VwGH 90/19/0164

VwGH90/19/016412.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des S gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 8. September 1989, Zl. St 93-1/89, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs1;
AVG §61;
AVG §62 Abs2;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §58 Abs1;
AVG §61;
AVG §62 Abs2;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. 1. Die Bundespolizeidirektion Innsbruck hatte den nunmehrigen Beschwerdeführer mit - mündlich verkündetem - Straferkenntnis vom 7. Februar 1989 zweier Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt und hiefür bestraft.

2. Die dagegen vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27. April 1989 bei der genannten Behörde eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 8. September 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Die Berufungsfrist habe am 7. Februar 1989, dem Tag der mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses, zu laufen begonnen und am 21. Februar 1989, 24.00 Uhr, geendet.

Die am 28. April 1989 bei der belangten Behörde eingelangte Berufung sei unbestreitbar erst nach dem 21. Februar 1989 eingebracht worden. Entscheidend für die Erlassung des Straferkenntnisses (und den Beginn der Berufungsfrist) sei gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der mündlichen Verkündung. Inhalt und Verkündung eines mündlichen Straferkenntnisses seien gemäß § 62 Abs. 2 AVG 1950 zu beurkunden, woraus folge, daß die Verkündung vor der Beurkundung erfolgt sein müsse. Eine fehlende oder mangelhafte Beurkundung könne zwar zu Beweisschwierigkeiten führen, mache aber eine tatsächlich erfolgte, förmliche Verkündung eines Bescheides nicht ungeschehen bzw. löse eine solche Verkündung den Lauf der Rechtsmittelfrist aus, auch wenn die Beurkundung fehle oder, wie hier, mangelhaft sei. Im Beschwerdefall habe die Zeugenaussage des damaligen Verhandlungsleiters Dr. D. die in Rede stehende Beurkundung, was die tatsächlich erteilte Rechtsmittelbelehrung anlange, "berichtigt". Der Genannte habe die Verwendung des "falschen" Formulars glaubwürdig und plausibel erklärt. Aus der "falschen" Beurkundung der Rechtsmittelbelehrung und aus der Unterlassung der Belehrung gemäß § 62 Abs. 3 AVG 1950 könne der Beschwerdeführer nichts gewinnen.

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem "Recht auf Einbringung einer Berufung gegen das Straferkenntnis vom 7.2.1989 verletzt". Er begehrt aus diesem Grund die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Streit herrscht zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde allein über den Inhalt der dem Beschwerdeführer verkündeten Rechtsmittelbelehrung: Während die Beschwerde die Ansicht vertritt, daß die Rechtsmittelbelehrung tatsächlich so wie in der Niederschrift festgehalten erteilt worden sei ("Der Beschuldigte hat das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung ... eine Berufung einzubringen ..."), geht die belangte Behörde - unter Hinweis auf die Aussage des als Zeuge einvernommenen Verhandlungsleiters - davon aus, daß dieser abweichend von der im Formular der Niederschrift aufscheinenden, von ihr als "falsch" bezeichneten Rechtsmittelbelehrung den Beschwerdeführer tatsächlich dahin belehrt habe, daß ihm das Recht zustehe, gegen das Straferkenntnis binnen zwei Wochen ab dessen Verkündung zu berufen, und nur diese Belehrung Gegenstand der Verkündung und der Beurkundung sei. Diese Streitfrage kann indes, da im Beschwerdefall nicht entscheidungswesentlich, auf sich beruhen.

2. Auch dann, wenn man mit dem Beschwerdeführer zugrunde legte, das Straferkenntnis vom 7. Februar 1989 sei ihm mit jener Rechtsmittelbelehrung, wie sie in der Niederschrift formuliert ist, verkündet worden und habe - durch die Beurkundung - mit eben diesem Inhalt rechtliche Existenz erlangt, führte dies im Ergebnis zu keiner anderen als der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Entscheidung. Denn die Verkündung und Beurkundung einer Rechtsmittelbelehrung (als Bestandteil eines mündlichen Bescheides gemäß § 62 Abs. 2 AVG 1950) des Inhaltes, daß die Rechtsmittelfrist ab Zustellung des Bescheides zu laufen beginne, hätte nur für den Fall zugunsten des Beschwerdeführers ausschlagen können, daß es in der Folge (nach der mündlichen Verkündung des Bescheides) zur Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Bescheides gekommen wäre. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung hätte sich der Beschwerdeführer mit Erfolg auf das von ihm in der Beschwerde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1931, Slg. Nr. 16.827/A, zu berufen vermocht, lag doch dieser Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht die spätere Zustellung einer schriftlichen Bescheidausfertigung zugrunde. Der Hinweis der Beschwerde auf den Rechtssatz des hg. Erkenntnisses vom 30. Mai 1969, Zl. 1564/68, ist deshalb verfehlt, weil dieser vom Vorliegen einer schriftlichen Beschwerdeausfertigung ausgeht. Da aber im vorliegenden Beschwerdefall nach Ausweis der Akten dem Beschwerdeführer - Gegenteiliges wurde auch von ihm nicht behauptet - eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Straferkenntnisses bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides nicht zugestellt worden ist, hatte die belangte Behörde der Vorschrift des § 63 Abs. 5 AVG 1950 (in Verbindung mit § 24 VStG 1950) entsprechend die zweiwöchige Berufungsfrist ab dem Tag der Verkündung des Straferkenntnisses (7. Februar 1989) zu berechnen. Demnach endete diese Frist mit Ablauf des 21. Februar 1989. Die unbestrittenermaßen erst nach diesem Zeitpunkt erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde demnach von der belangten Behörde zu Recht als verspätet zurückgewiesen (§ 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950). (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/01/0186).

Der Umstand, daß der Beschwerdeführer entgegen § 62 Abs. 3 AVG 1950 bei der Verkündung des Straferkenntnisses nicht über sein Recht belehrt wurde, die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des verkündeten Bescheides zu verlangen, ändert nichts an diesem Ergebnis, da die Unterlassung dieser Belehrung mangels einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung nicht die Unwirksamkeit eines mündlichen Bescheides zur Folge hat.

3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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