VwGH 89/11/0252

VwGH89/11/025220.2.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte

Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard

und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. August 1989, Zl. 9/01-28.678/8-1989, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §64 Abs2;
KFG 1967 §75;
StVO 1960 §5 Abs2;
AVG §64 Abs2;
KFG 1967 §75;
StVO 1960 §5 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der mit ihm ausgesprochenen Entziehungsmaßnahme wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 11. November 1987 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 "mangels Verkehrszuverlässigkeit" die ihm erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C und E vorübergehend auf die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides (das war der 18. November 1987), entzogen. Zugleich wurde ausgesprochen, daß gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 einer allenfalls gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. August 1989 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 1. der Berufung des Beschwerdeführers "gegen die Entziehung der Lenkerberechtigung" keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt, sowie 2. der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.) Der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Entziehungsmaßnahme liegt nach der Begründung des angefochtenen Bescheides zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 12. September 1987 eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen und hiebei einen Verkehrsunfall verschuldet habe. Aus diesem Grunde ist die belangte Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG 1967 in der Fassung vor der 12. KFG-Novelle (dies unter Bedachtnahme auf ihre Kontrollfunktion im Sinne des Erkenntnisses eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A, und darauf, daß die festgesetzte Entziehungszeit gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 noch im zeitlichen Geltungsbereich dieser Rechtslage abgelaufen ist) ausgegangen. Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde u.a. gegen die Annahme der belangte Behörde, er habe die genannte Verwaltungsübertretung begangen. Er ist schon damit im Recht.

Das hinsichtlich dieser Übertretung anhängig gewesene Verwaltungsstrafverfahren wurde der Aktenlage nach mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 14. August 1989 infolge Verfolgungsverjährung eingestellt. Die belangte Behörde hatte daher gemäß § 38 AVG 1950 die Vorfrage, ob der Beschwerdeführer am 12. September 1987 die Atemluftprobe (trotz bestehender Verpflichtung zu ihrer Vornahme) verweigert hat, selbständig zu beurteilen.

Es steht unstrittig fest, daß der Beschwerdeführer an diesem Tag anläßlich seiner Anhaltung einer Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe durch den Meldungsleger zugestimmt hat, diese jedoch am Gendarmerieposten durchgeführt werden sollte und der Meldungsleger dort, etwa 10 bis 15 Minuten später, an den Beschwerdeführer die Frage richtete, ob er (nun) "einen Alkotest machen wolle". Wenn der Beschwerdeführer meint, daß in dieser Fragestellung keine ordnungsgemäße, unmißverständliche Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe gelegen sei, so kann ihm nicht gefolgt werden. Richtig ist wohl, daß ein von einem Straßenaufsichtsorgan gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 gestelltes Begehren, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, so deutlich zu sein hat, daß es vom Betroffenen auch als solches verstanden werden kann. Das Gesetz schreibt aber nicht vor, in welcher Form ein derartiges Begehren zu ergehen hat, weshalb es rechtlich ohne Bedeutung ist, ob die Aufforderung des Straßenaufsichtsorganes mehr in Befehlsform gehalten ist oder ob sie in Form einer Frage, ob der Betroffene zur Ablegung des Alkotestes bereit sei, zum Ausdruck kommt (vgl. u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1979, Zl. 441/79). Der Beschwerdeführer konnte schon im Hinblick darauf, daß er zur Vornahme der Atemluftprobe am Ort seiner Anhaltung aufgefordert worden war, er diese Aufforderung (nach seiner eigenen Behauptung) verstanden und sich mit dem Meldungsleger zum Zwecke ihrer Durchführung auf den Gendarmerieposten begeben hatte, nicht im Zweifel darüber sein, daß nunmehr an ihn nochmals, unmittelbar vor der Vornahme der in Aussicht genommenen Atemluftprobe, diesbezüglich eine Aufforderung ergeht, mag sie auch (im Zuge derselben Amtshandlung) nicht mehr erforderlich gewesen sein. Ein maßgeblicher Unterschied in der Fragestellung, ob der Betreffende (im Sinne der zitierten Judikatur) "zur Ablegung des Alkotestes bereit sei" oder er (wie im vorliegenden Beschwerdefall) "einen Alkotest machen wolle", kann dabei nicht gesehen werden. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß "damit durchaus auch gemeint sein konnte, 'oder geben Sie Ihren Alkoholkonsum auch ohne Alkotest zu'", ist verfehlt, hat sich doch die Fragestellung nicht auch darauf bezogen und mußten den Beschwerdeführer als geschultem und geprüftem Kraftfahrzeuglenker die betreffenden Rechtsvorschriften, in denen eine derartige Wahlmöglichkeit gar nicht vorgesehen ist, bekannt sein.

