VwGH 91/03/0257

VwGH91/03/025725.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Mai 1991, Zl. MA 63-H 146/91, betreffend die Verweigerung der Ausstellung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Normen

BetriebsO 1986 §32 Abs1 Z3;
GelVerkG §10;
VwRallg;
BetriebsO 1986 §32 Abs1 Z3;
GelVerkG §10;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 29. Jänner 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Jänner 1991 auf Ausstellung eines Taxilenkerausweises gemäß § 32 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 163/1986 (BO 1986), abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei bereits viermal gerichtlich verurteilt, zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. Dezember 1986 (rechtskräftig am 7. Mai 1987), AZ 12cEVr 14438/85, Hv 9094/85, wegen § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB (Vergehen der fahrlässigen Krida) mit einer Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB von fünf Monaten und fünf Tagen (Probezeit drei Jahre) bestraft worden. Es mangle daher an der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit.

In der Berufung verwies der Beschwerdeführer darauf, daß die Krida schon 1982 begangen worden sei, andere Taten im April 1986. Er sei Langzeitarbeitsloser und ersuche um Dispens. Die belangte Behörde schaffte die Akten, betreffend die Verurteilungen durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, bei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Mai 1991 bestätigte die belangte Behörde die Entscheidung der ersten Instanz. In der Begründung verwies sie darauf, daß nach § 32 Abs. 1 Z. 3 BO 1986 die Vertrauenswürdigkeit zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein müsse. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes solle diese Bestimmung das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Zuverlässigkeit bei den im Fahrdienst befindlichen Personen gewährleisten. Dem Wort "Vertrauen" komme inhaltlich die gleiche Bedeutung zu, wie einem "Sich-Verlassen". Die Frage der Verläßlichkeit sei auf Grund des bisherigen GESAMTVERHALTENS zu beurteilen. Der Schutzzweck der Betriebsordnung sei nicht allein auf den Straßenverkehr beschränkt. Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit seien daher alle bisher hervorgekommenen Rechtsverletzungen zu berücksichtigen. Eine strafgerichtliche Verurteilung beeinträchtige die Vertrauenswürdigkeit nur dann nicht, wenn es sich um eine einmalige Verfehlung mit geringem Unrechtsgehalt und geringem Verschulden handle. Die Behörde erster Instanz sei auf Grund des Gesamtverhaltens (vier gerichtliche Verurteilungen, und zwar zwei wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung, eine wegen Vergehens der fahrlässigen Krida sowie eine wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach den § 12 Abs. 1 SGG und § 15 StGB sowie wegen Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB) zur Verneinung der Vertrauenswürdigkeit gelangt. Aus dem Akt des Landesgerichtes für Strafsachen Wien 6cVr 8903/86, Hv 6257/86, ergebe sich, daß der Beschwerdeführer am 1. Mai 1986 5.080 g Haschisch nach Österreich eingeführt und bis 3. Mai 1986 zum Zwecke der Weitergabe bei sich verwahrt habe, weiters das Verbrechen der Verleumdung dadurch begangen habe, daß er eine andere Person aus Rache in die Angelegenheiten hineingezogen habe, weshalb diese zwei Tage in Haft gewesen sei. Da die Menge des Suchtgiftes geeignet gewesen sei, im großen Ausmaß Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen herbeizuführen, und weil der Beschwerdeführer aus Gewinnsucht - als nicht süchtiger Händler - gehandelt habe, sei über ihn mit Urteil vom 10. Oktober 1986 eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten, bestätigt durch das Oberlandesgericht Wien am 15. Dezember 1986, verhängt worden. Aus der Haft sei er am 7. August 1988 bedingt entlassen worden (Probezeit drei Jahre). Es stehe fest, daß der Beschwerdeführer auch nicht vor schwerwiegenden Straftaten zurückschrecke, um sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Personen, die solche Charaktereigenschaften aufweisen, seien als Taxilenker ungeeignet, da insbesondere wegen Alters oder Krankheit behinderte Fahrgäste auf die Verläßlichkeit eines Taxilenkers in jeder Hinsicht angewiesen seien. Der Beschwerdeführer sei erst knapp drei Jahre wieder in Freiheit. Daher sei die Mindestdauer des vom Gesetzgeber vor der Ausstellung eines Taxilenkerausweises erforderlichen Wohlverhaltens von fünf Jahren noch nicht verstrichen, zumal der Beschwerdeführer während der Haftdauer kaum Gelegenheit hatte, eine Handlung zu begehen, die seine Vertrauenswürdigkeit beeinträchtigen könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung des Taxilenkerausweises normiert § 32 Abs. 1 Z. 3 BO 1986 die Vertrauenswürdigkeit, wobei diese zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein muß.

