VwGH 90/10/0058

VwGH90/10/005817.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der Mag. W in N, gemäß § 24 Abs. 2 VwGG unterfertigt von Dr. H, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 15. Februar 1990, Zl. 562.101/1-VI/15-1990, betreffend Barauslagen gemäß § 76 AVG, zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs3 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs3;
ApG 1907 §12 Abs2 idF 1984/502;
AVG §66 Abs1;
AVG §76 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs3 idF 1984/502;
ApG 1907 §10 Abs3;
ApG 1907 §12 Abs2 idF 1984/502;
AVG §66 Abs1;
AVG §76 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und aus den in diesem Beschwerdeverfahren sowie im Verfahren zur hg. Zl. 90/10/0123 vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Die M-OHG (im folgenden: OHG) ist Inhaberin der S-Apotheke in N. Die Beschwerdeführerin ist geschäftsführende Gesellschafterin der OHG und Konzessionärin dieser öffentlichen Apotheke.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 1988 erhob die Beschwerdeführerin in dieser Eigenschaft gemäß § 48 Abs. 2 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), gegen das Konzessionsansuchen des Mag. J betreffend die Errichtung und den Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in X in der Nähe des Einkaufszentrums Einspruch. Im Einspruch wurden mangelnder Bedarf und Existenzgefährdung geltend gemacht. Unter anderem wurde ausgeführt, der durch die Apotheke X notwendig eintretende Verdrängungswettbewerb werde die Apotheke N zumindest mit einer Umsatzeinbuße von 15 % beeinträchtigen. Da derzeit die Existenz dieser Apotheke noch nicht gesichert erscheine, sei eine Gefährdung der Existenzfähigkeit gegeben. Soferne das Konzessionsgesuch nicht schon wegen des Mangels des Bedarfes abgewiesen werde, werde beantragt, die im Durchführungserlaß des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vorgesehene Ermittlung durch Rezeptzählung der Pharmazeutischen Gehaltskasse durchzuführen und das in § 10 Abs. 3 ApG vorgesehene Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen.

Mit Bescheid vom 2. November 1988 erteilte der Landeshauptmann von Vorarlberg dem Mag. J die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten neuen öffentlichen Apotheke in X. In der Begründung dieses Bescheides wird die Bedarfsfrage bejaht. Was die geltend gemachte Existenzgefährdung der S-Apotheke in N und der C-Apotheke in B betreffe, so sei festzuhalten, daß durch die Apotheke in X hauptsächlich die beiden Apotheken in B betroffen sein würden, wobei jedoch bedrohliche Auswirkungen - eine Existenzgefährdung sei lediglich von der C-Apotheke in B geltend gemacht worden - unwahrscheinlich seien. Es sei nicht anzunehmen, daß die ca. 4 km entfernte S-Apotheke durch die Neuerrichtung der Apotheke in X Umsatzeinbußen erleiden werde, zumal schon bisher Einwohner dieser Gemeinde Ärzte in B aufgesucht und hiebei auch in Apotheken in B Medikamente bezogen hätten. Auch die von der C-Apotheke geltend gemachte Existenzgefährdung sei in Übereinstimmung mit dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer unwahrscheinlich. Von der Einholung einer Rezeptzählung habe daher Abstand genommen werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im eigenen Namen sowie im Namen der genannten offenen Handelsgesellschaft Berufung. Hinsichtlich der Existenzgefährdung wird darin unter anderem ausgeführt, tatsächlich sei zu erwarten, daß der Umsatz der neuen Apotheke sich aus dem "Bevölkerungsvolumen der Region B" rekrutieren werde. Für die Annahme, daß die Apotheke X nur Patienten aufsuchen würden, die bisher ihren Medikamentenbedarf nicht in N gedeckt hätten, fehle im Tatsachenbereich jede wie immer geartete Begründung. Die Erstbehörde habe es bisher verabsäumt, eine detaillierte Feststellung des 4 km-Radius, gemessen von der beantragten und den bestehenden Apotheken, zu treffen. Beantragt werde unter anderem, es möge das im § 10 Abs. 3 ApG vorgesehene Gutachten in bezug auf die S-Apotheke in N eingeholt werden; in eventu möge ihr aufgetragen werden, innerhalb angemessener Frist ein Gutachten eines Handelswissenschafters über die Auswirkungen der Errichtung und des Betriebes einer öffentlichen Apotheke in X auf den Umsatz und damit die Existenzfähigkeit der Apotheke in N vorzulegen.

