VwGH 91/06/0110

VwGH91/06/011010.10.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Dr. E in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 21. März 1991, Zl. A 17-K-1949/1987-19, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §34 Abs2;
VwGG §34 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 19. Jänner 1989 erging an die Beschwerdeführerin gemäß § 73 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 und § 6 Abs. 3 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 der Auftrag, die auf dem Grundstück Nr. 2101, EZ 740, KG M, ohne baubehördliche Bewilligung hergestellten Bauwerksteile binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Folgende Bauarbeiten seien durchgeführt worden: Errichtung von Zwischenwänden als Wohnungstrennwände und Verbauung der Balkone im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß. Die dadurch entstandenen Räume seien als Vorräume für WC und Dusche genutzt worden. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom 18. Mai 1989 keine Folge gegeben. Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. April 1990, Zlen. 89/06/0118, AW 89/06/0041, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. In der Folge hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom 21. März 1991 (neuerlich) der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und die Entscheidung der Behörde erster Instanz mit der Abänderung bestätigt, daß im Spruch die Wortfolge "und gemäß § 6 Abs. 3 des Altstadterhaltungsgesetzes 1980" zu entfallen habe. Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 11. Juni 1991, Zl. B 527/91-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Über die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG 1950 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 199/1982 genügt bei telegrafischen, fernschriftlichen oder vervielfältigen Ausfertigungen die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 20. Dezember 1985, Slg. N.F. Nr. 11.983/A, ausgesprochen, daß die von ihm vertretene Auffassung, wonach der Tatbestand des § 18 Abs. 4 AVG 1950 nur im Falle einer Vielzahl vorzunehmender Zustellungen einer Bescheidausfertigung erfüllt sei, nicht mehr aufrechterhalten werden könne.

Die über Aufforderung dem Gerichtshof vorgelegte Ausfertigung des Bescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 19. Jänner 1989 läßt unzweifelhaft erkennen, daß es sich dabei um eine Vervielfältigung handelt. Diese vervielfältigte Ausfertigung enthält die Beisetzung des Namen des Genehmigenden und entspricht daher dem Erfordernis des § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG 1950 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 199/1982. Das im Akt einliegende Originalkonzept des Bescheides wurde mit der Unterschrift desjenigen, der die Erledigung genehmigt hat, versehen. Der Beschwerdeführerin wurde somit eine als Bescheid zu qualifizierende Erledigung der Behörde erster Instanz zugestellt, weshalb die belangte Behörde über die dagegen eingebrachte Berufung meritorisch zu entscheiden hatte.

§ 57 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 67/1987 lautet:

"(1) Einer Bewilligung der Baubehörde bedürfen Gebäude, Bauwerke und Anlagen (§ 25 Abs. 3 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974) wie

  1. a) .....
  2. b) .....
  3. c) Umbauten, Bauveränderungen und Änderungen des Verwendungszweckes von Bauten oder Teilen derselben, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Sicherheit, die äußere Gestaltung und die gesundheitlichen Verhältnisse von Einfluß sein können oder auf welche die Bestimmungen dieses Gesetzes in Ansehung der Rechte der Nachbarn anzuwenden sind;

    d) ..."

    Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt, daß es bei den darin genannten Bauveränderungen nicht darauf ankommt, daß sie hinsichtlich aller in der genannten Gesetzesstelle bezeichneten Umstände von Einfluß sein können; es genügt vielmehr, daß auf die Bauführung eines der aufgezählten Kriterien (Einflußmöglichkeit auf Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit, äußere Gestaltung oder gesundheitliche Verhältnisse) zutrifft. Ferner kommt es auch nicht darauf an, daß die Bauführung hinsichtlich der genannten Umstände von nachteiligem Einfluß ist, sondern es genügt, daß die abstrakte Möglichkeit eines Einflusses besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1990, Zlen. 89/06/0050, 0145 und 0200). Die Beschwerdeführerin betreitet auch in der Beschwerde nicht, Zwischenwände als Wohnungstrennwände errichtet und Balkone im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß mit Holzwänden verkleidet zu haben und die dadurch entstandenen Räume als Vorraum für WC und Dusche zu nutzen. Unabhängig vom spezifischen Gewicht von Holzwänden ist aber eine Schließung von Balkonen von Einfluß auf die äußere Gestaltung des Gebäudes und schon deshalb bewilligungspflichtig. Die Teilung von Wohnungen durch Einziehen von Zwischenwänden kann von Einfluß auf den Brandschutz sein und durch die Möglichkeit der Änderung von Belichtungs- und Belüftungsverhältnissen auch gesundheitliche Verhältnisse beeinflussen; darüberhinaus kann das Aufstellen von Wohnungstrennwänden und die Ummantelung von Balkonen mit Holz auch Einfluß auf die Festigkeit des Gebäudes haben. Zutreffend hat daher die belangte Behörde die Bewilligungspflicht der im erstinstanzlichen Spruch genannten Bauveränderungen angenommen.

    Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin war § 73 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 eine taugliche Rechtsgrundlage für die Auftragserteilung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1985, Zl. 82/06/0074, 0075). § 70a wurde erst durch die Novelle LGBl. Nr. 14/1989 eingefügt. Da aber der Bescheid der Behörde erster Instanz vom 19. Jänner 1989 der Beschwerdeführerin am 24. Jänner 1989 zugestellt, somit an diesem Tag erlassen wurde und gemäß Art. II Abs. 2 der Bauordnungsnovelle 1988 (in Kraft getreten am 1. März 1989) für Berufungen gegen Bescheide, die bis zum Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes erlassen wurden, die bisherige Rechtslage maßgeblich war, hatte die belangte Behörde ihren Bescheid noch auf § 73 Abs. 2 Stmk BO zu stützen.

    Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

    Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

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