VwGH 90/19/0304

VwGH90/19/030418.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 30. Mai 1990, Zl. 11/T-883408, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §8;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 4. Mai 1988 wurde gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 und § 6 des Fremdenpolizeigesetzes vom 17. März 1954, BGBl. Nr. 75, in der Fassung BGBl. Nr. 555/1986 und BGBl. Nr. 575/1987 (FrPolG), ein bis 31. Mai 1993 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe einen Asylantrag gestellt und im Zuge seiner Einvernahme vorgegeben, in seinem Heimatland wegen strafbarer Handlungen gesucht zu werden. Darüber hinaus habe er eine Reihe äußerst fadenscheiniger Angaben gemacht, die auch auf seine künftige Einstellung zur österreichischen Staats- und Rechtsordnung schließen ließen. Es bestünden für den Beschwerdeführer weder Integrationschancen im Bundesgebiet noch Emigrationschancen in einen anderen Staat. Aus dem gesamten Verhalten des Beschwerdeführers könne geschlossen werden, daß er sich offensichtlich unter Vorspiegelung von Verfolgungsgründen einen Aufenthalt unter Bundesbetreuung im Flüchtlingslager Traiskirchen habe erschleichen wollen. Da ein solches Verhalten eines Fremden eindeutig öffentlichen Interessen zuwiderlaufe, sei mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorzugehen gewesen.

Der Beschwerdeführer wurde am 7. Juni 1988 (nach der Türkei) außer Landes geschafft.

Mit an die Bezirkshauptmannschaft Baden gerichteter Eingabe vom 6. Februar 1990 stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch einen Rechtsanwalt, den Antrag auf Aufhebung des über ihn verhängten befristeten Aufenthaltsverbotes. Begründet wurde dieser Antrag damit, wie aus der beiliegenden Strafregisterbescheinigung hervorgehe, sei der Beschwerdeführer in der Türkei unbescholten. Der Vorwurf, falsche Angaben gemacht zu haben, sei unbewiesen. Lediglich auf Grund des Verdachtes könne nicht eine negative Zukunftsprognose gestellt werden. Der Beschwerdeführer werde sich bei einem allfälligen Aufenthalt in Österreich an die Rechtsordnung halten. Schon allein aus der neuen Rechtslage ergebe sich, daß der Beschwerdeführer vor der Einreise ein Visum benötige, sodaß er sich den Aufenthalt nicht erschleichen könne. Somit seien die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, weggefallen.

Zu diesem Antrag teilte die genannte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Februar 1990 mit, daß für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes neben den unrichtigen Angaben im Asylverfahren noch maßgeblich gewesen wäre, daß er nicht in der Lage gewesen sei, für seinen Unterhalt zu sorgen. Daraus folge, daß einer Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann nahegetreten werden könne, wenn im Bundesgebiet eine Arbeits- und Wohnmöglichkeit nachgewiesen werde bzw. der Aufenthalt als Tourist durch Nachweis entsprechender Barmittel gesichert erscheine.

In seiner dazu abgegebenen Äußerung vom 5. März 1990 nahm der Beschwerdeführer dahin gehend Stellung, daß es seiner Meinung nach im vorliegenden Zusammenhang nicht auf den Nachweis der Mittel für seinen Unterhalt ankomme, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, daß sich der Bruder des Beschwerdeführers notariell verpflichtet habe, für allfällige Kosten, die in Österreich entstehen könnten, aufzukommen.

Mit Bescheid vom 30. Mai 1990 gab die Bezirkshauptmannschaft Baden (die belangte Behörde) dem Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 8 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, in der Fassung BGBl. Nr. 109/1990, keine Folge.