Mit Bescheid vom 30. Mai 1990 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst (unter anderem) diese Berufung als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes.

1.2. Bereits vor Erlassung dieses Bescheides vom 30. Mai 1990 verpflichtete der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst mit Bescheid vom 15. Februar 1990 die Beschwerdeführerin, "Mag. W, Konzessionärin der S-Apotheke in N", in dem anhängigen Verfahren zur Erteilung einer Apothekenkonzession in X für die von der Pharmazeutischen Gehaltskasse für Österreich durchgeführte Rezeptzählung gemäß § 76 AVG 1950 Barauslagen in der Höhe von S 1.296,75 binnen 14 Tagen an die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich zu entrichten. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Pharmazeutische Gehaltskasse mit Schreiben vom 24. November 1989 die belangte Behörde ersucht, sie möge die Beschwerdeführerin mittels Bescheides zur Kostenbegleichung verpflichten. Letztere sei, so heißt es in der Begründung weiter, Partei im Sinne des § 8 AVG, da § 48 Abs. 2 ApG ausdrücklich den Nachbarapothekern Parteistellung einräume. Bei den Kosten für die Rezeptzählung handle es sich um Barauslagen, die der Behörde dadurch erwachsen seien, daß die Beschwerdeführerin Existenzgefährdung ihrer Apotheke behauptet habe. Damit habe sie den Antrag gestellt, die Behörde möge überprüfen, ob die Voraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 ApG für die Erteilung der Apothekenkonzession gegeben sei, bzw. den Konzessionsantrag abzuweisen. Die Behörde sei daher veranlaßt gewesen, die Behauptung der Existenzgefährdung zu überprüfen. Die Entscheidung darüber, ob der Einwand zu Recht bestehe, habe zur Voraussetzung, daß mittels Rezeptzählung (die die Barauslagen verursacht habe) der voraussichtliche Umsatzverlust der S-Apotheke festgestellt werde. Es stehe fest, daß die Behörde diese Barauslagen nicht von Amts wegen zu tragen habe. Im Sinne des Grundsatzes der Raschheit, Einfachheit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsverfahrens sei eine direkte Begleichung der Kosten an die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich geboten.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der die Verletzung des Rechtes, gemäß § 76 AVG nicht zur Kostentragung für eine Rezeptzählung, die die Beschwerdeführerin weder beantragt noch verschuldet und deren Ergebnisse sie außer Streit gestellt habe, verpflichtet zu werden, geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Äußerung vom 3. Juli 1989 an die belangte Behörde ausgeführt, daß bei einer Apotheke für Verkehrspublikum wie bei der beantragten Apotheke in X das festgelegte Rezeptzählungsgebiet (X, Y, Z, L, E, A, R) mit dem tatsächlichen Einzugsgebiet nicht identisch sei; aus dieser Rezeptzählung ließen sich keine zutreffenden Feststellungen über den zu erwartenden Umsatzrückgang für die Apotheke in N treffen. Auch nach Erweiterung des Rezeptzählungsgebietes habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß der Umsatzrückgang, der nur das Rezeptzählungsgebiet betreffe, allein nicht signifikant sei. Der angefochtene Bescheid sei mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Die Apothekenbehörde habe das Fehlen der negativen Tatbestandsvoraussetzung des § 10 Abs. 3 ApG, nämlich den Ausschluß der Existenzgefährdung einer bestehenden Apotheke, in Anwendung des Legalitätsprinzips jedenfalls zu ermitteln und festzustellen. Dies gelte auch für den Fall, daß sich Verfahrensparteien etwa verschwiegen hätten. Das Apothekengesetz gehe nicht davon aus, daß die Frage der Existenzgefährdung benachbarter Apotheken nur im Falle eines Einspruches beachtlich, sonst aber von der Behörde zu vernachlässigen sei. Die objektive Rechtsordnung sei von der Behörde auch im Falle des Fehlens eines subjektiv öffentlich-rechtlichen Anspruches zu beachten; der maßgebliche Sachverhalt sei gegebenenfalls auch ohne diesbezügliches Parteienvorbringen vollständig zu ermitteln. Daß die Beschwerdeführerin Einspruch bzw. Berufung gegen die Erteilung der Konzession für die neue öffentliche Apotheke beim Einkaufszentrum in X erhoben habe, stelle sohin nicht einen Parteienantrag, ähnlich dem Konzessionsantrag, dar, dessen Entscheidung eine Barauslagen verursachende Amtshandlung zur notwendigen Voraussetzung habe. Im Sinne des § 76 Abs. 1 AVG habe allein der Konzessionswerber um die Amtshandlung angesucht. Die Parteistellung der Beschwerdeführerin sei akzessorisch. Dazu komme, daß sie der tatsächlich durchgeführten Rezeptzählung schon vor ihrer Durchführung widersprochen und ihr Ergebnis als nicht signifikant außer Streit gestellt habe. Unter den gegebenen Voraussetzungen trete die Existenzgefährdung für ihre Apotheke nicht dadurch ein, daß nach Errichtung der neuen Apotheke keine Patienten aus X ihre Rezepte in der Apotheke in N einlösen würden, vielmehr trete die Existenzgefährdung dadurch ein, daß Patienten aus N ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke unmittelbar neben dem Einkaufszentrum decken würden. Die Beweisanträge der Beschwerdeführerin seien bisher übergangen worden. § 76 AVG berechtige die belangte Behörde nicht, Kosten für eine Rezeptzählung aufzuerlegen, die in bezug auf die Apotheke der Beschwerdeführerin entbehrlich gewesen seien. In der Kostenersatzfrage sei kein Parteiengehör gewährt worden.

