Normen
ASVG §4 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ASVG §4 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer beantragten mit sieben inhaltsgleichen Schriftsätzen vom 29. Juni bzw. 15. Juli 1987, die achtmitbeteiligte Kärntner Gebietskrankenkasse (im folgenden Gebietskrankenkasse) wolle "zur Klärung der Rechtslage" feststellen, daß die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien während der Dauer ihres jeweiligen Pflichtpraktikums im Sommer 1987 im Betrieb der Beschwerdeführer, dem Seehotel S., als Schüler im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. h ASVG zu qualifizieren und als solche auch in der Unfallversicherung teilversichert seien. Den Anträgen legten die Beschwerdeführer inhaltlich gleichlautende Praktikantenverträge bei. Die Gebietskrankenkasse übermittelte den Beschwerdeführern daraufhin Fragebögen zur Klärung, ob die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien als Ferialpraktikanten der Vollversicherungspflicht unterlägen. Die Beschwerdeführer retournierten der Gebietskrankenkasse mit Schriftsatz vom 31. Juli 1987 die von den Erst- bis Siebentmitbeteiligten sowie der Zweitbeschwerdeführerin ausgefüllten und unterfertigten Fragebögen.
Mit Bescheid vom 19. August 1987 stellte die Gebietskrankenkasse fest, daß die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien ab näher angeführten Tagen des Mai bzw. Juni 1987 hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Betrieb der Beschwerdeführer der Pflichtversicherung in der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlägen. Begründend wurde ausgeführt, es sei auf Grund der ausgefüllten Fragebögen und der vorgelegten Praktikantenverträge festzustellen, daß sämtliche Ferialpraktikanten verpflichtet seien, während der betriebsüblichen Öffnungszeiten ihre Tätigkeit auszuüben und somit eine bestimmte Arbeitszeit einzuhalten. Die Tätigkeit habe nach den Weisungen und unter der Aufsicht der Beschwerdeführer bzw. vorgesetzter Mitarbeiter in der von ihnen bestimmten Reihenfolge zu erfolgen. Für die dreimonatige Beschäftigung sei eine Entlohnung von S 15.000,-- netto vereinbart worden. Die im Spruch angeführten Ferialarbeiter seien faktisch wie die übrigen Dienstnehmer tätig und unterlägen daher als solche der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Einspruch, in dem sie im wesentlich behaupteten, die Auffassung der Gebietskrankenkasse widerspreche den von den Beschwerdeführern vorgelegten Urkunden, nach denen sich die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien zu nichts anderem verpflichtet hätten als zur Ablegung eines dem Lehrplan ihrer Schule entsprechenden Ferialpraktikums. Mit der vertraglichen Verpflichtung zu einer Arbeitsleistung habe ein solches Rechtsverhältnis nichts zu tun.
Die Einspruchsbehörde veranlaßte die niederschriftliche Vernehmung der erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien; die Beschwerdeführer sowie die Gebietskrankenkasse erstatteten dazu Stellungnahmen.
