Normen
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger kurdischer Nationalität, reiste am 30. Dezember 1989, per Flug aus Istanbul kommend, legal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11. Jänner 1990 Asylantrag. Bei seiner am 14. März 1990 durchgeführten niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien gab er im wesentlichen folgendes an:
Als Kurde habe er in der Türkei keine seinen Vorstellungen entsprechende Zukunft mehr gesehen. Kurden hätten nur eine äußerst beschränkte Lebensmöglichkeit. Schon seine Eltern hätten es wegen ihrer kurdischen Herkunft sehr schwer gehabt, übersiedeln müssen und sein Vater hätte dadurch eine "kleine Firma" verloren. Insbesondere Kurden des Bezirkes Asikpasa in Kirsehir fielen wegen ihres Akzents auf und könnten sich dadurch anderswo nicht integrieren. Überall, wo sie vorsprächen, würden sie nicht anerkannt.
Als er 1979/80 die Handelsschule besucht habe, habe er sich als Kurdensprecher engagiert. Als Folge dessen sei er von der Polizei wiederholt zu Verhören geholt und dabei mit Ohrfeigen und Schlägen attackiert worden. Dabei sei ihm die Nase gebrochen worden. Aus Angst um sein Leben habe er sich fortan von 1980 bis 1985 im Bezirk K versteckt gehalten. Im Jahre 1985 sei er als Grundwehrdiener zur Gendarmerie eingezogen und im Zuge seines Wehrdienstes durch Vorgesetzte auch geschlagen worden. Im Jahr 1988 habe er sich einer Blinddarmoperation unterziehen müssen, weil er zuvor von einem Organ der Polizei mit Fußtritten attackiert worden sei und starke Schmerzen im Bauchbereich aufgetreten seien. Kurden würden von den Türken gehaßt. Seinen Reisepaß habe er ohne Schwierigkeiten bekommen, er sei aus der Türkei legal ausgereist.
Daraufhin stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom 23. Mai 1980 gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968 BGBl. Nr. 126 i.d.F. des Bundesgesetzes vom 27. November 1974 BGBl. Nr. 796 über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 (AsylG) fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.
Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, er sei Kurde und habe Angst, wegen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Nation und politischen Gesinnung in der Türkei verfolgt zu werden. Er ersuche um nochmalige Überprüfung seines Antrages auf Asylgewährung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Sie begründete dies nach Wiedergabe der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vom 14. März 1990 und der maßgeblichen Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention im wesentlichen damit, daß Verhöre und Festnahmen als Mittel der Beweissicherung dienten und somit keinen pönalen Charakter hätten. Sie seien nicht unter Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention zu subsumieren. Die erkennende Behörde werde in dieser Ansicht durch den Umstand bestärkt, daß der Beschwerdeführer sein Heimatland mit einem Reisepaß, der ihm problemlos ausgestellt worden sei, ohne Schwierigkeiten habe verlassen können. Dies spreche dafür, daß er keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Eine legale Ausreise wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn man an der Verfolgung des Beschwerdeführers ein Interesse gehabt hätte. Ausdrücklich betonte die belangte Behörde, daß die Furcht vor Verfolgung sich auf Umstände beziehen müsse, die im zeitlichen Naheverhältnis zur Ausreise eines Asylwerbers aus seinem Heimatland lägen. Die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer Minderheit allein könne noch nicht als Grund für seine Anerkennung als Konventionsflüchtling angesehen werden. Der angefochtene Bescheid sei daher zu Recht ergangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 AsylG ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Artikel 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 unter Bedachtnahme auf das Protokoll BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Artikel 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt.
Artikel 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
In seiner Verfahrensrüge macht der Beschwerdeführer ein unzureichendes Ermittlungsverfahren geltend, indem er insbesondere Nachforschungen und Erhebungen zur Situation der kurdischen Volksgruppe in der Türkei vermißt. Im Rahmen des Parteiengehörs hätte ihm die belangte Behörde auch die Möglichkeit geben müssen, zu den von ihr berücksichtigten Informationen Stellung zu nehmen. Bedenken der Behörde hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers seien ihm nicht mitgeteilt worden. Hinsichtlich der Ausreise hätte ihm die belangte Behörde die Möglichkeit geben müssen, die konkreten Umstände, die ihn zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen hätten, darzulegen und unter Beweis zu stellen.
Dazu ist darauf hinzuweisen, daß nach der ständigen hg. Judikatur die eigenen Angaben des Asylwerbers die wesentliche Erkenntnisquelle für das Asylverfahren darstellen (vgl. dazu z. B. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 91/01/0162 und die dort zitierte Vorjudikatur). Der belangten Behörde ist im Hinblick darauf, daß sie ihrer rechtlichen Beurteilung ohnehin die Angaben des Beschwerdeführers zugrunde gelegt hat, kein Ermittlungsfehler und auch keine Verletzung des Parteiengehörs anzulasten. Davon, daß die belangte Behörde Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers hatte und deswegen zu einem abweislichen Bescheid gelangte, kann mit Rücksicht auf die Begründung des angefochtenen Bescheides keine Rede sein.
Was die Argumente des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde hätte ihm Gelegenheit geben müssen, die konkreten Umstände, die zum Verlassen seiner Heimat (insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht betrachtet) führten, darzulegen und unter Beweis zu stellen, ist er darauf hinzuweisen, daß er dazu sowohl im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung als auch seiner Berufung hinreichend Gelegenheit hatte. Einer darüber hinaus gehenden Anleitung durch die belangte Behörde bedurfte es insbesondere mit Rücksicht auf die in der Niederschrift vom 14. März 1990 ausdrücklich enthaltenen Belehrungen nicht.
Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen sohin nicht vor.
Zur Rechtsrüge ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß alle seine diesbezüglichen Argumente (Engagement als Kurdensprecher in der Handelsschule, Vernehmung durch die Polizei und Zufügen eines Nasenbeinbruches) - wie die belangte Behörde zutreffend hervor hob - schon zeitlich gesehen in keinem ausreichenden Naheverhältnis zur Ausreise des Beschwerdeführers aus der Türkei stehen, um sie jetzt als Fluchtgründe im Sinne der Konvention anerkennen zu können (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1991, Zl. 91/01/0136).
Da auch die Ausführungen der belangten Behörde, die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer ethnischen Minderheit allein reiche noch nicht hin, um ihn als Konventionsflüchtling anzuerkennen, im Einklang mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht (vgl. das gerade zitierte hg. Erkenntnis und die dort erwähnte Vorjudikatur), haftet dem angefochtenen Bescheid auch die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht an.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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