VwGH 90/09/0155

VwGH90/09/015522.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, in der Beschwerdesache der N gegen das Landesarbeitsamt Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit eines Verfahrens betreffend die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß §§ 3 und 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, den Beschluß gefaßt:

Normen

AuslBG §20 Abs3;
AVG §68 Abs2;
AVG §73 Abs2;
BMG §2 Anl Teil2 litD Z3 idF 1987/078 ;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §20 Abs3;
AVG §68 Abs2;
AVG §73 Abs2;
BMG §2 Anl Teil2 litD Z3 idF 1987/078 ;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei macht in ihrer auf Art. 132 B-VG gestützten Säumnisbeschwerde die Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Landesarbeitsamt Wien geltend.

Sie bringt vor, daß Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe habe als Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 9. August 1989 ihren Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG), für die jugoslawische Staatsangehörige S abgewiesen. Das Landesarbeitsamt Wien habe mit seinem Berufungsbescheid vom 22. Dezember 1989 der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid habe sie in weiterer Folge Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der die Behandlung ihrer Beschwerde abgelehnt und diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten habe (Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1990, Zl. B 177/90 u.a.). Während des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Vorverfahrens (die abgetretene Beschwerde ist unter Zl. 90/09/0116 protokolliert) habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. September 1990 den in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 22. Dezember 1989 aufgehoben. Es sei daher nach wie vor keine Entscheidung über ihre Berufung vom 29. August 1989 gegen den erstinstanzlichen Bescheid erfolgt; die belangte Behörde sei daher mit ihrer Berufungsentscheidung weit mehr als sechs Monate säumig geblieben.

Gemäß § 27 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

§ 73 Abs. 2 AVG 1950 bestimmt, daß auf schriftliches Verlangen der Partei, der innerhalb der sechsmonatigen Frist des Abs. 1 der Bescheid nicht zugestellt wurde, die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht.

Eine Säumnisbeschwerde kann daher im Anwendungsbereich des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 zulässig erst dann erhoben werden, wenn auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat.

Gemäß Art. II Abs. 2 D Z. 30 EGVG 1950 findet das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (von einer im Beschwerdefall nicht relevanten Bestimmung abgesehen) auf das behördliche Verfahren der Arbeitsämter und der Landesarbeitsämter Anwendung.

Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmung des § 20 Abs. 3 AuslBG entscheidet über Berufungen wegen Bescheide des Arbeitsamtes (in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes) das Landesarbeitsamt nach Anhörung des Verwaltungsausschusses. Eine weitere Berufung ist nicht zulässig.

Eine Beschränkung des Instanzenzuges hindert indes nicht den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg gemäß § 73 AVG 1950 (vgl. dazu die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1949, Zl. 1608/49, Slg. N.F. Nr. 1116/A, vom 19. Oktober 1965, Zl. 1508/65, Slg. N.F. Nr. 6786/A, vom 21. September 1978, Zl. 2172/78 und vom 10. April 1985, Zl. 84/09/0121). Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG 1950 ist in jedem Fall zwar die Berufungsbehörde, darüber hinaus aber auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1974, Zl. 989/74).

Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG 1950 ist in den Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes der Bundesminister für Arbeit und Soziales (vgl. dazu die Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 78/1987, Teil 2, lit. D Z. 3).

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die gegen das Landesarbeitsamt Wien gerichtete Säumnisbeschwerde mangels vorheriger Anrufung des Bundesministers für Arbeit und Soziales gemäß § 34 Abs. 1 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl. dazu auch den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1990, Zl. 90/09/0111 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Unabhängig davon, daß im Beschwerdefall nicht die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ihre Entscheidungspflicht verletzt hat und es daher an dieser Prozeßvoraussetzung für die meritorische Behandlung der Säumnisbeschwerde mangelt, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgendem Hinweis veranlaßt:

Im Fall einer auf § 68 Abs. 2 AVG 1950 gestützten Aufhebung eines ergangenen Berufungsbescheides beginnt - sofern die Berufungsbehörde gleichzeitig auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist - die im § 27 VwGG vorgesehene Frist von 6 Monaten erst mit dem Wirksamwerden (Zustellung) des Aufhebungsbescheides zu laufen (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1952, Zl. 2809/52 = Slg. N.F. Nr. 2740/A; ebenso: Beschluß vom 2. Mai 1988, Zl. 88/09/0041).

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