Normen
AVG §34 Abs3;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
StVG §107 Abs1 Z9;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §34 Abs3;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
StVG §107 Abs1 Z9;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Beschwerdebescheid des Bundesministers für Justiz vom 5. März 1990 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, sich am 1. Juli 1989 dadurch, daß er den Justizwachebeamten Bezirksinspektor X mit den Worten: "Spiel Dich nicht so auf, sonst muß ich angeben, daß Du schleppst, und da kannst Du dann schauen, wie Du herauskommstÜ" bedacht hat, gegenüber einer im Strafvollzug tätigen Person vorsätzlich ungebührlich benommen zu haben; er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z. 9 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG) begangen; gemäß § 109 Z. 3 und § 112 Abs. 2 StVG wurde die Strafe der Entziehung des Rechtes auf Verfügung über das Hausgeld in der Dauer von zwei Wochen verhängt. Nach der Begründung des Beschwerdebescheides sei die Tat durch die Zeugenaussage zweier Justizwachebeamten und das Geständnis des Beschwerdeführers erwiesen. Der Justizwachebeamte X habe den Beschwerdeführer nicht provoziert. Ob die Äußerung des Beschwerdeführers dem Häfenjargon entspreche, sei rechtlich unentscheidend. Der Beschwerdeführer habe in erster Instanz die Vernehmung des ehemaligen Strafgefangenen Y nicht beantragt; eine Einvernahme sei im übrigen gar nicht möglich gewesen, weil Y bereits im Juni 1989 aus der Strafhaft entlassen worden sei. Das festgestellte ungebührliche Benehmen entspreche dem "ungeziemenden Benehmen" im Sinne des § 34 Abs. 2 AVG 1950. Eine "Entrüstungsbeleidigung" im Sinn des § 115 Abs. 3 StGB läge nicht vor, da der Justizwachebeamte sich dem Beschwerdeführer gegenüber nicht unkorrekt oder unter Mißachtung seiner Dienstpflichten verhalten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 107 Abs. 1 Z. 9 StVG begeht der Strafgefangene, der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorsätzlich sich einer im Strafvollzuge tätigen Person gegenüber ungebührlich benimmt, eine Ordnungswidrigkeit.
Den Beschwerdegründen ist im einzelnen zu erwidern:
Es trifft zu, daß dem Beschwerdeführer zu den Zeugenaussagen X und Z nach dem Akteninhalt kein Parteiengehör gewährt wurde. Die Verletzung des Parteiengehöres stellt dann einen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG dar, wenn bei Gewährung des Parteiengehöres die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1967, Slg. N.F. Nr. 7070/A). Macht ein Beschwerdeführer Mangelhaftigkeit des Verfahrens in diesem Sinne geltend, dann hat er die entscheidenden Tatsachen bekanntzugeben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind. Der Beschwerdeführer hat dies allerdings in seiner Beschwerde unterlassen, so daß der allfällige Einfluß des unterlaufenen Verfahrensverstoßes auf den angefochtenen Bescheid nicht beurteilt werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß es rechtlich unentscheidend ist, ob die Äußerung des Beschwerdeführers dem Häfenjargon entsprach oder nicht. Gerade die hier anzuwendende Gesetzesbestimmung des § 107 Abs. 1 Z. 9 StVG pönalisiert ein vorsätzliches ungebührliches Benehmen des Strafgefangenen gegenüber bestimmten Personen. Der Maßstab des ungebührlichen Benehmens muß schon nach dem Wortverständnis objektiv gezogen werden, so daß Erwägungen darüber, welche Sprache allenfalls unter den Strafgefangenen üblich sein möge, nicht anzustellen sind.
Was die Frage des vom Beschwerdeführer angebotenen Wahrheitsbeweises anlangt, so sind folgende, in der Rechtsprechung zu § 34 Abs. 3 AVG 1950 herausgearbeitete Grundsätze heranzuziehen:
Mit der Pönalisierung des vorsätzlichen ungebührlichen Benehmens - wie auch mit der Pönalisierung der beleidigenden Schreibweise in § 34 Abs. 3 AVG 1950 - soll nicht die Möglichkeit einer Partei beschnitten werden, sachliche Kritik am Vorgehen oder Verhalten eines Behördenorganes zu äußern. Die genannten Strafbestimmungen sollen erreichen, daß die Kritik an einer Behörde oder an einem ihrer Organe sich auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (Erkenntnis vom 22. März 1965, Slg. N.F. Nr. 6633/A). Die Bestrafung nach diesen Gesetzesstellen wendet sich nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern gegen die Form, in der dieses erfolgt. Niemand ist daran gehindert, einen Mißstand, der nach seiner Meinung bei einer Behörde - oder einem Behördenorgan - besteht, der Oberbehörde - oder dem Dienstvorgesetzten des Organs - zur Kenntnis zu bringen, damit sie Abhilfe schaffen. Er muß sich dabei nur in den Grenzen der Sachlichkeit halten. Schon daraus ergibt sich, daß ein Wahrheitsbeweis im Verfahren nach § 34 Abs. 3 AVG 1950 nicht in Frage kommen kann, weil die Form des Vorbringens kein Gegenstand einer solchen Beweisführung ist (VfSlg. 2960/1956, 4073/1961).
Auch das Vorbringen wahrer Tatsachen kann dann als beleidigende Schreibweise gewertet werden, wenn diese Tatsachen in keinem sachlichen Zusammenhang mit jener Angelegenheit stehen, die die beleidigende Äußerung der Partei auslöste (Erkenntnis vom 11. Dezember 1985, Zl. 84/03/0155).
Da die dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachte Äußerung im Zusammenhang damit stand, daß der Beschwerdeführer vom Justizwachebeamten X nicht sofort zum Baden zugelassen wurde, kann ein Zusammenhang mit der Bedrohung mit einer Anzeige, weil der Justizwachebeamte "schleppe" - gleichgültig, was diese Äußerung bedeuten solle - als nicht gegeben angesehen werden. Daher war ein Wahrheitsbeweis in dieser Richtung nicht zulässig. Dem Beschwerdeführer wäre es freigestanden, in gebührlicher Weise den Justizwachebeamten wegen eines bestimmten vorschriftswidrigen Verhaltens bei seinem Vorgesetzten anzuzeigen.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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