes BGBl. 302/1984, mit Wirkung vom 11.9.1989 vorübergehend der Hauptschule X-Straße zur Dienstleistung zugewiesen. Sie werden hiemit angewiesen, sich spätestens 11.9.1989, 8.00 Uhr, bei der Direktion der genannten Schule vorzustellen.

Gleichzeitig teilt Ihnen der Stadtmagistrat mit, daß es beabsichtigt ist, Sie an die HS X-Straße zu versetzen. Gem. § 19 Abs. 5 LDG steht es Ihnen zu, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens beim Stadtschulamt gegen die beabsichtigte Versetzung Einwendungen vorzubringen."

Sind dienstliche Weisungen, wie hier von einem zuständigen Organ eindeutig erteilt und verstößt ihre Befolgung nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften, so sind sie grundsätzlich bindend und können nicht aus eigener Beurteilung als ungerechtfertigt oder unzumutbar zurückgewiesen werden. Ungehorsam drückt sich normalerweise in der gezielten Ablehnung oder in der nachlässigen Außerachtlassung einer Anordnung auf Grund bedingten Vorsatzes oder Fahrlässigkeit aus. Durch einen solchen Ungehorsam verletzt der Beamte schuldhaft seine Dienstpflichten, es sei denn, daß ihm die Rechtswidrigkeit der Weisung als Rechtfertigungsgrund für sein Verhalten zugute zu halten ist. Nicht kommt es darauf an, aus welchen persönlichen Gründen die Befolgung der Weisung unterlassen wird, ob aus Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit, Vergeßlichkeit, sachlicher Kritik an der Zweckmäßigkeit, Rechthaberei, wegen Unzumutbarkeit o.ä..

Dadurch, daß die Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen nach Erhalt dieses Dienstauftrages sich nicht bei der Direktion der Hauptschule X-Straße zur Dienstleistung eingefunden hat, hat sie ihre Pflichten, die sich aus § 30 LDG 1984 ergeben, objektiv verletzt, wobei die Gehorsamspflicht eine der tragenden Pflichten des Landeslehrerdienstverhältnisses ist. Die Beschwerdeführerin hat auch schuldhaft gehandelt. Denn das Stadtschulamt hatte ihr mit dem oben wiedergegebenen Dienstauftrag vom 7. September 1989 genau mitgeteilt, aus welchen Gründen und auf Grund welcher gesetzlicher Bestimmung die Beschwerdeführerin verpflichtet ist, sich nach Weisung dieser Behörde zur Dienstleistung bei der Direktion der Hauptschule X-Straße einzufinden. Dieser Pflicht ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen ohne daß Gründe iSd § 9 StGB vorgelegen wären, nach denen dem behaupteten Rechtsirrtum Relevanz zugekommen wäre; sie hat damit die Gefahr einer disziplinarrechtlichen Verfolgung in Kauf genommen, weshalb das Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums hinsichtlich DIESER WEISUNG zu Recht verneint wurde. Der Frage des Irrtums bzw. entschuldbaren Irrtums zwischen den Begriffen "vorübergehende Zuweisung" iSd § 21 LDG 1984 und "Versetzung" iSd § 19 LDG 1984 kommt daher, wie die belangte Behörde zu Recht dargelegt hat, keine Relevanz zu.

Der belangten Behörde ist daher keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie in der Unterlassung der Beschwerdeführerin, ihren Dienst bei der Hauptschule X-Straße anzutreten, eine schuldhafte Verletzung der von Dienstvorgesetzten erlassenen verbindlichen Pflichtenregelung als gegeben annahm (Schuldsprüche a) und b)).

Ebensowenig kommt der zum Schuldspruch c) erhobenen Verfahrensrüge, es sei zum Beweisthema "daß keine wie immer gearteten Gründe vorlagen, um die Beschuldigte zur amtsärztlichen Untersuchung zu überweisen", die beantragte Vernehmung der Amtsärztin Dr. Z als Zeugin unterblieben worden, Berechtigung zu.

