Normen
AVG §37
AVG §45 Abs2
KurzparkzonenabgabeV Wr 1986 §2 Abs1
VStG §5 Abs1
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1990:1989170136.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 9. Mai 1988 um 13.55 Uhr in Wien 1, Wollzeile 26, ein dem behördlichen Kennzeichen nach näher bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, „ohne dafür gesorgt zu haben, daß es während der Dauer seiner Abstellung mit einem ordnungsgemäß angebrachten Parkschein gekennzeichnet war, da der Parkschein zum Tatzeitpunkt nicht deutlich sichtbar und erkennbar hinter der Windschutzscheibe angebracht war“. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 11. Februar 1986, LGBl. für Wien Nr. 15/1986, begangen. Gemäß § 4 Abs. 2 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der geltenden Fassung, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 200,-- (Ersatzarreststrafe: 9 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, auf Grund der polizeilichen Anzeige und des Vorbringens des Berufungswerbers stehe fest, daß das vom Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort in der Kurzparkzone abgestellte Kraftfahrzeug nicht mit einem richtig angebrachten Parkschein gekennzeichnet gewesen sei, habe doch der Beschwerdeführer selbst angegeben, einen Parkschein zwar entwertet, jedoch diesen bei seiner Rückkehr zum Wagen nicht mehr vorgefunden zu haben. Der Beschwerdeführer habe daher ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt und nicht dafür gesorgt, daß es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten Parkschein gekennzeichnet sei. Der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 15/1986, sei somit erfüllt. Unter Hinweis auf das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 führte die belangte Behörde weiter aus, der Beschwerdeführer bringe vor, der gegenständliche Pkw sei ein Kabriolett, welches mit offenem Dach abgestellt worden sei. Daß der Parkschein sich später nicht am Pkw befunden habe, könne darauf zurückgeführt werden, daß er böswillig von einem Dritten entfernt worden sei. Nach Auffassung der belangten Behörde erscheine die Annahme, der Parkschein sei gestohlen worden, unwahrscheinlich, habe doch dieser nur einen geringen Wert und sei ein entwerteter Parkschein nur beschränkt verwendbar. Auch habe der Beschwerdeführer für einen solchen Diebstahl oder sonstige Entfernung durch Dritte keinen Beweis erbracht. Es sei vielmehr als wahrscheinlich anzusehen, daß, sofern der Beschwerdeführer nicht überhaupt auf die Anbringung des Parkscheines vergessen habe, die Anbringung des Parkscheines mangelhaft gewesen und dieser heruntergefallen sei. Gerade bei der Abstellung eines Pkw mit offenem Dach habe der Beschwerdeführer damit rechnen müssen, daß ein Parkschein durch einen Windstoß von seinem Anbringungsort weggetragen werden könne. Aus diesem Grund hätte sich der Beschwerdeführer zumindest überzeugen müssen, ob die von ihm vorgenommene Anbringung ausreichend sei, den Parkschein zuverlässig hinter der Windschutzscheibe zu befestigen. In dieser Hinsicht habe der Beschwerdeführer nichts vorgebracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, „entgegen den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 11.2.1986, LGBl. für Wien Nr. 15/86 und § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, idgF nicht bestraft zu werden“.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 erster Satz des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, ist die Art der von dem Abgabepflichtigen zu verwendenden Kontrolleinrichtungen unter Bedachtnahme auf eine möglichst einfache Handhabung und auf die Auswirkungen auf das Stadtbild sowie unter Rücksichtnahme auf zur Überwachung von Parkzeitbeschränkungen vorgeschriebene Kontrolleinrichtungen durch Verordnung der Landesregierung zu bestimmen.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 11. Februar 1986, LGBl. für Wien Nr. 15/1986, haben Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, dafür zu sorgen, daß es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist. Nach Abs. 3 dieser Verordnungsstelle ist der Parkschein bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen mit Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese gut erkennbar, bei anderen mehrspurigen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.
§ 3 der genannten Verordnung bestimmt, daß Übertretungen derselben nach § 4 des Parkometergesetzes geahndet werden.
Auf Grund der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Parkometergesetz in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 30/1977, sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind die sonstigen Übertretungen der Gebote und Verbote dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 1.000,-- zu bestrafen.
