VwGH 91/07/0157

VwGH91/07/015723.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regkoär Mag. Aumayr, über die Beschwerde 1. des AL und 2. der BL beide in E, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Stmk LReg vom 25.9.1991, Zl. 8 - LAS 17 Le 1/6 - 91, betreffend land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht (mitbeteiligte Partei: FL jun., W), zu Recht erkannt:

Normen

GSGG §2 Abs1 Z2;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Stmk §2 Abs1 Z2;
GSLG Stmk §2 Abs1;
GSLG Vlbg 1963 §1;
GSGG §2 Abs1 Z2;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Stmk §2 Abs1 Z2;
GSLG Stmk §2 Abs1;
GSLG Vlbg 1963 §1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 27. Jänner 1986 beantragte der Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Agrarbezirksbehörde Graz als Fruchtgenußberechtigter der Liegenschaft F 36 (EZ 31, KG F) die Einräumung eines Bringungsrechtes zum Zweck der Verbreiterung des über die im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücke 208, 204/2, 205 und 206 der KG F führenden Servitutsweges. Eigentümer der Liegenschaft EZ 31 der KG F ist der minderjährige A.

Mit Bescheid der Agarbezirksbehörde Graz vom 3. Oktober 1990 wurde gemäß den Bestimmungen der §§ 1, 2 Abs. 1, 3, 4, 5 Abs. 2, 7, 11, 13, 19 Abs. 1, 21 und 22 des Steiermärkischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 21/1970 idF LGBl. Nr. 2/1983 (GSLG 1969) zugunsten der Liegenschaft EZ 31 der KG F ein Bringungsrecht über die Grundstücke 208, 205, 206 und 204/2, KG F, eingeräumt. Dieses Bringungsrecht umfaßt die Berechtigung, die bestehende Bringungsanlage (Servitutsweg) nach einem Projekt der Fachabteilung IIe des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung unter Beachtung einer Reihe von Nebenbestimmungen auszugestalten, diese Bringungsanlage zu verwalten und zu erhalten sowie auf ihr in beiden Richtungen zu gehen, Vieh zu treiben und mit Fahrzeugen aller Art (ausgenommen Mähdrescher) mit einer Höchstbreite von 2,50 m und einer maximalen LKW-Achslast von 8 t zu fahren, und zwar zum Zwecke der Bringung der auf den berechtigten, land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Grundstücken sowie im landwirtschaftlichen bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse und der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen und Sachen, unbeschadet der Bestimmungen des § 5 GSLG 1969. Für die mit der Einräumung des Bringungsrechtes verursachten vermögensrechtlichen Nachteile wurde eine vom Mitbeteiligten an die Beschwerdeführer zu leistende Entschädigung in Höhe von S 4.467,-- festgesetzt.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Landwirtschaft ein. Weiters ersuchte sie mit Schreiben vom 27. März 1991 die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Eigentümers der durch das Bringungsrecht berechtigten Liegenschaft um Übersendung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung der Zustimmung zur Einräumung des Bringungsrechtes. Eine Reaktion auf dieses Schreiben erfolgte nicht.

Mit Erkenntnis vom 25. September 1991 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 mit der Maßgabe Folge, daß der Mitbeteiligte für die mit der Einräumung des Bringungsrechtes verursachten vermögensrechtlichen Nachteile den Beschwerdeführern einen Betrag von S 6.061,25 zu entrichten habe. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Berufungsvorbringen, das Bringungsrecht sei nicht vom Eigentümer der notleidenden Liegenschaft beantragt und es sei auch keine pflegschaftsbehördliche Genehmigung eingeholt worden, weshalb der Antrag hätte abgewiesen werden müssen, werde entgegnet, daß nach § 2 GSLG 1969 auch der Nutzungsberechtigte legitimiert sei, einen Antrag auf Einräumung eines Bringungsrechtes zu stellen. Der Mitbeteiligte sei Fruchtnießer der notleidenden Liegenschaft EZ 31 der KG F und somit antragslegitimiert.