Mit Bescheid vom 28. August 1989 gab der Landeshauptmann von Kärnten dem Einspruch der Beschwerdeführer keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid der Gebietskrankenkasse. An Hand der von der Gebietskankenkasse und der Einspruchsbehörde durchgeführten Ermittlungen ergebe sich folgendes Bild: Die Praktikantinnen (die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien) seien Schülerinnen der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe. Die mit ihnen bzw. ihren gesetzlichen Vertretern abgeschlossenen Praktikantenverträge beinhalteten, daß es sich beim Ferialpraktikum um jenes handle, das im Lehrplan der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe verpflichtend vorgeschrieben sei. Die genannten Personen seien durchschnittlich drei Monate beschäftigt gewesen und es habe die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 48 Stunden betragen. Die Beschwerdeführer als Betriebsinhaber hätten sich verpflichtet, ein Quartier kostenlos zur Verfügung zu stellen und Tagesverpflegung zu gewähren. Das mit den Praktikantinnen vereinbarte Entgelt habe S 15.000,-- pro Saison betragen. Sie hätten sich im Vertrag verpflichtet, im Rahmen der Zielsetzung des Praktikums die ihnen übertragenen, der Ausbildung dienenden Arbeiten durchzuführen, weiters, die Betriebs- und Hausordnung sowie die einschlägigen Sicherheits- und sonstigen Vorschriften zu beachten. Die Praktikantinnen seien im Service, in der Küche, in der Etage und teilweise in der Rezeption eingesetzt worden. Die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden habe an sechs Tagen mit mindestens acht Stunden abgeleistet werden müssen. Die Arbeitszeit sei jeweils von der Zweitbeschwerdeführerin eingeteilt worden. Ein freier Tag sei wöchentlich garantiert worden. Die Beschwerdeführer behaupteten in ihrem Einspruch, daß insofern keine Versicherungspflicht gemäß § 4 ASVG eingetreten sei, als die betreffenden Schülerinnen die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. h erfüllten. Hiezu sei jedoch festzustellen, daß nach der Systematik des ASVG eine Teilversicherung nach den §§ 7 und 8 nur dann eintrete, wenn keine Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 begründet werde. Es sei zwar unbestritten, daß bei den beschäftigten Schülerinnen die Absolvierung eines Praktikums zwingend vorgeschrieben sei, jedoch vermöge die Bezeichnung der Beschäftigung als "Ferialpraxis" noch nicht die Versicherungspflicht auszuschließen. Im Bereich der Sozialversicherung sei nämlich grundsätzlich von den tatsächlichen Verhältnissen und nicht von der bloßen Bezeichnung einer Tätigkeit auszugehen. Die genannten Schülerinnen seien im Laufe der drei Monate wohl in verschiedenen Sparten eingesetzt worden, aber angesichts der ca. dreimonatigen Dauer der Beschäftigung sei es als gegeben anzunehmen, daß sie auch im Hinblick auf die theoretisch in der Schule erworbenen und teilweise praktizierten Fähigkeiten eine kurze Einschulungsphase in verschiedenen Sparten hinter sich gehabt hätten und sodann voll einsatzfähig gewesen seien. Weiters seien sie auch an die Weisungen der Beschwerdeführer bzw. der sonstigen qualifizierten Arbeitskräfte gebunden gewesen und hätten die ihnen aufgetragenen Arbeiten nicht abweisen können, ohne vertragsbrüchig zu werden. Es sei daher durchaus anzunehmen, daß das Unternehmen auf Grund des Vertrages mit diesen Leistungen habe rechnen können. Somit seien die Praktikantinnen nicht nur aus pädagogischen, sondern auch aus betrieblichen Gründen in die Betriebsorganisation eingegliedert gewesen. Ausgehend von der Auffassung, daß die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen habe, ergebe sich das Bild, daß die Praktikantinnen in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt gewesen seien. Der Tatsache, daß ihnen zum Teil Berufserfahrung gefehlt habe und darauf habe geachtet werden müssen, daß sie in mehreren Sparten eingearbeitet würden, "entspricht die im Hinblick auf die 48 Stunden Arbeitszeit in der Woche und die zu leistenden Überstunden gering entlohnt wurden". Weiters erscheine es auch eigenartig, daß die Mädchen von einem Tag auf den anderen, obwohl sozusagen noch in Ausbildung stehend, als Angestellte im Betrieb beschäftigt worden seien.