VwGH 90/12/0102

VwGH90/12/010210.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundeskanzlers vom 15. Dezember 1989, Zl. GZ 3044/5-I/2b/89, betreffend Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §30a Abs1 Z1;
GehG 1956 §30a Abs1 Z2;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
GehG 1956 §30a Abs2;
GehG 1956 §30a;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1;
GehG 1956 §30a Abs1 Z2;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
GehG 1956 §30a Abs2;
GehG 1956 §30a;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde mit 1. Mai 1985 zum Leiter der Bundesanstalt für veterinär-medizinische Untersuchungen X bestellt. Damals war er auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse V, ernannt. Im Zusammenhang mit der genannten Funktionsbetrauung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 27. September 1985 mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1985 die Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) in der Höhe von einem Vorrückungsbetrag der Dienstklasse V bemessen. Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1987 wurde der Beschwerdeführer in die Dienstklasse VI befördert. Im Hinblick auf § 30a Abs. 4 GG war daher eine Neubemessung der Verwendungszulage vorzunehmen.

Am 3. November 1989 beantragte der Beschwerdeführer im Hinblick darauf, daß bislang keine neue Bemessung der Verwendungszulage erfolgt sei, die Bemessung mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1987 in der Höhe von drei Vorrückungsbeträgen. Diesen Antrag begründete er damit, daß ihm für den Fall, daß er die erforderlichen Dienstjahre hätte, ein Monatsbezug der Dienstklasse VIII schon allein deswegen gebühren würde, weil der Posten eines Direktors der Bundesanstalt für veterinär-medizinische Untersuchungen in X zugleich ein Planposten für einen Beamten der Dienstklasse VIII sei. Die Differenz zwischen dem Bezug der Dienstklasse VIII Gehaltsstufe 1 und seinem derzeitigen Monatsbezug in der Dienstklasse VI Gehaltsstufe 3 betrage S 13.106,--, ein Betrag, der mehr als 50 Prozent seines Monatsbezuges ausmache. Da bei einer leistungsbezogenen Entlohnung das biologische Alter des Arbeitnehmers keine Rolle spielen solle und alle Leiter der Bundesanstalten für veterinär-medizinische Untersuchungen einen Monatsbezug der Dienstklasse VIII erhielten, also bei gleicher Aufgabenstellung einen erheblich höheren Monatsbezug hätten als er, ersuche er um die Zuerkennung der Verwendungszulage in der genannten Höhe.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß die dem Beschwerdeführer gemäß § 30a Abs. 1 Z. 2 GG gebührende ruhegenußfähige Verwendungszulage mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1987 mit einem halben Vorrückungsbetrag der Dienstklasse VI bemessen werde. Diese Verwendungszulage gebühre bis zu einer allfälligen Beförderung oder Versetzung auf eine andere Planstelle. Begründend wurde nach Zitierung der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei seit 1. Mai 1985 Leiter der Bundesanstalt für veterinär-medizinische Untersuchungen in X. Diese Planstelle sei nach der Dienstklasse VII/VIII bewertet. Der Beschwerdeführer verrichte daher einen Dienst, der regelmäßig nur von einem Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden könne. Entsprechend dem Ausmaß der bestehenden Diskrepanz von jedenfalls einer Dienstklasse und unter Bedachtnahme auf das gesetzlich vorgesehene Höchstausmaß sei die Verwendungszulage mit einem halben Vorrückungsbetrag der Dienstklasse des Beschwerdeführers zu bemessen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde begründe nicht, weshalb sie - entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers - die Verwendungszulage mit nur einem halben Vorrückungsbetrag bemesse. Sie habe dadurch gegen die ihr obliegende Begründungspflicht verstoßen. Unrichtig sei, daß die vom Beschwerdeführer besetzte Planstelle nach der Dienstklasse VII/VIII bewertet sei. Sie sei vielmehr ein Planposten für einen Beamten der Dienstklasse VIII. Dementsprechend bestehe eine Diskrepanz von zwei Dienstklassen, weil der Beschwerdeführer zur Zeit in der Dienstklasse VI Gehaltsstufe 3 eingestuft sei. Sämtliche Direktoren der Bundesanstalten für veterinär-medizinische Untersuchungen in Österreich erhielten einen Monatsbezug der Dienstklasse VIII, also bei gleicher Aufgabenstellung einen erheblich höheren Monatsbezug als der Beschwerdeführer. Die belangte Behörde hätte daher seinem Antrag auf Zuerkennung der Verwendungszulage in Höhe von drei Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VI zu entsprechen gehabt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 30a Abs. 1 Z. 2 GG näher darlegte, daß sich die zu vergleichbaren Diensten herangezogenen Beamten in dem Zeitpunkt, in dem sie erstmals mit diesen Diensten betraut worden seien, in der Dienstklasse VII befunden hätten, und daher die Bemessung der dem Beschwerdeführer gebührenden Verwendungszulage mit einem halben Vorrückungsbetrag dem Gesetz entspreche. Dies sei dem Beschwerdeführer auch vor der Bescheiderlassung in einem Gespräch mitgeteilt worden. Darüber seien bedauerlicherweise keine schriftlichen Aufzeichnungen gemacht worden.

