Normen
AVG §63 Abs3;
GewO 1973 §74 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 idF 1988/399;
AVG §63 Abs3;
GewO 1973 §74 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 idF 1988/399;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Villach vom 29. August 1988 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 GewO 1973 in Verbindung mit den §§ 74, 75, 77, 78 Abs. 1, 333 und 356 GewO 1973 und in Verbindung mit § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch a) Errichtung einer Isotopendichtemessung in der Säurestation, b) Ausbau der Rindenaufbereitungsanlage,
c) Errichtung eines Kühlwasserkanals, d) Erneuerung des Laugenauffangbottichs und des Neutralisationsbottichs, e) Errichtung von zwei Isotopendichtemessungen in der Eindampfanlage, f) Errichtung von Chemikalienabtankanlagen und
g) Errichtung einer Ölfeuerungsanlage in der Rindenmanipulation "bei Einhaltung nachstehend angeführter Auflagen" die Genehmigung erteilt.
Dagegen erhob unter anderem die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31. Jänner 1989 wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Änderung und Ergänzung und ferner der Entfall bestimmter Auflagen vorgesehen wurde. Ferner wurde ausgesprochen, daß sich die erteilte Genehmigung nicht auf den Laugenauffangbottich erstreckt.
Dagegen ("gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31.1.1989") erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Am Beginn der Berufungsausführungen findet sich folgender Satz:
"Der Bescheid wird insofern angefochten, als eine Betriebsbewilligung für Betriebsanlagenteile des Werkes X erteilt wird." Im weiteren machte die Beschwerdeführerin unter anderem insbesondere geltend, die Zweitbehörde übersehe, daß die Emissionen von einzelnen Betriebsanlagenteilen des gegenständlichen Werkes nicht isoliert betrachtet werden könnten, zumal die zur Bewilligung anstehenden Betriebsanlagenteile Rückwirkungen auf die Gesamtanlage hätten. Abschließend wurde der Antrag gestellt, "den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31. Jänner 1989" zu "beheben", in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die I. Instanz zurückzuverweisen.
Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. September 1989 wurde die Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, beim vorliegenden Verfahren handle es sich um ein solches gemäß § 81 GewO 1973 (gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage). Ein solches Verfahren setzte ein Ansuchen um Erteilung der Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der geänderten Betriebsanlagenteile voraus. Ein Ansuchen um Erteilung der Genehmigung nur zur Errichtung einer geänderten Betriebsanlage sei im Gesetz nicht vorgesehen. Das bedeute, daß grundsätzlich mit einer stattgebenden Entscheidung über ein Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der geänderten Betriebsanlagenteile erteilt werde. Nur in dem Fall, in dem die Behörde ausdrücklich eine Betriebsbewilligung vorbehalte, sei ein eigenes Verfahren zur Erteilung der Betriebsbewilligung nach § 78 Abs. 2 leg. cit. durchzuführen. Es sei daher zusammenfassend festzuhalten, daß es sich bei den Verfahren um gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage (§ 81 leg. cit) und dem Verfahren zur Erteilung einer Betriebsbewilligung (§ 78 Abs. 2 leg. cit.) um zwei voneinander verschiedene und streng zu trennende Verfahren handle, und daß in allen Fällen, in denen nicht ausdrücklich die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten werde, in einem stattgebenden Bescheid gemäß § 81 leg. cit. in einer voneinander nicht trennbaren Weise die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer geänderten Betriebsanlage erteilt werde. Im vorliegen Verfahren sei mangels Vorbehaltung der Betriebsbewilligung mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Villach vom "26." (richtig wohl "29.") August 1988 - der in diesem Bezug durch den bekämpften Bescheid nicht geändert worden sei - die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der von der verfahrensgegenständlichen Änderung umfaßten Betriebsanlagenteile gemäß § 81 leg. cit. erteilt worden. Die Erteilung einer Betriebsbewilligung gemäß § 78 Abs. 2 leg. cit. sei somit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 habe die Berufung den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen (Berufungserklärung). Die Berufungserklärung habe nicht nur die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, zu umfassen, sondern auch eine Erklärung dahingehend, ob dieser zur Gänze oder nur zum Teil angefochten werde. Die vorliegende Berufung fechte ausdrücklich nur die Erteilung der Betriebsbewilligung an. Damit treffe sie jedoch nicht die Sache des vorliegenden Verfahrens und sei daher als Berufung, die mit dem Mangel eines begründeten Berufungsantrages behaftet sei, zu behandeln (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1989, Zl. 87/04/0193). Eine solche Berufung sei ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Zurückweisung, eventuell auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung verletzt. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die belangte Behörde übersehe, daß die Errichtung und der Betrieb von Betriebsanlageteilen bewilligt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe sich in ihrer Berufung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid ausdrücklich nur gegen die Betriebsbewilligung gerichtet und sohin gegen den Teil des Bescheides, der die Bewilligung des Betriebes betreffe. Damit habe sie sich aber mit ausreichender Deutlichkeit gegen die Bewilligung des Betriebes gerichtet. Die belangte Behörde hätte daher auf die Berufung eingehen und in der Sache selbst entscheiden müssen. Daran könne auch der Hinweis nichts ändern, daß im § 78 GewO 1973 ausdrücklich von einer eigenen Betriebsbewilligung die Rede sei, die im Gegenstand nicht vorliegen würde. Die belangte Behörde übergehe, daß die Gnehmigung einer Anlage grundsätzlich sowohl die Anlagengenehmigung, als auch die Betriebsbewilligung umfasse. Wenn sich die Beschwerdeführerin gegen die Genehmigung des Betriebs wende und diese als Betriebsbewilligung bezeichne, sei doch genau gesagt, was gemeint sei. Die belangte Behörde könne doch nicht mit einer derartigen Interpretation eine Zurückweisung der Berufung vornehmen, wo doch der Wille der Partei klar gewesen sei und klar sei. Dieser Meinung sei auch der Rechnungshof, der in seinem Bericht, Zl. den Inhalt der gegenständlichen Bescheide unter anderem als Betriebsbewilligung bezeichne. Wenn der Rechnungshof eine derartige Bezeichnung verwende, müsse auch für die Behörde klar sein, was gemeint sei. Die belangte Behröde hätte daher keine Zurückweisung der Berufung vornehmen dürfen, sondern auf die Sache eingehen müssen. Durch die Zurückweisung verstoße die belangte Behörde gegen § 63 Abs. 3 AVG 1950 und gegen die Bestimmungen der §§ 77 ff GewO 1973. Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Unverzichtbarer Bestandteil einer Berufung im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG 1950 sind demnach ein Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung. Der Berufungsantrag bezeichnet das Thema, über das die Berufungsbehörde abzusprechen hat und muß sinngemäß dahin lauten, den Bescheid zu beheben oder in bestimmter Weise abzuändern (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 87/04/0193).
Im vorliegenden Fall wurde die von der Beschwerdeführerin gegen den zweitbehördlichen Bescheid erhobene Berufung, gestützt auf § 63 Abs. 3 AVG 1950, zurückgewiesen. Der von der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Unzulässigkeit der Beschwerde ist nicht stichhältig. Die mitbeteiligte Partei geht vom verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aus. Sie übersieht, daß die Beschwerdeführerin das Recht auf Sachentscheidung, gestützt auf die einschlägige einfach-gesetzliche Rechtslage und somit auf der Grundlage des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, außerhalb des Ausnahmetatbestandes des Art. 133 Z. 1 B-VG geltend macht. Der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde steht somit insbesondere weder der Zurückweisungsgrund der Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes noch der des Mangels der Beschwerdeberechtigung entgegen.
Zu Unrecht geht die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, daß die Beschwerdeführerin ausdrücklich nur die Erteilung der "Betriebsbewilligung" angefochten habe und daß die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung das Wort "Betriebsbewilligung" - entgegen dem durch den zweitbehördlichen Bescheid gegebenen Zusammenhang - in der spezifischen Bedeutung des in § 78 Abs. 2 GewO 1973 mit dem Wort "Betriebsbewilligung" bezeichneten Rechtsaktes verwendet hätte. Die von der Beschwerdeführerin gegen den zweitbehördlichen Bescheid erhobene Berufung enthielt nämlich ausdrücklich den Berufungsantrag, den zweitbehördlichen Bescheid zu beheben, in eventu aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurück zu verweisen. Lediglich was die Begründung des Berufungsantrages anlangt, vertrat, wie sich aus der Berufung ergibt, die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß sie mit dem zweitbehördlichen Bescheid lediglich insoweit nicht einverstanden sei, als der mitbeteiligten Partei die Berechtigung eingeräumt worden sei, die geänderte Betriebsanlage - in Ansehung der im Genehmigungsbescheid bezeichneten Teile - zu betreiben. Die belangte Behörde verkannte, daß in dem in der Berufung enthaltenen Satz, der Bescheid werde insoweit angefochten, als eine Betriebsbewilligung für Betriebsanlagenteile erteilt wird, im Zusammenhang mit den sonstigen Berufungsausführungen gelesen, dem Wort "Betriebsbewilligung" nicht eine bestimmte, vom Ausspruch des zweitbehördlichen Bescheides abweichende Bedeutung beizumessen ist, sondern daß eben dieser Ausspruch vornehmlich unter Verwendung des im Gegensatz zum Wort "Gesamtanlage" stehenden Wort "Betriebsanlagenteile" bekämpft wird. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im vorliegenden Fall somit nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde davon ausgehen hätte dürfen, daß die Beschwerdeführerin die Entscheidung in einer anderen "Sache" als jener, die den Gegenstand des zweitbehördlichen Bescheides bildete, begehrt hätte. Der vorliegende Beschwerdefall stellt somit keinen Fall wie jenen dar, der dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zitierten hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 87/04/0193, zu Grunde lag. (Damals wurde anknüpfend an eine Entscheidung über die gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlage mit der Berufung die Anordnung einer straßenpolizeilichen Maßnahme begehrt).
Im Hinblick darauf, daß Gegenstand des angefochtenen Bescheid ausschließlich der Ausspruch über die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin ist, war es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, auf das Beschwerdevorbringen insoweit einzugehen, als es sich gegen die von der Zweitbehörde getroffene meritorische Entscheidung wendet.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
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