VwGH 91/08/0105

VwGH91/08/010517.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Roswitha H in O, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den auf Grund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 12. März 1991, IVa-ALV-7022-4-B/3211 070360/Vöcklabruck, betreffend Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter gemäß § 39 AlVG, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §39 Abs2 idF 1983/594;
B-VG Art7;
MeldeG 1972 §7 Abs1;
StGG Art2;
AlVG 1977 §39 Abs2 idF 1983/594;
B-VG Art7;
MeldeG 1972 §7 Abs1;
StGG Art2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Arbeitsamtes Vöcklabruck vom 28. September 1989 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. August 1989 auf Gewährung der Notstandshilfe für alleinstehende Mütter gemäß § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 2 lit. c ALVG 1977 mangels Notlage keine Folge gegeben. Diesem Bescheid lag der Sachverhalt zugrunde, daß die Beschwerdeführerin mit dem Vater ihrer Tochter Romana (aus Anlaß von deren Geburt am 2. September 1989 die Beschwerdeführerin Sondernotstandshilfe beantragte) in O gemeinsam wohnte und gemeldet war, sowie ferner, daß der Kindesvater im August 1989 ein Nettoeinkommen von S 13.573,76 hatte. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1990 keine Folge gegeben. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0127, als unbegründet abgewiesen. Hingegen wurde dieser Berufungsbescheid der belangten Behörde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1990, B 551/90, wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung aufgehoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin teilweise stattgegeben und (wie aus Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides ersichtlich ist) ausgesprochen, daß ihr Sondernotstandshilfe gemäß § 39 Abs. 1, 3 und 4 in Verbindung mit § 33 Abs. 2 lit. c AlVG in Verbindung mit § 2 der Notstandshilfeverordnung unter Anrechnung des Einkommens des Kindesvaters - bei gleichzeitiger Freigrenzenanhebung gemäß § 6 Abs. 4 der Notstandshilfeverordnung um monatlich S 1.650,-- - in der Höhe von täglich S 6,50 gebührt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin ausschließlich geltend macht, zu Unrecht nicht als "alleinstehende Mutter" im Sinne des § 39 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 AlVG 1977 anerkannt worden zu sein. Sie verfüge nicht über die Mittel, eine eigene Wohnung für sich und ihre beiden Kinder zu erhalten. Die Gelegenheit, bei jemanden kostengünstig in Untermiete zu wohnen, ermögliche es ihr und ihrer Familie menschengerecht zu wohnen und einen bestimmten Lebensstandard zu halten. Aus dem Bestehen dieses Unterbestandrechtes hätte die belangte Behörde nicht auf ein Naheverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Hauptmieter (das ist der Vater des Kindes, zufolge dessen Geburt die Beschwerdeführerin Sondernotstandshilfe beantragte) schließen dürfen. Es müsse möglich sein, die gesetzliche Vermutung des § 39 Abs. 2 AlVG, daß zwischen Vater und Mutter eines Kindes eine Lebensgemeinschaft bestehe, zu widerlegen. Andernfalls wären Frauen, wie die Beschwerdeführerin, gegenüber Müttern benachteiligt, welche zwar auch in Untermiete lebten, deren Untervermieter aber nicht Vater des Kindes sei. Die Beschwerdeführerin habe wiederholt darauf hingewiesen, daß sie nur auf Grund ihrer schlechten finanziellen Situation beim Vater ihres Kindes in Untermiete wohne. Die Behörde sei zu der Feststellung, daß zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Vermieter eine Lebensgemeinschaft bestehe, zufolge eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens gelangt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 39 Abs. 1 AlVG 1977 gebührt alleinstehenden Müttern, die wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres dieses Kindes Notstandshilfe, sofern der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist und mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt sind.

Gemäß § 39 Abs. 2 AlVG 1977 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 594/1983 gilt als nicht alleinstehend eine Mutter, die ledig, geschieden oder verwitwet ist und mit dem Vater des unehelichen Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, an der gleichen Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 10. November 1988, Zl. 87/08/0011, aber auch in dem - die gleiche Beschwerdeführerin betreffenden - Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0127, ausgeführt hat, ist bei Zutreffen der im § 39 Abs. 2 AlVG 1977 umschriebenen Umstände nicht mehr zu prüfen, ob die Elternteile tatsächlich zusammenleben oder einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Möglichkeit, daß zwei faktisch und rechtlich voneinander völlig getrennte Wohneinheiten innerhalb einer Wohnung existieren können, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0127, gleichfalls verneint. Auf die Begründung des zuletzt genannten Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, daß sie gegenüber einer Mutter, die nicht beim Kindesvater lebe, benachteiligt sei, behauptet sie in Wahrheit, daß die Bestimmung des § 39 Abs. 2 AlVG 1977 in der hier anzuwendenden Fassung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch nicht veranlaßt, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig zu machen: Es ist nämlich nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des im zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes die wirtschaftliche Leistungskraft von Arbeitslosen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft ist, nach deren gesamten Lebensumständen, wozu auch das Bestehen einer Lebensgemeinschaft gehört, beurteilt wissen will. Es hält auch einer Durchschnittsbetrachtung stand und ist deshalb nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber in § 39 Abs. 2 AlVG erkennbar davon ausgeht, daß zwischen dem Kindesvater und der Kindesmutter dann, wenn sie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt eines gemeinsamen Kindes auch zusammen wohnen, in aller Regel eine Lebensgemeinschaft besteht, aufgrund derer sich die Wirtschaftskraft der in einer solchen Gemeinschaft lebenden Personen von der Wirtschaftskraft alleinstehender Personen unterscheidet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1984, Zl. 84/08/0202). Die für die Meldepflicht im Sinne des Meldegesetzes 1972 bestehenden Kriterien sind - unter Zugrundelegung des erwähnten Erfahrungssatzes - in diesem Zusammenhang ein tauglicher Beurteilungsmaßstab.

Da die Beschwerdeführerin nur die Verletzung des Rechtes, als alleinstehende Mutter im Sinne des § 39 Abs. 1 AlVG 1977 anerkannt zu werden, geltend macht, die behauptete Rechtsverletzung aber - wie schon aus der Beschwerde ersichtlich ist - nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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