VwGH 90/16/0006

VwGH90/16/000618.4.1990

G-GesmbH gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 12. April 1988, Zl. 13.284/27-I C 7b/88 (Zl. 90/16/0016), und vom 31. August 1989, Zl. 17.254/69-I C 7b/89 (Zl. 90/16/0006), betreffend Festsetzung eines Importausgleiches nach dem Marktordnungsgesetz

Normen

BAO §1;
BAO §185;
BAO §207;
BAO §49;
MOG 1985 §20 Abs3;
MOG 1985 §20;
MOG 1985 §21 Abs1;
MOG 1985 §22 Abs4;
MOG 1985 §22 Abs5;
VwRallg;
BAO §1;
BAO §185;
BAO §207;
BAO §49;
MOG 1985 §20 Abs3;
MOG 1985 §20;
MOG 1985 §21 Abs1;
MOG 1985 §22 Abs4;
MOG 1985 §22 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die beiden Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das die beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0032, verwiesen, mit welchem die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Dezember 1986, Zl. 13.284/51-I 3/86, betreffend Zurückweisung von Berufungen, als unbegründet abgewiesen worden war. Der Gerichtshof hatte hierbei für bestimmend erachtet, daß es sich bei den in Streit gezogenen, unter dem Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen erstellten Enunziationen des Milchwirtschaftsfonds, die weder die Unterschrift des Genehmigenden noch jene des die Ausfertigung Beglaubigenden enthielten und deren Urschriften (Konzept, Entwurf, Referatsbogen usw.) ebenfalls keine Unterschrift des die Erledigung genehmigenden Organwalters trugen, um Nichtbescheide handelte.