In einer Replik bestritt der Beschwerdeführer die Ausführungen der Gegenschrift zum maßgeblichen Sachverhalt. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenäußerung, mit der sie auch eine Niederschrift des Sachbearbeiters über telefonische Informationen des Beschwerdeführers vor der Bescheiderlassung darüber vorlegte, "daß im Hinblick auf die derzeitige Verwaltungspraxis, die im wesentlichen auf die Dienstklasse, den Umfang und die Bedeutung der geleiteten Bundesanstalt Bedacht nimmt, sowie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein halber Vorrückungsbetrag der Dienstklasse VI in Betracht kommt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 2 GG gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd einen Dienst verrichtet, der regelmäßig nur von Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden kann. Die Verwendungszulage ist nach Abs. 2 der angeführten Gesetzesstelle mit Vorrückungsbeträgen oder halben Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse und Verwendungsgruppe zu bemessen, der der Beamte angehört, und darf drei Vorrückungsbeträge nicht übersteigen.

Die Beantwortung der Frage, ob ein Beamter dauernd einen Dienst verrichtet, der regelmäßig nur von Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden kann, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 10. Jänner 1974, Slg. Nr. 8533/A, vom 12. September 1974, Slg. Nr. 8660/A, vom 13. September 1978, Slg. 9629/A, vom 23. April 1985, Zl. 84/12/0231, vom 24. Juni 1985, Zl. 85/12/0004, vom 27. November 1989, Zl. 87/12/0146, und vom 27. Mai 1991, Zl. 86/12/0005) davon ab, ob zu vergleichbaren Diensten in der Regel (das ist so häufig, daß Ausnahmen verhältnismäßig selten sind: vgl. die Erkenntnisse vom 31. Jänner 1974, Zl. 1438/73, vom 7. Mai 1985, Zl. 84/12/0183, und vom 7. April 1987, Zl. 86/12/0131) nur Beamte ab einer höheren Dienstklasse als jener, der der Beamte, um dessen Verwendungszulage es geht, angehört, herangezogen werden. Denn für geordnete Zeiten kann unterstellt werden, daß eine solche regelmäßige Heranziehung von Beamten ab einer höheren Dienstklasse zu bestimmten Aufgaben deshalb erfolgt, weil die für eine einwandfreie Bewältigung dieser Aufgaben über den Stand des theoretischen Wissens hinaus nötige praktische Erfahrung im Regelfall nur bei Beamten ab dieser höheren Dienstklasse gegeben ist und daher nur von ihnen erwartet werden kann. Hiebei ist entscheidend, in welcher Dienstklasse sich diese Beamten in dem Zeitpunkt befunden haben, in dem sie erstmals mit diesen Diensten betraut wurden. Denn eine während einer unverändert gleichbleibenden Tätigkeit entsprechend dem Vorrückungssystem des österreichischen Beamtentums sich vollziehende Vorrückung eines Beamten in eine höhere Dienstklasse ändert nichts daran, daß seine Tätigkeit zumindest schon von einem Beamten jener Dienstklasse erwartet und verlangt wird und im obigen Sinn erwartet werden kann, in der er sich bei der erstmaligen Übertragung der betreffenden Agenden befunden hat. Daraus ergibt sich auch, daß es rechtlich völlig unerheblich ist, bis zu welcher Dienstklasse ein Beamter allenfalls auf dem Posten, mit dem diese Tätigkeit verbunden ist, aufsteigen kann (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Mai 1976, Zl. 1088/75, vom 21. Juni 1978, Zl. 698/78, vom 13. September 1978, Slg. Nr. 9629/A, vom 20. September 1983, Zl. 82/12/0114, und vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0019). Deshalb ist auch die Bewertung des Dienstpostens, die primär nur dafür maßgebend ist, welche Dienstklasse ein Beamter auf demselben erreichen kann, für die Gebührlichkeit einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 2 GG ohne Bedeutung (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 31. Jänner 1974, Zl. 1438/73, vom 22. Mai 1975, Zl. 2335/74, und vom 20. Mai 1985, Zl. 84/12/0227).

