VwGH 89/09/0096

VwGH89/09/009622.2.1990

N gegen Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 17. März 1988, Zl. 42.023/15-6/87, betreffend Zustimmung zu einer Kündigung nach dem Invalideneinstellungsgesetz (seit 1. Jänner 1989 gemäß BGBl. 1988/721 Behinderteneinstellungsgesetz - BEinstG) (mitbeteiligte Partei: A)

Normen

BEinstG §8 Abs2;
BEinstG §8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1985, Zl. 84/09/0087, verwiesen, mit welchem der im Instanzenzug ergangene und die Zustimmung zur Kündigung des Mitbeteiligten versagende Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. Feber 1984 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war. Der Gerichtshof hatte hiebei für bestimmend erachtet, daß es der Landeshauptmann von Steiermark unterlassen habe, hinlänglich festzustellen, worin das dem Mitbeteiligten zur Last gelegte, mit "beharrlicher Dienstverweigerung" umschriebene Verhalten im einzelnen bestehe. Weiters sei nicht festgestellt worden, ob und in welchen Zeiträumen der Mitbeteiligte außerhalb der nachgewiesenen Krankenstände arbeitsfähig gewesen sei oder nicht.

Im fortzuführenden Verfahren ergab sich insofern eine maßgebliche Änderung der Sachlage, als der Mitbeteiligte anläßlich seiner Aussage zur Niederschrift vom 11. März 1986 bekanntgab, daß er seit 1. Jänner 1985 eine Berufsunfähigkeitspension seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten beziehe und deshalb sein Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin von sich aus beendet habe. Da gemäß § 2 Abs. 2 lit. c BEinstG der Bezug von Geldleistungen wegen dauernder Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit bei gleichzeitigem Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses einen Ausschlußgrund für die Behinderteneigenschaft darstellt, wurde seitens des Landesinvalidenamtes für Steiermark mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 2. September 1986 gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. festgestellt, daß der Mitbeteiligte NICHT mehr dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehört.

Da der Landeshauptmann von Steiermark der in § 63 Abs. 1 VwGG normierten Pflicht, unverzüglich einen der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Bescheid zu erlassen, nicht nachkam, stellte die Beschwerdeführerin am 24. September 1987 gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an den Bundesminister für Arbeit und Soziales, der bei diesem am 25. September 1987 einlangte.

Mit Bescheid vom 16. September 1987 gab der Landeshauptmann von Steiermark der Berufung des Mitbeteiligten Folge und behob die im Spruchpunkt 1) des Bescheides des Invalidenausschusses beim Landesinvalidenamt für Steiermark vom 22. März 1983 ausgesprochene Zustimmung zu seiner Kündigung. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin jedoch erst am 30. September 1987 - somit NACH Einbringung ihres Devolutionsantrages beim Bundesminister für Arbeit und Soziales - zugestellt.

In der Folge wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 1988

1. der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. September 1987 gemäß § 68 Abs. 4 lit. a AVG als nichtig erklärt,

2. dem Verlangen der Beschwerdeführerin auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die am 11. April 1983 eingebrachte Berufung des Mitbeteiligten gemäß § 73 AVG stattgegeben und

3. über diese gegen den Spruchpunkt 1) des Bescheides des Invalidenausschusses beim Landesinvalidenamt für Steiermark vom 22. März 1983 gerichtete Berufung des Mitbeteiligten dahingehend entschieden, daß dieser Bescheid in seinem Spruchpunkt 1) insofern abgeändert werde, als der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25. Juni 1982 auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung des Mitbeteiligten wegen Unzuständigkeit der Behörde zurückgewiesen werde. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, der Ersatzbescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. September 1987 sei erst nach dem 30. September 1987 erlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei aber der Landeshauptmann von Steiermark auf Grund des am 25. September 1987 bei der belangten Behörde eingelangten Devolutionsantrages nicht mehr zuständig gewesen. Nach § 68 Abs. 4 lit. a AVG könne ein Bescheid von Amts wegen von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Nach der Anordnung des Abs. 5 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle sei eine Nichtigerklärung aus diesem Grunde nur innerhalb von drei Jahren nach Zustellung des Bescheides zulässig. Diese Frist sei im Beschwerdefalle noch nicht abgelaufen. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis, Slg. Nr. 329/A, festgestellt habe, seien von der Formulierung des § 68 Abs. 4 lit. a AVG neben anderen Fällen von Unzuständigkeit auch solche der sachlichen, örtlichen oder funktionellen Unzuständigkeit einer Behörde umfaßt. Die belangte Behörde sei im Bereich des Behinderteneinstellungsgesetzes gegenüber dem Landeshauptmann sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und müsse die ihr im § 68 Abs. 4 AVG eingeräumte Befugnis zur Nichtigerklärung von Bescheiden, die mit schweren Mängeln behaftet seien, im Beschwerdefall wahrnehmen, um über den Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin, der deshalb zulässig sei, weil das Verschulden an der Verzögerung der Erledigung der Berufung den Landeshauptmann von Steiermark treffe, absprechen zu können. Aus der Bestimmung des § 8 Abs. 2 BEinstG ergebe sich zweifelsfrei, daß es sich bei den Bescheiden, mit denen über die Berechtigung des Dienstgebers, die Kündigung eines begünstigten Behinderten auszusprechen, entschieden werde, um rechtsgestaltende Verwaltungsakte handle. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. September 1963, VwSlg. 6082/A, festgestellt habe, sei bei konstitutiven Bescheiden die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes maßgebend. Dies bedeute, daß bei Berufungen gegen rechtsgestaltende Bescheide die Berufungsbehörde - das sei im vorliegenden Fall infolge des Devolutionsantrages die belangte Behörde - ihren Bescheid die Sach- und Rechtslage am Tag der Erledigung der Berufung zugrundezulegen haben (VwSlg. 9315/A). Nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage sei aber der Mitbeteiligte nicht mehr begünstigter Behinderter und stehe auch nicht mehr in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin. Dies gehe aus der Einvernahme des Mitbeteiligten am 11. März 1986 und aus dem rechtskräftigen Bescheid des Landesinvalidenamtes für Steiermark vom 2. September 1986 hervor. Da der Mitbeteiligte nicht mehr dem nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begünstigten Personenkreis angehöre und damit auch nicht mehr in den Genuß des Kündigungsschutzes nach § 8 dieses Gesetzes komme, könne für die Erteilung der Zustimmung zu einer künftigen Kündigung, die mangels eines bestehenden Dienstverhältnisses gar nicht mehr möglich wäre, keine Zuständigkeit der Behörden, die das Verfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz durchzuführen hätten, gegeben sein. Aus diesem Grund sei der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25. Juni 1982 auf Erteilung der Zustimmung zur künftigen Kündigung des Mitbeteiligten wegen Unzuständigkeit der Behörde erster Rechtsstufe zurückzuweisen gewesen. Eine nach § 6 AVG vorgeschriebene Weiterleitung des Antrages an die zuständige Behörde sei im Beschwerdefall nicht in Betracht gekommen, weil es keine für ein solches Verfahren zuständige Behörde gebe. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG sei die Berufungsbehörde berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Durch die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin ändere sich im übrigen nichts daran, daß die von der Beschwerdeführerin am 21. September 1982 ausgesprochene Kündigung, der die nachträgliche Zustimmung rechtskräftig nicht erteilt worden sei, rechtsunwirksam bleibe. Die Einräumung eines Parteiengehörs sei im vorliegenden Verfahren entbehrlich gewesen, weil die belangte Behörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe und den Parteien der Sachverhalt hinlänglich bekannt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und behauptete eine Rechtsverletzung wegen Anwendung von als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit dem Beschluß vom 12. Juni 1989, B 942/88, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt, weil die gerügten Rechtsverletzungen zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls

grob - unrichtigen Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften wären. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen gewesen.

Gleichzeitig wurde die Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Sachentscheidung, nämlich auf Zustimmung zur Kündigung des Mitbeteiligten, verletzt. Sie trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes zunächst vor, obgleich im angefochtenen Bescheid festgestellt werde, daß die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung über den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nicht mehr gegeben seien, werde dennoch von der belangten Behörde - in unlösbarem logischen Widerspruch dazu - eine materielle Entscheidung getroffen. Die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin sei nämlich in Wahrheit als eine materielle Entscheidung zu betrachten, durch die in die Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen und die Zustimmung zu der zum 30. September 1983 ausgesprochenen Kündigung des Mitbeteiligten verweigert werde. In konsequenter Anwendung der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsmeinung hätte nicht der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustimmung zur Kündigung, sondern die Berufung des Mitbeteiligten gegen den erstinstanzlichen Bescheid zurückgewiesen werden müssen, weil es diesem nach seinem Ausscheiden aus dem Kreis der begünstigten Behinderten an jeglichem Berufungsinteresse mangle. Die belangte Behörde hätte auch nicht entgegen § 68 AVG unter Eingriff in die erworbenen Rechte der Beschwerdeführerin den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark aufheben dürfen. Eine Nichtigerklärung nach § 68 AVG setze einen bereits rechtskräftigen Bescheid voraus.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG darf die Kündigung eines begünstigten Behinderten von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.

Im Beschwerderfall geht es nicht um eine nachträgliche Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung im Sinne des zweiten Satzes des § 8 Abs. 2 BEinstG, sondern - da nur Spruchpunkt 1) des Bescheides erster Instanz vom 22. März 1983 Sache des Berufungsverfahrens ist - ausschließlich um den Fall einer verwaltungsbehördlichen Zustimmung zu einer künftigen Kündigung des Mitbeteiligten durch die Beschwerdeführerin im Sinne des ersten Satzes des § 8 Abs. 2 BEinstG.

Gegenstand und Zweck des Behinderteneinstellungsgesetzes ist es, die Eingliederung der besonders betroffenen Behinderten in Arbeit, Beruf und damit zugleich auch in die Gesellschaft durch BESONDERE Maßnahmen zu sichern. Die wesentlichsten Schutzmaßnahmen, die das Behinderteneinstellungsgesetz dem begünstigten Behinderten gewährt, sind die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber (§ 1) und der Kündigungsschutz (§ 8). Die Einstellungspflicht verschafft dem Behinderten seinen Arbeitsplatz, der besondere Kündigungsschutz hilft ihm, diesen Arbeitsplatz zu wahren. Der Kündigungsschutz geht in doppelte Richtung: Zum einen darf das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten vom Dienstgeber, sofern keine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist, nur unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen gekündigt werden (§ 8 Abs. 1 erster Satz), zum anderen bedarf jede Kündigung eines begünstigten Behinderten zu ihrer Rechtsgültigkeit der Zustimmung des Invalidenausschusses (§ 8 Abs. 2 erster Halbsatz). Neben der privatrechtlichen Kündigung ist also grundsätzlich ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt erforderlich, wenn die Kündigung eines begünstigten Behinderten rechtswirksam sein soll.

Der Status eines begünstigten Behinderten UND das Bestehen eines aufrechten Dienstverhältnisses des Behinderten, welches der Dienstgeber mittels Kündigung zu beenden beabsichtigt, sind nach der oben wiedergegebenen Gesetzesbestimmung des § 8 Abs. 2 BEinstG unabdingbare Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz bzw. die Durchführung eines diesbezüglichen Verfahrens.

Im Mittelpunkt des Streites steht die Frage, was rechtens ist, wenn die oben umschriebenen und im Zeitpunkt der Antragstellung unbestrittenermaßen gegebenen Tatbestandsvoraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz eines begünstigten Behinderten - wie im Beschwerdefalle - im Laufe des Berufungsverfahrens wegfallen.

Die verwaltungsbehördliche Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der - ausgenommen den "besonderen Ausnahmefall" gemäß dem zweiten Satz des § 8 Abs. 2 BEinstG, um den es aber im vorliegenden Fall nicht geht - VOR der zivilrechtlichen Kündigung vorliegen muß, um sie wirksam zu machen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1984, Zl. 84/09/0088, Slg. Nr. 11.511/A). Es ist daher im Falle der Zustimmung zur KÜNFTIGEN Kündigung eines begünstigten Behinderten die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgebend, weshalb auf das Verhalten des zu Kündigenden während des Verwaltungsverfahrens Bedacht zu nehmen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1968, Zl. 279/68). Im Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bzw. im Zeitpunkt der Aberkennung seiner Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten genießt er nicht mehr den besonderen Kündigungsschutz nach dem Behinderteneinstellungsgesetz.

Die Verwaltungsbehörden müssen von Amts wegen und in jeder Lage des Verfahrens prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind. Hiebei handelt es sich um eine PROZESSVORAUSSETZUNG. Gehört eine Person nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten oder ist das Dienstverhältnis, welches der Dienstgeber mittels Kündigung zu beenden BEABSICHTIGT, nicht mehr aufrecht, so ist das Verfahren unzulässig, und es ist der Antrag des Dienstgebers zurückzuweisen.

Aus diesen Gründen war es nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat, daß die Prozeßvoraussetzungen für die Durchführung eines Verfahrens nach § 8 Abs. 2 erster Satz BEinstG im fortgesetzten Berufungsverfahren in Wegfall geraten sind. Die in Handhabung des § 66 Abs. 4 AVG erfolgte Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 25. Juni 1982 auf Erteilung der Zustimmung zur künftigen Kündigung des Mitbeteiligten war daher nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1984, Zl. 84/09/0088, Slg. Nr. 11.511/A).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag den Beschwerdeausführungen nicht zu folgen, mit denen auch die nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochene Kündigung des Mitbeteiligten zum 30. September 1983 zur Sache des bei der belangten Behörde anhängig gewesenen Berufungsverfahrens gemacht werden soll. Geht man davon aus, daß Sache des Berufungsverfahrens - wie oben ausgeführt - nur die Bekämpfung des Spruchpunktes 1) des erstinstanzlichen Bescheides vom 22. März 1983 gewesen ist, dann ging es im Berufungsverfahren ausschließlich um die Erlangung einer Zustimmung zu einer KÜNFTIGEN Kündigung des Mitbeteiligten. Eine solche Kündigung vor dem Vorliegen einer RECHTSKRÄFTIGEN verwaltungsbehördlichen Zustimmung erweist sich aber als verfrüht. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung trifft es daher zu, daß der Kündigung zum 30. September 1983 nur dann Rechtswirksamkeit hätte zukommen können, wenn es dem Beschwerdeführer gelungen wäre, dazu gemäß dem zweiten Satz des § 8 Abs. 2 BEinstG die nachträgliche Zustimmung des Behindertenausschusses (in einem vom vorliegenden gesonderten Verfahren) zu bewirken. Das in der Beschwerde dargestellte "perpetuum mobile" besteht in Wahrheit nicht, weil eine "künftige" Kündigung das Vorliegen einer in Rechtskraft erwachsenen Zustimmung der Verwaltungsbehörde und damit das Abwarten des Ausganges des Berufungsverfahrens voraussetzt.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Nichtigerklärung gemäß § 68 AVG setze einen bereits rechtskräftigen Bescheid voraus und sei daher nur außerhalb eines Berufungsverfahrens oder dann möglich, wenn die Berufung zurückzuweisen sei, ist zu erwidern, daß der mit dem angefochtenen Bescheid als nichtig erklärte Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom

16. Setpember 1987 zufolge des Umstandes, daß in Verfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz gegen Bescheide des Landeshauptmannes gemäß § 19a leg. cit. eine weitere Berufung unzulässig ist, mit dem Zeitpunkt seiner Erlassung in formelle Rechtskraft erwuchs. Formell rechtskräftige Bescheide können außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG nur unter den Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 des § 68 aufgehoben, abgeändert, bzw. für nichtig erklärt werden.

Wenn letztlich die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die belangte Behörde habe dadurch, daß sie ihr weder die geänderte Sachlage bekanntgegeben noch die Möglichkeit gegeben habe, eine Änderung des Anbringens vorzutragen, das Parteiengehör verletzt, so ist ihr zu erwidern, daß ihr die Tatsache, daß der Mitbeteiligte sein Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin per 1. Jänner 1985 aufgelöst hat, sehr wohl bekannt sein mußte und auch bekannt war. So führte sie in ihrem Schriftsatz vom 9. März 1987 an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung aus, es stehe außer Zweifel, daß der EHEMALIGE Dienstnehmer seine Pflichten beharrlich verletzt hat, insbesondere durch Verweigerung des Dienstantrittes. Da bereits das Fehlen dieses eine Prozeßvoraussetzung darstellenden Sachverhaltselementes die Unzulässigkeit eines Verfahrens betreffend den besonderen Kündigungsschutz bedingt, kam dem Umstand, daß der Beschwerdeführerin das Ausscheiden des Mitbeteiligten aus dem persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes zufolge seiner Ausschließung mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landesinvalidenamtes für Steiermark vom 2. September 1986 nicht zur Kenntnis gebracht wurde, keine rechtliche Relevanz zu.

Zu den Behauptungen der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde wäre auf Grund des vorliegenden Antrages zur Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Rechtswirksamkeit der zum 30. September 1983 ausgesprochenen Kündigung verpflichtet gewesen, ist auszuführen, daß das Behinderteneinstellungsgesetz für einen solchen Feststellungsbescheid keinen Raum bietet. Dies deshalb, weil zur Entscheidung über die Frage des aufrechten Bestandes eines Dienstverhältnisses und damit über die Rechtswirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung auch hinsichtlich begünstigter Behinderter den Arbeits- und Sozialgerichten die alleinige Zuständigkeit zukommt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Der begehrte Ersatz der Stempelgebühren war der mitbeteiligten Partei deshalb nicht zuzuerkennen, weil sie für denselben nicht aufzukommen hatte.

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