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte in der Folge der Importausgleichsausschuß des Milchwirtschaftsfonds mit insgesamt 18 Bescheiden aus den Jahren 1986 und 1987 sowie mit 2 Bescheiden je vom 10. Mai 1988 bestimmt, daß die beschwerdeführende Partei anläßlich der Einfuhr der Produkte "Milchreis" und "Reistopf" jeweils in verschiedenen Geschmacksrichtungen im Zeitraum Jänner 1985 bis Dezember 1986 einen Importausgleich in Höhe von 250 S für je 100 kg Eigengewicht zu entrichten habe.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gab mit den beiden Bescheiden vom 12. April 1988 und 31. August 1989 den dagegen erhobenen Berufungen der beschwerdeführenden Partei, in denen sie die bescheidmäßige Bestimmung des Importausgleiches als rechtswidrig bezeichnete, weil im Zollgebiet keine "gleichartigen" inländischen Produkte (§ 20 Abs. 3 MOG 1985) vertrieben würden und außerdem bereits Bemessungsverjährung (§ 207 Abs. 2 BAO) eingetreten sei, keine Folge. Zur Begründung der beiden Bescheide führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, wörtlich übereinstimmend aus, auf Grund der Ausführungen der beschwerdeführenden Partei im Zuge des Ermittlungsverfahrens könne davon ausgegangen werden, daß die streitverfangenen Importprodukte dem bereits mehrfach rezepturmäßig geprüften "S Milchreis" entsprächen und nur - offensichtlich aus markttechnischen Überlegungen - umbenannt worden seien. Im Zuge der ergänzenden Ermittlungen im Berufungsverfahren sei festgestellt worden, daß während des in Rede stehenden Importzeitraumes bis einschließlich Dezember 1986 von der Firma U ebenfalls "Milchreis" in verschiedenen Geschmacksrichtungen erzeugt und vertrieben worden sei. Gegen die Annahme einer Gleichartigkeit des von der Firma U erzeugten Milchreis-Produktes hätte die beschwerdeführende Partei mit Ausnahme der Marktanteile keine Einwendungen erhoben. Nach dem Marktordnungsgesetz 1985 käme es jedoch nicht darauf an, ob die inländische oder die importierte Ware in einem gleichen Ausmaß im Inland vertrieben werde. Es komme daher entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei den Marktanteilen von Konkurrenzprodukten bezüglich der Auslegung des Begriffes "gleichartige Ware" iSd § 20 Abs. 3 MOG 1985 keine Bedeutung zu (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 1989, Zl. 89/16/0015). Nach den Erhebungen des Milchwirtschaftsfonds stehe fest, daß die Firma Gustana territorial beschränkt bis Ende 1986 Milchreis erzeugt und vertrieben habe. Im übrigen habe sich auch das Zentrallabor des Milchwirtschaftsfonds unter Berücksichtigung einer früheren Berufungsentscheidung der belangten Behörde gutächtlich dahingehend geäußert, daß "Reistopf" als Milchreis zu qualifizieren sei. Die Einrede der Verjährung werde für unberechtigt erachtet. Die Feststellung bzw. Bestimmung des Importausgleichs (-satzes) durch den Fonds unterliege keiner Verjährung, weil hierbei nicht die Bundesabgabenordnung, sondern das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden sei; der Fonds und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft seien nämlich Abgabenbehörden des Bundes im Sinne der §§ 1 und 49 Abs. 1 BAO nur in Ansehung der Absatzförderungsbeiträge im Bereich der Milchwirtschaft (§ 84 MOG 1985). Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz enthalte aber keine Verjährungsbestimmungen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1981, Zl. 81/07/0071). Hinzu komme noch, daß die Verjährung gemäß § 68 Abs. 4 MOG 1985 sich nicht auf die Erhebung des Importausgleiches beziehe. Diese Auffassung sei auch von der beschwerdeführenden Partei unbestritten geblieben. Im übrigen könne unter dem Gesichtspunkt, ob der Grundlagenbescheid des Milchwirtschaftsfonds bzw. des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft für die Erhebung des Importausgleiches vor oder nach der Einfuhr - auch in dieser Richtung eröffne § 22 Abs. 3 zweiter Satz MOG 1985 Möglichkeiten - erlassen werde, bezüglich der Verjährung keine andere Beurteilung erfolgen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Freiheit der Erwerbstätigkeit sowie die Verletzung in Rechten durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und durch darauf gestützte gesetzwidrige Verordnungen, gerichteten Beschwerden gegen die beiden obgenannten Bescheide mit den beiden Beschlüssen je vom 28. November 1989, B 1337/88 und B 1145/89, ab, weil das Beschwerdevorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie im Hinblick darauf, daß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angwendete Verordnung des Milchwirtschaftsfonds nicht entstanden seien, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, daß es - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Gleichzeitig wurden die Beschwerden nach Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Gegen die oben genannten beiden Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft richten sich die vorliegenden, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden inhaltlich gleichlautenden Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, für die streitverfangenen Importprodukte keinen Importausgleich entrichten zu müssen. Sie trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im Einklang mit ihrem Vorbringen vor der Administrativbehörde im wesentlichen vor, bei der Berechnung des Importausgleiches sei gemäß § 20 Abs. 3 MOG 1985 auf die Gleichartigkeit der Inlandsware abzustellen. Bei Berücksichtigung der mengenmäßigen Relationen zwischen Importprodukt und inländischem Vergleichsprodukt gäbe es keine gleichartige inländische Ware. Aus den Umsatzziffern ergebe sich eindeutig, daß die Produktion von Milchreis bei der Firma U jedenfalls ein Verlust sein müsse. Ein Verkauf von 3900 kg im Jahr sei völlig bedeutungslos. Dazu komme noch, daß das Produkt von der Firma U nur territorial beschränkt vertrieben werde, während die Milchreisprodukte der beschwerdeführenden Partei in ganz Österreich auf den Markt gebracht würden. Auch daraus müsse abgeleitet werden, daß von einer Gleichartigkeit der Ware iSd § 20 Abs. 3 MOG 1985 nicht gesprochen werden könne. Außerdem sei bereits Bemessungsverjährung eingetreten. Wollte man die Verjährungsbestimmung des § 207 BAO nicht anwenden, so wäre es absolut unmöglich, daß überhaupt jemals eine Verjährung eintrete.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide zu erweisen.

Die beiden streitverfangenen Produkte mit der Bezeichnung "Milchreis" und "Reistopf" sind nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens als Nahrungsmittelzubereitungen auf der GRUNDLAGE VON MILCH von der Nummer 21.07 des Zolltarifs erfaßt.

Wurde - wie in den Beschwerdefällen - für solche im § 1 MOG 1985 angeführte INLÄNDISCHE Waren ein Preisausgleichsbeitrag nach § 3 leg. cit. eingehoben (hier:

Ausgleichsbeitrag in Höhe von 250 Groschen/kg; vgl. die Beschlüsse des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 31. Jänner und 1. August 1985, kundgemacht in der Beilage 2 (zu Heft 5) und Beilage 9 (zu Heft 19) der Österreichischen Milchwirtschaft vom 7. März und 7. Oktober 1985), so war gemäß § 21 Abs. 1 MOG 1985 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der diesbezüglich mit 1. Jänner 1988 in Kraft getretenen

3. Marktordnungsgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 578, anläßlich der Einfuhr GLEICHARTIGER Waren in das Zollgebiet ein Importausgleich in der Höhe dieses Beitrags oder Betrags zu erheben.

