VwGH 89/05/0011

VwGH89/05/001123.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A und der B gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. März 1988, Zl. BauR-010081/1-1988 Stö/Fei, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag für ein Wochenendhaus (mitbeteiligte Partei: Gemeinde C, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;
ROG OÖ 1972 §19;
ROG OÖ 1972 §23;
VwRallg;
AVG §56;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;
ROG OÖ 1972 §19;
ROG OÖ 1972 §23;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Oktober 1986 wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, das auf der Parzelle Nr. D, EZ E, KG C, konsenslos errichtete Wochenendhaus binnen einer Frist von acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde ein Ermittlungsverfahren durch, in dessen Verlauf ein Gutachten der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich vom 30. Dezember 1986 eingeholt wurde und am 13. April 1987 eine Augenscheinsverhandlung stattfand, an der auch die Beschwerdeführer und ihr ausgewiesener Vertreter teilnahmen. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. August 1987 wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aus dem Gutachten der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich gehe hervor, daß das 1985 errichtete Wochenendhaus für die Bewirtschaftung des Grundstückes nicht erforderlich sei. Es liege eine Grünlandwidmung vor, das Wochenendhaus, in dem nur Wohnräume vorhanden seien, diene zweifelsfrei nicht der Grünlandwidmung. Überdies sei bei der Überprüfung an Ort und Stelle vom Amtssachverständigen festgestellt worden, daß das Objekt zwingenden Abstandsbestimmungen widerspreche, da es nur 2 m von der Nachbargrundgrenze entfernt errichtet worden sei. Es sei zwar richtig, daß auf dem sogenannten "Almspitz" Wochenendhäuser bestünden, für die eine Baubewilligung erteilt worden ist. Diese seien jedoch vor Erstellung und Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes (1978) genehmigt worden.

Der dagegen eingebrachten Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. März 1988 keine Folge. Begründend führte die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, gemäß § 61 der Oberösterreichischen Bauordnung habe die Baubehörde, wenn sie feststelle, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt werde oder bereits ausgeführt worden sei, unbeschadet der Bestimmungen des § 56 dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die baubehördliche Bewilligung anzusuchen, sei dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne. Im Ermittlungsverfahren auf Gemeindeebene, insbesondere bei der am 13. April 1987 durchgeführten Augenscheinsverhandlung, sei unter anderem festgestellt worden, daß die Beschwerdeführer im südlichen Bereich des Grundstückes ein Wochenendhaus mit einer verbauten Fläche von 6 x 6 m errichtet hätten. Das in Holzbauweise errichtete Gebäude weise zur südlichen Grundgrenze einen geschätzten Abstand von mindestens 10 m auf, zur östlichen Grundgrenze jedoch lediglich einen Abstand von ca. 2 m. Aufgrund dieser Feststellungen sei die Baubehörde verhalten gewesen, nach den Bestimmungen des § 61 O.ö. Bauordnung vorzugehen. Bei dem von den Beschwerdeführern errichteten Objekt handle es sich eindeutig um ein konsenslos errichtetes, gemäß § 41 Abs. 1 (der O.Ö. Bauordnung) bewilligungspflichtiges Gebäude. Die Möglichkeit, im Sinne des § 61 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, sei zu Recht nicht eingeräumt worden, da das Grundstück im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als "Grünland" im Sinne des § 18 des O.Ö. Raumordnungsgesetzes ausgewiesen sei. Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung dürften im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienten. Auf Grund des eingeholten Gutachtens des landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 30. Dezember 1986 sei hinreichend klargestellt, daß es sich bei dem gegenständlichen Bau weder um einen Bau, der der landwirtschaftlichen Nutzung diene, noch um einen Bau für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieser Gesetzesstelle handle. Das Gebäude sei vielmehr, was von den Beschwerdeführern im übrigen gar nicht bestritten werde, als Wochenendhaus zu qualifizieren. Zu Recht habe daher die Baubehörde das Gebäude im Widerspruch mit § 18 Abs. 5 des O.Ö. Raumordnungsgesetzes gesehen und folgerichtig die im § 61 Abs. 1 letzter Satz der O.Ö. Bauordnung vorgesehene Möglichkeit, nachträglich um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung anzusuchen, nicht eingeräumt, zumal auch eine befristete Baubewilligung oder eine Baubewilligung auf Widerruf nicht zulässig sei. Aus dem Vorbringen, das sich gegen den Flächenwidmungsplan richte, sei insofern nichts zu gewinnen, als im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür aufgetaucht seien, daß die Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes in Zweifel zu ziehen wäre. Dem Grundeigentümer stehe im übrigen kein Recht auf eine bestimmte Flächenwidmung zu. Abgesehen von dem aufgezeigten Widerspruch zum rechtswirksamen Flächenwidmungsplan habe die Baubehörde auch festgestellt, daß das Gebäude zwingende Abstandsvorschriften nicht einhalte. Dadurch, daß das Gebäude nur 2 Meter von der Nachbargrundgrenze situiert sei, werde auch die Bestimmung des § 95 der O.Ö. Bauverordnung nicht eingehalten. Die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung sei daher auch unter diesem Aspekt nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ein, der mit Beschluß vom 29. November 1988, Zlen. B 1039/88, B 1040/88, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß das im Jahre 1985 errichtete, 6 x 6 m große Wochenendhaus einer Baubewilligung bedarf, eine Baubewilligung bisher nicht erteilt, und das Grundstück, auf dem das Objekt errichtet wurde, in dem seit 1978 rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als "Grünland" ausgewiesen ist.