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandten die Beschwerdeführer ein, es vermöge die Begründung des Einspruchsbescheides den Spruch nicht zu stützen. Maßgebend sei zu allererst, wozu sich die Praktikantinnen gegenüber den Beschwerdeführern verpflichtet und ob sie eine andere Tätigkeit verrichtet hätten als die, zu der sie auf Grund des Lehrplanes der jeweiligen Schulen verpflichtet gewesen seien, sowie ob es sich dabei insgesamt um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt habe, für die das Gesetz eben gerade eine Teilversicherung als Schüler vorsehe. Ob der Betriebsinhaber mit dieser Leistung der Schülerinnen rechne oder ob die praktische Tätigkeit für die Betriebsinhaber von Wert sei, könne dagegen keine Rolle spielen. Im übrigen sei zur Frage des wirtschaftlichen Wertes der Leistungen davon auszugehen, daß der Gesetzgeber ein wirtschaftliches Interesse der Betriebsinhaber an diesen Leistungen unterstelle; andernfalls würden sich sicherlich keine Unternehmer finden, die solche Schülerinnen beschäftigten, weshalb der ordnungsgemäße Abschluß nicht mehr möglich wäre. Wenn sich die Behörde jedoch vor Augen führe, daß die maßgeblichen Schülerinnen sich gerade zur der Leistung verpflichtet hätten, für die das Gesetz die Teilversicherung als Schüler vorsehe, und daß die Schülerinnen auch tatsächlich eine solche Tätigkeit ausgeführt hätten, so müsse sie auch dieses Rechtsverhältnis entsprechend qualifizieren und zum Ergebnis gelangen, daß keine Vollversicherungspflicht, sondern lediglich eine Teilversicherungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. h ASVG bestanden habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und stellte in Bestätigung des Einspruchsbescheides die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht der Erst- bis Siebentmitbeteiligten in näher angeführten Zeiträumen (von den im Bescheid der Gebietskrankenkasse genannten Tagen bis spätestens 20. September 1987) auf Grund ihrer Beschäftigung im Betrieb der Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG fest.
Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde nachstehende Feststellungen zugrunde: Die im Spruch genannten Praktikantinnen seien Schülerinnen der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe in L. Die mit ihnen bzw. ihren gesetzlichen Vertretern abgeschlossenen gleichlautenden Praktikantenverträge bezögen sich auf das im Lehrplan der Schule verpflichtend vorgeschriebene Ferialpraktikum. Die Praktikantinnen hätten im Rahmen der Zielsetzungen des Praktikums ihnen übertragene, der Ausbildung dienende Arbeiten durchzuführen und dabei die Betriebs- und Hausordnung sowie einschlägige Sicherheitsvorschriften zu beachten gehabt. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit habe 48 Stunden betragen, sei an sechs Tagen zu mindestens je acht Stunden abzuleisten gewesen und sei von den Beschwerdeführern eingeteilt worden. Im Rahmen des von der Einspruchsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens seien sämtliche Praktikantinnen über Art und Umfang der von ihnen verrichteten Tätigkeiten befragt worden. Nach dem Ergebnis dieser Befragungen stehe fest, daß sie während der im Spruch angeführten Zeiträume im Beherbergungsbetrieb der Beschwerdeführer in der Küche, im Service, in der Rezeption und als Stubenmädchen tätig gewesen seien. Eine fixe Arbeitszeit von 48 Wochenstunden, die von der Betriebsleitung eingeteilt worden sei, sei einzuhalten gewesen. Auf das arbeitsbezogene Verhalten gerichtete Weisungen seien von der Zweitbeschwerdeführerin bzw. den Leitern der einzelnen Tätigkeitsbereiche erteilt worden. Die Frage nach einer generellen Vertretungsmöglichkeit sei zwar in den meisten Fällen mit "ja" beantwortet worden, doch dürften die Befragten den tatsächlichen Inhalt dieser Frage größtenteils mißverstanden haben. Disziplinäre Verantwortlichkeit habe ebenfalls bestanden; als Sanktionen für nicht ordnungsgemäße Durchführung der übertragenen Arbeiten seien Ermahnung oder Entlassung genannt worden. Allerdings werde der Aussagewert der mit vier Praktikantinnen von der Bezirkshauptmannschaft Lienz am 2. März 1988 aufgenommenen Niederschriften