VwGH 90/11/0116

VwGH90/11/011615.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 9. April 1990, Zl. 9/01-30.441/10-1990, betreffend Verlängerung der Gültigkeit der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §67 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 9. April 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Juli 1988 auf Verlängerung der Gültigkeit seiner zuletzt bis 4. September 1988 befristeten Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die mangelnde Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf Grund eines gemäß § 67 Abs. 2 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 lit. d KFG 1967 erstatteten amtsärztlichen Gutachtens vom 26. Jänner 1990 angenommen. Ausschlaggebend war dabei ein in

diesem Gutachten verwerteter

psychiatrisch-verkehrspsychologischer Befund vom 18. Dezember 1989, auf Grund dessen das Vorliegen der nötigen kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 30 Abs. 1 zweiter Satz KDV 1967 in der Fassung der 22. Novelle, BGBl. Nr. 362/1967, verneint wurde. Der Beschwerdeführer hat sich zu diesem Gutachten in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 21. März 1990 geäußert, wobei er erklärte, "naturgemäß auf den Inhalt des Befundes bzw. des Gutachtens nicht eingehen" zu können, da es ihm "nicht zusteht, ein ärztliches Gutachten zu kritisieren". Er fühle sich aber "körperlich und geistig völlig gesund", komme "sämtlichen persönlichen und beruflichen Verpflichtungen" (der Beschwerdeführer ist Gastwirt) "in bester Weise" nach und weise "im Vergleich zu meinen Alterskollegen" (der Beschwerdeführer ist im Jahre 1923 geboren) "ein durchaus gleiches geistiges und körperliches Leistungsniveau" auf. Im übrigen legte er darin nur des längeren seine "persönliche und betriebliche Situation" mit der Schlußfolgerung, "daß der Besitz des Führerscheines für mich von existentieller Bedeutung ist", dar. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides dazu bemerkt, daß diese Einwendungen nicht geeignet seien, "eine Abänderung der Entscheidung zu bewirken". Sie hat dies damit begründet, daß "es sich bei diesen Einwendungen zum einen um unbewiesene Behauptungen handelt" und "zum anderen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufliche bzw. wirtschaftliche Gründe für die Erteilung einer Lenkerberechtigung nicht von Bedeutung sind". Was den letztgenannten Umstand anlangt, so macht der Beschwerdeführer in der Beschwerde neuerlich geltend, daß für ihn "durch die Abweisung seines Antrages auf Verlängerung der Gültigkeit seiner Lenkerberechtigung eine ernsthafte Bedrohung seiner Existenz besteht". Solche Gesichtspunkte sind aber - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - bei der Beurteilung seiner Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ohne rechtliche Bedeutung, weil es die Sicherheit im Straßenverkehr jedenfalls erfordert, eine hiefür nicht entsprechend geeignete Person vom Lenken eines Kraftfahrzeuges auszuschließen, mag für diese Person mit der Versagung der Lenkerberechtigung auch ein noch so erheblicher wirtschaftlicher oder anderer Nachteil verbunden sein. Der Beschwerdeführer ist allerdings auch nicht mit seiner Rüge, daß die belangte Behörde "die materielle Wahrheit keinesfalls erforscht hat", wozu sie verpflichtet gewesen wäre, zumal "eine Beweislast die Beteiligten nur in den durch Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen trifft", im Recht.

Das Gutachten vom 26. Jänner 1990 lautet abschließend wie folgt:

"Bei Herrn N wurde bei der eigenen Untersuchung ein vermindertes Sehvermögen, welches gerade noch den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ein erhöhter Blutdruck, ein ausgeprägter Tremor der Hände und ein gering vermindertes Konzentrationsvermögen festgestellt. Aus dem Untersuchungsgespräch wird eine kritiklose Einstellung gegenüber dem Alkoholkonsum ersichtlich und ließen die widersprüchlichen Angaben zum Alkoholkonsum, welcher hauptsächlich nach der Magenoperation vor 20 Jahren stattgefunden hat und andererseits den Führerscheinentzügen wegen Fahrens in alkoholisiertem Zustand zuletzt im Jahr 1986 Zweifel hinsichtlich seines Alkoholkonsums aufkommen. Der als Beurteilungshilfe beigebrachte

psychiatrisch-verkehrspsychologische Befund der Arbeitsgemeinschaft für allgemeine und forensische Psychiatrie, Neurologie, Psychologie und Psychotherapie vom 18.12.1989 zeigt, daß aufgrund des ebenfalls erhobenen normalen Wertes für die Gamma-GT und des unauffälligen neurologischen Status eine Änderung der Trinkgewohnheiten zu einem geringen Alkoholkonsum hin wahrscheinlich sind, jedoch bei Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit lediglich am Wiener Reaktionsgerät eine noch ausreichende Reaktionssicherheit erreicht wird, jedoch insgesamt erhöhte Reaktionszeiten und sich Hinweise auf vorzeitige Ermüdbarkeit ergeben, am Wiener Determinationsgerät keine reaktive und konzentrative Belastbarkeit erreicht wird sowie eine schlechte visuell-motorische Umstellungsfähigkeit. Der Arbeitsversuch nach Krepelin-Pauli zur Prüfung der Konzentrationsfähigkeit wird vorzeitig verärgert abgebrochen und wird bis dahin eine weit unter der Norm liegende Leistung erreicht. Überdies wird im psychiatrischen Befund eine inferiore Intelligenz, ein klebrig-perseverierender Denk- und Vorstellungsablauf sowie nicht der Untersuchungssituation entsprechendes Verhalten mit falschem Eigenbezug erhoben.

