VwGH 89/14/0019

VwGH89/14/001928.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H. & Co KG in I, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 5a/III, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat) vom 5. Oktober 1987, Zl. 30.434-3/87, betreffend amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1981 und 1982, die neuen Sachbescheide, weiters betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1983 und Änderung der Festsetzung der Gewerbesteuer für 1981 bis 1983, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §20;
BAO §303 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
EStG 1972 §23 Z2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989140019.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Eine OHG, deren beide Gesellschafter auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH der Beschwerdeführerin sowie Kommanditisten der Beschwerdeführerin sind, betrieb vorerst in von ihr zu diesem Zweck gemieteten Räumlichkeiten ein Restaurant. Die OHG verpachtete ab März 1968 dieses Unternehmen samt "Gewerbekonzession" an die beschwerdeführende KG. Die Pachtzinse wurden seither bei der OHG als Betriebseinnahmen, bei der Beschwerdeführerin als Betriebsausgaben behandelt. Im November 1980 mietete die OHG weitere Räumlichkeiten im selben Haus und vermietete diese an die Beschwerdeführerin weiter, die den Restaurantbetrieb auch auf diese Räume ausdehnte. Als Entgelt für die zugemieteten Räume verlangte die OHG von der Beschwerdeführerin jenen Betrag als Miete, den sie selbst ihrem Vermieter bezahlte. Die Beschwerdeführerin behandelte diese Mietzinszahlungen gleich den Pachtzinsen als Betriebsausgaben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid nahm die belangte Behörde im Instanzenzug für die Jahre 1981 und 1982 die Verfahren betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften der Beschwerdeführerin wieder auf und stellte die Einkünfte für diese Jahre neu fest. Außerdem stellte sie im Instanzenzug die Einkünfte für 1983 fest und änderte die Gewerbesteuerbescheide für die erwähnten Jahre entsprechend. In der Sache ging die belangte Behörde davon aus, daß die Pacht- und Mietzinse entgegen § 23 Z. 2 EStG zu Unrecht als Betriebsausgaben behandelt worden seien, weil das verpachtete Betriebsvermögen der OHG Sonderbetriebsvermögen der beiden Kommanditisten der Beschwerdeführerin, die gleichzeitig die beiden Gesellschafter der Bestandgeberin seien, darstelle. Durch die Verpachtung des Unternehmens der OHG fehle es nämlich bei dieser an einer aktiven gewerblichen Tätigkeit, weshalb unter Berücksichtigung der personellen Verflechtung der beiden Gesellschafter hinsichtlich der Zurverfügungstellung des Pacht- bzw. Mietobjektes nicht von einer "fremdüblichen Leistungsbeziehung zwischen selbständigen Gewerbebetrieben des Gesellschafters" gesprochen werden könne. Eine Wiederaufnahme für die Jahre 1977 bis 1980 lehnte die belangte Behörde im Instanzenzug zwar ab, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt dem Finanzamt bereits anläßlich der Erlassung der ersten Feststellungsbescheide bereits bekannt gewesen sei. Anders verhalte es sich für die Jahre 1981 und 1982. In diesen habe sich die Vermietung der weiteren Räumlichkeiten ausgewirkt. Von diesem Sachverhalt habe das Finanzamt aber erst im Zuge der 1984 durchgeführten Betriebsprüfung erfahren. Außerdem sei dem Finanzamt der für die Zurechnung der Einkünfte für das Wirtschaftsjahr 1981/1982 gegenüber der Fruchtnießerin an einem Kommanditanteil maßgebliche Sachverhalt bisher unbekannt gewesen, weshalb für die beiden Kalenderjahre ein weiterer Wiederaufnahmsgrund vorliege.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 29. November 1988, B 1448/87-7, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde über Auftrag gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzt. Danach wurde der Beschwerdepunkt von ihr wie folgt bezeichnet:

"Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, daß die Gewinnfeststellungsverfahren für die Jahre 1981 und 1982 als endgültig anzusehen sind und nicht wiederaufgenommen werden dürfen. Sollte die Zulässigkeit der Wiederaufnahme bejaht werden, erachtet sich die Beschwerdeführerin zusätzlich in ihrem Recht verletzt, daß die von der KG in den Jahren 1981 bis 1983 an die OHG geleisteten Pachtzinszahlungen als Betriebsausgaben der KG (und Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei der OHG) anerkannt werden und nicht bei den Gesellschaftern R und HC als Vergütungen im Sinne des § 23 Z. 2 EStG gewertet werden."