In der Begründung wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, daß das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer seinerzeit deshalb erlassen worden sei, weil er sowohl vor den Beamten der Sicherheitsdirektion als auch der hiesigen Behörde angegeben habe, wegen eines Gewaltverbrechens in seinem Heimatland gesucht zu werden. Diese Angaben habe er deshalb gemacht, um sich die Asylgewährung und nachfolgende Bundesbetreuung zu verschaffen. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer völlig mittellos gewesen, habe keine zugesicherte Arbeitsmöglichkeit in Aussicht gehabt und sei seine Einreise in das Bundesgebiet illegal erfolgt. Wenn sich nun herausstelle, daß der Beschwerdeführer hinsichtlich der Gewaltverbrechen die Unwahrheit gesagt habe, lasse dies auf seine Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung negative Rückschlüsse zu. Maßgeblich für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei jedoch, wie bereits mehrfach dargelegt, die Tatsache der illegalen Einreise, verbunden mit der Mittellosigkeit und dem Fehlen einer Arbeits- und Wohnmöglichkeit im Bundesgebiet, gewesen. An diesen Fakten habe sich auch im nunmehr durchgeführten Ermittlungsverfahren nichts geändert. Da seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes keine Änderung eingetreten sei, wäre dessen Aufhebung nicht gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 8 FrPolG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 FrPolG ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit § 3 leg. cit. gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0158).

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß tragende Begründung des von ihr erlassenen Aufenthaltsverbotes neben dem Vorwurf, er habe sich unter Vorspiegelung von Verfolgungsgründen in dem seinerzeit geführten Asylverfahren einen Aufenthalt unter Bundesbetreuung im Flüchtlingslager Traiskirchen erschleichen wollen, die illegale Einreise und die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gewesen sei.

Damit ist die Beschwerde im Recht. Aus dem Aufenthaltsverbots-Bescheid ergibt sich tatsächlich kein Anhaltspunkt dafür, daß das Aufenthaltsverbot auf die illegale Einreise und auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gestützt worden ist. Damit ist aber für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil die belangte Behörde hinsichtlich des Grundes, auf den sie das Aufenthaltsverbot seinerzeit ausdrücklich gestützt hat, nämlich der versuchten Erschleichung eines Aufenthaltes in Österreich durch unwahre Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren, im Ergebnis zu Recht davon ausgehen konnte, daß dieser Grund für die Erlassung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes nicht weggefallen ist.

Mit seinem weiteren Vorbringen versucht der Beschwerdeführer im wesentlichen darzulegen, daß der Grund, auf den die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot gestützt hatte, nicht vorgelegen wäre. Dieses Vorbringen geht deshalb ins Leere, weil es die Rechtmäßigkeit des über den Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde verhängten Aufenthaltsverbotes in Zweifel zieht. Das laut den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in Rechtskraft erwachsene Aufenthaltsverbot zu bekämpfen, ist ihm jedoch im Rahmen der Beschwerdeführung gegen die bescheidmäßige Abweisung seines Antrages auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes verwehrt.

Wie aus den übrigen Beschwerdeausführungen geschlossen werden muß, wird vom Beschwerdeführer verkannt, daß ein Aufenthaltsverbot zufolge § 8 FrPolG nur dann aufzuheben ist, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind. Daß dies bei ihm der Fall sei, wird zwar vom Beschwerdeführer behauptet, doch wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde ausgeführt, inwiefern sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Beschwerdeführers geändert haben. Der wiederholte Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Unbescholtenheit stellt schon deshalb kein geeignetes Vorbringen dar, da das Aufenthaltsverbot, dessen Aufhebung vom Beschwerdeführer begehrt wird, nicht auf Vorstrafen des Beschwerdeführers gestützt worden ist. Besteht aber kein Anhaltspunkt dafür, daß in den Umständen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, eine Änderung eingetreten ist, so besteht im Verfahren über die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes kein Anlaß, eine Interessenabwägung vorzunehmen.

Dem Beschwerdeführer ist schließlich einzuräumen, daß der angefochtene Bescheid keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof enthält (§ 61 a AVG 1950). Diesem Mangel kommt im vorliegenden Fall jedoch keine Relevanz zu, zumal daraus keine nachteiligen Folgen für den Beschwerdeführer eingetreten sind.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Umfang des Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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