Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. April 1991 schrieb die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse der mitbeteiligten Partei gemäß § 113 Abs. 2 ASVG als Dienstgeber im Sinne des § 35 leg. cit. einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 10.000,-- vor. Nach der Begründung würden für die Dienstnehmer des Betriebes der mitbeteiligten Partei die Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren abgerechnet. Die mitbeteiligte Partei habe sich in der mit ihr im Sinne des § 62 Abs. 2 abgeschlossenen Vereinbarung verpflichtet, die Beitragsgrundlagennachweise für die im vergangenen Jahr gemeldeten Versicherten unter Zuhilfenahme einer EDV-Anlage selbst zu erstellen und bis Ende Februar eines jeden Jahres der Kasse zu übermitteln. Die Beschwerdeführerin sei auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet, die Beitragsgrundlagen aller Versicherten termingerecht an die Versicherungsdatei des Hauptverbandes zu melden, da daraus die Aufwertungszahl für Zwecke der jährlichen Pensionsanpassung ermittelt werde. Durch die nicht rechtzeitige Einsendung der Nachweise entstünden der Beschwerdeführerin erhebliche Verwaltungsmehrkosten (Erinnerungsschreiben - Mahnung sowie allenfalls Neuerstellung und Zusendung der Beitragsgrundlagennachweis-Listen). Überdies könnten verspätet bekanntgegebene Beitragsgrundlagen nur in Form einer zeit- und kostenaufwendigen Sonderverarbeitung an den Hauptverband nachgemeldet werden. Die Beitragsgrundlagennachweise für das Jahr 1990 seien der Kasse trotz Urgenz vom 26. März 1991 bis zum heutigen Tag nicht zugekommen. In Anbetracht des wegen der Anzahl der versicherten Dienstnehmer der mitbeteiligten Partei gegebenen Verwaltungsmehraufwandes habe die beschwerdeführende Kasse daher nach pflichtgemäßem Ermessen innerhalb des in § 113 Abs. 2 ASVG vorgesehenen Rahmens einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 10.000,-- verhängt.
Die mitbeteiligte Partei erhob Einspruch, wobei sie im wesentlichen vorbrachte, am 1. Oktober 1990 36 Filialen der Firma L übernommen zu haben. Diese Filialen würden zwar separat als eigene Firma geführt, jedoch in der zentralen Personalverrechnung des Unternehmens der Mitbeteiligten mitabgerechnet. Um die Beitragsgrundlagennachweise gesondert aufzeigen zu können, habe ein eigenes Datenband erstellt werden müssen, was erst nach einigen Schwierigkeiten gelungen sei. Dadurch bedingt sei es zu den Verzögerungen gekommen.
In ihrem Vorlagebericht an die belangte Behörde verwies die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse darauf, daß die mitbeteiligte Partei nachweislich am 18. Dezember 1989 über die Verkürzung der Abgabefrist von "längstens 15. März" auf "spätestens Ende Februar" informiert worden sei. Da weder die Beitragsgrundlagennachweis-Listen für das Jahr 1990 noch der Datenträger (Magnetband) bis Ende Februar 1991 bei der Beschwerdeführerin eingelangt seien, habe diese am 26. März 1991 die mitbeteiligte Partei unter Setzung einer Nachfrist von 8 Tagen schriftlich an ihre Meldepflicht erinnert. Die Nachfrist sei am 5. April 1991 abgelaufen. Erst am 16. April 1991 seien die entsprechenden Listen und der dazugehörige Datenträger bei der Beschwerdeführerin eingelangt. Das Einspruchsvorbringen der mitbeteiligten Partei sei nicht geeignet, eine Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides herbeizuführen, da der Dienstgeber verpflichtet sei, für die Einhaltung der gesetzlichen Meldevorschriften in ausreichendem Maße unter allen Umständen Sorge zu tragen. Der mitbeteiligten Partei habe schon bei Übernahme der 36 Filialen bekanntgewesen sein müssen, daß sie die Jahresbeitragsgrundlagen getrennt unter verschiedenen Dienstgeberkontonummern zu erstellen habe. Schon ab diesem Zeitpunkt hätte die mitbeteiligte Partei entsprechende Vorbereitungen treffen können. Außerdem hätte sie - bei Erkennen der administrativen Schwierigkeiten - rechtzeitig von der mit der Beschwerdeführerin geschlossenen Vereinbarung zurücktreten und die Beitragsgrundlagennachweise von dieser anfordern können.
In der weiteren Folge ihrer Ausführungen verwies die beschwerdeführende Kasse auf die Verwaltungsmehrkosten, die durch verspätet einlangende Beitragsgrundlagen entstünden:
eigener EDV-Mahnlauf, Zustellung der Mahnung mittels Rückscheinbrief, eigener EDV-Bescheidlauf, Zustellung des Bescheides mittels Rückscheinbrief, separater Datenträgerlauf mit Vortest und Nachmeldung an den Hauptverband. Auf der derzeitigen Basis des Stundensatzes einer vollen Stunde EDV-Maschinenzeit ergebe sich ein Betrag in der Höhe von S 10.200,--. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß eine separate Datenträgerverarbeitung für 2.314 Versicherte erforderlich gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch der mitbeteiligten Partei teilweise Folge gegeben und der Beitragszuschlag auf einen Betrag in der Höhe von S 5.000,-- herabgesetzt. Nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesstelle des bisherigen Verfahrensgeschehens begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß "im Hinblick auf die besondere Lage des gegenständlichen Falles" der Beitragszuschlag auf den Betrag von S 5.000,-- herabzusetzen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Verhängung eines Beitragszuschlages im Ausmaß der gesetzlichen Höchstgrenze sei der belangten Behörde nicht gerechtfertigt erschienen, da die Verzögerung nicht ausschließlich auf Verschulden der mitbeteiligten Partei, sondern auch auf Schwierigkeiten zurückzuführen gewesen sei, die durch den Erwerb einer nicht eben unbeträchtlichen Anzahl von Filialen der Firma L veranlaßt worden sei.
Die mitbeteiligte Partei hat keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Bescheide sind nach § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage ist nach § 60 AVG in der Begründung klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht in ausreichendem Maße gerecht, zumal er nicht einmal andeutungsweise ausführt, worin die "besondere Lage des gegenständlichen Falles" liegt. Was die Ausführungen in der Gegenschrift anlangt, so ist darauf zu erwidern, daß selbst ausführliche Darlegungen in dieser fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 10. September 1980, Zl. 2244/79).
Hindert eine Begründungslücke die Nachprüfung des Bescheides auf die inhaltliche Gesetzmäßigkeit, dann hat die Behörde durch die unzulängliche Begründung Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. z.B. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 600 f, wiedergegebene Rechtsprechung).
Auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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