VwGH 89/14/0128

VwGH89/14/012817.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des H in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in T, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1975 bis 1983, Umsatzsteuer für die Jahre 1976 bis 1981, Gewerbesteuer für die Jahre 1978 bis 1983 sowie Abgabe von alkoholischen Getränken für die Jahre 1977 bis 1981, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom 12. April 1989, Zl 30.265-3/89, 1.) den Beschluß gefaßt:

Normen

EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs4;
EStG 1972 §24 Abs1;
EStG 1972 §24 Abs2;
EStG 1972 §7 Abs1;
LiebhabereiV;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 litb;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs4;
EStG 1972 §24 Abs1;
EStG 1972 §24 Abs2;
EStG 1972 §7 Abs1;
LiebhabereiV;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie Gewerbesteuer für die Jahre 1978 bis 1983 sowie Abgabe von alkoholischen Getränken für die Jahre 1977 bis 1981 betrifft, zurückgewiesen;

2.) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitbeteiligter an Baufirmen und aus der gewerblichen Vermietung von Baumaschinen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Erstellung von Schätzungsgutachten, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

In den Jahren 1970 bis 1975 errichtete der Beschwerdeführer ein Hotel mit 60 Betten, Restaurant und Bar, welches am 22. Dezember 1975 eröffnet wurde. Während der Beschwerdeführer das Hotel in Form eines Hotel garni selbst führte, wurden das Restaurant, die Bar und einige Kellerräume von Beginn an verpachtet.

Der Beschwerdeführer ermittelte den Gewinn aus der einheitlich behandelten gewerblichen Tätigkeit des Hotel garni und der Verpachtung gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972, wobei er in den Jahren 1975 bis 1983 stets Verluste (1975: 1,149.795 S, 1976:

675.841 S, 1977: 652.867 S, 1978: 435.416 S, 1979: 563.386 S, 1980: 733.233 S, 1981: 522.894 S, 1982: 354.456 S, 1983:

410.774 S) erklärte.

Ab 15. August 1983 wurde der gesamte Betrieb (mit Ausnahme zweier vom Beschwerdeführer privat genutzter Wohnungen) verpachtet. In der Folge wurde das Hotel um ca 4 Mio S bis Dezember 1983 umgebaut, wobei sich der Beschwerdeführer verpflichtete, dem Pächter einen schlüsselfertigen Um- bzw Neubau zur Verfügung zu stellen, der Pächter hingegen die Kosten für die komplette Inneneinrichtung zu übernehmen hatte. Im Zug dieses Umbaues wurden das Restaurant durch einen Zubau und die Empfangshalle vergrößert, ein "Stüberl" und ein Seminarraum errichtet, der Keller zu einem Fitneßzentrum mit Dampfbad, Solarium, Sauna, Hot-Whirl-Pool und Bar ausgestaltet sowie sämtliche Zimmer mit Telefon ausgestattet. Durch diese Maßnahmen wurde das ehemalige Zweieinhalb-Sterne-Hotel in ein Vier-Sterne-Hotel umgewandelt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde im Instanzenzug das Hotel garni nicht als Einkunftsquelle. In den Jahren 1975 bis 1983 sei es dem Beschwerdeführer offensichtlich nicht gelungen, aus diesem Gewinne zu erzielen. Auf Grund der Zweiteilung (Verpachtung des Restaurants - Zimmervermietung durch den Beschwerdeführer selbst) sei die Tätigkeit auch objektiv nie zur Erzielung von Gewinnen geeignet gewesen. Mit der Umstrukturierung im Jahr 1983 aber sei ein in gänzlich anderer Weise geführter Betrieb entstanden, weshalb ab 1. Jänner 1984 ein neuer Beobachtungszeitraum für das Vorliegen einer einkommensteuerlich relevanten Einkunftsquelle zu laufen begonnen habe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Nichtanerkennung des Hotels als Einkunftsquelle und dessen Einstufung "in Liebhaberei" in seinen Rechten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 1 lit a und Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde weder über die Gewerbesteuer für die Jahre 1978 bis 1983 noch über die Abgabe von alkoholischen Getränken für die Jahre 1978 bis 1981 entschieden. Die Abgabe von alkoholischen Getränken für das Jahr 1977 wurde vom Finanzamt mit "0,00 S" festgesetzt und diese Festsetzung von der belangten Behörde bestätigt.

Da mit dem angefochtenen Bescheid einerseits nicht über die Gewerbesteuer für die Jahre 1978 bis 1983 und über die Abgabe von alkoholischen Getränken für die Jahre 1978 bis 1982 entschieden wurde, anderseits auf Grund der Festsetzung der Abgabe von alkoholischen Getränken für das Jahr 1977 mit "0,00 S" keine Rechtsverletzungsmöglichkeit vorliegt, war die Beschwerde insoweit nach § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

Gemäß § 2 Abs 2 EStG 1972 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in Abs 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben.

Aus der Umschreibung der Begriffe "Einkommen" und "Einkünfte" - für diese in § 2 Abs 4 EStG 1972 - haben Schrifttum und Rechtsprechung abgeleitet, daß nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne erwarten lassen, als Einkunftsquelle in Betracht kommen und mit ihrem Ergebnis bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen sind. Fehlt dagegen bei einer Tätigkeit (einem Betrieb) objektiv gesehen die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, oder mangelt es einem Abgabepflichtigen an der entsprechenden Absicht, liegt keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinn vor. Dabei ist zu beachten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des jeweiligen Falles in erster Linie auf die objektiven Merkmale (Gewinnerzielungsmöglichkeit) Bedacht genommen werden muß, während den subjektiven Merkmalen (Absicht des Steuerpflichtigen) nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Ob nun eine Tätigkeit nach den genannten Kriterien einer bestimmten Einkunftsart zuzuordnen oder als Liebhaberei im weiteren, steuerlichen Sinn zu werten ist, kann regelmäßig erst nach einem gewissen Zeitraum beurteilt werden.

