VwGH 91/05/0114

VwGH91/05/011417.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Herbert T in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 16. April 1991, Zl. MA 64-74/90/Str, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg impl;
VStG §5 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg impl;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, vom 2. März 1990, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, insoferne das Gebäude und dazugehörige bauliche Anlagen in Wien 16, X-Straße 26, nicht in gutem, der Baubewilligung und den Bauvorschriften entsprechendem Zustand erhalten zu haben, als er es in der Zeit vom 4. April 1989 bis zum 30. August 1989 als Verwalter des Hauses ohne Veranlassung und Vorwissen des Hauseigentümers unterlassen habe, näher bezeichnete Rauchfänge betriebsdicht herstellen zu lassen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 135 Abs. 3 in Verbindung mit § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien begangen. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-

(Ersatzarreststrafe von zwei Tagen) verhängt. In der Berufung gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschwerdeführer vor, er habe bereits in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung ausgeführt, daß er den Hauseigentümer vom Baugebrechen informiert und um Weisung ersucht habe. Er habe zum Beweis für die Richtigkeit seiner Angaben Zeugen angeboten. Die Behörde habe diesen Beweis jedoch nicht durchgeführt.

Der Hauseigentümer Ing. L.I. wurde während des Berufungsverfahrens von der Behörde vernommen und gab bei seiner Zeugeneinvernahme am 7. Jänner 1991 an, er habe dem Beschwerdeführer die Vollmacht gegeben, Instandsetzungsarbeiten durchführen zu lassen, sofern entsprechende Geldmittel vorhanden seien. Sollten die Mittel dafür nicht da sein, sei der Beschwerdeführer beauftragt gewesen, die entsprechenden Anträge (§ 18 MRG, WSG) einzubringen. Derartige Anträge seien vor ca. drei Jahren eingebracht worden (WSG 180/89), bis heute aber noch nicht erledigt. Der Antrag gemäß § 18 MRG sei im Februar 1989 eingebracht worden. Im Berufungsverfahren wurde auch in den Schlichtungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß ein Antrag gemäß § 18 MRG vom 21. Februar 1989 am 29. März 1989 beim Magistratischen Bezirksamt für den

16. Bezirk einlangte. In diesem Antrag seien Kostenvoranschläge zur Behebung der angelasteten Baugebrechen nicht enthalten gewesen. Die Kostenvoranschläge für Kamininstandsetzungsarbeiten seien erst mit Schreiben vom 7. September 1990 eingebracht worden.

Nach Vorhalt der Zeugenaussage des Ing. L.I. sowie der Ergebnisse der Einsicht in den Schlichtungsakt erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid vom 16. April 1991, mit dem das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage und hinsichtlich des Ausspruches der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges bestätigt wurde, die Strafhöhe jedoch gemäß § 51 Abs. 4 VStG 1950 auf S 1.700,--, bei Uneinbringlichkeit 36 Stunden Arrest, herabgesetzt wurde. Der erstinstanzliche Kostenbeitrag wurde auf S 170,-- ermäßigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das Vorliegen der Baugebrechen im Tatzeitraum sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Aus welchen zwingenden Gründen der Nachtrag bezüglich der Kamininstandsetzungsarbeiten im Schlichtungsverfahren erst im Jahre 1990 und somit erhebliche Zeit nach Ende des Tatzeitraumes (30. August 1989) erfolgt sei, könne die Berufungsbehörde auf Grund des Ermittlungsverfahrens nicht erkennen. Der Beschwerdeführer habe nicht schlüssig dargelegt, auf Grund welcher Umstände er an der Inangriffnahme von Maßnahmen zur ungesäumten Erfüllung der ihn treffenden Instandsetzungspflicht im Tatzeitraum gehindert gewesen sei. Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretung könne nicht als gering bewertet werden, da auf Grund der bestehenden Baugebrechen eine Gefährdung von Personen durch Rauchgasaustritt sowie abstürzende Mauerteile nicht auszuschließen und somit ein erhebliches öffentliches Interesse an der Beseitigung der Mängel gegeben sei. Auch das Verschulden des Beschwerdeführers könne nicht als gering gewertet werden, da ihm über einen langen Zeitraum erhebliche Säumnis bei der Inangriffnahme von Maßnahmen vorzuwerfen sei. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Streitentscheidend sei nach dem Beschwerdevorbringen lediglich, ob der Beschwerdeführer die ihm angelastete Unterlassung "ohne Veranlassung und Vorwissen" des Hauseigentümers begangen habe. Es gehe aber selbst die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer aufgetragen worden sei, sich die Mittel für die Beschaffung jedweder Instandsetzungsarbeiten gemäß § 18 MRG bzw. nach dem WSG zu beschaffen, d.h., daß der Hauseigentümer in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Instandsetzungsarbeiten durchaus "Vorwissen" gehabt habe.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 der Wiener Bauordnung (BO) hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen im gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechenden Zustand erhalten werden.

Gemäß § 135 Abs. 3 BO ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Mit der Frage, wann die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Bestrafung eines Gebäudeverwalters vorliegen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt beschäftigt. Bereits in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1963, Slg. N.F. Nr. 5.947/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Tatbestand (nur) dann nicht erfüllt ist, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wußte, daß eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen bestehe, den Hausverwalter an der Erfüllung dieser Verpflichtung in irgendeiner Weise gehindert hat. Dadurch, daß der Hausverwalter den Hauseigentümer von dem Vorhandensein von Baugebrechen und der Notwendigkeit ihrer Beseitigung in Kenntnis setze, werde die mangelnde Tatbestandsmäßigkeit noch nicht hergestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsansicht auch seither vertreten (vg. u.a. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1982, Zl. 05/2935/78) und keine Veranlassung, von dieser Ansicht abzurücken. Dadurch, daß der Hauseigentümer über das Vorhandensein der Baugebrechen informiert war, war die Tatbestandsmäßigkeit in Bezug auf den Beschwerdeführer nach wie vor gegeben.

Das von der Berufungsbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nun eindeutig ergeben, daß der Hauseigentümer den Beschwerdeführer als Verwalter des Hauses an seiner Verpflichtung zur Beseitigung der bestehenden Baugebrechen nicht gehindert hat, vielmehr war der Beschwerdeführer ermächtigt, die erforderlichen Mittel im Wege eines Antrages gemäß § 18 MRG bzw. WSG aufzubringen. Aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Berufungsbehörde, die diese aus der Einsicht in den Schlichtungsakt gewonnen hat, geht hervor, daß der Antrag hinsichtlich der gegenständlichen Kamininstandsetzungsarbeiten erst im September 1990 und somit erhebliche Zeit nach Ende des Tatzeitraumes (30. August 1989) eingebracht wurde. Da zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 BO für Wien der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt, kann der Täter zufolge § 5 Abs. 1 VStG nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens durfte die Berufungsbehörde zu Recht davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer die erforderliche Glaubhaftmachung nicht gelungen ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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