von der belangten Behörde eher gering eingeschätzt, zumal die Niederschriften im Text nahezu wortgleich seien und die befragten Zeugen nicht getrennt individuell vernommen worden sein dürften. In diesem Zusammenhang erscheine auch bemerkenswert, daß die von der Bezirkshauptmannschaft L. als Zeugin vernommene zweitmitbeteiligte Partei "die Eingliederung in den Betrieb zunächst aus pädagogischen Gründen und nach Auslaufen des Praktikantenvertrages aus betrieblicher Notwendigkeit bezeichnet" habe. Nach den Angaben der vom Magistrat der Stadt Wien als Zeugin vernommenen sechstmitbeteiligten Partei sei die Eingliederung in den Betrieb eher aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes gelange die belangte Behörde zur Auffassung, daß bei der Beschäftigung der erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien im Betrieb der Beschwerdeführer die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwogen hätten und sie daher als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen gewesen seien. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, die Praktikantinnen hätten betriebliche Tätigkeiten verrichtet, für die das Gesetz eine Teilversicherung als Schüler vorsehe, werde bemerkt, daß nach der Systematik des ASVG eine Teilversicherung nach den §§ 7 und 8 nur dann eintrete, wenn keine Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 bestehe. Diese Prüfung habe, wie ausgeführt worden sei, ergeben, daß die als "Ferialpraktikanten" bezeichneten Personen im Betrieb der Beschwerdeführer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt gewesen und demnach der Vollversicherung unterlegen seien. Deshalb komme ihre Teilversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. h ASVG nicht in Betracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber ebenso wie die mitbeteiligten Parteien (mit Ausnahme der Gebietskrankenkasse) von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Gerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ausführlich mit der Vollversicherungspflicht von Ferialpraktikanten nach dem ASVG in der Fassung vor der 49. Novelle, BGBl. Nr. 294/1990, und dem AlVG befaßt. Er hat darin zunächst dargelegt, daß mangels Anführung des § 8 im § 4 Abs. 1 ASVG die im § 8 leg. cit. genannten Personen dann, wenn ihre Beschäftigung einem der Tatbestände des § 4 Abs. 1 ASVG zu subsumieren sei, vollversichert seien; es bedürfe daher einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob "Ferialpraktikanten" dann, wenn sie nicht der Vollversicherung nach § 4 Abs. 1 ASVG unterlägen, nach § 8 Abs. 1 Z. 3 ASVG in der Unfallversicherung teilversichert seien, nicht. Nach Darstellung der für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG maßgebenden Kriterien im Sinne des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12.325/A, heißt es in den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses weiter:
"Nach diesen Kriterien ist auch zu prüfen, ob ein in den Ferien zum Zwecke der nach den schulrechtlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Ausbildung in einem Betrieb beschäftigter Schüler in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu dem ihn Beschäftigenden steht.
So wie im Bereich des Arbeitsrechtes bei der Prüfung der Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 1151 ABGB (vgl. aus der Rechtsprechung: ArbSlg 6876, 8740, 10014, Ind. 1990 Nr. 1923 = INFAS 1989 A 27, sowie aus dem Schrifttum: Klein, Die arbeitsrechtliche Stellung des "Ferialpraktikanten", RDS 1981, 72; Andexlinger, Ferialpraktikant und Ferialarbeitnehmer, RdW 1986, 247; derselbe, Zur Ferialpraxis, RdW 1990, 160;
Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 136 - 139 zu § 1151; Dungl, Handbuch des österreichischen Arbeitsrechtes, 5. Auflage, 28;
Spielbüchler, Arbeitsrecht I, 3. Auflage, 71; Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht, 4. Auflage, 143) hat auch im Sozialversicherungsrecht der bei einer Beschäftigung als "Ferialpraktikant" im Vordergrund stehende Ausbildungszweck (im Sinne des Motivs der Tätigkeit) für sich allein genommen nicht die Bedeutung, daß schon deshalb das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Abhängigkeit verneint werden müßte.