Es entschuldigte ihn daher auch nicht, wenn er (nach dem Beschwerdevorbringen) der Auffassung war, er habe auf die gestellte Frage "folgerichtig geantwortet, daß er drei bis vier Biere getrunken hat". Im übrigen lautete seine Antwort nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, insbesondere in seiner Berufung, vollständig dahingehend, "er gebe ohnedies zu, drei bis vier Biere getrunken zu haben, weshalb dies wohl nicht nötig sei". Damit hat der Beschwerdeführer dem Meldungsleger gegenüber klar zu erkennen gegeben, daß er nicht bereit sei, seine Atemluft untersuchen zu lassen. Dies stimmt im Ergebnis mit der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers (Bl. 33 des Verwaltungsstrafaktes), der Beschwerdeführer habe auf die Aufforderung am Gendarmerieposten hin "den Test mit den Worten verweigert, er wisse, daß er ohnehin zuviel getrunken habe", überein. Der Meldungsleger war nicht verpflichtet, sich in eine Debatte über die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der von ihm begehrten Untersuchung einzulassen und das Verlangen auf Vornahme der Atemluftprobe (neuerlich) zu wiederholen. Nur dann, wenn das Sicherheitsorgan unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, es ziehe sein Verlangen zurück, darf der Lenker mit Recht annehmen, daß er nicht mehr verpflichtet ist, sich der geforderten Untersuchung zu unterziehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/02/0115, und die dort angeführte Judikatur). Es kommt daher entscheidend darauf an, ob bzw. auf welche Weise der Meldungsleger auf die Antwort des Beschwerdeführers reagiert hat.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren die Behauptung aufgestellt, daß der Meldungsleger daraufhin erwidert habe, daß der Beschwerdeführer "recht habe, ein Alkotest sei tatsächlich überflüssig". Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides diesbezüglich mit dem Hinweis begnügt, daß eine allfällige derartige Äußerung des Meldungslegers nichts daran zu ändern vermöge, daß der Beschwerdeführer "durch die unberechtigte Verweigerung des Alkotestes eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen hat". Damit ist die belangte Behörde einem Rechtsirrtum unterlegen. Fiel nämlich tatsächlich die vom Beschwerdeführer behauptete Äußerung des Meldungslegers, so durfte jener bei objektiver Betrachtungsweise annehmen, daß der Meldungsleger sein Begehren auf Vornahme einer Atemluftprobe nicht mehr aufrecht erhält. In diesem Falle hätte er sich daher der betreffenden Verwaltungsübertretung nicht schuldig gemacht. Die belangte Behörde hat es demnach auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht unterlassen, darüber ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, zumal die genannte Zeugenaussage des Meldungslegers im Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich keine Angaben enthält, und geeignete Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Dieser Umstand belastet den angefochtenen Bescheid, soweit er sich auf die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung bezieht, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war somit in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das damit im Zusammenhang stehende weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2.) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Berufung wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach im Falle der Feststellung der Verkehrsunzuverlässigkeit des Besitzers einer Lenkerberechtigung durch die Kraftfahrbehörde erster Instanz die betreffende Person für die Dauer des Berufungsverfahrens vom Lenken eines Kraftfahrzeuges auszuschließen ist. Dies liegt im öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Gefahren, die anderen Verkehrsteilnehmern von einem derartigen Kraftfahrzeuglenker drohen (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1986, Zl. 85/11/0298, und vom 24. Oktober 1989, Zl. 88/11/0204). Daran vermag der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte, aktenkundige Umstand, daß die Entziehung "erst zwei Monate nach dem Vorfall ausgesprochen" wurde, sodaß der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit von seiner Lenkerberechtigung Gebrauch machen durfte, nichts zu ändern, dies unabhängig davon, ob die Erstbehörde allenfalls berechtigt gewesen wäre, auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden Aktenlage wegen Gefahr im Verzug "sofort" einen entsprechenden Mandatsbescheid gemäß § 57 Abs. 1 AVG 1950 zu erlassen; daß sie davon (zugunsten des Beschwerdeführers) Abstand genommen hat, stand bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 11. November 1987 der Annahme, im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG 1950 sei die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentliches Wohles wegen Gefahr im Verzuge dringend geboten, nicht entgegen. Der Beschwerdeführer wurde daher - ungeachtet der aufgezeigten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Ansehung seines (davon trennbaren) Ausspruches über die vorzeitige Entziehung der Lenkerberechtigung - dadurch, daß die belangte Behörde diesen Ausspruch aufrecht erhalten hat, in seinen Rechten nicht verletzt.

Da sich die Beschwerde insoweit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das (auf Ersatz von weiteren S 30,-- für Stempelgebühren gerichtete) Mehrbegehren war abzuweisen, weil der im Verwaltungsstrafverfahren ergangene, ebenfalls vorgelegte Berufungsbescheid vom 14. August 1989 auf das zu fällende Erkenntnis keinen Einfluß haben konnte.

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