Die BO 1986 enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauches ist davon auszugehen, daß dem Wort "Vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zukommt wie dem Ausdruck "Sich-Verlassen". Dem Gegenstand der in Rede stehenden Regelung nach soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Taxilenkers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen läßt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, obliegt. Der Schutzzweck der Betriebsordnung ist nicht auf den Straßenverkehr beschränkt, sondern darauf gerichtet, jedermann vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Die Vertrauenswürdigkeit umfaßt sohin das Gesamtverhalten, es ist daher unbeachtlich, ob eine allfällige strafgerichtliche Verurteilung in ursächlichem Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Taxilenker erfolgte oder nicht. Das einer strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten kann derart schwer wiegen, daß es allein die Annahme des Fehlens der Vertrauenswürdigkeit rechtfertigt, es sei denn, daß es sich um gerichtliche Verurteilungen handelt, welchen nach den Feststellungen des Gerichtes geringer Unrechtsgehalt und geringes Verschulden zugrundeliegen (vgl. dazu die

hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/03/0144, und vom 3. November 1986, Zl. 86/15/0081).

Die für die Ausübung des Taxigewerbes geforderte persönliche Vertrauenswürdigkeit ist dann zu verneinen, wenn aus bestimmten Tatsachen zu schließen ist, daß der Taxilenker in Zukunft nicht die Gewähr für die Erfüllung der für dieses Gewerbes bestehenden besonderen Anforderungen bietet.

Unter Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte ist der belangten Behörde im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit unterlaufen, wenn sie bei dem ihr vorgelegenen Sachverhalt das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit beim Beschwerdeführer verneinte. Der Beschwerdeführer hat nicht nur fahrlässige Handlungen gegen die Sicherheit der Person und Vergehen gegen fremdes Vermögen gesetzt, sondern vor allem Suchtgift in größeren Mengen nach Österreich eingeführt, um es hier in Verkehr zu setzen und in diesem Zusammenhang auch eine andere Person verleumdet (Tatzeiten anfangs Mai 1986). In Anbetracht der Menge von über 5 kg Haschisch und der damit verbundenen großen Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen bedarf es keiner näheren Erörterung, daß es sich beim strafbaren Verhalten nicht um ein solches mit bloß geringem Verschulden und Unrechtsgehalt der Tat gehandelt hat. Mag auch seit der letzten Tatbegehung (Anfang Mai 1986) zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (10. Juli 1991) bereits ein Zeitraum von etwas über fünf Jahren verstrichen sein, so ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß bei Wertung aller strafbaren Handlungen, insbesondere aber des Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz, ein Zeitraum von fünf Jahren allein noch nicht als ausreichend für den Nachweis der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 32 Abs. 1 Z. 3 BO 1986 angesehen werden kann. Der Beschwerdeführer übersieht, daß das Gesetz eine Frist von MINDESTENS fünf Jahren vorsieht, also die erforderliche Dauer nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles auch länger sein kann, wie dies der Anlaßfall gebietet. Im übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof die Meinung der belangten Behörde, daß selbst auch noch nicht vom Vorliegen des Nachweises des Verstreichens eines Zeitraumes von mindestens fünf Jahren gesprochen werden kann, zumal die Haftzeit darin nicht einzurechnen ist. Kann doch mangels Freizügigkeit während der Haft die Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers nicht unter Beweis gestellt werden (vgl. sinngemäß die hg. Judikatur zur Frage der Entziehung der Lenkerberechtigung, so z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1991, Zl. 91/11/0018). Dem Umstand, daß die belangte Behörde von einem Zeitpunkt der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft am 7. August 1988 ausging, während dies am 10. Juli 1988 der Fall gewesen sein soll, kommt im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu. Ebenso entbehren die Ausführungen der Beschwerde, wonach die Taten "in keinem Zusammenhang mit dem nunmehr beantragten Ausweis" stehen, im Hinblick auf die oben aufgezeigte Rechts- und Sachlage der Berechtigung. Aus den Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Oktober 1986 und des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Dezember 1986, betreffend die Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz und der Verleumdung, kann entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht entnommen werden, daß er verleitet worden sei oder in drückender Not und Armut gelebt habe. Aber selbst wenn das strafbare Verhalten unter wirtschaftlich belastenden Verhältnissen geschehen sein sollte, hat die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen der vom Gesetz geforderten Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung verneint.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung war in Anwendung des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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