VwGH 90/19/0512

VwGH90/19/05128.7.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Sozialhilfeträgers Landeshauptstadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 3.9.1990, Zl. SH-31.520/8-1990/Mag.Ti/Md, betreffend Ersatz von Sozialhilfe-Kosten (mitbeteiligte Partei:

Sozialhilfeträger Stadt Wels, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art5 Abs2 litc;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art5 Abs2 litc;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei in der Höhe von S 11.120,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung gerichteter Eingabe vom 21. Dezember 1989 hatte die "Stadt Graz als Sozialhilfeträger gem. § 19 Stmk. SHG/77" unter Bezugnahme auf Art. 7 der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (Anlage zur Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Dezember 1973 LGBl. Nr. 83), der die Steiermark mit Wirkung vom 15. Oktober 1978 beigetreten ist (LGBl. für Steiermark Nr. 22/1979), den Antrag gestellt, "zu entscheiden, daß die Stadt Wels-Sozialamt ab 1. März 1988 die endgültige Kostentragungspflicht anerkennt und den am 3. Oktober 1989 in Rechnung gestellten und noch offenen Betrag von insgesamt

S 464.873,25 mittels beigefügten Erlagscheines an das Sozialamt der Stadt Graz überweist".

2. Dieser Antrag war mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung (der belangten Behörde) vom 26. Jänner 1990 gemäß Art. 1 und 6 der vorzitierten Ländervereinbarung als unzulässig zurückgewiesen worden.

In den für diese Entscheidung maßgebenden Begründungs-Passagen war darauf hingewiesen worden, daß nach Ansicht der belangten Behörde alle in der gegenständlichen Angelegenheit ergangenen Anzeigen gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung an die mitbeteiligte Partei (vom 27. August 1984, 3. Februar 1987, 23. September 1988, 3. Oktober 1989 und 24. Oktober 1989 sowie allfällige Urgenzen) "unrechtmäßig bzw. unwirksam", weil von einem unzuständigen Organ - dem "Magistrat der Stadt Graz", gefertigt "Für den Bürgermeister" - eingebracht, seien. Erst die Anzeige vom 13. Dezember 1989 könne als vom richtigen bzw. zuständigen Organ - der "Stadt Graz als Sozialhilfeträger", gefertigt "Für den Bürgermeister" - ergangen angesehen werden. Hierüber habe allerdings vorerst die mitbeteiligte Partei abzusprechen. Da ein rechtsgültiger Kostenersatzanspruch erst mit Schreiben vom 13. Dezember 1989 gestellt worden sei und hierüber vom angesprochenen, vermutlich endgültigen Kostenträger Stadt Wels noch nicht entschieden worden sei, sehe die belangte Behörde derzeit (noch) keine Möglichkeit, in der Sache zu entscheiden. Dieser Bescheid ist nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen.

3. Mit an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung gerichteter Eingabe vom 19. April 1990 teilte der Beschwerdeführer mit, daß die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 8. März 1990 die (für Rita B) ab 5. April 1989 angefallenen Kosten gemäß Art. 3 und 5 Abs. 2 lit. c der Ländervereinbarung anerkannt, die Kostentragung ab 1. März 1988 jedoch abgelehnt habe. Unter Hinweis auf das im Art. 7 der Ländervereinbarung vorgesehene Verfahren im Streitfall ersuche der Beschwerdeführer, "nochmals über die Verpflichtung zum Kostenersatz ab 1. März 1988 seitens des Sozialhilfeträgers die Stadt Wels im Verwaltungswege zu entscheiden".

