Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Zollwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Zollamt X, wo er als Erhebungsbeamter in der Abteilung für Strafsachen Dienst verrichtet.
Mit Schreiben vom 18. Juli 1980 beantragte der Beschwerdeführer bei seiner Dienstbehörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1980, Zl. 1075/78, für im Zollfahndungsdienst angefallene Wegzeiten eine Überstundenvergütung. Da diesem Begehren nur zum Teil entsprochen wurde, verlangte der Beschwerdeführer bescheidmäßige Absprache über die Gebührlichkeit von Überstundenvergütungen für außerhalb der Planzeit zugebrachte Reisezeiten im Monat Juli 1979.
Mit Bescheid vom 21. Juni 1988 stellte die Dienstbehörde erster Instanz fest, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer einiger Reisebewegungen im Monat Juli 1979, und zwar am 2. von 18.30 Uhr bis 18.45 Uhr, 3. von 20.55 Uhr bis 21.15 Uhr, 4. von 20.30 Uhr bis 20.45 Uhr, 5. von 19.30 Uhr bis 19.40 Uhr, 9. von 20.30 Uhr bis 21.00 Uhr und 11. von 21.05 Uhr bis 21.45 Uhr, keine Überstundenvergütung gemäß § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 gebührt.
In seiner Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Weisung, den Dienst bei der Unterkunft zu beginnen und zu beenden, lasse sich aus der vom Vorstand des Zollamtes generell erteilten Weisung, den Dienst bei der Dienststelle zu beginnen und zu beenden, ableiten; weiters wendete sich der Beschwerdeführer dagegen, daß für die Mitnahme von Erhebungsunterlagen, Beweismitteln und der Dienstwaffe in die Schlafstelle wohl eher die Nächtigung ausschlaggebend gewesen sei als die Weisung des Vorgesetzten und verneinte, daß durch die Verwahrung des Aktenmaterials in einem Gästezimmer und der Dienstwaffe in einem Wäscheschrank im übrigen auch der notwendige Schutz vor dem Zugriff Unbefugter im erforderlichen Maße gegeben gewesen sei und die Kontaktnahme mit anderen dienstreisenden Beamten auch auf andere Weise hätte veranlaßt werden können als durch Hinterlassung einer Nachricht beim Unterkunftgeber.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben. Der Spruch wurde mit der Maßgabe bestätigt, daß er zu lauten habe:
"Ihr Begehren auf Überstundenvergütung für die anläßlich einer Dienstreise nach Salzburg im Monat Juli 1979 nach Beendigung der Erhebungstätigkeit im Zollstrafsachendienst für die Reisebewegung zur Unterkunftsstelle verbrachte Zeit, und zwar am
- 2. von 18.30 bis 18.45 Uhr,
- 3. von 20.55 bis 21.15 Uhr,
- 4. von 20.30 bis 20.45 Uhr,
- 5. von 19.30 bis 19.40 Uhr,
- 9. von 20.30 bis 21.00 Uhr, und
- 11. von 21.05 bis 21.45 Uhr,
(zusammen 130 Minuten),
wird gemäß § 16 des Gehaltsgesetzs 1956 in Verbindung mit § 49 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, als unbegründet abgewiesen."
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des bereits Dargelegten aus, daß folgender Sachverhalt erwiesen sei: In den Jahren 1979 und 1980 sei dem Beschwerdeführer Plandienst von Montag bis Freitag von 7.45 Uhr bis 15.45 Uhr vorgeschrieben gewesen. Die Dienstleistungen des Beschwerdeführers hätten nicht nur die Aktenbearbeitung in der Dienststelle, sondern auch auswärtige Dienstverrichtungen im Erhebungsdienst umfaßt. Im Jahre 1979 habe eine besondere Einsatzregelung darin bestanden, daß vier Zollwachebeamte mit zwei Fahrzeugen jeweils eine Woche - beginnend am Montag und endend am Freitag - im Einsatz gestanden seien und nach ihrer Rückkehr die im Laufe dieser Woche erhobenen Fakten aktenmäßig in der Dienststelle in X zu bearbeiten gehabt hätten. Der Hauptteil der Ermittlungen habe sich auf das Bundesland Salzburg erstreckt, weshalb die Fahndungsbeamten des Zollamtes X im Raum Salzburg ihr Quartier gewählt hätten, von welchem aus sie täglich ihre Einsatzfahrten unternommen hätten. Die Beamten hätten um 7.45 Uhr in diesem Quartier ihren Dienst begonnen. Vor Verlassen hätten Dienstverrichtungen wie Tourenfestlegung durch den Einsatzleiter, Aufnahme von Arbeitsunterlagen und der Dienstwaffe, Verfassen von Vorhalten udgl. vorgenommen werden müssen, um den täglichen Dienst effektiv zu gestalten. Nach Rückkehr in die Unterkunftsstelle seien die Akten versorgt und die Dienstwaffe verwahrt worden. Besondere Weisungen über die Verhaltens- und Vorgangsweise bei Dienstreisen von längerer Dauer hätten nicht bestanden.
