VwGH 90/19/0068

VwGH90/19/006823.4.1990

N gegen Landeshauptmann von Niederösterreich vom 25. Jänner 1989, Zl. VII/1-V-503/111/1-88, betreffend Bestrafung wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften

Normen

ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §31 Abs5;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516;
VStG §9 Abs1 idF 1983/176;
VStG §9 idF 1983/176;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §31 Abs5;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516;
VStG §9 Abs1 idF 1983/176;
VStG §9 idF 1983/176;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der B.-AG. mit dem Sitz in W. N. zu verantworten, daß am 3. Februar 1987 beim Betrieb einer (örtlich näher bezeichneten) Filiale Auflagen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern des rechtskräftigen Bescheides über die Genehmigung der Betriebsanlage insofern nicht eingehalten worden seien, als der Fluchtweg zum Notausgang vom Verkaufsraum zur X-Gasse durch folgende Lagerungen verstellt gewesen seien: Um ca. 8 Uhr durch einen Gitterkorbwagen, beladen mit (näher angeführten) Kartons und um ca. 9.30 Uhr durch einen Einkaufswagen, beladen mit (näher bezeichneten) Gegenständen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 (im folgenden kurz: ASchG) in Verbindung mit den Punkten 6 und 33 des Bescheides vom 20. Dezember 1984, (Zl. ...) begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Es trifft nicht zu, daß der Magistrat der Stadt Wien anläßlich der Einvernahme des Zeugen P. (des Filialleiters) am 21. Oktober 1987 als Strafbehörde erster Instanz eingeschritten ist. Vielmehr ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei, daß diese Amtshandlung im Wege der Rechtshilfe für die Bezirkshauptmannschaft Mödling vorgenommen wurde, an die der Akt mit Verfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1987 "zuständigkeitshalber weitergeleitet" worden war. Diese Weiterleitung stellte eine Abtretung gemäß § 29a VStG 1950 dar, die entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keiner "Förmlichkeit" bedarf.

Es ist zwar richtig, daß sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit dem Hinweis auf die Anzeige und die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses begnügt hat, ohne sich mit dem Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers näher auseinanderzusetzen. Dieser Begründungsmangel ist allerdings nicht wesentlich und führt daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides:

Die von der belangten Behörde im Instanzenzug als nicht eingehalten angesehenen Vorschreibungen im zitierten Bescheid vom 20. Dezember 1984 lauten:

"6) Hauptverkehrswege, Ausgänge und Fluchtwege dürfen nicht eingeengt oder verstellt werden. Als Begrenzung der Hauptverkehrswege und Fluchtwege dürfen nur standfeste und nicht leicht verrückbare Einrichtungsgegenstände verwendet werden.

33) Als Notausgang im Sinne der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung sind einzurichten, zu bezeichnen und zu erhalten: vom Verkaufsraum in das Lager und von dort in die X-Gasse, vom Verkaufsraum in die X-Gasse. Es

muß ein unverstellter ausreichend beleuchteter Weg ins Freie gewährleistet sein. Die Kennzeichnungen sind gemäß ÖNORM F 5000 auszuführen."

Es trifft daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - zunächst nicht zu, daß kein bestimmter Notausgang vorgeschrieben worden sei; insbesondere läßt sich aus der Tatanlastung ohne weiteres entnehmen, welcher Notausgang gemeint ist und zu welchem der in Rede stehende Fluchtweg führt. Was aber das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, bei der inkriminierten Tätigkeit habe es sich um "kurzfristige Einschlichtvorgänge" gehandelt, so übersieht er, daß es hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Tat weder auf den Zweck noch auf die Dauer des "Verstellens" des Fluchtweges ankam. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ausgehen.

Mit dem Hinweis auf die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, weil für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht der gewerberechtliche, sondern der handelsrechtliche Geschäftsführer verantwortlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0088).

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Bestellung eines Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 und 5 ASchG beruft, ist zu bemerken:

Nach § 31 Abs. 2 lit. p ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte unter anderem dann eine Verwaltungsübertretung, wenn sie den auf Grund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln.

Gemäß § 31 Abs. 5 ASchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1988, Zl. 87/08/0240) ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber (bzw. in Fällen des § 9 VStG 1950 das dort genannte Organ) etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen, wobei dem Arbeitgeber dabei die Verpflichtung obliegt, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend dieser Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0088).

Der Beschwerdeführer hatte in diesem Zusammenhang im Verwaltungsverfahren vorgebracht, der Filialleiter P. sei über die Auflagen des Betriebsanlagenbescheides informiert und für die Einhaltung derselben verantwortlich gewesen. Die Kontrolle der Filialleiter werde "nach vorgegebenen Richtlinien" von Filialinspektoren durchgeführt, zur Kontrolle dieser wieder seien "letztlich" die Verkaufsleiter zuständig, welche periodische Besuche an Ort und Stelle vornähmen. Diese Verkaufsleiter seien zur Berichterstattung an den Beschwerdeführer in allen wesentlichen Belangen verpflichtet, er selbst könne die einzelnen Filialen nur sporadisch und schwerpunktmäßig überprüfen. Zum Beweis für dieses Vorbringen berief sich der Beschwerdeführer auf die Einvernahme eines (jeweils namentlich genannten) Filialinspektors und eines Verkaufsleiters.

Ausgehend von diesem Vorbringen konnte die belangte Behörde schon deshalb eine Befreiung des Beschwerdeführers von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung verneinen, weil der Beschwerdeführer einerseits die "vorgegebenen Richtlinien" (nach welchen die Filialinspektoren die Kontrolle ausüben sollen) nicht dargelegt hat und die "periodischen Besuche" der Verkaufsleiter als stichprobenartige Überwachung zu werten sind, was allerdings nach der hg. Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 27. September 1988, Zl. 87/08/0026, und das obzitierte vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0088) nicht als ausreichend erachtet wird. Es bedurfte daher auch nicht der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugeneinvernahmen für die Richtigkeit seines Vorbringens.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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