Ausschlaggebend dafür ist vielmehr, daß die konkrete Beschäftigung nach der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung auch objektiv (der inhaltlichen Gestaltung nach) in erster Linie - im Interesse des Auszubildenden (sich entsprechend den schulrechtlichen Ausbildungsvorschriften praktische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen) - von diesem Ausbildungszweck bestimmt (geprägt) und nicht - im Interesse des Betriebsinhabers an Arbeitsleistungen für seinen Betrieb - primär an betrieblichen Zwecken und Erfordernissen orientiert ist.
Ist die Beschäftigung eines "Ferialpraktikanten" nämlich ihrer inhaltlichen Gestaltung nach primär vom Ausbildungszweck geprägt, so wird sich der Beschäftigte in seiner Tätigkeit zwar aus Gründen der Betriebssicherheit, der notwendigen Anpassung an das Betriebsgeschehen oder aus ähnlichen Sachgründen in der Regel auch an Arbeitsabläufe sowie an die Arbeitszeiten und die Arbeitsorte der Belegschaft halten und diesen Umständen entsprechende Weisungen befolgen müssen; er wird auch, schon um sein Ausbildungsziel zu erreichen, unter Umständen während der gesamten betrieblichen Arbeitszeit tätig und sich aus diesen Gründen auch allfälligen Anordnungen betreffend das Arbeitsverfahren und das arbeitsbezogene Verhalten fügen müssen; es wird daher insofern, also auf Grund und nach Maßgabe dieser Umstände auch eine Bindung eines so Beschäftigten an Ordnungsvorschriften hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit, Arbeitsverfahren und arbeitsbezogenes Verhalten bestehen (vgl. dazu das Erkenntnis vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A, mit weiteren Judikatur- und Schrifttumshinweisen, sowie insbesondere zur "Bindung aus pädagogischen Gründen" die Erkenntnisse vom 2. Juli 1958, Slg. 4716/A, vom 1. Juni 1960, Zl. 1332/56, und vom 22. April 1964, Zl. 2319/63); im Unterschied zu den sonstigen Beschäftigten des Betriebes wird aber im Falle einer primär vom Ausbildungszweck geprägten Beschäftigung eines "Ferialpraktikanten" dessen Bestimmungsfreiheit gegenüber dem Betriebsinhaber - im Sinne der oben dargelegten Kriterien - nicht weitgehend ausgeschaltet sein, es wird der Betriebsinhaber daher über seine Arbeitskraft nicht so wie über jene der sonstigen Beschäftigten zur Erreichung der Betriebszwecke verfügen können. Als Kriterien für das Überwiegen des Ausbildungszweckes im dargelegten Sinn kommen insbesondere in Betracht, daß der Beschäftigte Arbeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen (wie z.B. gänzlich ausbildungsfremde oder wenn auch dem Ausbildungszweck dienende, reine Hilfsarbeiten einfacher Art) nur in einem zeitlich vernachlässigbaren Ausmaß verrichtet, oder daß die von ihm verrichteten Tätigkeiten ihrer Art nach wechseln und sich auf mehrere Betriebsbereiche erstrecken, und zwar tunlichst nach Wahl des Auszubildenden (wenn auch unter Bedachtnahme auf die betrieblichen Sacherfordernisse) und nicht nach Maßgabe der am jeweiligen Arbeitsanfall orientierten Betriebserfordernisse. Bei einem dem Ausbildungszweck vorrangig verpflichteten Beschäftigungsverhältnis wird der Beschäftigte häufig auch die Arbeitsabläufe - unter Beachtung der schon genannten sachlichen Grenze - insoweit mitbestimmen können, als er sich je nach seinem Interesse oder den Ausbildungsanforderungen bei einzelnen Tätigkeiten länger, als dies unter dem Gesichtspunkt der Betriebserfordernisse nötig wäre, aufhalten wird dürfen. Der Ferialpraktikant im hier maßgebenden Sinne wird auch - sofern dadurch nicht die Erreichung des Ausbildungszieles gefährdet wird - mitunter über größere Freiheiten bei der zeitlichen Gestaltung seiner Anwesenheit im Betrieb verfügen, als dies bei der sonst in der Regel gegebenen Arbeitszeitbindung eines Beschäftigten im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG der Fall ist. Gegen die Annahme eines vorrangig vom Ausbildungszweck geprägten Beschäftigungsverhältnisses wird es hingegen sprechen, wenn der Beschäftigte auf Anordnung des Betriebsinhabers zu Überstundenleistungen herangezogen wird. Maßgebend wird jedenfalls auch hier das Gesamtbild der Beschäftigung sein, wobei dem einen oder anderen Kriterium je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles durchaus unterschiedliches Gewicht zukommen kann.
