VwGH 89/15/0141

VwGH89/15/01415.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Egger, über die Beschwerde der N & Co KG gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. September 1989, Zl. GA 7 - 2057/2/86, betreffend Haftung für Umsatzsteuer 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §14 Abs1 lita;
BAO §23;
BAO §14 Abs1 lita;
BAO §23;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend die Heranziehung zur Haftung gemäß § 14 BAO für Abgabenschuldigkeiten der Firma N & Co OHG insoweit statt, als die Beschwerdeführerin nur für die Umsatzsteuer 1979 in Höhe von S 1,896.917,-- zur Haftung herangezogen wurde; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid hatte das Finanzamt die Beschwerdeführerin als Haftungspflichtige gemäß § 14 BAO für die Abgabenschulden der N & Co OHG (im folgenden kurz OHG genannt) im Ausmaß von insgesamt S 2,319.654,-- (Umsatzsteuer 1979: S 1,896.917,--; Säumniszuschlag S 37.938,--;

Stundungszinsen für 1983 S 45.443,--; für 1984 S 114.830,--;

für 1985 S 138.782,-- und für 1986 S 85.744,--) in Anspruch genommen; irrtümlicherweise war dabei der genannte Säumniszuschlag, in diesem Bescheid inkludiert, als Stundungszinsen für 1983 ausgewiesen worden.

Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung davon aus, daß die beiden Gesellschafterinnen der OHG mit 1. Jänner 1979 ihr Unternehmen an die Beschwerdeführerin veräußert hätten. Es sei unbestritten, daß die Beschwerdeführerin dadurch einen lebensfähigen Betrieb erworben und in der Folge auch fortgeführt habe.

Dem gegen die Heranziehung zur Haftung für die Umsatzsteuer 1979 erhobenen Einwand der Beschwerdeführerin, der Erwerber eines Unternehmens könne gemäß § 14 BAO nur für solche Abgaben des Veräußerers haften, bei denen sich die Abgabenpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründe, die Veräußerung sei aber mit dem Betrieb nicht ident, derjenige, der das Unternehmen veräußere, könne es ja schließlich nicht mehr betreiben und es entstünde die Umsatzsteuerschuld erst zu einem Zeitpunkt, der nach der Übergabe des Unternehmens durch den Veräußerer auf den Erwerber liege, weshalb die Umsatzsteuerschuld vom Haftungszeitraum der zitierten Gesetzesbestimmung nicht umfaßt sei, begegnete die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 14 Abs. 1 BAO mit folgenden Argumenten:

Der Zweck der Vorschrift des § 14 BAO sei der, die im Unternehmen als solchem liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründenden Abgabenschulden durch den Übergang des Unternehmens in andere Hände nicht verloren gehen zu lassen. Diesem Zweck widerspreche eine Interpretation im Sinne der Beschwerdeführerin. Der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin stehe auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach die Haftung des Betriebsnachfolgers auch diejenigen betrieblichen Abgaben umfasse, die mit der Veräußerung des Gewerbebetriebes des Rechtsvorgängers als letztem Akt seiner gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang stünden. Nur insofern sei der Beschwerdeführerin beizupflichten, als sie eine Haftung für Stundungszinsen und Säumniszuschläge, die in den Jahren 1983 bis 1986 angefallen seien, verneine.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; die Beschwerdeführerin erachtet sich, aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar, in ihrem Recht darauf, nicht gemäß § 14 BAO zur Haftung herangezogen zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs. 1 lit. a BAO lautet: "Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Abgaben, bei denen die Abgabenpflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen."

Die Beschwerdeführerin macht in der vermischt vorgenommenen Ausführung der geltend gemachten Beschwerdegründe unter anderem geltend, der Vertrag vom 23. November 1978 habe eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung dargestellt, ohne daß dabei der Wille bestanden hätte, ein Veräußerungsgeschäft zu schließen. Mit einer Jahre später in einem Betriebsprüfungsverfahren vorgenommenen Qualifizierung dieser gesellschaftsrechtlichen Konstruktion als Betriebsveräußerung hätte niemand gerechnet und auch nicht rechnen können. In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerde das Fehlen von Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Bescheid.