Die von der Gehaltskasse verlangten Kosten beurteile die Beschwerdeführerin als angemessen. Durch den Umstand, daß dem Bundeskanzleramt die der Beschwerdeführerin vorgeschriebenen Kosten noch gar nicht erwachsen seien, weshalb diese ihr im Sinne des Erkenntnisses VwSlg. 3.201 A/1953 auch nicht hätten vorgeschrieben werden können, sehe sie sich nicht beschwert.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 76 Abs. 1 und 2 AVG 1950 in der Fassung BGBl. Nr. 199/1982 lauteten:

"(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese von Amts wegen zu tragen sind, im allgemeinen die Partei aufzukommen, die um die Amtshandlung angesucht hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind."

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nicht zu der auf § 76 AVG gestützten Kostentragung für die vorgenommene Rezeptzählung, die sie weder beantragt noch verschuldet habe, verpflichtet zu werden. Diese Rechtsverletzungsbehauptung bildet den Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG.

Wenn nun die Beschwerdeführerin am Ende ihrer Beschwerde zum Ausdruck bringt, sie erachte sich durch den Umstand, daß dem Bundeskanzleramt die ihr vorgeschriebenen Kosten noch gar nicht erwachsen seien, weshalb diese ihr im Sinne des Erkenntnisses VwSlg. 3.201 A/1953 nicht hätten vorgeschrieben werden dürfen, nicht beschwert, so betrifft dieses Vorbringen - im Rahmen des Beschwerdepunktes - einen von mehreren möglichen Beschwerdegründen, von dem die Beschwerdeführerin damit erklärt, ihn nicht ins Treffen führen zu wollen. Hiezu ist folgendes zu sagen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. November 1953, Slg. NF Nr. 3.201/A, ausgesprochen hat, setzt der Ersatz der Barauslagen nach § 76 Abs. 1 AVG voraus, daß die Barauslagen der Behörde bereits erwachsen sind, d.h. daß die Behörde bereits Aufwendungen gemacht, im damaligen Beschwerdefall, daß die Behörde bereits die dem Sachverständigen zugesprochene Vergütung bezahlt hat. § 76 Abs. 1 AVG bietet keine Handhabe dafür, die Partei zu verpflichten, eine Vergütung an einen Sachverständigen für eine Arbeitsleistung zu bezahlen, die ihm von der Behörde aufgetragen wurde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/03/0175 = ZfVB 1988/3/1150).