Die Bemessung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 2 GG für einen Dienst, der regelmäßig nur von Beamten der unmittelbar nächsthöheren Dienstklasse erwartet werden kann, ist entsprechend den Bemessungsrichtlinien des § 30a Abs. 2 GG sowie dem Dienstklassensystem mit einem halben Vorrückungsbetrag vorzunehmen (vgl. die Erkenntnisse vom 6. Mai 1976, Slg. Nr. 9050/A, vom 28. Juni 1976, Zl. 428/78, und vom 12. Oktober 1978, Zl. 2256/78).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund entspräche die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Bemessung der Verwendungszulage mit einem halben Vorrückungsbetrag dem Gesetz, wenn - entsprechend dem oben zusammengefaßt wiedergegebenen Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift - feststünde, daß sich die zu vergleichbaren Diensten herangezogenen Beamten in dem Zeitpunkt, in dem sie erstmals mit diesen Diensten betraut wurden, in der Dienstklasse VII befunden haben. Darauf, in welcher Dienstklasse sich diese Beamten im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides tatsächlich befunden haben, käme es dann nicht an.

Derartige Feststellungen hat die belangte Behörde aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht getroffen. Sie stützte ihre Entscheidung vielmehr darauf, daß die Planstelle, auf die der Beschwerdeführer ernannt ist, nach der Dienstklasse VII/VIII bewertet sei und "entsprechend dem Ausmaß der bestehenden Diskrepanz von jedenfalls einer Dienstklasse und unter Bedachtnahme auf das gesetzlich vorgesehene Höchstausmaß" die Bemessung mit nur einem halben Vorrückungsbetrag der Dienstklasse des Beschwerdeführers vorzunehmen gewesen sei. Abgesehen davon, daß es nach den obigen rechtlichen Darlegungen auf die Bewertung der Planstelle nicht ankommt, ist die in der eben wiedergegebenen Begründung zum Ausdruck kommende Auffassung über die für die Bemessung maßgebenden Kriterien, nämlich neben dem gesetzlich vorgesehenen Höchstausmaß jenes der Diskrepanz zwischen der Bewertung der Planstelle und der Dienstklasse, in der sich der Beamte, um dessen Verwendungszulage es geht, sich befindet, rechtsirrig. Daß die belangte Behörde die in der Gegenschrift vertretene, mit den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Judikatur übereinstimmende Rechtauffassung dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt hätte, ergibt sich aus ihm nicht. Einer Bedachtnahme auf das im Sinne dieser Rechtsausführungen maßgebliche Tatsachenvorbringen in der Gegenschrift zu vergleichbaren Diensten steht unter Beachtung der Bestreitung dieses Vorbringens durch den Beschwerdeführer das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG, und zwar, da die maßgeblichen Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt sind, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z.2 VwGG gebildeten Dreiersenat, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren auf Ersatz eines höheren Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, da gemäß § 49 Abs. 1 VwGG als Ersatz für den Schriftsatzaufwand nach § 48 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. nur der in der genannten Verordnung festgesetzte Pauschbetrag zu zahlen ist.

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