Nach der Legaldefinition des § 20 Abs. 3 MOG 1985 ist eine Ware gleichartig, die der Ware, mit der sie verglichen wird, in jeder Hinsicht gleicht oder - wenn es eine solche Ware nicht gibt - zumindest charakteristische Merkmale aufweist, die denen der Vergleichsware stark ähneln.

In den beiden Beschwerdefällen ist unbestritten, daß es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine gleichartige Ware iSd § 20 Abs. 3 MOG im Inland gegeben hat. Es standen daher im maßgebenden Vergleichszeitraum die von der beschwerdeführenden Partei eingeführten Erzeugnisse und das nach den im § 2 MOG 1985 normierten Zielsetzungen zu schützende inländische Produkt ("Milchreis" der Firma U) miteinander in Wettbewerb.

Um Milchprodukte (hier: "Milchreis") als "gleichartig" anzusprechen, müssen die Waren in etwa gleiche Eigenschaften und Zusammensetzungen haben. Daß dies nicht der Fall sei, hat die beschwerdeführende Partei im gesamten Verfahren nicht behauptet und ist auch aus der Aktenlage nicht erkennbar. Bei der Beurteilung der "Gleichartigkeit" sind Handelsübung und Verkehrsauffassung zu berücksichtigen. Die eingeführten und die im Inland hergestellten Mengen sind nach dem Wortlaut der oben wiedergegebenen Legaldefinition für die Qualifizierung als Vergleichsobjekt und damit für die Bestimmung des hier zusätzlich zu der anstelle des Zolles zu erhebenden Ausgleichsabgabe von keiner rechtlichen Relevanz.

Solcherart erweist sich das diesbezügliche Vorbringen der beschwerdeführenden Partei als unbegründet.

Letztlich vermag der Verwaltungsgerichtshof auch der Meinung der beschwerdeführenden Partei, in den beiden Beschwerdefällen sei bereits Bemessungsverjährung eingetreten, nicht beizutreten.

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe FESTZUSETZEN, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmung der Verjährung. Daß es sich bei den Bemessungsverjährungsbestimmungen des § 207 BAO um Bestimmungen des Verfahrensrechtes handelt, ergibt sich daraus, daß damit die DURCHSETZUNG von materiell-rechtlichen Abgabenansprüchen (durch zeitliche Begrenzung des Rechtes zur Abgabenfestsetzung) geregelt wird, wodurch die Voraussetzungen für die Zuordnung zum Verfahrensrecht gegeben erscheinen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1983, Zl. 83/17/0019, in welchem der Verwaltungsgerichtshof als "Verfahrensrecht" jene Normen definiert hat, die die Feststellung der Rechtsregeln und deren Durchsetzung zum Inhalt haben, die also den Weg regeln, auf dem aus einer Rechtserscheinung höherer Stufe eine Rechtserscheinung niedrigerer Stufe erzeugt wird). Folge der Verjährung ist nicht das Erlöschen der Abgabenschuld, sondern die Unzulässigkeit der Bemessung der Abgabe. Diese Vorschriften sind, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. September 1981, Zl. 81/07/0071, dargelegt hat, nur von den Abgabenbehörden im Sinne der §§ 1, 49 BAO, zu denen weder der Importausgleichsausschuß des Milchwirtschaftsfonds bei Bestimmung des Importausgleiches mittels (Grundlagen-)Bescheides, auf welchen nach der Anordnung des § 22 Abs. 5 letzter Satz MOG 1985 die für die Bescheide nach § 185 BAO geltenden Rechtsvorschriften sinngemäß anzuwenden sind, noch die belangte Behörde als Berufungsbehörde in einem dagegen geführten Rechtsmittelverfahren gehört, anzuwenden. Im übrigen unterliegen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 6. Mai 1975, Zlen. 1526, 1527/73, Slg. Nr. 4831/F) Feststellungsbescheide, welche - wie die streitverfangenen Bescheide - die Grundlage für eine Abgabenfestsetzung durch die daran gemäß § 22 Abs. 4 MOG 1985 gebundenen Zollämter bilden, keiner Verjährung im Sinne des § 207 BAO (vgl. auch Stoll, Handbuch zur Bundesabgabenordnung, S 426 und S 485 f).

Auf Grund des Gesagten haftet den beiden angefochtenen Bescheiden keine der behaupteten Rechtswidrigkeiten an. Die beiden Beschwerden waren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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