VwGH 89/12/0196

VwGH89/12/019619.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 10. Juli 1989, Zl. 111.952/III-33/89, betreffend Versorgungsbezug des früheren Ehegatten gemäß § 19 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:

Normen

PG 1965 §19 Abs1 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs4 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs6 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs1 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs4 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs6 idF 1985/426;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1926 geborene Beschwerdeführerin ist die frühere Ehegattin des am 15. Jänner 1989 verstorbenen Bundesbeamten im Ruhestand AN. Die zwischen den beiden am 16. Februar 1949 vor dem Standesamt Wien-Währung geschlossene Ehe war mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt über die Scheidung im Einvernehmen (§ 55 a Ehegesetz) vom 30. Juni 1986, 3 b Cg nnn/86, aufgelöst worden. Nach der Aktenlage verpflichtete sich der frühere Ehegatte in seinem aus Anlaß des Scheidungsverfahrens zu 3 b Cg nnn/86 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 30. Juni 1986 (Punkt 1), der Beschwerdeführerin - beginnend mit 1. Juli 1986 - einen Unterhaltsbetrag von monatlich S 2.500,-- anstelle des bisher seit Februar 1983 gezahlten Unterhaltsbetrages von S 2.000,-- pro Monat zu bezahlen. Die Parteien des gerichtlichen Vergleiches einigten sich ferner dahingehend, daß die Beschwerdeführerin für den Fall, daß sie eine Erhöhung wünsche, dies dem früheren Ehegatten bekanntgeben und versuchen werde, ein Einvernehmen vor Einschaltung des Gerichtes zu erzielen (Punkt 2).

Über Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. März 1989 stellte die Post- und Telegraphendirektion für Wien daraufhin mit berichtigtem Bescheid vom 17. März 1989 fest, daß der Beschwerdeführerin ab 1. Februar 1989 ein Versorgungsgenuß von S 2.500,-- monatlich gebühre.

Ihre innerhalb offener Frist erhobene Berufung begründete die Beschwerdeführerin im wesentlichen damit, es sei im Zuge der Scheidung vom Richter gesagt worden, sie würde "nach soviel Ehejahren die Pension nach Ihrem Mann erhalten"; außerdem hätte sie ihren geschiedenen Mann gepflegt. Er habe sie mit Lebensmitteln und sonstigem versorgt. Ferner sei ihr Gesundheitszustand beeinträchtigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 1989 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 19 des Pensionsgesetzes 1965 (im folgenden PG 1965) ab. Sie begründete dies - nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes und Wiedergabe des § 19 Abs. 1 und Abs. 4 PG 1965 - im wesentlichen damit, die Voraussetzungen für die Bemessung des Versorgungsbezugs der Beschwerdeführerin als früherer Ehefrau in der Höhe wie er einer Witwe gebühren würde, seien nicht erfüllt, weil im Beschwerdefall die Ehe nicht nach § 55 Ehegesetz gegen den Willen der Beschwerdeführerin aufgelöst worden sei und es im Scheidungsurteil am Ausspruch des alleinigen oder überwiegenden Verschuldens des Klägers nach § 61 Abs. 3 Ehegestz mangle (Tatbestandsvoraussetzung nach § 19 Abs. 4 lit. a PG 1965). In diesem Zusammenhang wies die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1989, G 138/88 ua hin, wonach es sachlich gerechtfertigt sei, bei der pensionsrechtlichen Regelung zwischen Fällen, in denen sich ein Ehegatte der Scheidung, an der er schuldlos sei, widersetze, sich aber nach Ablauf einer gewissen Zeit gegen eine Scheidung nicht mehr wehren könne, und jenen Fällen, in denen - wie im Beschwerdefall - auch der spätere Unterhaltsberechtigte in eine Eheauflösung einwillige, zu unterscheiden. Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie hätte ihren früheren Ehegatten vor seinem Ableben gepflegt, ihre Gesundheit sei beeinträchtigt und ihr früherer Ehegatte habe freiwillige, über die Alimentationsleistungen hinausgehende Zuwendungen an sie getätigt, könne daran nichts ändern, daß ihr Versorgungsanspruch nach ihrem früheren Ehegatten mit der Höhe ihres (im gerichtlichen Vergleich vom 30. Juni 1986 geregelten) Unterhaltsanspruches begrenzt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der die Beschwerdeführerin (im Ergebnis) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt - wie bereits im Verwaltungsverfahren - vor, sie habe über die monatliche Unterhaltsleistung von S 2.500,-- (in Geld) hinaus auch Naturalunterhalt in Form von Lebensmitteln und sonstigem erhalten. Die belangte Behörde habe diese zusätzlichen Alimentationsleistungen ihres früheren Ehegatten rechtsirrtümlich als "freiwillige, über die Alimentationsleistungen hinausgehende Zuwendungen" gewertet. Hätte der Verstorbene diese Leistungen nicht erbracht, wäre es der Beschwerdeführerin sicherlich möglich gewesen, eine höhere Unterhaltsleistung gerichtlich durchzusetzen.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

§ 19 Abs. 1, Abs. 4 erster Satz und Abs. 6 PG 1965 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985) lauten:

"(1) Die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 - gelten, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

(4) Der Versorgungsbezug - ausgenommen die Ergänzungszulage und die Hilflosenzulage - darf die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat.

...

(6) Eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten ist nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat."

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof - in Anknüpfung an die ständige Rechtsprechung - auch zu § 19 PG 1965 in der Fassung der 8. PG-Novelle ausgesprochen hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1988,

Zlen. 86/12/0071, 0072), ist der Bemessung des Versorgungsbezugs des früheren Ehegatten gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 PG 1965 nicht etwa ein abstrakter, sich aus dem Gesetz ergebender Anspruch zu Grunde zu legen; entscheidend ist vielmehr allein der Anspruch, wie er auf Grund eines der im § 19 Abs. 1 PG 1965 angeführten Verpflichtungsgründe - also auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung - gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag konkret bestanden hat. Unmaßgeblich für die Höhe des Versorgungsbezuges ist es demnach, ob und in welcher Höhe der verstorbene Ruhestandsbeamte dem früheren Ehegatten tatsächlich Unterhalt geleistet hat (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1982, Zl. 81/09/0134 = Slg. N.F. Nr. 10.640/A und die dort zitierte frühere Rechtsprechung).

Soweit die Ausführungen der Beschwerdeführerin darauf abzielen, es sei nach Abschluß des gerichtlichen Unterhaltsvergleichs vom 30. Juni 1986 zu einer ergänzenden Vereinbarung gekommen, die den Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin auf Naturalleistungen erweitert habe, ist ihr zu erwidern, daß der Verwaltungsgerichtshof aus § 19 Abs. 6 PG 1965 ableitet, daß Unterhaltserhöhungen, die - wann immer - nicht in Schriftform vereinbart wurden, bei der Bemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten überhaupt unbeachtlich sind (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1980, Zl. 3405/79). Die Beschwerdeführerin hat weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde jemals vorgebracht, daß eine Erhöhung der Unterhaltsleistung (in der von ihr angegebenen Art) in Schriftform vereinbart worden sei.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu ihrer Abweisung zu führen hatte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Bezüglich der in diesem Erkenntnis zitierten, nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

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