Was das Bestreiten der Notwendigkeit zur Einräumung eines Bringungsrechtes anlange, zumal für die Liegenschaft EZ 31 ein ausreichend breiter und gesicherter Servitutsweg zur Verfügung stehe, so gehe diesbezüglich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen des Landesagrarsenates hervor, daß die bestehende Zufahrt lediglich eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit darstelle und das bestehende Servitutsrecht nicht ausreiche, diese unzulängliche Bringungsmöglichkeit zu beseitigen. Die Liegenschaft EZ 31 habe ein Ausmaß von 4,1484 ha, wovon ca. 0,6 ha auf Wald, ca. 1,5 ha auf Grünland, Garten und Baufläche sowie ca. 2 ha auf Weingarten entfielen. Auf der Liegenschaft sei eine Hofstelle mit dem Wohnhaus Unterfresen 36 und dem dazugehörigen Wirtschaftsgebäude samt Weinkeller und Maschineneinstellraum vorhanden. Darüber hinaus bestehe ein Kellerstöckl sowie eine Hütte für Schafe. Die Liegenschaft sei über einen Zufahrtsweg erreichbar, der vom Gemeindeweg Grundstück Nr. 550, KG F, abzweige, als Servitutsweg auf einer Länge von ca. 75 m über die Grundstücke Nr. 208, 204/2, 205 und 206, je KG F, der Beschwerdeführer bis zur Liegenschaftsgrenze verlaufe und schließlich über das Grundstück Nr. 204/1 den Hofraum erreiche. Die Steigungen des Weges seien unbedeutend und die Kronenbreite betrage 2,60 bis 2,80 m. Die talseitige Böschung des Wegkörpers sei sehr steil und weise ein Gefälle von zum Teil über 100 % auf. Die talseitige Spur des Weges liege bis zu 10 cm tiefer als die bergseitige. Vom bestehenden Zufahrtsweg zweige unmittelbar vor dem Grundstück Nr. 204/1 ein Wirtschaftsweg nach Süden ab, mit dem die Grundstücke Nr. 204/2, 203/1, 203/2 und 203/3 der Beschwerdeführer erschlossen würden. Im Bereich des Grundstückes Nr. 204/1 zweige kurz vor der Einmündung des Zufahrtsweges in den Hofraum ein weiterer Wirtschaftsweg nach Nordosten ab, der die Grundstücke Nr. 206, 197, 193/2 und 191/2 der Beschwerdeführer sowie einen Großteil der zur Liegenschaft EZ 31 gehörigen Grundstücke erschließe.

Im Beschwerdefall sei daher davon auszugehen, daß ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit einer ganzjährig bewohnten und bewirtschafteten Hofstelle bestehe.

Hofzufahrtswege hätten die Aufgabe, Einzelhöfe und Weiler einschließlich der zugehörigen Grundflächen mit dem nächsthöheren Straßennetz (hier: Gemeindeweg) zu verbinden. Bei der Neuanlage von Hofzufahrtswegen werde derzeit zur Sicherung einer zeitgemäßen Bewirtschaftung der Betriebe eine Fahrbahnbreite von 3,0 bis 3,5 m (Wegkronenbreite von 3,6 m aufwärts) als notwendig erachtet. Lediglich für Wirtschaftswege und untergeordnete Zufahrten betrage die Kronenbreite von 3,0 m aufwärts. Eine Kronenbreite von 3,0 m stelle daher das Mindestmaß für die Ausgestaltung einer als Hofzufahrt benötigten Bringungsanlage dar, um eine zweckmäßige Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zu gewährleisten. Zur zweckmäßigen Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sei die gesicherte Erreichbarkeit mit einem LKW erforderlich, um insbesondere die Zustellung von Betriebsmitteln (Dünge- und Futtermittel) und den Abtransport von Erzeugnissen (im gegenständlichen Fall Weintrauben) zu ermöglichen. Die derzeit vorhandene Zufahrt erfülle diese Voraussetzungen nicht, da der Weg für eine gesicherte Zufahrt mit dem LKW zu schmal sei und ein Befahren mit einem LKW zur weiteren Absenkung der talseitigen Fahrspur führen könnte.