Gemäß § 18 Abs. 2 des O.Ö. Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1972, in der Fassung LGBl. Nr. 15/1977 und 102/1982 (ROG), sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert auszuweisen. Gemäß § 18 Abs. 5 leg. cit. dürfen im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen. Hiezu gehören im besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft. Aus der Beschwerde geht hervor, daß der Flächenwidmungsplan das Gebiet als uneingeschränktes Grünland ausweist, ausgenommen die bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes bereits bestehenden Bauten, wobei die jeweilige Gebäudefläche eine Baufläche darstellt. Es ist daher schon auf Grund des Beschwerdevorbringens davon auszugehen, daß eine Sonderwidmung im Sinne des § 18 Abs. 3 ROG für die gegenständliche Liegenschaft nicht festgesetzt ist. Es dürfen daher nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen. Aus dem Gutachten der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich vom 30. Dezember 1986 geht eindeutig hervor, daß das gegenständliche Wochenendhaus ausschließlich Wohnräume umfaßt und keiner bestimmungsgemäßen Nutzung im Sinne des § 18 Abs. 5 ROG dient. Zutreffend sind daher sowohl die Gemeindebehörden als auch die Gemeindeaufsichtsbehörde davon ausgegangen, daß eine nachträgliche Baubewilligung für das Wochenendhaus nicht in Betracht kommt.

Mit dem Beschwerdevorbringen, zur maßgeblichen Rechtslage zählten auch naturschutzrechtliche Bestimmungen, diesbezüglich sei maßgebliche Rechtslage der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. Jänner 1976, wonach jedwede Günlandnutzung, ausgenommen "als Erholungsgebiet", insbesondere die land- und forstwirtschaftliche Nutzung untersagt sei, vermögen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun:

bei der Beurteilung der Frage, ob die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung allenfalls möglich wäre, ist lediglich die im Flächenwidmungsplan der jeweiligen Gemeinde ausgewiesene Flächenwidmung ausschlaggebend.

Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht der Beschwerdeführer, bei unspezifizierter Grünlandwidmung des Flächenwidmungsplanes sei die jeweilige Grünlandwidmung des § 2 Abs. 2 lit. c der O.Ö. Bauordnung aus den tatsächlichen Gegebenheiten zu erschließen. Die zitierte Bestimmung regelt nämlich nur Fälle, für die eine Bauplatzbewilligung nicht zu erwirken ist. Die Beschwerdeausführungen, für den "Almspitz" existiere ein Bebauungsplan, wenngleich er von der Naturschutzbehörde erlassen worden sei, das Häuschen entspreche diesem Bebauungsplan, es wäre demnach bei korrekter Ermessensausübung gemäß § 2 Abs. 3 der O.Ö. Bauordnung die Möglichkeit zur Stellung eines nachträglichen Bauansuchens einzuräumen gewesen, gehen an der Rechtslage vorbei. Abgesehen davon, daß die Naturschutzbehörde keinen im Bereich des Baurechtes maßgeblichen Bebauungsplan erlassen kann, ist die Bestimmung des § 2 Abs. 3 der O.Ö. Bauordnung ebenfalls nur auf Ausnahmen vom Erfordernis der Bauplatzbewilligung anwendbar.

Mit dem Beschwerdevorbringen, die übrigen von der belangten Behörde ins Treffen geführten Umstände (Abstand zur Grundgrenze, gesicherte Zufahrt) seien nicht von der Art, eine Baubewilligung von vornherein auszuschließen, da durch privatrechtliche Verträge (Zukauf von Nachbargrund, Begründung einer Servitut) Abhilfe geschaffen werden könne, verkennen die Beschwerdeführer, daß bei der von der Baubehörde vorzunehmenden Prüfung, ob eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden könnte, im Rahmen eines Verfahrens betreffend einen Auftrag gemäß § 61 Abs. 1 O.Ö. BauO nur der zum Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages vorliegende Sachverhalt zu berücksichtigen ist.

Als wesentlichen Verfahrensmangel rügen die Beschwerdeführer, daß im Zuge des Verfahrens nicht von Amts wegen über ihren zumindest sinngemäß gestellten Antrag, gemäß §§ 22 und 23 des O.Ö. Raumordnungsgesetzes die Widmung des Grundstückes auf Bauland zu ändern, eingegangen worden sei. Dazu ist festzustellen, daß der Änderung des Flächenwidmungsplanes Verordnungscharakter zukommt und hinsichtlich eines solchen generellen Rechtssetzungsaktes kein im Verwaltungsverfahren unmittelbar verfolgbares subjektiv-öffentliches Recht des betroffenen Grundeigentümers besteht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1985, Zl. 83/06/0130, BauSlg. Nr. 412). Zu einer Antragstellung gemäß Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof betreffend die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, weil der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Beschluß vom 29. November 1988 ausgeführt hat, daß das Beschwerdevorbringen, welches nicht dartue, gegen welche Bestimmungen der Flächenwidmungsplan verstoße, die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als wenig wahrscheinlich erkennen lasse, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hätte. Mit der Beschwerdeergänzung wurden keine neuen Gesichtspunkte betreffend die allfällige Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes dargelegt. Auch sonst hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes.

Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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