Es wird daher festgestellt, daß die formalen Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht bestehen und die erhebliche emotionale Labilität mit Neigung zu gereizten Fehlreaktionen wie auch im übrigen paranoid-querulatorische Komponenten bestehen.

Zusammenfassend ist Herr N daher aufgrund der durchwegs schlechten kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit, wobei ein völliges Versagen am Wiener Determinationsgerät und beim Pauli-Rechentest erfolgte, vor allem im Zusammenhang mit seiner emotionalen Labilität mit Neigung zu Fehlreaktionen, welche auch die verkehrsspezifische Leistungsqualität noch weiter verschlechtern und aufgrund der nicht bestehenden Kompensationsmöglichkeit durch die unterdurchschnittliche Intelligenz nicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe B zu lenken."

Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu finden, daß dieses Gutachten unschlüssig ist oder sonstige Mängel aufweist. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß "jedenfalls ein weiteres Gutachten hätte erstellt werden müssen, da das vorliegende Gutachten in mehreren Punkten in sich widersprüchlich ist", so kann ihm nicht gefolgt werden. Hinsichtlich des derzeitigen Alkoholkonsums des Beschwerdeführers hat die Sachverständige lediglich festgehalten, auf Grund welcher Umstände bei ihr anläßlich der bereits am 28. Oktober 1988 durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers Zweifel an dessen diesbezüglichen Angaben entstanden sind und daß nach dem als "Beurteilungshilfe" angeforderten psychiatrisch-verkehrspsychologischen Befund vom 18. Dezember 1989 "eine Änderung der Trinkgewohnheiten zu einem geringeren Alkoholkonsum hin wahrscheinlich sind". Es ist daraus nicht die Ansicht der Sachverständigen erkennbar, daß sie - entgegen dem genannten Befund - die ursprünglichen Zweifel aufrechterhält, sondern vielmehr, daß ungeachtet der anzunehmenden "Änderung der Trinkgewohnheiten" aus den angeführten Gründen die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben sei. Dies allein ist ausschlaggebend, weshalb auch die Rüge des Beschwerdeführers, es "hätten entsprechende Erkundigungen über den Beschwerdeführer", offenbar hinsichtlich seines derzeitigen Alkoholkonsums, "wie zum Beispiel beim zuständigen Gendarmeriepostenkommando oder der Gemeinde, gepflegt werden müssen", verfehlt ist. Auch wenn der Beschwerdeführer am Wiener Reaktionsgerät "eine noch ausreichende Reaktionssicherheit erreicht hat", ergaben sich bereits bei dieser Untersuchungsmethode "insgesamt erhöhte Reaktionszeiten" und "Hinweise auf vorzeitige Ermüdbarkeit", insbesondere aber beim Arbeitsversuch am Wiener Determinationsgerät u.a. keine "reaktive Belastbarkeit" des Beschwerdeführers, über welches Ergebnis in der Beschwerde hinweggegangen wird. Auch der (infolge des Verhaltens des Beschwerdeführers abgebrochene) Arbeitsversuch nach Krepelin-Pauli darf nicht isoliert gesehen werden, sondern durften auch daraus die entsprechenden Rückschlüsse gezogen und diese bei der Gesamtbeurteilung mitberücksichtigt werden. Das Gutachten ist ausreichend begründet, und es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, diesem Gutachten im Verwaltungsverfahren auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0051, und die dort beispielsweise angeführte weitere Judikatur). Offensichtlich nichts anderes hat die belangte Behörde in Erwiderung auf die lediglich allgemein gehaltene Bestreitung der Richtigkeit des Gutachtens im Verwaltungsverfahren durch den Beschwerdeführer mit ihrer Formulierung, daß es sich bei den damit im Zusammenhang stehenden Einwendungen "um unbewiesene Behauptungen handelt", zum Ausdruck gebracht. Davon, daß dem Beschwerdeführer damit die Beweislast auferlegt worden sei, kann keine Rede sein. Der Beschwerdeführer wiederholt auch in der Beschwerde seinen Standpunkt, daß er "vollkommen körperlich und geistig gesund" und "ohne Einschränkungen fähig ist, sein Unternehmen, einen Gastgewerbebetrieb, mit Erfolg zu führen", sowie daß er "sehr wohl in der Lage ist, alle seine beruflichen Verpflichtungen positiv zu erledigen", übersieht jedoch dabei, daß es im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich um seine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B geht und ihm diese nur wegen der bei ihm fehlenden kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit aberkannt wurde, während seine geistige und körperliche Eignung in anderen Lebensbereichen hiefür ohne Belang ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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