Allein darüber, ob die belangte Behörde, die sich auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 der Verordnung LGBl. für Wien Nr. 15/1986 stellende Rechtsfrage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Verpflichtung des Abgabepflichtigen, dafür zu sorgen, daß ein mehrspuriges Fahrzeug während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist, rechtsrichtig beantwortete, geht der vorliegende Rechtsstreit.
Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß es sich bei § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung, deren Übertretung der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 handelt, weil zum Tatbestand dieser Übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt ist. Ebenso ist die belangte Behörde in nicht rechtswidriger Weise davon ausgegangen, es stehe unbestritten fest, daß sich jedenfalls im Zeitpunkt der Kontrolle durch das Straßenaufsichtsorgan kein Parkschein hinter der Windschutzscheibe des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers befunden habe.
Nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 der genannten Verordnung ist es Sache des Abgabepflichtigen, für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung - und zwar für die Dauer der Abstellung des mehrspurigen Fahrzeuges - zu sorgen. Daß dies im Beschwerdefall im Hinblick auf das verwendete Fahrzeug (Kabriolett mit offenem Dach) eine besondere Sorgfaltspflicht erfordert, weil etwa ein Windstoß einen Parkschein von seinem Anbringungsort wegtragen kann, hat die belangte Behörde im Ergebnis durchaus zutreffend erkannt.
Nach § 5 Abs. 1 VStG 1950, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 516/1987, ist Fahrlässigkeit - die im gegenständlichen Fall zur Strafbarkeit genügt - bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es besteht daher in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Dazu bedarf es nicht mehr, wie auf Grund der Rechtslage vor der erwähnten VStG‑Novelle 1987, eines Entlastungsbeweises durch den Beschuldigten, sondern es ist hiefür die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens ausreichend, weshalb es in diesem Zusammenhang nur (mehr) erforderlich ist, die Behörde von der Wahrscheinlichkeit und nicht von der Richtigkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen. Dies ändert aber nichts daran, daß es (weiterhin) Sache des Beschuldigten ist, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu geschehen, worin aber gewöhnlich noch keine hinreichende Glaubhaftmachung der damit behaupteten Tatsache erblickt werden kann. Es ist daher ein solches Vorbringen - von Ausnahmefällen, wie etwa hinsichtlich notorischer Tatsachen, abgesehen - durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. Stellung konkreter Beweisanträge entsprechend zu untermauern (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0017, und die dort angegebene weitere hg. Rechtsprechung).
Ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenso wie der Umstand, ob sie als erwiesen anzunehmen ist, der freien Beweiswürdigung der Behörde gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950. Diesbezüglich erstreckt sich die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes - wie auch sonst - lediglich darauf, ob die von der Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind und ob der Sachverhalt genügend ermittelt worden ist, letzteres allerdings unter Bedachtnahme des (sich aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergebenden) Umstandes, daß die Ermittlungspflicht der Behörde durch das Tatsachenvorbringen einschließlich der Beweisanbote des Beschuldigten eingeschränkt ist (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1989 und die dort angegebene weitere hg. Rechtsprechung).
Im Sinne dieser Rechtslage kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß mit der bloß allgemeinen Behauptung, der Parkschein sei böswillig von einem Dritten entfernt worden, die Glaubhaftmachung für mangelndes Verschulden des Beschwerdeführers an der angelasteten Verwaltungsübertretung als nicht erbracht anzusehen sei.
An dieser Beurteilung vermag auch das Beschwerdevorbringen nichts zu ändern, die belangte Behörde habe ihre Bescheidbegründung auf drei Vermutungen gestützt, „nämlich, daß eine Entfernung durch Dritte ‚unwahrscheinlich‘ sei, daß ‚vielmehr wahrscheinlich anzusehen sei‘, daß die Anbringung des Parkscheines mangelhaft war und dieser herunterfiel und daß ein Windstoß den Parkschein von seinem Anbringungsort weggetragen haben könnte“. Ein fahrlässigschuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers könne nicht mit bloßen Vermutungen begründet werden. Dieses Vorbringen vermag schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil - wie bereits ausgeführt - bei Ungehorsamsdelikten von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters besteht. Es ist vielmehr Sache des Täters, diese Vermutung seines Verschuldens - durch Glaubhaftmachung - zu widerlegen. Daß aber die - hinsichtlich dieser Glaubhaftmachung - im Rahmen der Beweiswürdigung von der Behörde angestellten Erwägungen unschlüssig wären, vermag der. Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich daher im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 29. März 1990
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