Die Beschwerdeführerin behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung der behaupteten Rechtswidrigkeit verwies die Beschwerdeführerin auf ihr Vorbringen zu 1.1., 1.2., 1.3., 2.1. bis 2.7. der an den Verfassungsgerichtshof gerichtet gewesenen Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die Ausführungen, auf die die Beschwerdeergänzung hinsichtlich der Beschwerdegründe verweist, verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte betreffen, war auf sie aus Zuständigkeitsgründen vom Verwaltungsgerichtshof nicht Rücksicht zu nehmen.

Tritt ein Gesellschafter mit der Gesellschaft in bestimmte Dauerrechtsverhältnisse, zählen die Vergütungen, die der Gesellschafter dafür erhält, zu seinen gewerblichen Einkünften. Nach § 23 Z. 2 EStG unterliegen u.a. Miet- und Pachtzahlungen, die der Gesellschafter für die Überlassung von Wirtschaftsgütern vereinnahmt, dieser Zuordnungsregel. Überall dort, wo die Vergütungen an Gesellschafter bezahlt werden, die die Leistung gegenüber der Gesellschaft im Rahmen eines neben ihrer Beteiligung bestehenden eigenen Gewerbebetriebes erbringen, ist die Zurechnungsvorschrift des § 23 Z. 2 EStG betreffend die Einkunftsart auch dann erfüllt, wenn die Vergütungen als Teil des Gewinnes des neben der Beteiligung geführten Betriebes angesehen werden. Vergütungen im Sinne des § 23 Z. 2 EStG müssen daher nicht unbedingt dem Gewinnanteil des Gesellschafters (und letztendlich dem Gesamtgewinn der Gesellschaft) zugerechnet werden. Es ist vielmehr zu unterscheiden, ob die Vergütung für eine Leistungsbeziehung zwischen dem Gewerbebetrieb der Personengesellschaft und dem selbständigen Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder für eine Leistungsbeziehung zwischen dem Gewerbebetrieb der Personengesellschaft und der Person eines ihrer Gesellschafter bezahlt werden. Nur im zweitgenannten Fall wird die Vergütung als Bestandteil des Gewinnanteiles an der Personengesellschaft behandelt (Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, 2. Auflage, Tz 38 zu § 23).

Die belangte Behörde hat diesen letzteren Fall als verwirklicht angenommen, weil es seit der Verpachtung des Unternehmens der OHG an die beschwerdeführende KG bei der OHG an einer aktiven gewerblichen Tätigkeit gefehlt habe, in der die beiden Gesellschaften zu üblichen Konditionen hätten in geschäftlichen Kontakt treten können. Überlasse der Gesellschafter der Personengesellschaft, an der er beteiligt sei, ein Wirtschaftsgut zur Nutzung, so sei das Bestandverhältnis nur dann nicht dem § 23 Z. 2 EStG zu unterstellen, wenn derartige Nutzungsüberlassungen zum Betriebsgegenstand des Gesellschafterbetriebes gehörten und die Vereinbarung zu üblichen Konditionen abgeschlossen werde. Vorliegendenfalls stelle die Verpachtung des gesamten Betriebes keine Leistung dar, die im Rahmen des Betriebsgegenstandes des Gesellschafterbetriebes (also der OHG) liege.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Rechtsansicht der belangten Behörde, der die Beschwerdeführerin nichts Überzeugendes entgegenhält. Daß der Betriebsgegenstand der OHG die Verpachtung von Unternehmungen der Gastronomie darstelle, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Sie selbst geht nämlich davon aus, daß die gewerbliche Betätigung der OHG seit der Verpachtung ihres Unternehmens an die Beschwerdeführerin ruhe. Da die Verpachtung somit außerhalb des Unternehmensgegenstandes der OHG liegt, kann es sich bei ihr nicht um eine Leistung im Rahmen fremdüblicher Leistungsbeziehungen selbständiger Gewerbebetriebe handeln, sondern nur um eine Leistungsbeziehung zwischen dem Gewerbebetrieb der KG einerseits und den Personen der beiden Kommanditisten, die Gesellschafter der OHG sind, andererseits. Ob die Einkünfte der OHG aus dieser Verpachtung der Einkunftsart nach § 2 Abs. 3 Z. 3 oder der Einkunftsart nach § 2 Abs. 3 Z. 6 EStG zuzuzählen wären, solange deren dem Unternehmensgegenstand entsprechende gewerbliche Betätigung ruht (und daher noch nicht Betriebsaufgabe anzunehmen ist), ist für die Beurteilung der Frage nach fremdüblichen Leistungsbeziehungen selbständiger Gewerbebetriebe nicht von entscheidender Bedeutung und bedarf daher im vorliegenden Zusammenhang keiner Beantwortung.

Selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin davon ausgehen wollte, daß der Gewerbebetrieb der OHG noch immer während des Streitzeitraumes ruhte und nicht bereits Betriebsaufgabe eingetreten wäre, war es daher nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde die Pacht- und Mietzinszahlungen der Beschwerdeführerin an die OHG nach der Zuordnungsregel des § 23 Z. 2 EStG als Vergütungen der KG aus einer persönlichen Leistungsbeziehung zu ihren beiden Kommanditisten beurteilte und damit als Gewinnanteil der genannten Kommanditisten aus der KG. Die Verneinung der Betriebsausgabeneigenschaft der Pacht- und Mietzinse bei der Beschwerdeführerin entsprach somit dem Gesetz.

Die Behandlung der Wirtschaftsgüter des Pachtbetriebes als Sonderbetriebsvermögen der beiden Kommanditisten, die Gesellschafter der OHG (Verpächterin) sind, wird im Rahmen des oben geschilderten Beschwerdepunktes nicht in Frage gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in dieser Beurteilung durch die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit zu erkennen, die die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß der Betrieb der OHG noch nicht aufgegeben war und daher nur ruhte, er also noch Betriebsvermögen haben könnte, kann kein Zweifel bestehen, daß die betreffenden Wirtschaftsgüter des Restaurants auch, und zwar am meisten dem Betrieb der beschwerdeführenden KG dienen. Besitzt ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe und dient ein Wirtschaftsgut mehreren dieser Betriebe, so ist es jenem Betrieb zuzurechnen, dem es am meisten dient (Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, 2. Auflage, Tz 39 zu § 4). Daß die Wirtschaftsgüter des verpachteten Restaurants am meisten dem Betrieb der Pächtarin dienen, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof nicht zweifelhaft.

Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Vermietung und Verpachtung durch die OHG an die KG steuerlich den Gesellschaftern der OHG, die gleichzeitig Gesellschafter der beschwerdeführenden KG sind, zuzurechnen ist. Bedenken dagegen äußert selbst die Beschwerdeführerin nicht.

Zur amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO hinsichtlich der Jahre 1981 und 1982 war die Abgabenbehörde berechtigt, weil ihr der Sachverhalt hinsichtlich des Mietvertrages vom November 1980 erst im Zuge der Betriebsprüfung 1984 zur Kenntnis gelangte. Die Richtigkeit dieser Feststellung wird von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Bei dem erwähnten Sachverhalt handelt es sich um eine neue Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO, deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, weil die betreffenden Mietzinse nicht Betriebsausgaben der Beschwerdeführerin darstellen, sondern im Hinblick auf § 23 Z. 2 EStG Vergütungen der beiden Kommanditisten (Gesellschafter der OHG) für die Vermietung von Räumlichkeiten an die Beschwerdeführerin. Die Wiederaufnahme des Verfahrens führt stets zur gänzlichen Beseitigung des früheren Bescheides, der das nunmehr wiederaufgenommene Verfahren zum Abschluß brachte. Dies hat zur Folge, daß dann, wenn auf Grund irgendeiner neu hervorgekommenen Tatsache die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig war, im wiederaufgenommenen Verfahren auch eine Änderung der übrigen Bescheidgrundlagen und Bescheidelemente erfolgen kann, hinsichtlich deren das Vorliegen von neuen Tatsachen und Beweismitteln nicht gegeben ist. Im wiederaufgenommenen Verfahren mußte die belangte Behörde daher auch die Unrichtigkeit der Beurteilung der Pachtzinse als Betriebsausgaben wahrnehmen und korrigieren. Ein Mißverhältnis zwischen Bedeutung des Wiederaufnahmsgrundes und der zu erwartenden tatsächlichen Bescheidänderungen, das bei Abwägung der für die Ermessensentscheidung über die amtswegige Wiederaufnahme maßgebenden Interessen entsprechend Berücksichtigung finden muß (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, 87/13/0039 = ÖStZB 1988, 557), wird durch das Vorbringen, der Wiederaufnahmsgrund (S 10.000,-- monatliche Miete für die hinzugemieteten Räumlichkeiten) habe zu Gewerbesteuererhöhungen für 1981 von S 82.812,-- und für 1982 von S 85.736,-- geführt, nicht aufgezeigt.

Somit erübrigte sich ein Eingehen auf den von der belangten Behörde subsidiär herangezogenen Wiederaufnahmsgrund (Hervorkommen eines die Zurechnung von Einkünften an eine Fruchtnießerin eines Kommanditanteiles erzwingenden Sachverhaltes).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. Februar 1989

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