Normen
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
EMRK Art8 Abs2;
VersVG §158c Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
EMRK Art8 Abs2;
VersVG §158c Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 24. September 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, ein bis zum 25. Jänner 1995 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer halte sich seit 24. Dezember 1985 in Österreich auf. Seine Gattin lebe nach seinen Behauptungen seit 1980 in Österreich. Er habe mit ihr vier Kinder, die in Österreich geboren seien. Der Beschwerdeführer sei mit den Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4. Mai 1988, 3. Oktober 1989 und 29. Mai 1990 wegen der Übertretungen nach § 5 Abs. 1 bzw. § 99 Abs. 1 lit. b (§ 5 Abs. 2) bzw. § 5 Abs. 1 StVO mit Geldstrafen in der Höhe von S 8.000,--, S 11.000,-- und S 11.000,-- rechtskräftig bestraft worden. Außerdem sei der Beschwerdeführer mit den Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Juli 1989 und vom 29. Mai 1990 jeweils wegen der Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 rechtskräftig bestraft worden. Mit Straferkenntnis vom 28. Dezember 1988 sei er "wegen der Überschreitung der Geltungsdauer" der Aufenthaltsberechtigung nach dem Fremdenpolizeigesetz bestraft worden. Der Beschwerdeführer weise zudem eine weitere Verwaltungsstrafe vom 5. April 1989 wegen Ordnungsstörung auf.
In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, bei den genannten Übertretungen nach der StVO und nach dem KFG 1967 handle es sich um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen, weshalb der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) Fremdenpolizeigesetz erfüllt und somit die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme berechtigt sei. Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, doch sei davon auszugehen, daß er im Hinblick auf sein Lebensalter von 28 Jahren auch anderswo als in Österreich beruflich und wirtschaftlich Fuß fassen und für seine Familie sorgen könne. Trotz der familiären Bindungen des Beschwerdeführers an seine in Österreich lebende Familie sei den hier maßgebenden öffentlichen Interessen wesentlich größeres Gewicht beizumessen als den Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich, dies insbesondere deshalb, weil sich die schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen in den letzten beiden Jahren gehäuft hätten und daraus auf eine bewußte Mißachtung der österreichischen Rechtsordnung durch den Beschwerdeführer zu schließen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz haben folgenden Wortlaut:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
- 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
- 3. die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
2. Der Beschwerdeführer meint, die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen seien nicht als schwerwiegend anzusehen; dies ergebe sich daraus, daß die Strafbehörde den Strafrahmen bei weitem nicht ausgeschöpft habe.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß jedenfalls die insgesamt fünf rechtskräftigen Bestrafungen wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt und wegen Lenkens von Kraftfahrzeugen ohne Lenkerberechtigung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 2 erster Fall Fremdenpolizeigesetz betreffen (siehe die hg. Erkenntnisse vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0143, vom 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0156, vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0152, und vom 26. April 1991, Zl. 91/19/0087). Die Höhe der im konkreten Fall verhängten Geldstrafe war in diesem Zusammenhang nicht maßgebend, weil bei der Bemessung von Geldstrafen gemäß § 19 Abs. 2 VStG die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers zu berücksichtigen waren.
Da somit der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 erster Fall Fremdenpolizeigesetz verwirklicht ist, ist die belangte Behörde in rechtlich unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis gelangt, es sei die Annahme gerechtfertigt, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet den in § 3 Abs. 1 leg. cit. genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe (siehe die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1990, Zl. 90/19/0476, und vom 15. April 1991, Zl. 91/19/0011).
3.1. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Vornahme der gemäß § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz vorzunehmenden Interessenabwägung rechtswidrig gehandelt hätte. Sie hat zutreffend darauf Bedacht genommen, daß seine familiären Bindungen gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechen, sie hat aber den hier maßgebenden öffentlichen Interessen wesentlich größeres Gewicht beigemessen als den privaten Interessen des Beschwerdeführers. Dieser Auffassung kann nicht entgegengetreten werden, wenn man berücksichtigt, daß die Teilnahme von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern am Straßenverkehr ebenso wie die Teilnahme von Lenkern, denen die Lenkerberechtigung fehlt, große Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen mit sich bringen kann. Die Häufung der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Übertretungen in den letzten Jahren vor der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sowie die Tatsache, daß ihn weder die Verhängung von Geldstrafen noch die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung von der Begehung weiterer einschlägiger Übertretungen abhalten konnte, zeigt, daß beim Beschwerdeführer eine Neigung zur Begehung derartiger Delikte besteht und daß er nicht gewillt ist, sich an die für das Lenken von Kraftfahrzeugen geltenden Rechtsvorschriften zu halten. Im Hinblick auf diese Überlegungen war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den hier maßgebenden öffentlichen Interessen wesentlich größeres Gewicht beigemessen hat als den privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich.
3.2. An diesem Ergebnis vermag auch der zutreffende Hinweis des Beschwerdeführers nichts zu ändern, die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Leistungsfreiheit des KFZ-Haftpflichtversicherers bei Herbeiführung von Unfällen durch alkoholisierte Kfz-Lenker beziehe sich nur auf das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, nicht aber auf das Verhältnis des Versicherers gegenüber dem geschädigten Dritten (vgl. § 158c Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz), und könne daher nicht zur Begründung öffentlicher Interessen herangezogen werden. Daß der Haftpflichtversicherer auch bei durch alkoholisierte Lenker herbeigeführten Unfällen dem geschädigten Dritten gegenüber leistungspflichtig ist, bedeutet nämlich nicht, daß dadurch die von alkoholisierten Lenkern ausgehende Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen geringer wird.
4. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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