Die Beschwerdeführerin verweist an sich zutreffend auf dieses Erkenntnis. Die diesem Erkenntnis zugrunde liegende Rechtsauffassung läßt den angefochtenen Bescheid im vorliegenden Beschwerdefall, der einen völlig vergleichbaren Sachverhalt aufweist, objektiv als rechtswidrig erscheinen. Daß die Beschwerdeführerin sich subjektiv dadurch nicht beeinträchtigt erachtet und damit zum Ausdruck bringt, diesen Beschwerdegrund nicht in den Vordergrund stellen zu wollen, hindert den Verwaltungsgerichtshof nicht, die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit (auch) auf diesen - innerhalb des Beschwerdepunktes - gelegenen Beschwerdegrund zu stützen, zumal dieser Grund im Sinne des § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG den Parteien des Verfahrens nicht unbekannt geblieben ist.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof rechnet Einspruch und Berufung der durch die Beschwerdeführerin als geschäftsführende Gesellschafterin und Konzessionärin vertretenen OHG zu. Diese offene Handelsgesellschaft hat sich zu Recht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zlen. 90/10/0020 bis 0024, 0030 = ZfVB 1991/4/1335) als Partei am Konzessionsverfahren beteiligt, nicht jedoch die Beschwerdeführerin in eigener Sache. Dieses Auslegungsergebnis beruht zum einen auf einer Auslegung des § 48 Abs. 2 ApG, die im Falle der Führung einer öffentlichen Apotheke durch eine Gesellschaft des Handelsrechts diese Gesellschaft als "Inhaberin" des Apothekenunternehmens im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ansieht. Zum anderen erfolgt die Deutung des von der Beschwerdeführerin als Konzessionärin der Apotheke erhobenen Einspruches als einer für die Apotheke, genauer: für die Inhaberin dieses Apothekenunternehmens, erstatteten Parteienerklärung vor dem rechtlichen Hintergrund der Regelung des § 12 Abs. 2 ApG, die seit der Novelle 1984 ein Zusammenfallen von ausschließlicher und alleiniger Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie wirtschaftlicher Verfügungsmacht einerseits mit öffentlich-rechtlicher Befugnis als Konzessionär andererseits zwingend anordnet. Ein Fall, der eine solche Zurechnung (wie etwa im zitierten Fall des hg. Erkenntnisses vom 22. März 1991) ausdrücklich ausschlösse, liegt hier nicht vor; im Gegenteil, die Fassung der Berufung "namens der OHG" zeigt, was die Beschwerdeführerin ohne jeden Zweifel von Anfang an - aus der Erklärung erkennbar - beabsichtigt hat, nämlich für die "Inhaberin" des Apothekenunternehmens aufzutreten.

Nach dem eindeutigen Spruch des angefochtenen Bescheides richtet sich dessen Zahlungsanordnung ausschließlich an die Beschwerdeführerin als "Konzessionärin der S-Apotheke in N". Weder Spruch noch Begründung, Betreff oder Zustellverfügung enthalten einen Hinweis auf die OHG und die Stellung der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin, was allenfalls den Schluß hätte zulassen können, als Adressatin des Bescheides wäre in Wahrheit die OHG als Inhaberin der öffentlichen Apotheke gewollt und bezeichnet.

Der Verwaltungsgerichtshof hält es angesichts dieses an die Beschwerdeführerin adressierten Bescheidspruches für geboten, die Beschwerde ("Beschwerdeführer: Mag. W, Apothekerin"; Unterschrift: "Mag. W") der Beschwerdeführerin persönlich zuzurechnen, dies ungeachtet des Briefkopfes "Mag. W, geschäftsführender Gesellschafter und Konzessionär der S-Apotheke".

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid auch deswegen als inhaltlich rechtswidrig, weil der Beschwerdeführerin als Nichtpartei ein auf § 76 Abs. 1 AVG gestützter Barauslagenersatz auferlegt wurde (vgl. dazu noch unten den Punkt 2.4.).

