Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §59 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
AVG §59 Abs1;
AVG §59 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 20. April 1990 verpflichtete der Landeshauptmann von Niederöstereich im Spruchabschnitt II den Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zu bestimmten Beseitigungs- und Sanierungsmaßnahmen im Westteil der sogenannten "XY-Deponie" bis spätestens 30. April 1992. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 31. Mai 1990 keine Folge.
Mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 90/07/0104, behob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid insoweit, als mit ihm die Frist für den dem Beschwerdeführer erteilten wasserpolizeilichen Auftrag im Instanzenzug aufrechterhalten wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und führte unter anderem aus, daß eine Erfüllung des Räumungsauftrages objektiv möglich sei, sich die belangte Behörde mit der Argumentation des Beschwerdeführers für die Schwierigkeiten der Räumung aber nicht hinreichend auseinandergesetzt habe; insoweit sei der belangten Behörde ein "rechtserheblicher Begründungsmangel unterlaufen, bei dessen Vermeidung sie zu einem - in bezug auf die stets auch unter dem Gesichtspunkt objektiver Realisierbarkeit angemessen festzusetzende Leistungsfrist (§ 59 Abs. 2 AVG 1950), welche im übrigen, um das Fortschreiten der Auftragsdurchführung zuverlässiger zu gestalten, allenfalls stufenweise bestimmt werden kann - anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Bescheid hätte gelangen können".
Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde gemäß den §§ 59 und 66 Abs. 4 AVG die Frist zur Erfüllung des seinerzeit erteilten wasserpolizeilichen Auftrags wie folgt neu:
- "1. Mit der Beseitigung der Ablagerungen ist bis spätestens 31.3.1992 zu beginnen; der Wasserrechtsbehörde ist rechtzeitig vorher mitzuteilen, wie die Räumung und die ordnungsgemäße Beseitigung des entnommenen Materials erfolgen soll.
- 2. Die Entfernung der Ablagerungen ist bis spätestens 31.12.1995 abzuschließen.
- 3. Die Sanierung der Grubensohle (Bodenaustausch und Verfüllung) ist bis spätestens 31.12.1996 abzuschließen.
- 4. Das fruchtlose Verstreichen einer dieser Fristen hat die Vollstreckung des gesamten Auftrages zur Folge.
- 5. Eine Erstreckung der unter Punkten 1, 2 und 3 festgelegten Fristen um höchstens 6 Jahre wird vorbehalten, wenn der Verpflichtete nachweist,
- a) daß ihm die Einhaltung der Fristen ohne sein Verschulden unmöglich ist, und
- b) daß er ein Abfließen von Schadstoffen aus dem Deponiebereich auf Dauer wirksam unterbunden hat."
Begründend führte die belangte Behörde im einzelnen aus
- zu P. 1.: Die Leistungsbeginnfrist (spätestens 31. März 1992)
erscheine ausreichend, um alle organisatorischen Vorbereitungen für die Räumung der Deponie zu treffen und damit deren zügige Durchführung zu gewährleisten;
- zu P. 2. und 3.: auf Grund der eingeholten Gutachten der
wasserbautechnischen Amtssachverständigen 1. und 2. Instanz erscheine die Räumungsfrist von dreieinhalb Jahren ausreichend bemessen; für die Restarbeiten (Sanierung der Grubensohle) genüge eine Frist von einem Jahr;
- zu P. 4.: damit werde dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung geordneter Verhältnisse im Grundwassereinzugsbereich der Mitterndorfer Senke Rechnung getragen;
- zu P. 5.: die für nicht vorhersehbare Schwierigkeiten
vorbehaltene Fristerstreckung setze voraus, daß der Verpflichtete zur Erfüllung des Auftrages weiterhin bereit, aber ohne sein Verschulden nicht in der Lage sei; die Fristerstreckung könne aber nur dann gewährt werden, wenn der Verpflichtete sichergestellt habe, daß von der Deponie insbesondere keine Gefahren für das Grundwasser in der Mitterndorfer Senke ausgingen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 7. Oktober 1991, B 977/91, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungen im hg. Vorerkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 90/07/0104, die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die neue Festsetzung der Erfüllungsfristen im angefochtenen Bescheid dem Gesetz entsprach.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden. Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist nach Abs. 2 dieses Paragraphen im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.
Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde in Bindung an die im obzitierten Erkenntnis vom 11. Dezember 1990 zum Ausdruck gekommene Rechtsanschauung (§ 63 Abs. 1 VwGG) angemessene Leistungsfristen (§ 59 AVG) zwecks Realisierung des wasserpolizeilichen Auftrags festzusetzen. Diesem gesetzlichen Auftrag versuchte die belangte Behörde dadurch nachzukommen, daß sie im angefochtenen Bescheid einerseits eine Leistungsbeginn- und zwei Leistungsendfristen bestimmte und andererseits diese Fristen durch Normierung eines Terminverlustes in Punkt 4 miteinander derart verknüpfte, daß bei fruchtlosem Verstreichen einer dieser Fristen der gesamte Auftrag vollstreckbar werden sollte. Auf Grund des untrennbaren Zusammenhangs dieses Punktes 4 mit den übrigen Anordnungen scheidet eine isolierte Untersuchung jedes einzelnen Spruchbestandteiles für sich allein aus; vielmehr ist der im Punkt 4 angeordnete Terminverlust als integrierender Bestandteil eines "Fristgebäudes" anzusehen, und zwar derart, daß bei Wegfall dieses Spruchabschnitts auch der noch verbleibende Bescheidteil nicht mehr aufrechterhalten werden könnte. Es muß daher die Untersuchung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides an dem in Punkt 4 normierten Terminverlust ansetzen.
Die Beschwerde führt zu Recht aus, daß eine solche Anordnung im Gesetz keine Deckung findet. Weder bietet hiefür der im Spruch des angefochtenen Bescheides zitierte § 59 AVG eine gesetzliche Grundlage noch kann aus einer anderen Gesetzesbestimmung (unmittelbar aus dem Wasserrechtsgesetz) die Zulässigkeit einer derartigen Anordnung erschlossen werden. Zwar wird das Bemühen der belangten Behörde, im öffentlichen Interesse bei offensichtlicher Untätigkeit des Beschwerdeführers als Verpflichteten möglichst frühzeitig im Weg der Ersatzvornahme mit der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu beginnen, nicht verkannt. Doch ist die von ihr gewählte Vorgangsweise weder gesetzeskonform noch entspricht sie den im Vorerkenntnis zum Ausdruck kommenden Intentionen des Gerichtshofes, wonach im gegenständlichen Fall die Leistungsfrist allenfalls stufenweise bestimmt werden kann, um eine möglicherweise erforderlich werdende Vollstreckung nach Teilbereichen vornehmen zu können.
Der sohin ohne gesetzliche Grundlage angeordnete Terminverlust erweist sich daher als rechtswidrig. Auf Grund des oben gekennzeichneten untrennbaren Zusammenhanges dieses Spruchteiles mit den übrigen Spruchabschnitten war der angefochtene Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer verlangten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag.
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