Dazu ist im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tatsächlich ohne jede nähere Begründung von einer Unternehmensveräußerung seitens der beiden Gesellschafterinnen der ehemaligen OHG an die jetzt beschwerdeführende KG ausgegangen ist, folgendes zu bemerken:

Gesellschaftsrechlich ist ein Vorgang, wie ihn die Beschwerdeführerin in Punkt 1. ihrer Sachverhaltsdarstellung schildert (und wie er sich aus dem in den hg. Akten 86/13/0075 und 0076 erliegenden Vertrag vom 23. November 1978 formal ergibt), als Umwandlung einer OHG in eine KG unter Wahrung der Identität der Gesellschaft anzusehen, wobei sich nur die Rechtsform ändert (sog. formwechselnde Umwandlung; vgl. zB. Torggler-Kucsko in Straube, Kommentar zum HGB Rz. 11 zu § 105 HGB-Art. 7 Nr. 1 EVHGB unter Berufung auf OGH HS 8.102 = GesRz. 1973, 82; Hueck, Das Recht der OHG4 16; Kastner, Grundriß4 115). Eine Vermögensübertragung ist im Zuge einer solchen Umwandlung nicht erforderlich (vgl. Baumbach-Duden-Hopt, HGB25 Einleitung vor § 105 HGB Anm 4B). Im Einklang damit hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 25. September 1965, Zl. 827/64, ausgesprochen, daß die Umwandlung einer OHG in eine KG lediglich eine einfache Formänderung darstellt, die nicht einmal nach bürgerlich-rechtlicher Auffassung die Rechtskontinuität der Gesellschaft aufhebt, und auch steuerrechlich die Kontinuität der Gesellschaft nicht unterbricht. Ein solcher Vorgang stellt somit an sich das Haftungstatbestandselement der Übereignung eines Unternehmens oder Betriebes im ganzen gemäß § 14 Abs. 1 BAO nicht dar.

Daraus ist aber für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen. Aus dem hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1987,

Zlen. 86/13/0075, 0076, das eben den auch jetzt in Rede stehenden "Gesellschaftsvertrag" vom 23. November 1978 betraf, womit die "Umwandlung" der OHG in die jetzt beschwerdeführende KG vorgenommen wurde, ergibt sich nämlich, daß es sich bei dieser Vereinbarung um ein Scheingeschäft im Sinne des § 23 BAO handelte, wodurch die Veräußerung des Betriebes der OHG durch ihre beiden Gesellschafterinnen an die jetzt beschwerdeführende KG verdeckt werden sollte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das eben zitierte hg. Erkenntnis verwiesen.

Daraus folgt für den vorliegenden Beschwerdefall aber, daß die belangte Behörde im Ergebnis frei von Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in der Transaktion vom 23. November 1978 die Übertragung eines Unternehmens im ganzen erblicken konnte, weil sie auch dann, wenn sie die erforderlichen Tatsachenfeststellungen aus den dem zitierten hg. Erkenntnis zu Grunde liegenden Verwaltungsakten getroffen hätte, zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die weiteren Beschwerdeausführungen gehen alle (wie schon das Berufungsvorbringen) dahin, daß die Abgabenschuld, für die die Beschwerdeführerin zur Haftung herangezogen wurde, nicht im Betrieb des Unternehmens der OHG begründet gewesen und erst nach der vorgenommenen Übereignung entstanden sei.

Hiezu ist die Beschwerdeführerin (wie dies schon die belangte Behörde sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in ihrer Gegenschrift zu Recht getan hat) darauf zu verweisen, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 1988, Zl. 88/15/0017, und vom 2. Februar 1968, Zl. 732/67, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) und herrschender Lehre (Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer Rz. 33 zu § 1 und Rz. 240 zu § 4 UStG 1972; Stoll, BAO-Handbuch 35) eine durch Unternehmens(Betriebs)veräußerung entstehende Umsatzsteuerschuld vom Haftungstatbestand des § 14 Abs. 1 lit. a BAO umfaßt ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte