VwGH 90/17/0429

VwGH90/17/042930.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 28. September 1990, Zl. MDR-Sch 35

u. 36/90/Str, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme von zwei Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und aus dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:

Mit zwei Straferkenntnissen des Magistrates der Stadt Wien je vom 5. Juli 1988 wurde die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als ehemalige Geschäftsführerin der X-GmbH der Verkürzung von Getränkesteuer in näher bestimmten Zeiträumen schuldig erkannt. Gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 (GetrStG) wurden ihr hiefür Geldstrafen von S 2.100,-- und von S 26.900,-- zuzüglich der Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Diese Straferkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 1990 beantragte die Beschwerdeführerin die Wiederaufnahme der durch diese beiden Straferkenntnisse abgeschlossenen Verfahren. Zur Rechtzeitigkeit der Antragstellung führte die Beschwerdeführerin lediglich aus, sie habe erst "nunmehr" von dem in diesem Antrag behaupteten Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 26. Juni 1990 wurde der Wiederaufnahmsantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 69 Abs. 2 AVG 1950 zurückgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge; sie bestätigte vielmehr gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 den Zurückweisungsbescheid der Behörde erster Rechtsstufe. In der Begründung vertritt die belangte Behörde im wesentlichen die Rechtsansicht, mit dem im Beschwerdefall verwendeten Wort "nunmehr" sei ebensowenig wie mit dem Wort "soeben" dem sich aus § 69 Abs. 2 AVG 1950 ergebenden Erfordernis entsprochen, schon im Wiederaufnahmsantrag eine "taugliche Zeitangabe" zu machen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "daß gem. § 69 Abs. 1 lit. b) AVG einem Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben ist, wenn neue Tatsachen- oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltendgemacht werden konnten und einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 - diese Bestimmung gilt zufolge § 254 Abs. 1 FinStrG in Verbindung mit § 24 VStG 1950 auch im Finanzstrafverfahren - ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrunde Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen im vorliegenden Beschwerdefall kein Anlaß besteht, muß der Wiederaufnahmswerber schon im Antrag datumsmäßig (oder sonst genau) angeben, wann er von dem Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Wiederaufnahmsgrundes Kenntnis erlangt hat, wobei das Fehlen einer Angabe des genauen Zeitpunktes im Wiederaufnahmsantrag kein bloßes Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 darstellt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. November 1984, Zl. 84/17/0148, und vom 8. November 1985, Zl. 85/18/0324).

Daß die Behauptung, ein Antragsteller habe erst "nunmehr" vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt, keine zureichende Angabe über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung darstellt, hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem eben zitierten Erkenntnis vom 16. November 1984 ausgesprochen. Die gleiche Rechtsansicht vertrat der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt zitierten Erkenntnis vom 8. November 1985 auch zur ähnlichen Wendung "erst jetzt".

Es war daher nicht rechtswidrig, daß die Verwaltungsinstanzen den Wiederaufnahmsantrag der Beschwerdeführerin (wegen des Fehlens zureichender Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung) zurückgewiesen haben. Die Beschwerdeführerin wurde durch diese Zurückweisung folglich in ihrem im Beschwerdepunkt bezeichneten Recht nicht verletzt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.

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