VwGH 91/02/0006

VwGH91/02/000615.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 29. November 1990, Zl. MA 70-11/524/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §5 Abs4 litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
B-VG Art140 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §5 Abs4 litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 29. November 1990 wurde die Beschwerdeführerin einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil sie sich am 15. November 1989 um

3.15 Uhr in Wien 6, Wachzimmer Kopernikusgasse 1, als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges geweigert habe, ihre Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat.

Zunächst ist vorauszuschicken, daß sich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1991, Zlen. G 274-283/90 u. a., womit Teile der Absätze 4a und 4b des § 5 StVO 1960 als verfassungswidrig aufgehoben wurden, trotz Einbringung der Beschwerde vor dem 27. Februar 1991 nicht zugunsten der Beschwerdeführerin auswirkt, weil die genannten Bestimmungen nur in den Fällen einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 zum Tragen kommen können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 1991, Zl. 90/02/0170). Im vorliegenden Beschwerdefall wurde aber der Beschwerdeführerin kein solcher Tatvorwurf gemacht, sondern kam gar kein Ergebnis der Untersuchung der Atemluft nach § 5 Abs. 2a lit. b StVO 1960 zustande, und zwar deshalb nicht, weil die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde an der betreffenden Untersuchung nicht entsprechend mitgewirkt und daher, auch wenn sie sich dazu verbal bereit erklärt hat (vgl. diesbezüglich u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0151, und vom 14. November 1990, Zl. 89/03/0289), die Vornahme dieser Untersuchung verweigert hat.

Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, daß ein gültiges Meßergebnis nicht erzielt worden sei, bestreitet aber die Annahme der belangten Behörde, daß dieser Umstand auf ihr Verhalten zurückzuführen gewesen sei. Sie bekämpft damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die allerdings nur einer eingeschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in der Richtung unterliegt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei getroffenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Unter diesem Gesichtspunkt hält aber der angefochtene Bescheid einer Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit stand.

Die belangte Behörde hat auf Grund der übereinstimmenden Angaben des Meldungslegers und eines weiteren, bei der gegenständlichen Amtshandlung anwesenden und gleichfalls als Zeugen vernommenen Sicherheitswachebeamten festgestellt, daß die Beschwerdeführerin trotz mehrmaliger eingehender Belehrung über die Handhabung des verwendeten Gerätes bei sämtlichen (der Aktenlage nach mindestens vier) Blasversuchen "überhaupt nicht oder neben das Mundstück blies" und dies vom Gerät zufolge des zu geringen Exspirationsvolumens jeweils entsprechend ("VOL") angezeigt wurde. Daß jeweils diese Anzeige aufleuchtete, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten; dafür aber, daß die Anzeige unrichtig gewesen sei, besteht objektiv kein Anhaltspunkt. Das (von der belangten Behörde auch insofern verwertete) Ermittlungsverfahren hat vielmehr ergeben, daß das gegenständliche Gerät am 16. Oktober 1989 einer Kontrolle unterzogen wurde und auch bei seiner nächsten Überprüfung im April 1990 keine Mängel festgestellt wurden. Für die ordnungsgemäße Funktion dieses Gerätes anläßlich der Untersuchung der Atemluft der Beschwerdeführerin spricht weiters, daß es am Tattag um 7.30 Uhr bei zwei Probanden Meßergebnisse von 1,33 bzw. 0.06 mg/l erbracht hat. Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, daß auf Grund der Aktenlage mit diesem Gerät auch am 13. November 1989 bei einem Probanden kein gültiges Meßergebnis zustande gekommen sei, geht ins Leere, weil sich daraus keineswegs ergibt, daß das Gerät nicht funktionstüchtig gewesen sei, sondern die Ursache dafür gleichfalls in einem die Untersuchung hindernden Verhalten des betreffenden Probanden gelegen sein kann, was auch dadurch zum Ausdruck kam, daß an dieser Stelle der Aufzeichnungen (ebenso wie im vorliegenden Fall) das Wort "verweigert" vermerkt wurde.