2.3.1. Die folgenden Ausführungen gelten für das fortzusetzende Verfahren, wobei untersucht wird, ob eine Vorschreibung des Barauslagenersatzes an die Partei des Verwaltungsverfahrens, die OHG, zulässig gewesen, der Bescheid also bei Austauschen des Ersatzpflichtigen nicht ebenfalls mit Rechtswidrigkeit belastet wäre.

2.3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. Oktober 1963, Slg. NF Nr. 6.129/A, ausgesprochen, eine in der Berufung enthaltene Verfahrensrüge, die in der Folge eine von der Berufungsbehörde vorgenommene kostenverursachende Amtshandlung ausgelöst habe, könne nicht als ein Antrag im Sinne des § 76 Abs. 1 AVG gewertet werden (vgl. in diesem Sinne auch die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1967, Zl. 1580/66, und vom 19. November 1985, Zl. 85/04/0034 = ZfVB 1986/3/1430). Im zitierten Erkenntnis vom 25. Oktober 1963 fügte der Verwaltungsgerichtshof noch hinzu, es sei nämlich Aufgabe der Gewerbebehörde im Berufungsverfahren gewesen, von Amts wegen zu prüfen, ob durch die Anlage des damaligen Mitbeteiligten eine für die Anrainer - und nicht etwa nur für die damalige Beschwerdeführerin - zumutbare Lärmbelästigung verursacht werde.

Nach dem hier anzuwendenden § 10 Abs. 1 ApG in der Fassung vor der Novelle 1990 ist die Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat,

  1. 2. ein Bedarf für eine Apotheke besteht und
  2. 3. durch die Neuerrichtung die Existenzfähigkeit bestehender öffentlicher Apotheken nicht gefährdet wird. Eine der gesetzlichen Verleihungsvoraussetzungen ist somit die Nichtgefährdung der Existenzfähigkeit der bestehenden öffentlichen Apotheken durch die Neuerrichtung. Die Ermittlung des der Prognoseentscheidung hinsichtlich dieses Tatbestandselementes zugrunde zu legenden Sachverhaltes obliegt angesichts des Grundsatzes der Amtswegigkeit nach dem AVG hinsichtlich des Ganges des Ermittlungsverfahrens der Behörde.

    § 10 Abs. 3 ApG in der Fassung vor der Novelle 1990 sah nun vor, daß über die Frage der Gefährdung der Existenzfähigkeit ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen war; dieses habe unter Berücksichtigung der nach statistischen Grundsätzen durch die Österreichische Apothekerkammer ermittelten durchschnittlichen und objektiv angemessenen Kosten und Erträge vergleichbarer öffentlicher Apotheken die zu erwartende zukünftige betriebliche Lage und Entwicklung nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu beurteilen. Im Durchführungserlaß des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 5. Juli 1985 wird die Vorgangsweise (freilich ohne rechtliche Bindungswirkung für den Verwaltungsgerichtshof) im einzelnen beschrieben. Dort heißt es unter anderem:

    "b) Konkretes Verwaltungsverfahren: Feststellung des nach der Eröffnung der neuen Apotheke zu erwartenden künftigen Umsatzes der bestehenden Apotheke durch die Behörde. Dies erfolgt durch eine Rezeptzählung der Pharmazeutischen Gehaltskasse, wobei das Zählgebiet und die Zeitdauer von der Behörde festgesetzt werden. Auszugehen ist von dem der Apothekerkammer gemeldeten Umsatz ... Das nach obigen Grundsätzen erstellte Gutachten der Apothekerkammer wird der Partei gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 zugestellt ...".