Diese Abgrenzung kann im Einzelfall dann schwierig sein, wenn sich die zu beurteilende Beschäftigung ihrem äußeren Erscheinungsbild nach nicht von den Beschäftigungen der nicht zu Ausbildungszwecken im Betrieb tätigen Personen unterscheidet. Ist in solchen Fällen auch an Hand der eben genannten Indizien eine eindeutige Zuordnung unmöglich, so ist - auch insofern in Übereinstimmung mit den zitierten Rechtsprechungs- und Schrifttumshinweisen zum Dienstverhältnis nach § 1151 ABGB - im Zweifel ein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen."
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist der angefochtene Bescheid aus den von den Beschwerdeführern aufgezeigten Umständen mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet. Die belangte Behörde hätte danach nämlich auf Grund des Berufungsvorbringens, die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien hätten nur die Beschäftigungen, und zwar in der Art und Weise, ausgeführt, zu der sie sich verpflichtet hätten, in Auseinandersetzung mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten Fragebögen und Praktikantenverträgen sowie den niederschriftlichen Vernehmungen der erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung zu prüfen gehabt, ob ihre konkrete Beschäftigung ihrer inhaltlichen Gestaltung nach in erster Linie - im Interesse der Auszubildenden (sich entsprechend den schulrechtlichen Ausbildungsvorschriften praktische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen) - von diesem Ausbildungszweck bestimmt (geprägt) und nicht - im Interesse der Beschwerdeführer an Arbeitsleistungen für ihren Betrieb - primär an betrieblichen Zwecken und Erfordernissen orientiert war. Dementsprechend kann, wie in den oben wiedergegebenen Entscheidungsgründen des Vorerkenntnisses näher dargelegt ist, den Verpflichtungen der Ferialpraktikanten zur Befolgung von Anordnungen und zur Einhaltung von "Arbeitszeiten" eine unterschiedliche Bedeutung für die Wertung des Rechtsverhältnisses im maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Zusammenhang zukommen. Zur Wertung der niederschriftlichen Vernehmungen der erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien im Einspruchsverfahren durch die belangte Behörde ist in diesem Zusammenhang zu bemerken: Wenn die belangte Behörde schon "Mißverständnisse" bei den Befragungen vermutet (die hinsichtlich einer allfälligen generellen Vertretungsmöglichkeit im Hinblick auf den Ausbildungszweck wohl bestehen werden) und den Aussagewert einiger Niederschriften "eher gering einschätzt", so ist es nicht als mängelfrei zu erachten, solche Bedenken gegen den Wert der Ermittlungsergebnisse, ohne ihre Behebung durch entsprechende ergänzende Ermittlungen zu veranlassen, nur zu Lasten der Beschwerdeführer und nicht auch zu ihren Gunsten (so bei der Beurteilung der Verpflichtung zur Befolgung von Anordnungen und "Arbeitszeiten") in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Begehren auf Stempelgebührenersatz war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.
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