VwGH 90/17/0221

VwGH90/17/022125.7.1990

X gegen Wiener Landesregierung vom 8. März 1990, Zl. MDR-G 3/90/Str, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes

Normen

AVG §10 Abs2;
KurzparkzonenabgabeV Wr 1986 §2 Abs2;
ParkometerG Wr 1974 §1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §47 Abs1;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9;
AVG §10 Abs2;
KurzparkzonenabgabeV Wr 1986 §2 Abs2;
ParkometerG Wr 1974 §1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §47 Abs1;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem gleichzeitig vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. März 1990 wurde ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Dezember 1989 bestätigt, wonach der Beschwerdeführer am 23. März 1988 um 11.40 Uhr in Wien, Y-Gasse 27-29, ein dem Kennzeichen nach näher bezeichnetes Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, weil der Parkschein unrichtig entwertet gewesen sei; der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, begangen, wofür über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, aus einer polizeilichen Mitteilung gehe hervor, daß der - unter näherer Angabe von Ort und Zeitpunkt - abgestellte Pkw nicht mit einem nach § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 15/1986, richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet gewesen sei. Der Beschwerdeführer behauptete auch gar nicht, daß er für das Abstellen des Pkws in Ansehung der Abstellzeit einen Parkschein entwertet habe. Werde ein Parkschein bei Beginn des Abstellens nicht entwertet, so habe der Lenker die hiefür vorgesehene Parkometerabgabe nicht entrichtet und liege in diesem Verhalten eine Verkürzung oder (bei Vorsatz) eine Hinterziehung der Abgabe vor. Für ein solche Übertretung betrage die Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950, innerhalb welcher gegen den Beschuldigten eine Verfolgungshandlung einzuleiten sei, ein Jahr. Da dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall die Verkürzung der Abgabe zur Last falle, sei die demnach einjährige Verjährungsfrist bei der am 30. Dezember 1988 erfolgten Postaufgabe der Strafverfügung vom 7. Dezember 1988 in Ansehung der am 23. März 1988 begangenen Tat nicht abgelaufen gewesen. Da aber die "Herausgabe" dieser Strafverfügung eine rechtzeitige Verfolgungshandlung bilde, sei die behauptete Verfolgungsverjährung nicht eingetreten. Der Beschwerdeführer irre, wenn er meine, daß eine Verfolgungshandlung in die Rechtssphäre des Betroffenen gelangen müsse, um die Verjährung auszuschließen. Es genüge vielmehr, daß die Verfolgungshandlung während der Verjährungsfrist in irgendeiner Form nach außen in Erscheinung trete. Dies sei bei der laut Poststempel am 30. Dezember 1988 zur Post gegebenen und am 31. Dezember 1988 vom Postamt Klagenfurt-V mit einem Rücksendevermerk versehenen Strafverfügung der Fall gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Nach seinem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer eingetretenen Verjährung wird - zusammengefaßt - in der Beschwerde geltend gemacht, daß der Beschwerdeführer die Strafverfügung vom 7. Dezember 1988 erst am 4. April 1989 persönlich übernommen und der Zustellvorgang am 30. bzw. 31. Dezember 1988 nicht dem Gesetz entsprochen habe. Die Zustellung sei ein rechtlich geregeltes Verfahren, an dessen rechtmäßigen oder tatsächlichen Vollzug sich die Rechtswirkungen behördlicher, schriftlich ausgefertigter Erledigungen knüpften.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG 1950 - gemäß § 254 Finanzstrafgesetz gilt für den Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechtes das VStG 1950 - ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung ist nach § 32 Abs. 2 VStG 1950 jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Antrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Ausgehend von dieser Rechtslage kann der belangten Behörde ein Rechtsirrtum nicht vorgeworfen werden, wenn sie zu der Annahme gelangte, die Einleitung der Zustellung der gegenständlichen Strafverfügung sei noch innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 erfolgt. Eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 liegt nämlich schon dann vor, wenn die Behörde eine Strafe innerhalb der Verjährungsfrist mit Strafverfügung festsetzt und diese durch Einleitung der Zustellung vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung tritt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1978, Zl. 2831/77 und die dort angegebene weitere hg. Rechtspechung). Es genügt zwar nicht ein interner behördlicher Vorgang, sondern es muß der behördliche Akt die behördliche Sphäre noch innerhalb des Ablaufes der Verjährungsfrist verlassen haben, d. h. in irgendeiner Weise nach außen in Erscheinung getreten sein; die betreffende Verfolgungshandlung schließt somit die Verfolgungsverjährung dann aus, wenn sie innerhalb der Verjährungsfrist abgefertigt (z.B. zur Post gegeben) worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1986, Zl. 84/01/0005, und die dort angegebene weitere

hg. Rechtsprechung). Daß aber die hier in Frage stehende Strafverfügung die behördliche Sphäre gar nicht verlassen habe, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht.

Somit erweist sich die diesbezügliche Rechtsrüge nicht als begründet. Damit geht aber auch die dem Zustellvorgang betreffende Verfahrensrüge der Verletzung des Parteiengehörs ins Leere.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wird schließlich geltend gemacht, die belangte Behörde habe den Berufungsbescheid "nicht dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers, sondern diesem persönlich zugestellt".

Der vorgelegten Bescheidfotokopie zufolge lautete die Zustellverfügung der belangten Behörde dahin, daß die Berufungsentscheidung unter anderem an den Beschwerdeführer zu Handen des (nunmehr auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einschreitenden) Beschwerdevertreters ergeht. Es mag dahingestellt bleiben, ob die - laut vorgelegter Bescheidfotokopie - durch die Behörde erster Instanz vorgenommene Zustellung nicht an den Vertretenen, sondern an den Vertreter erfolgte. Gemäß § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Nach dem zweiten Satz der eben zitierten Gesetzesstelle gilt demnach ein Zustellungsfehler im Anwendungsbereich des Zustellgesetzes dann als geheilt, wenn und sobald der dem Vertretenen zu Unrecht übermittelte Bescheid dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1986, Zl. 86/17/0120, und die dort angegebene weitere hg. Rechtsprechung). Ein Vorbringen aber, daß der angefochtene Bescheid dem Vertreter und damit auch Zustellbevollmächtigten im Sinne des § 9 Zustellgesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.487/A) tatsächlich gar nicht zugekommen sei, wird auch in der Beschwerde nicht erhoben.

Schon der Inhalt der Beschwerde läßt somit erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGG war die Beschwerde daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.

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