    Angesichts des Umstandes, daß die OHG schon im Einspruch gemäß § 48 Abs. 2 ApG die Existenzgefährdung der öffentlichen Apotheke in N konkret geltend gemacht hat (der förmlichen Anträge auf Einholung eines Gutachtens im Sinne des § 10 Abs. 3 ApG und auf Rezeptzählung durch die Gehaltskasse hätte es nach der dargestellten Rechtslage gar nicht bedurft), der Landeshauptmann hingegen es im Bescheid vom 2. November 1988 bei der Bemerkung bewenden ließ, es sei nicht anzunehmen, daß die Apotheke in N Umsatzeinbußen erleiden werde, sodaß von einer Rezeptzählung habe Abstand genommen werden können, kann das Berufungsvorbringen der OHG einschließlich der darin gerügten Verfahrensmängel nicht als ein "Ansuchen" um die konkret vorgenommene Amtshandlung, die Rezeptzählung durch die Gehaltskasse, im Sinne des § 76 Abs. 1 AVG gewertet werden. Dies insbesondere auch deshalb nicht, weil sich die Beweisanträge in der Berufung auf die Erstellung des gesetzlich vorgesehenen Gutachtens im Sinne des § 10 Abs. 3 ApG und in eventu darauf bezogen haben, der Berufungswerberin aufzutragen, innerhalb angemessener Frist ein Gutachten eines Handelswissenschafters über die Auswirkung der Errichtung und des Betriebes einer öffentlichen Apotheke in X auf den Umsatz und damit die Existenzfähigkeit der Apotheke in N vorzulegen. Die OHG ging nämlich davon aus, daß eine Rezeptzählung allein der Situation eines befürchteten Verdrängungswettbewerbes, der dazu führen würde, daß sich Bewohner von N künftig in der neuen Apotheke in X mit Medikamenten versorgen würden, nicht gerecht werde.

    Auch der Inhaberin der Apotheke in N (der OHG) hätte somit mangels eines "Ansuchens" im Sinne des § 76 Abs. 1 AVG der Barauslagenersatz aus diesen Gründen nicht angelastet werden dürfen.

2.3.3. Bemerkt wird noch, daß sich der angefochtene Bescheid auch aus anderen in der Judikatur zu § 76 Abs. 1 AVG herausgearbeiteten Gründen als rechtswidrig erwiese. Nach der Rechtsprechung zu § 76 Abs. 1 AVG gilt für Berufungen anderes als für sonstige Parteienanträge. Erhebt eine Partei zur Durchsetzung ihrer Rechte Berufung und dringt sie mit ihrem Standpunkt durch, dürfen ihr die Barauslagen nicht auferlegt werden; ein Kostenersatz darf diesfalls nur vorgeschrieben werden, wenn konkrete kostenverursachende Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht geltend gemacht werden, die sich in der Folge als nicht stichhältig erweisen (hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1957, Slg. NF Nr. 4350/A). Diese Judikatur beruhe auf der Auffassung - so führen Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5 Rz 678, aus -, daß der "Partei, die zur Wahrung ihres Rechtes Berufung erhoben hat, und mit ihrem Rechtsstandpunkt in tatsächlicher Hinsicht vollständig durchgedrungen ist, ... keine Kosten auferlegt werden dürfen" (FB IX, 82).

Geht man von dieser Überlegung aus, so wäre die belangte Behörde bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Kostenersatzvorschreibung vom 15. Februar 1990 - der den Prüfungsmaßstab für den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Sach- und Rechtslage bestimmt - gehalten gewesen, die Stichhaltigkeit des kostenrelevanten Vorbringens der Inhaberin der Apotheke vorläufig (der Berufungsbescheid erging erst am 30. Mai 1990) zu beurteilen und deren Verneinung zu begründen. Eine solche Beurteilung fehlt zur Gänze - abgesehen davon, daß dann unschwer offenbar geworden wäre, daß das Berufungsvorbringen, wie schon erwähnt, in eine andere Richtung ging. In diesem Zusammenhang käme im übrigen auch der behaupteten Verletzung des Parteiengehörs Bedeutung zu.

2.4. Der Spruch des angefochtenen Bescheides stützt den Barauslagenersatz auf "§ 76 AVG 1950". In der Begründung wird zunächst auch § 76 Abs. 2 AVG zitiert, der die Kostentragung für Auslagen betrifft, wenn die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten (während Abs. 1 von der Kostentragung durch die Partei handelt) verursacht wurden. Aus welchen Gründen diese Bestimmung zur Anwendung kommen könnte, wird nicht weiter erörtert und läßt sich auch nicht erkennen.

2.5. Aus den Erwägungen unter Punkt 2.1., 2.2. und 2.4. folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Kostenersatz war nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen. Da das Schriftsatzpauschale nach der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 jedenfalls nicht ausgeschöpft wurde, kam auch Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 nicht zur Anwendung.

2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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