Gemäß dem zur Rechtsgrundlage dieses Schuldspruches erhobenen § 36 LDG 1984 hat sich ein Landeslehrer auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wenn berechtigte Zweifel an seiner für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen körperlichen oder geistigen Eignung bestehen. Zweck der ärztlichen Untersuchung ist die Feststellung, ob die erforderliche körperliche oder geistige Eignung beim Landeslehrer zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben vorliegt oder nicht.

Bereits auf Grund dieser Vorschrift bestand somit die Pflicht der Beschwerdeführerin, die nach den Schreiben vom 1. September 1989 bereits dreimal vergeblich zur amtsärztlichen Untersuchung bestellt war, sich untersuchen zu lassen. Weiterhin hat nach § 30 Abs. 1 LDG 1984 der Landeslehrer die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen (Gehorsamspflicht).

Durch die Statuierung der Dienstpflicht, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wird der Dienstbehörde ein wirksames Mittel zur Klärung der (Vor-)Frage in die Hand gegeben, ob festgestellte Mängel in der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben des Landeslehrers in seiner (unverschuldeten) mangelnden körperlichen oder geistigen Eignung ihren Grund haben oder ihm als Verschulden zuzurechnen sind, und ob dementsprechend nach § 12 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 3 LDG 1984 vorzugehen ist oder Disziplinarmaßnahmen in die Wege zu leiten sind.

Mit seinem Eintritt in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis übernimmt der Landeslehrer im Rahmen des hiedurch entstehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses unter anderem die in § 36 LDG 1984 normierte Verpflichtung (arg.: "hat sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen"), sich ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel über seine Dienstfähigkeit bestehen. Da der Eintritt in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis freiwillig erfolgt, der Landeslehrer die ihn aus dem Dienst- und Treueverhältnis treffenden Pflichten also freiwillig übernimmt und der Dienstgeber sowie die Allgemeinheit ein besonderes Interesse daran haben, daß die aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Dienstpflichten nicht von Landeslehrern wahrgenommen werden, die infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten nicht fähig sind, sind die im Beschwerdefall von der Dienstbehörde getroffene schriftliche Anordnung vom 1. September 1989 und die ihr zugrundeliegende gesetzliche Regelung grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden.

Letztlich entscheidend ist daher, ob im Beschwerdefall Umstände vorlagen, aus denen sich berechtigte Zweifel über die Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin ergaben. Berechtigte Zweifel über die Dienstfähigkeit eines Landeslehrers bestehen dann, wenn die Dienstbehörde kein klares Bild darüber gewinnen kann, ob Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit des Landeslehrers gegeben ist. Das ist hier aus den im angefochtenen Bescheid oben dargelegten Gründen der Fall. Dieser, den angefochtenen Bescheid stützenden Sachverhaltsannahme vermag die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Ob diese Zweifel berechtigt oder begründet sind oder nicht, soll gerade durch die ärztliche Untersuchung festgestellt werden. Die zeugenschaftliche Einvernahme des die Untersuchung durchführenden Amtsarztes im Disziplinarverfahren kann sich daher nicht darauf erstrecken, den Berechtigungsgrad behördlicher Zweifel zu ergründen.

Die an die Beschwerdeführerin gerichtete schriftliche Weisung der Dienstbehörde vom 1. September 1989, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ist klar und unmißverständlich. Verweigert der solcherart angewiesene Landeslehrer den Gehorsam, so handelt er pflichtwidrig. Sind dienstliche Weisungen erteilt, so sind sie nach Maßgabe des § 30 LDG 1984 grundsätzlich bindend und können nicht aus eigener Beurteilung als ungerechtfertigt oder unzumutbar zurückgewiesen werden.

Da die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aus den oben dargelegten Gründen nicht erkannt werden konnte, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

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