Normen
BauO Wr §71;
VwRallg;
BauO Wr §71;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 17. November 1987 beantragte die Beschwerdeführerin die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kleingartenhauses in Wien, Kleingartenanlage A, Los Nummer 1. Nach Durchführung einer Büroverhandlung versagte der Wiener Magistrat mit Bescheid vom 24. Juni 1988 gemäß den §§ 60, 70 und 71 der Bauordnung für Wien die beantragte Bewilligung. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen. In ihrer Bescheidbegründung führte die Behörde im wesentlichen aus, daß durch das eingereichte Projekt auch ohne den im Einreichplan ausgewiesenen Schuppen die zulässige bebaubare Fläche von 35 m2 wesentlich überschritten werde und ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des § 71 BO von der Beschwerdeführerin weder behauptet worden noch ein solcher offenkundig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zunächst ist zu bemerken, daß die Beschwerdeführerin die Versagung der von ihr angestrebten Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien nicht bekämpft, sondern lediglich einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 71 der Bauordnung behauptet.
Gemäß § 71 der Bauordnung für Wien (BO) kann die Behörde Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen.
Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung hat die Behörde bei der Beurteilung eines Ansuchens um die Erteilung einer Baubewilligung gegen Widerruf nach § 71 BO zunächst zu untersuchen, ob vom Antragsteller für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung angeführte oder doch aus seinem Vorbringen im Zusammenhang mit der jeweils gegebenen Situation erkennbare besondere Gründe vorliegen, weil andernfalls eine Abstandnahme von den Vorschriften der Bauordnung in keinem Fall als gerechtfertigt angesehen werden könne (vgl. die Erkenntnisse vom 9. Oktober 1962, Slg. Nr. 5881/A, vom 18. Oktober 1965, Zl. 1031/65, u.a.).
Nun hat die Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens nicht dargetan, worin die sachliche Rechtfertigung für eine Ausnahme im Sinne des § 71 BO begründet sein sollte. Auch aus ihrem Vorbringen war das Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Ausnahmegrundes nicht erkennbar, hatte die Beschwerdeführerin während der Büroverhandlung doch nur geltend gemacht, daß das nunmehr zur Gänze fertige Kleingartenhaus für sie einen unerhört großen Erholungswert besitze und ein Abbruch dieses Gebäudes für sie gesundheitlich unabsehbare Folgen hätte. Mit diesem Vorbringen wird aber das Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Ausnahmegrundes nicht aufgezeigt. Auch dem Berufungsvorbringen kann nichts entnommen werden, was auf das Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalles schließen ließe.
Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage zu dem Schluß kam, daß ein die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 71 BO rechtfertigender Ausnahmegrund nicht vorliegt, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Der erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Hinweis auf einen bereits Jahrzehnte dauernden konsenslosen Bestand des Kernes des Gebäudes, das nur renoviert, aber flächenmäßig nicht verändert worden sei, widerspricht nicht nur dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG, er ist auch nicht geeignet, eine begründete Ausnahme darzulegen, weil der bloße Bestand eines konsenswidrigen Gebäudes für sich allein noch keinen sachlichen Ausnahmegrund darstellt.
Liegt aber ein begründeter Ausnahmefall nicht vor, so bleibt für eine Ermessensübung im Sinne des § 71 BO kein Raum (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1962 sowie das Erkenntnis vom 27. Oktober 1981, Zl. 81/05/0007). Weder eine allfällige Geringfügigkeit der Abweichungen noch die Zustimmung der Anrainer vermögen das Fehlen eines sachlich begründeten Ausnahmefalles zu kompensieren.
Bei dieser Sach- und Rechtslage war es auch unerheblich, ob die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen war, daß die zulässige bebaubare Fläche wesentlich (um etwa 40 %) überschritten worden sei, oder ob eine Überschreitung geringeren Ausmaßes vorliegt. Aus demselben Grund erübrigte sich auch ein Eingehen der belangten Behörde auf die anderen, von der Behörde erster Instanz herangezogenen Versagungsgründe, genügt es doch, wenn die beantragte Baubewilligung aus einem Grund nicht erteilt werden kann.
Inwiefern das Parteiengehör verletzt worden sein sollte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Die Baubehörde erster Instanz hatte eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der auch die Beschwerdeführerin teilgenommen hat. Eine Verhandlung an Ort und Stelle ist nicht zwingend vorgeschrieben (§ 70 Abs. 1 BO). Weitere Ermittlungsergebnisse, die der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht werden hätten müssen, lagen dem Verfahren nicht zugrunde.
Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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