VwGH 90/13/0204

VwGH90/13/020419.12.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Juni 1990, Zl. GA 5-1937/2/90, betreffend Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen für das Kalenderjahr 1988, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1220;
ABGB §1225;
ABGB §1231;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;
ABGB §1220;
ABGB §1225;
ABGB §1231;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte die Berücksichtigung einer seinem Sohn, der am 11. Oktober 1985 geheiratet hatte, am 30. März 1988 bezahlten Heiratsausstattung in der Höhe von S 130.000,-- als außergewöhnliche Belastung durch Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987. Er begründete die Bezahlung im Jahre 1988 damit, daß er im Jahre 1985 ein Kfz angeschafft habe und daher im Zeitpunkt der Heirat seines Sohnes, die überraschend gekommen sei, bar jeglicher Mittel gewesen sei.

Das Finanzamt wies diesen Antrag mit der Begründung ab, wenn auf Grund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Zeit der Verehelichung die Zahlung einer Heiratsausstattung nicht möglich sei, seien die Eltern von ihrer Verpflichtung befreit. Eine spätere Verbesserung der wirtschaftlichen Lage sei unerheblich.

In der dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, er sei auf Grund der Höhe seines Einkommens im Jahre 1985 verpflichtet gewesen, seinem Sohn eine Heiratsaussattung in der Höhe von mindestens S 130.000,-- zu bezahlen. Er habe nur einen ziemlich teuren Pkw angeschafft, sodaß seine Konten "ausgeräumt" gewesen seien. Sein Sohn habe nichts dagegen gehabt zuzuwarten, bis der Beschwerdeführer wieder entsprechende Beträge angespart habe.

Nach Erlassung einer abweisenden Berufungsvorentscheidung, in der das Finanzamt seinen Standpunkt wiederholte, beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte in dem diesbezüglichen Schriftsatz abschließend aus, der Dotationsanspruch erlösche nicht, wenn er nicht sofort erfüllt werde. Ein solcher Anspruch unterliege nicht der Verjährung, könne vom Dotationsberichtigten jederzeit geltend gemacht und vom Dotationspflichtigen bei tatsächlicher Hingabe steuerlich abgesetzt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG 1972 nicht nur dem Grunde und der Höhe nach gegeben sein, sondern auch in zeitlicher Hinsicht insoweit, als der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden dürfe als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Die Heiratsausstattung werde mit der Eheschließung des Sohnes fällig. Ob dieser das Geld zu diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt habe oder nicht, sei unmaßgeblich. Die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Gründe seien nicht ausreichend, um die Zwangsläufigkeit der Leistung der Heiratsausstattung im Jahre 1988 zu begründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Voraussetzung dafür, einen Aufwand als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 vom Einkommen abzuziehen, ist u. a., daß der Aufwand dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen ist. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muß aber nicht nur dem Grund und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein; es darf auch der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre.

Gemäß den § 1220 ff und 1231 ABGB wird der Ausstattungsanspruch zum Zeitpunkt der Eheschließung des Sohnes fällig. Ob dieser das Geld zu diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist nicht von Bedeutung (siehe die hg. Erkennntisse vom 25. Jänner 1989, Zl. 88/13/0157, und vom 20. November 1989, Zl. 89/14/0191). Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung könnte nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese verspätete Zahlung berechtigte zwingende Gründe vorlägen (siehe die beiden oben zitierten Erkenntnisse sowie das Erkenntnis vom 1. März 1989, Zl. 88/13/0207).

Von einem derartigen Grund könnte im Beschwerdefall dann gesprochen werden, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Eheschließung seines Sohnes dieser erst im Jahre 1988 die Heiratsausstattung hätte fordern können. Dies ist jedoch aus folgenden Erwägungen zu verneinen:

Der Beschwerdeführer bezog nach den von ihm vorgelegten Lohnsteuerbescheinigungen nach Abzug der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge ein Einkommen im Jahre 1985 von rund S 260.000,--, im Jahre 1986 rund S 350.000,-- und im Jahre 1987 rund S 368.000,--.

Er hat ferner im Berufungsverfahren bescheinigt, daß er im Jahre 1985 ein atypisch geringes Einkommen bezogen hat, weil er mehrere Monate lang im Krankenstand gewesen ist. Nach der Entwicklung seiner Einkünfte kann davon ausgegangen werden, daß er ohne den Krankenstand im Jahre 1985 ein Einkommen von rund S 330.000,-- erzielt hätte. Dieses Einkommen hätte einen Ausstattungsanspruch in der Höhe von höchstens S 100.000,-- gerechtfertigt, wenn man davon ausgeht, daß nach ständiger Rechtsprechung ein Prozentsatz von rund 25 bis 30 % des maßgebenden Einkommens als angemessenes Heiratsgut angenommen werden kann und der mehrere Monate dauernde Krankenstand des Beschwerdeführers im Jahre 1985 sich - wenn auch nicht in der vollen Höhe der dadurch verursachten Einkommensverminderung - auch auf die Höhe des Heiratsgutes auswirken mußte.

Der Beschwerdeführer hätte im Jahre 1985 unter Hinweis auf die zuvor in Unkenntnis der bevorstehenden Eheschließung seines Sohnes getätigte Anschaffung und den Krankenstand vom 11. Mai bis 9. September 1985 allenfalls die Einräumung von Raten begehren können. Bei der Entscheidung, ob die ratenweise Abstattung zu gewähren ist, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Dringlichkeit des Bedarfes auf Seiten des Dotationsberechtigten ist die Belastbarkeit des Dotationspflichtigen gegenüberzustellen (vgl. EFSlg. 41.058), wobei auch zu berücksichtigen ist, daß dem Dotationspflichtigen eine vorübergehende Einschränkung des eigenen Lebensstandards zuzumuten ist (vgl. SZ 53/87).

In Anbetracht der Höhe des Einkommens des Beschwerdeführers ab Beendigung seines Krankenstandes und die ihm zumutbare Einschränkung seines Lebensstandards muß davon ausgegangen werden, daß einem Ratenansuchen nicht über die Zeit bis Ende 1986 hinaus Erfolg hätte beschieden sein können, keinesfalls aber wäre dem Beschwerdeführer bei Austragung diesbezüglicher Differenzen im Außerstreitverfahren vom Richter eine Stundung bis zum Jahre 1988 bewilligt worden. Eine allfällige freiwillige (ausdrückliche oder schlüssige) Stundungsvereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn begründet nicht die Zwangsläufigkeit und ist daher auch kein berechtigter zwingender Grund zur Verlegung der Zahlung in das Jahr 1988 (vgl. das Erkenntnis vom 20. November 1989, Zl. 89/14/0191).

Auf die vom Beschwerdeführer neuerlich ins Treffen geführte Tatsache, daß der Ausstattungsanspruch nicht der Verjährung unterliegt, kommt es nach dem eingangs Gesagten bei der hier zu entscheidenden Frage, ob die Leistung im Jahre 1988 eine außergewöhnliche Belastung darstellt, nicht an. Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie vertrete im Widerspruch zur Judikatur der ordentlichen Gerichte die Auffassung, der im Jahre 1985 entstandene Ausstattungsanspruch des Sohnes sei infolge Nichterfüllung erloschen, geht er am Inhalt des angefochtenen Bescheides, der keine Ausführungen in dieser Richtung enthält, vorbei.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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