Darüber hinaus ergeben sich, wenn einer Tätigkeit der Charakter einer Einkunftsquelle abzusprechen ist, regelmäßig auch entsprechende umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen. So gelten gemäß § 12 Abs 2 Z 2 lit b UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung die erbrachten Lieferungen und Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Liebhaberei stehen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt, was den Ausschluß des Vorsteuerabzuges zur Folge hat (vgl das hg Erkenntnis vom 22. Mai 1990, 87/14/0038, mwA).

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt hat, die Tätigkeit des Beschwerdeführers betreffend das Hotel garni sei in der Form, wie sie in den Streitjahren ausgeübt worden ist, objektiv nie geeignet gewesen, Gewinne zu erzielen, so kann ihr darin nicht entgegengetreten werden.

Der Beschwerdeführer meint zwar, er habe die Absicht gehabt, das Hotel garni unter dem Motto "Urlaub am Bauernhof" gewinnbringend zu führen, habe dabei aber die ihm entgegenstehenden Schwierigkeiten unterschätzt bzw nicht erkannt. Auf Grund der fehlenden Infrastruktur in der Gemeinde, in der er das Hotel erbaut habe, und auf Grund der geänderten Ansprüche der Gäste ("Erlebnisferien") habe er mit seinem Betrieb die erwarteten Umsätze und Auslastungen nicht erreichen können. Dazu sei noch die Krankheit bzw der Ausfall seiner Ehegattin gekommen, weshalb der Betrieb nicht so habe geführt werden können, wie es von Anfang an vorgesehen gewesen sei. Folglich sei er vor der Wahl gestanden, das Hotel garni entweder aufzugeben oder an die wirtschaftlichen und fremdenverkehrsnotwendigen Gegebenheiten anzupassen.

Mit diesen Ausführungen bestätigt der Beschwerdeführer geradezu die Feststellungen der belangten Behörde über die objektive Unmöglichkeit, Gewinne zu erzielen.

Der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe im Jahr 1983 bzw zum 1. Jänner 1984 keine Umstrukturierung, sondern vielmehr in allen Jahren des Bestehens seines Betriebes eine ständige Anpassung an die geänderten Verhältnisse vorgenommen, kann nicht zugestimmt werden. Investitionen um ca 4 Mio S, durch die ein ehemaliges Zweieinhalb-Sterne-Hotel in ein Vier-Sterne-Hotel umgewandelt wird, stellen für sich allein schon eine Umstrukturierung dar, wodurch ein neuer Beobachtungszeitraum für die Frage, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht, beginnt. Dazu kommt im vorliegenden Fall noch, daß das Hotel ab August 1983 zur Gänze (mit Ausnahme zweier Wohnungen) verpachtet wurde. Auch darin liegt eine Änderung der Wirtschaftsführung, die den Beobachtungszeitraum für den bis dahin bestehenden Betrieb enden läßt. Worin hingegen die ständige Anpassung seines Betriebes bestanden haben soll, hat der Beschwerdeführer nicht ausgeführt. Die belangte Behörde ist daher zu Recht von einem abgeschlossenen Beobachtungszeitraumm (1975 bis 1983) ausgegangen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, 86/14/0105).

Dem Einwand des Beschwerdeführers, bei Gastronomiebetrieben finde man mit einem Beobachtungszeitraum von neun Jahren nicht das Auslangen, weil diese Betriebe erst nach rund 20 Jahren in die Gewinnzone kämen, ist allein schon entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer nicht behauptet hat, das Hotel wäre in der von ihm in den Streitjahren geführten Weise nach 20 Jahren in die Gewinnzone gekommen. Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargetan, daß selbst bei Mitarbeit der Ehegattin Gewinnerzielungsmöglichkeit vorgelegen wäre.

Dem Beschwerdeführer ist, wenn er meint, die Verluste seien außer durch Zinsen vor allem durch die AfA entstanden, weiters entgegenzuhalten, daß die AfA echten Wertverlusten Rechnung trägt, weshalb sie bei der Beurteilung, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht, nicht außer Ansatz bleiben darf (vgl das hg Erkenntis vom 13. Dezember 1988, 86/14/0091, mwA).

Einen allenfalls erzielbaren Veräußerungsgewinn hatte die belangte Behörde in ihre Betrachtungen nicht einzubeziehen, weil der Beschwerdeführer keine konkreten Maßnahmen zur Veräußerung des Betriebes gesetzt hat (vgl das bereits genannte hg Erkenntnis vom 17. Oktober 1989).

Was schließlich die Beschwerdeausführungen, 80 % bis 90 % der österreichischen Hotels würden nicht gewinnbringend geführt, anlangt, wird darauf hingewiesen, daß im Streitfall nur die wirtschaftliche Situation des Betriebes des Beschwerdeführers zu beurteilen war. Hinsichtlich des Einwandes betreffend die verlustträchtige österreichische verstaatlichte Industrie wird auf das bereits genannte hg Erkenntnis vom 13. Dezember 1988 verwiesen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher, soweit sie zulässig war, gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

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