Die Beschwerdeführerin hat die Behauptung aufgestellt, das Gerät ordnungsgemäß bedient zu haben, und daraus, daß es trotzdem zu keinem gültigen Meßergebnis gekommen sei, abgeleitet, daß das Gerät fehlerhaft gearbeitet habe; hinsichtlich des Vorliegens einer Störung hat sie aber kein konkretes Vorbringen erstattet. Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, daß "selbst gültige Meßergebnisse der Atemluftuntersuchung auf Grund der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft suspekt bleiben" und daher "um so mehr ungültige Meßergebnisse nicht dem Probanden sondern der mangelnden Funktion des Alkomaten zuzuschreiben sind", so handelt es sich auch hiebei um allgemein gehaltene Vermutungen, die daran nichts zu ändern vermögen, daß auf Grund der bestehenden Rechtslage grundsätzlich von der Tauglichkeit solcher Geräte auszugehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0039) und im übrigen damit über die Zuverlässigkeit der nicht das Meßergebnis selbst betreffenden Anzeigen am Gerät nichts gesagt ist. Der Meldungsleger war zur Vornahme einer derartigen Untersuchung ermächtigt und hiefür besonders geschult, wobei sich die Schulung gemäß § 3 der Verordnung über Atemalkoholmeßgeräte, BGBl. Nr. 106/1987, auch auf die Wirkungsweise, die Handhabung und die zweckmäßige Anwendung der in § 1 bestimmten Geräte zu erstrecken hatte, weshalb ihm die einwandfreie Beurteilung der Frage, wieso kein brauchbares Ergebnis zustande gekommen ist, zugemutet werden muß (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1989, Zl. 89/02/0022, und vom 14. November 1990, Zl. 89/03/0289). Dem Meldungsleger war daher auch - im Sinne seiner Zeugenaussage vom 3. Mai 1990 - bekannt, daß die Fehlermeldung "VOL" bei dem verwendeten Alkomaten "beweist", daß weniger als 1,5 l Luft in das Mundstück hineingeblasen wurden (vgl. auch diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0151). Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung erschöpfe sich in der Feststellung, "daß Sicherheitswachebeamte der Wahrheitspflicht unterliegen", trifft nicht zu. Daß die belangte Behörde aber mitberücksichtigt hat, daß die Sicherheitswachebeamten auf Grund ihres Diensteides und ihrer verfahrensrechtlichen Stellung (als Zeugen) der Wahrheitspflicht unterliegen und sie im Falle einer Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen träfen, entbehrt nicht der Schlüssigkeit, ebensowenig wie der Hinweis darauf, daß überhaupt kein Anhaltspunkt dafür gegeben sei, daß die beiden Zeugen eine ihnen unbekannte Person hätten wahrheitswidrig belasten wollen. Die Beschwerdeführerin verkennt auch, daß es ausschließlich um die Beurteilung der Frage geht, wie sie sich bei Durchführung der Untersuchung, bei der die von ihr beantragten drei Zeugen nicht anwesend waren, verhalten hat und daher auch dann, wenn diese Zeugen gewisse Umstände bei der Anhaltung bzw. Verkehrskontrolle der Beschwerdeführerin, bevor sie sich zur Atemluftuntersuchung in das Wachzimmer begeben hat, anders schildern sollten als die Sicherheitswachebeamten, für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen wäre, würde dies doch nicht zwangsläufig die Unglaubwürdigkeit beider in Ansehung ihrer sich auf die Vornahme der Atemluftuntersuchung selbst beziehenden Angaben bedeuten; das Unterbleiben dieser Zeugenvernehmungen stellt daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, daß die Aufforderung zur Vornahme der Untersuchung rechtswidrig gewesen sei.

Richtig, daß in der zugrundeliegenden Anzeige einleitend als "Tatzeit" der 15. November 1989, 2.50 Uhr, angegeben ist. Dort heißt es aber auch bei Darstellung des Sachverhaltes, daß zu diesem Zeitpunkt dem Meldungsleger die Beschwerdeführerin durch ein bestimmtes Fahrverhalten aufgefallen sei, das dann zu ihrer Verkehrskontrolle und in weiterer Folge zur gegenständlichen Fortsetzung der Amtshandlung im angeführten Wachzimmer geführt habe. Der Meldungsleger hat auch bei seiner Zeugenvernehmung am 18. Jänner 1990 klargestellt, daß "die genaue Tatzeit der Verweigerung der Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt" der 15. November 1989, 3.15 Uhr, gewesen sei, was daher insofern mit dem Inhalt der Anzeige in Einklang zu bringen ist. Die Beschwerdeführerin hat zwar in ihrer Berufung diese Tatzeit bestritten, dabei aber übersehen, daß sie - wie ihr die belangte Behörde mit Recht entgegengehalten hat - in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 16. November 1989 selbst von dieser Tatzeit ausgegangen ist. Wenn die belangte Behörde dementsprechend diese Tatzeit angenommen hat, so kann darin keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin erblickt werden.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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