4. Daraufhin erließ die belangte Behörde mit Datum 3. September 1990 einen Bescheid, mit dem spruchmäßig der Antrag der "Stadt Graz" vom 19. April 1990 gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. e der Ländervereinbarung als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Bereits mit ihrem Bescheid vom 26. Jänner 1990 sei darauf hingewiesen worden, daß die Anzeigen gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung vom 27. August 1984, 3. Februar 1987, 23. September 1988, 3. Oktober 1989 und 24. Oktober 1989 sowie einige Urgenzen allesamt von einem unzuständigen Organ, nämlich dem Magistrat der Stadt Graz, eingebracht worden seien und nicht von dem allein zuständigen Organ Stadt Graz als Sozialhilfeträger. Erst die Anzeige vom 13. Dezember 1989 (an die mitbeteiligte Partei) könne als vom zuständigen Organ eingebracht angesehen werden, da hier erstmals eine korrekte Bezeichnung des Organes "Stadt Graz" in der Unterschriftsklausel zum Ausdruck komme. Da gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. e der Ländervereinbarung die Sozialhilfe-Kosten nicht zu ersetzen seien, die sechs Monate vor der Anzeige nach Art. 6 entstanden sind, seien nur die nach dem 13. Juni 1989 entstandenen Kosten zu ersetzen. Somit wäre die mitbeteiligte Partei nur verpflichtet gewesen, die Sozialhilfe-Kosten (für Rita B) ab 13. Juni 1989 zu ersetzen. Es obliege der mitbeteiligten Partei zu entscheiden, ob sie die bereits refundierten Kosten ab 5. April 1989 (bis 12. Juni 1989) zurückfordere bzw. mit späteren Kosten aufrechne oder nicht. Zum Ersatz der Kosten ab 1. März 1988 (bis 12. Juni 1989) sei die mitbeteiligte Partei demnach nicht verpflichtet, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, wobei sich die beschwerdeführende Partei in ihrem "Recht auf Entscheidung gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung über die endgültige Kostentragung und Heranziehung des Sozialhilfeträgers der Stadt Wels zum Kostenersatz in der Sozialhilfeangelegenheit Rita B" verletzt erachtet.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben, und dem Begehren auf Kostenzuspruch erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist von der Rechtskraft eines Bescheides nicht nur dessen Spruch, sondern auch dessen Begründung, und zwar insoweit, als sich aus dieser der maßgebliche, d.h. der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung dienende Sachverhalt ergibt, umfaßt (vgl. etwa die bei HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Eisenstadt 1990, S. 581 f. unter 10. und 12. zitierten Entscheidungen).

2. Auf den - wie erwähnt rechtskräftigen - Bescheid der belangten Behörde vom 26. Jänner 1990 (oben I.2.) bezogen bedeutet dies, daß nicht allein der den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 21. Dezember 1989 zurückweisende Spruch, vielmehr auch jener Teil der Begründung, den die belangte Behörde als maßgeblich dafür hielt, daß sie derzeit (noch) keine Möglichkeit sehe, meritorisch über den Antrag abzusprechen, von der Rechtskraft umfaßt ist, also die entscheidungswesentliche Aussage, daß über die an die mitbeteiligte Partei gerichtete Anzeige vom 13. Dezember 1989 - hiebei handle es sich um die erste von der Stadt Graz erstattete und "korrekt" gefertigte Anzeige - zunächst diese abzusprechen habe. Damit aber stand für die belangte Behörde bindend fest, daß die ERSTE von der BESCHWERDEFÜHRENDEN PARTEI an die mitbeteiligte Partei gerichtete rechtswirksame Anzeige im Sinne des Art. 6 der Ländervereinbarung jene vom 13. Dezember 1989 war. Davon hatte die belangte Behörde bei der Behandlung des vom Beschwerdeführer nochmals - diesmal NACH Ablehnung der Kostentragung ab 1. März 1988 seitens der mitbeteiligten Partei - gestellten Antrages (vom 19. April 1990) auf Entscheidung über die Verpflichtung der mitbeteiligten Partei, die Kosten ab 1. März 1988 zu ersetzen (vgl. oben I.3.), auszugehen.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dieser Bindung Rechnung getragen und ist im Grunde des Art. 5 Abs. 2 lit. e iVm Art. 6 der Ländervereinbarung zu dem rechtlich einwandfreien Ergebnis gelangt, daß die mitbeteiligte Partei lediglich verpflichtet sei, die nach dem 13. Juni 1989 entstandenen Sozialhilfe-Kosten (für Rita B) zu ersetzen. Die Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei, die mitbeteiligte Partei zum Kostenersatz (bereits) ab dem 1. März 1988 zu verpflichten, war somit nicht rechtswidrig.

4. Da die beschwerdeführende Partei nach dem Gesagten durch den angefochtenen Bescheid nicht in dem vom Beschwerdepunkt (oben I.5.) erfaßten Recht verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und Abs. 3 Z. 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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