Im Zuge einer gemeinsam mit einem genannten Kollegen durchgeführten Dienstreise vom 2. bis 6. Juli und vom 9. bis 12. Juli 1979 habe der Beschwerdeführer in Salzburg zollstrafrechtliche Erhebungen durchgeführt. Für die erstere Dienstreise sei ein Dienstfahrzeug und für die zweite Dienstreise der Personenkraftwagen des mitreisenden Kollegen benützt worden. Nach Abschluß der Erhebungen am 2., 3., 4., 5., 9. und 11. Juli 1979 sei der Beschwerdeführer mit dem Kraftfahrzeug direkt zu seiner Unterkunft gefahren und habe jeweils die Erhebungsakten an sich genommen und diese wie auch die am Körper mitgeführte Dienstpistole im Schlafraum versorgt. Dienstverrichtungen, wie Abfassen von Bescheiden oder anderen amtlichen Erledigungen, habe der Beschwerdeführer anschließend und auch nach Einnahme des Abendessens nicht mehr erbracht. Am
6. und 12. Juli 1979 sei der Beschwerdeführer innerhalb der Planzeit nach X zurückgekehrt. Am 10. Juli 1979 sei der Beschwerdeführer innerhalb der Planzeit in seiner Unterkunftsstelle eingetroffen.
Nach Wiedergabe des § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 und des § 49 Abs. 1 BDG 1979 führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, der an den Beschwerdeführer ergangene Dienstreise- und Erhebungsauftrag habe auch die Anordnung enthalten, für die Erreichung des Dienstzweckes dringend notwendige Einvernahmen und Erhebungen auch außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden vorzunehmen. Eine daran anschließende Dienstverrichtung sei vom Beschwerdeführer nicht verlangt worden. Wenn der Beschwerdeführer anführe, der Meinung gewesen zu sein, es wäre auf einer Dienstreise seine Verpflichtung, nach Beendigung des Erhebungsdienstes die Dienstwaffe und mitgeführte Aktenstücke in der Unterkunftsstelle zu verwahren und er darin eine Anordnung von Überstunden erblicke, so könne die belangte Behörde dieser Ansicht nicht folgen. Vorerst sei zu bemerken, daß der Wachebeamte ihm beigestellte Dienstwaffen gemäß § 60 Abs. 4 BDG 1979 sorgsam zu behandeln und gegen den Zugriff Unbefugter gesichert aufzubewahren habe. Für die sichere Verwahrung sei auch der Zollfahndungsbeamte selbst verantwortlich. Die Anweisung, für eine sichere Verwahrung der Dienstpistole Sorge zu tragen, stelle keine spezielle Dienstleistungsverpflichtung dar, die Grundlage einer allfälligen Überstundenvergütung bilden könnte. Die Anordnung einer konkreten Dienstversehung nach § 49 BDG 1979 könne darin nicht erblickt werden. Die mit dem Tragen von Schußwaffen (charakteristisch für den Wachebeamten) zusammenhängenden besonderen Mühen, Verpflichtungen und Gefahren würden vom Dienstgeber durch Zulagen abgegolten. Dies seien die Dienstzulage nach § 37 des Gehaltsgesetzes 1956, die besondere Dienstzulage nach § 73a leg. cit und die Wachdienstzulage nach § 74 leg. cit. Der Beschwerdeführer habe unbestritten während der Fahrt vom Ort der letzten Amtshandlung zu seiner Unterkunftsstelle weder Dienst geleistet noch sei er verhalten gewesen, bei der Rückkehr an der Unterkunftsstelle Dienstleistungen zu erbringen. Abgesehen davon wären mangels Notwendigkeit und Unvermeidbarkeit die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 über die angeordneten Überstunden gleichzusetzenden Dienstleistungen nicht erfüllt gewesen. Aus den dargelegten Gründen habe das Begehren des Beschwerdeführers auf Überstundenvergütung für die Zeit der Rückreisebewegung zur Unterkunftsstelle als unbegründet angesehen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Überstundenvergütung nach § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung und die Bescheidbegründung verletzt.
Dem Beamten gebührt gemäß § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 für Überstunden, die nicht bis zum Ende des auf die Leistung der Überstunden folgenden Monates durch Freizeit ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung. Bezüglich des Begriffes der Überstunden verweist § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 auf § 49 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, nach dem - in wörtlicher Übereinstimmung mit der seinerzeit in Geltung gestandenen Regelung des § 28 Abs. 6 der Dienstpragmatik - Überstunden dann vorliegen, wenn der Beamte auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst versieht. Den auf Anordnung geleisteten Überstunden sind - ausgenommen bei gleitender Dienstzeit - Überstunden gleichzuhalten, wenn
1. der Beamte einen zur Anordnung der Überstunde Befugten nicht erreichen konnte,
2. die Leistung der Überstunde zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,
3. die Notwendigkeit der Leistung der Überstunde nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Überstunde geleistet hat, hätten vermieden werden können, und
4. der Beamte diese Überstunde spätestens innerhalb einer Woche nach der Leistung schriftlich meldet.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die im Rahmen einer auswärtigen Dienstverrichtung verbrachte Zeit für die Reisebewegung von der jeweils letzten Dienstverrichtungsstelle zur Unterkunft als Überstunde zu werten ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die auch im Geltungsbereich des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 fortgeführt worden ist, kann nach der geltenden Rechtslage für die auf Dienstreisen außerhalb der Normalarbeitszeit zugebrachte Zeit (Reisezeit), in der ein Dienst nicht versehen wird, eine Überstundenvergütung nicht beansprucht werden (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 30. Jänner 1980, Zl. 1075/78, Slg. NF Nr. 10028/A, und die dort weiters genannte Rechtsprechung, darüber hinaus das Erkenntnis vom 13. Jänner 1986, Zl. 85/12/0208).
In dem erstgenannten Erkenntnis, auf das der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren seinen Anspruch primär gestützt hat, ist weiters ausgesprochen worden, daß dann, wenn der Dienst an einem bestimmten Ort anzutreten bzw. zu beenden ist, die dazwischenliegende Zeit, und zwar auch eine allfällige Fahrzeit, Dienstzeit ist. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete es demnach nicht als zulässig, die auf die Fahrt entfallende Zeit einer gesonderten Beurteilung zu unterziehen, sondern sah eine einheitliche Beurteilung als Zeit des "Dienst-Versehens" im Sinne des § 28 Abs. 6 der Dienstpragmatik bzw. des § 49 Abs. 1 BDG 1979 geboten. Als maßgebend für diese Betrachtung wurde der Umstand bezeichnet, daß der damalige Beschwerdeführer verpflichtet war, seinen Dienst an einem Ort anzutreten bzw. zu beenden, der nicht der Ort seiner Hauptdienstleistung war.
Der Beschwerdeführer bringt als inhaltliche Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, die Behörde übersehe, daß § 49 BDG 1979 zum Zeitpunkt der Erbringung der strittigen Überstundenleistungen noch nicht in Kraft gewesen sei und daher auch nicht Anwendung zu finden gehabt habe. Allerdings sei die damals maßgebliche Bestimmung des § 28 der Dienstpragmatik von gleichem Inhalt gewesen, sodaß darin allenfalls keine entscheidende Rechtswidrigkeit zu erblicken sei. Der wesentliche Irrtum der belangten Behörde liege aber darin, daß sie vom Fehlen einer Überstundenanordnung ausgehe, sodaß die Bedingungen der Ziffern 1 bis 4 des § 49 BDG 1979 erfüllt sein müßten. In Wahrheit seien die Dienstverrichtungen genau festgelegt und damit auch das erforderliche Zeitausmaß angeordnet gewesen. Gehe man weiters richtigerweise davon aus, daß zwingendes Erfordernis gewesen sei, die angeführten Sachbehelfe an die Unterkunftsstelle/Dienstverrichtungsstelle zurückzubringen und sie dort zu verwahren, so könne auch kein Zweifel daran bestehen, daß der dafür erforderliche Zeitaufwand ebenfalls als angeordnete Dienstzeit anzusehen sei und damit insoweit, als damit die Normaldienstzeit überschritten worden sei, als Überstundenzeit zu qualifizieren wäre. Es sei sowohl faktisch als auch rechtlich nicht möglich gewesen, mit den bezeichneten dienstlichen Gegenständen die Freizeit anzutreten.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die vom Beschwerdeführer vorweg vertretene Auffassung, daß in der Frage der Bezugnahme auf die Rechtsgrundlage im Hinblick auf die inhaltliche Gleichheit keine Rechtsverletzung zu erblicken ist.
In der Sache ist im Beschwerdefall, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß sich der Beschwerdeführer auf Dienstreise befunden hat, soferne nicht für diese ausdrücklich eine andere Regelung getroffen worden sein sollte, davon auszugehen, daß die tatsächliche Vorgangsweise des Beschwerdeführers bei den Versorgungshandlungen hinsichtlich der Qualifikation als Dienstzeit gleich wie im "Normaldienst" (Dienst bei der Stammdienststelle) zu beurteilen ist. Wenn für den Normaldienst eine Anordnung besteht, vom Außendienst zur Stammdienststelle wegen Versorgung der Dienstwaffe und sonstiger Gegenstände zurückzukehren, so kommt dieser Anordnung auch für den Beschwerdefall insoferne Bedeutung zu, als diesfalls an die Stelle der Stammdienststelle die Unterkunftsstelle des Beschwerdeführers tritt.
Da aber diesbezügliche Feststellungen im angefochtenen Bescheid fehlen und sich die belangte Behörde auch nicht hinreichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Anordnung durch den Einsatzleiter auseinandergesetzt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht verlautbarte Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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