Zu den Berufungsausführungen hinsichtlich des Erfordernisses einer Böschungsmauer zur ausreichenden Sicherung der bergseitigen Böschung der Bringungsanlage gehe aus dem Gutachten des Amtssachverständigen hervor, daß eine Steinschlichtung als ausreichend anzusehen sei, da damit einerseits ein Schutz der Böschung vor dem Abrutschen gegeben sei und andererseits ein Anschneiden des Böschungsfußes beispielsweise durch den Schneepflug sowie durch Reifen verhindert werde.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, die Einräumung eines Bringungsrechtes bedürfe der Zustimmung des Grundeigentümers. Der minderjährige Grundeigentümer könne ausschließlich mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes eine derartige Zustimmung erteilen. Weder eine bloße Zustimmung des gesetzlichen Vertreters noch eine stillschweigende Zustimmung - von welchen Personen immer - reiche aus. Da keine pflegschaftsbehördliche Genehmigung eingeholt worden sei, liege keine Zustimmung des Grundeigentümers vor. Es hätte daher auch kein Bringungsrecht eingeräumt werden dürfen.

Nach § 2 Abs. 1 GSLG 1969 sind neben dem Eigentümer auch die Nutzungsberechtigten und die Bestandnehmer von Grundstücken zur Einbringung eines Antrages auf Einräumung eines Bringungsrechtes befugt.

Nach § 3 Abs. 3 GSLG 1969 hat die Agrarbehörde Bringungsrechte, die auf Antrag der Nutzungsberechtigten oder Bestandnehmer eingeräumt werden, auf die Dauer dieses Rechtsverhältnisses zu beschränken. Die Einräumung bedarf der Zustimmung des Eigentümers der in Nutzung oder Bestand gegebenen Grundstücke, dem im gesamten Verfahren Parteistellung zukommt. Er kann die Zustimmung nur dann versagen, wenn bei Einräumung des Bringungsrechtes Weganlagen errichtet bzw. ausgebaut werden, die nach Beendigung des Nutzungs- oder Pachtverhältnisses für die Bewirtschaftung seiner Liegenschaft nicht erforderlich sind.

§ 3 Abs. 3 zweiter Satz GSLG, der die Einräumung von Bringungsrechten auf Antrag der Nutzungsberechtigten oder Bestandnehmer an die Zustimmung des Grundeigentümers knüpft, verleiht zwar dem Eigentümer der in Nutzung oder Bestand gegebenen Grundstücke subjektive Rechte, die er als Partei im Verfahren geltend machen kann, nicht aber dem Eigentümer jener Grundstücke, die durch die Einräumung des Bringungsrechtes belastet werden sollen. Die Beschwerdeführer sind daher nicht in ihren Rechten verletzt, wenn die Zustimmung des Eigentümers der Grundstücke, zu deren Gunsten das Bringungsrecht eingeräumt wurde, nicht vorliegt.

Die Beschwerdeführer behaupten, der Mitbeteiligte bewirtschafte keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Von einem Betrieb könne nur gesprochen werden, wenn eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit vorliege. Dies erfordere eine konkrete marktwirtschaftliche Planung. Dem Ermittlungsergebnis könne nicht entnommen werden, inwiefern durch die Tätigkeit des Mitbeteiligten eine auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit vorliege. Wären die von den Beschwerdeführern namhaft gemachten Zeugen vernommen worden, hätte sich herausgestellt, daß der Mitbeteiligte die meiste Zeit von der Liegenschaft abwesend sei. Insbesondere dies dokumentiere, daß es sich um keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb handle.

Nach § 1 Abs. 1 GSLG 1969 ist ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.

Nach § 2 Abs. 1 des angeführten Gesetzes ist auf Antrag der Eigentümer, Nutzungsberechtigten (einschließlich jener nach dem Wald- und Weideservitutenlandesgesetz, LGBl. Nr. 62/1956) oder Bestandnehmer von Grundstücken ein Bringungsrecht unter Beachtung der Bestimmungen des § 3 einzuräumen, wenn (Z. 1) die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und (Z. 2) dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht, das öffentliche Interessen, insbesondere des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Luftraumes, nicht verletzt und den im § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht, beseitigt oder gemildert werden kann.

Nach § 3 Abs. 1 GSLG 1969 sind Art, Inhalt und Umfang der Bringungsrechte so festzusetzen, daß (Z. 1) die durch die Einräumung und Ausübung des Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen, (Z. 2) weder Menschen noch Sachen gefährdet werden, (Z. 3) fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und (Z. 4) möglichst geringe Kosten verursacht werden.

Zu den Voraussetzungen für die Einräumung eines Bringungsrechtes gehört demnach, daß die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes durch die bestehenden Bringungsmöglichkeiten erheblich beeinträchtigt wird.

Dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten eines Amtssachverständigen für Landwirtschaft ist zu entnehmen, daß auf der vom Mitbeteiligten bewirtschafteten Liegenschaft EZ 31 die für eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit erforderlichen Räume und Maschinen vorhanden sind. Der Bewirtschaftungsschwerpunkt liegt auf der Produktion und dem Verkauf von Weintrauben. Außerdem werden Schafe gehalten. Bei der Bewirtschaftung hilft der Vater des Mitbeteiligten mit. Der Zustand der Weingärten und der übrigen landwirtschaftlichen Nutzflächen wurde vom Sachverständigen als ordentlich bezeichnet. Aus diesen Sachverständigenaussagen konnte die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes ableiten. Die Beschwerdeführer bleiben eine Begründung dafür schuldig, warum der Verkauf von Trauben keine nachhaltige, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit darstellen soll.

Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde vor, sie habe die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 2 GSLG 1969, wonach weder Menschen noch Sachen gefährdet werden dürften, nicht beachtet. Wenn die belangte Behörde für das Befahren der Weganlage eine einfache Steinschlichtung als ausreichend erachte, so entspreche dies nicht den Tatsachen, da eine einfache Steinschlichtung ein Abrutschen des Grundstückes der Beschwerdeführer nicht verhindern könne. Die Beschwerdeführer hätten daher die Beiziehung eines geologischen Amtssachverständigen und die Vornahme von Probebohrungen beantragt. Diesen Beweisanträgen sei die belangte Behörde aber nicht nachgekommen.

Im Zuge des Verfahrens vor den Verwaltungsbehörden haben sowohl der in erster Instanz beigezogene Amtssachverständige für Wegebau als auch der im Berufungsverfahren tätig gewordene Amtssachverständige für Landwirtschaft erklärt, eine Steinschlichtung reiche für die Stabilität der Böschung aus. Die Beschwerdeführer haben sich darauf beschränkt, dies zu bestreiten, ohne nähere Gründe hiefür anzugeben. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, weitere Ermittlungen zu dieser Frage durchzuführen.

Die Beschwerdeführer meinen weiters, es liege keine erhebliche Beeinträchtigung der zweckmäßigen Bewirtschaftung durch unzulängliche Bringungsmöglichkeiten vor. Zu diesem Thema gebe es keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen. Der vorhandene Servitutsweg reiche zur Bewirtschaftung der Liegenschaft EZ 31 vollkommen aus. Der Mitbeteiligte habe im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bezirksgericht E im Jahr 1986 angegeben, daß schon in den letzten 15 Jahren über den Servitutsweg immer Sachen transportiert worden seien, insbesondere Baumaterial, und zwar meistens mit LKW, darunter auch schweren LKW. Die Beschwerdeführer hätten daher auch die Beischaffung des Aktes C 48/86 des BG E beantragt, aus dem diese Aussagen des Mitbeteiligten zu entnehmen seien. Die Nichtbeischaffung bzw. Nichtverlesung dieses Aktes stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Außerdem sei eine von den Beschwerdeführern beantragte Probefahrt mit einem LKW nicht durchgeführt worden. Eine solche Probefahrt hätte ergeben, daß der Servitutsweg zumindest das Befahren mit Fahrzeugen aller Art mit einer Höchstbreite von 2,50 m und einer LKW-Achslast von 8 t problemlos zulasse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24. September 1991, Zl. 91/07/0078, unter Hinweis auf Vorjudikatur zum Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetz (GSG) ausgesprochen, die Belastung fremden Eigentums mit einem Bringungsweg sei auf das Vorliegen echter Notfälle beschränkt. Die zwangsweise Begründung eines Wegerechtes über fremden Grund solle nur das letzte Mittel darstellen, für den Fall, daß die Bewirtschaftbarkeit eines landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Grundstückes auf andere Weise gar nicht oder nicht mit angemessenem Aufwand erreicht werden könne. Dies gilt auch für die mit dem Vorarlberger GSG vergleichbare Rechtslage nach dem Steiermärkischen GSLG 1969 (arg.u.a.:

"dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht" in § 2 Abs. 1 Z. 2) und trifft nicht nur auf die Errichtung eines neuen Bringungsweges zu, sondern auch auf die Erweiterung eines bestehenden.

Die belangte Behörde stützt ihre Annahme, im Beschwerdefall lägen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GSLG 1969 vor, auf die Aussagen des von ihr beigezogenen Amtssachverständigen für Landwirtschaft. Dessen Gutachten enthält Ausführungen über die an Hofzufahrtswege zur Sicherung einer zeitgemäßen Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ALLGEMEIN zu stellenden Anforderungen und konstatiert dann, der bestehende Servitutsweg erfülle diese Anforderungen nicht. Daraus hat die belangte Behörde den Schluß gezogen, es liege ein Bringungsnotstand vor. Das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung eines Bringungsrechtes ist jedoch jeweils nach den im Einzelfall KONKRET gegebenen Umständen zu prüfen. Die Begründung, eine bereits bestehende Zufahrt entspreche nicht den "derzeitigen Anforderungen" (an Hofzufahrtswege im allgemeinen), reicht dafür nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1982, Zl. 82/07/0148).

Der Sachverständige behauptet, für die zweckmäßige Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sei die gesicherte Erreichbarkeit mit einem LKW erforderlich, um insbesondere die Zustellung von Betriebsmitteln und den Abtransport von Erzeugnissen zu ermöglichen; die derzeit vorhandene Zufahrt erfülle diese Voraussetzungen nicht. Dem Gutachten fehlt es somit an der erforderlichen sachverhaltsmäßigen Basis, um diese Behauptung auf ihre Schlüssigkeit hin überprüfen zu können.

Angesichts der geringen Größe wie auch der übrigen Struktur des Betriebes des Mitbeteiligten ist nicht von vornherein klar, ob zur Durchführung von Beschaffungs- und Absatzvorgängen tatsächlich ein LKW erforderlich ist und - bejahendenfalls - welche Größe ein solcher aufweisen muß. Das Gutachten enthält keine auf die konkreten Gegebenheiten des Beschwerdefalles zugeschnittenen Ausführungen über die für den Betrieb des Mitbeteiligten erforderlichen Beschaffungsvorgänge, insbesondere über Art und Ausmaß der zu beschaffenden Güter, Beschaffungsmöglichkeiten, Beschaffungszeitpunkte, etc. Gleiches gilt für die Absatzvorgänge. Ohne Kenntnis dieser Faktoren ist aber ein verläßliches Urteil darüber, ob es erforderlich ist, daß zum Betrieb des Mitbeteiligten mit LKW von einer Dimension, für die der bestehende Servitutsweg nicht geeignet ist, zugefahren werden kann, nicht möglich.

Die Beschwerdeführer haben im Zuge des Verwaltungsverfahrens behauptet, die Zufahrt zum Betrieb des Mitbeteiligten sei LKW-tauglich und hiefür auch Beweismittel angeboten. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt, sondern sich mit der Wiedergabe des Amtssachverständigengutachtens begnügt, wonach die Zufahrt für LKW zu schmal sei - eine Aussage, die in dieser allgemeinen, undifferenzierten Form auch mit den Ausführungen des Amtssachverständigen für Wegebautechnik bei der von der Erstbehörde am 24. April 1986 durchgeführten mündlichen Verhandlung im Widerspruch steht, wonach der bestehende Servitutsweg mit PKW, Traktoren und Klein-LKW befahren werden könne.

Aus den angeführten Gründen erweist sich das angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Eine "Eingabengebühr" neben dem Schriftsatzaufwand und dem Ersatz der Stempelgebühren sieht das Gesetz nicht vor. Das diesbezügliche Begehren war daher abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte