VwGH 89/07/0012

VwGH89/07/001214.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Janistyn, über die Beschwerde des RT in P, vertreten durch Dr. Günther Csar, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, Hauptplatz 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. November 1988, Zl. III/1-27813/4-88, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Wasserrechtssache, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §61 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §61 Abs1;
AVG §63 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und den dieser angeschlossenen Urkunden ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) vom 29. Juli 1988 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen vier Wochen sechs im einzelnen aufgezählte Rechnungen über einen Gesamtbetrag von S 236.088,50 für im Zuge von der Wasserrechtsbehörde gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 durchgeführte Sofortmaßnahmen zu bezahlen, widrigens beabsichtigt sei, den Beschwerdeführer zu dieser Bezahlung im Sinne der genannten Gesetzesstelle bescheidmäßig zu verpflichten.

Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung nicht nach, machte jedoch in einem Schreiben vom 9. September 1988, ohne auf die konkret vorgeschriebenen Rechnungen im einzelnen einzugehen, Vorschläge dahin gehend, welche der ihm bisher in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten von insgesamt S 993.036,35 von der öffentlichen Hand übernommen werden sollten.

Mit Bescheid vom 20. September 1988 trug die BH dem Beschwerdeführer gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 auf, den gemäß den eingangs genannten sechs Rechnungen aufgegliederten Betrag von S 236.088,50 als Kosten der über Auftrag der BH unmittelbar angeordneten Maßnahmen zur Verhinderung einer Gewässerverunreinigung, die ihre Ursache in mangelhaften Wartungsarbeiten bei den Abwasseranlagen und in einem sorglosen Umgang mit Abfällen von Waschwässern und Chemikalien im Chemiewerk des Beschwerdeführers in P gehabt hätten, zu tragen. In der Begründung dieses Bescheides führte die BH u.a. aus, Gegenstand dieser Kostenvorschreibung seien nur die im Spruch angeführten und unmittelbar wegen Gefahr im Verzuge von der Wasserrechtsbehörde gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 angeordneten Maßnahmen; eine Entscheidung über die im Schreiben des Beschwerdeführers vom 9. September 1988 angesprochenen restlichen Kosten sei jedenfalls aus diesem Bescheid auszuklammern.

Zu diesem Bescheid teilte der Beschwerdeführer mit Fernschreiben vom 5. Oktober 1988 der BH mit,

"... daß wir gegen diesen Berufung einlegen. Wir stellen den

Antrag, den Bescheid aufzuheben oder im Sinne unseres Schreibens vom 9.9.1988, bezugnehmend auf 9-w-88008/27 v. 29.7.1988, zu ändern. Wir sind derzeit bemüht, eine Rechtsbelehrung und fachliche Gutachten zu erhalten, welche wir sicher erst in der 43. KW. in Händen haben können. Wir bitten daher für die detaillierte Begründung uns eine Fristerstreckung bis 28.10.1988 zu gewähren."

Mit einem weiteren Fernschreiben vom 28. Oktober 1988 teilte der Beschwerdeführer ergänzend mit:

"... Wir konnten in den Vorwochen noch immer keinen

Sachverständigen erreichen. Ansuchen bei der NÖ. Landesregierung wären wegen der Landtagswahlen - wie uns mitgeteilt - zwecklos gewesen. Das Ausmaß der bei uns eingetretenen 'Schäden' wegen Umsatzausfalles zeichnet sich noch immer nicht ab.

Wir ersuchen um eine weitere Fristerstreckung zur ganzen Erledigung unseres Ansuchens um 4 Wochen."

Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. November 1988 die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurück und begründete diese Entscheidung damit, daß die Berufung trotz des in der erstinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung enthaltenen Hinweises keinen begründeten Berufungsantrag gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 enthalten habe. Eine Nachreichung der Begründung der Berufung außerhalb der Berufungsfrist sei auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen unzulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, "wegen Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf meritorische Erledigung seiner Berufung verletzt und begründet dies damit, daß seine Berufung durch den Hinweis auf das Schreiben vom 9. September 1988 ausreichend begründet worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Beschlüsse vom 9. Juli 1987, Zl. 87/07/0076, und vom 22. Dezember 1987, Zl. 87/07/0139, und die dort angeführte Vorjudikatur) ist eine formalistische Auslegung der Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages den Verwaltungsverfahrensgesetzen fremd, doch muß eine Berufung, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen, erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Im Beschwerdefall enthielt die Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Bescheid u. a. im Sinne des § 61 Abs. 1 AVG 1950 den Hinweis auf das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages, weshalb das Fehlen eines solchen nicht gemäß § 61 Abs. 5 AVG 1950 als (verbesserungsfähiges) Formgebrechen angesehen werden kann.

Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen vermag der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach die fernschriftliche Berufung des Beschwerdeführers einen begründeten Berufungsantrag vermissen ließ, nicht als rechtswidrig zu beurteilen. Diese Eingabe läßt nämlich nicht im geringsten erkennen, womit der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Aufhebung oder Abänderung des Bescheides der BH vertreten zu können glaubt. Daran vermag der in der Beschwerde als Begründung des Berufungsantrages angesehene Hinweis auf das Schreiben des Beschwerdeführers vom 9. September 1988 schon deshalb nichts zu ändern, weil der vom Gesetz geforderte Inhalt einer Berufung nicht durch einen bloßen Hinweis auf ein anderes, in den Akten befindliches Schriftstück substituiert werden kann, wenn aus diesem Schriftstück nicht ohne weiteres erkennbar ist, womit der Beschwerdeführer seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann der belangten Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH in rechtswidriger Weise mangels eines begründeten Berufungsantrages zurückgewiesen hätte.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte es sich, über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gesondert zu entscheiden.

Wien, am 14. Februar 1989

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