VwGH 89/04/0215

VwGH89/04/021527.3.1990

1.) A, 2.) B, 3.) C, 4.) D, 5.) E, 6.) F, 7.) G, 8.) H gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. Jänner 1989, Zl. 302.710/8-III-3/88, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X in Z)

Normen

AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399 ;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1;
GewO 1973 §74 Abs2 Z2;
GewO 1973 §74 Abs2 Z3;
GewO 1973 §74 Abs2 Z5;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1973 §75 Abs2;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2;
GewO 1973 §78 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399 ;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1;
GewO 1973 §74 Abs2 Z2;
GewO 1973 §74 Abs2 Z3;
GewO 1973 §74 Abs2 Z5;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1973 §75 Abs2;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2;
GewO 1973 §78 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

I. Die Beschwerden der F, der C und des D werden zurückgewiesen.

Diese Beschwerdeführer haben der mitbeteiligten Partei

Aufwendungen in der Höhe von S 10.290,-- sowie dem Bund

Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat diesen Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren dieser Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Begründung

Mit im Verwaltungsrechtszug ergangenem Bescheid vom 27. Jänner 1989 erteilte der Bundesminister der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 GewO 1973 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermark vom 27. Mai 1970 gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage (Fleischhauerei) im Standort Y unter Zugrundelegung näher bezeichneter Unterlagen unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen und unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung und gleichzeitiger Anordnung eines Probebetriebes für die Dauer eines Jahres. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges in erster und zweiter Instanz aus, er habe am 30. Juni 1987 an Ort und Stelle eine kommissionelle Augenscheinsverhandlung durchgeführt, als deren Ergebnis der Mitbeteiligte in der Folge ein überarbeitetes Projekt vorgelegt habe. Zu diesem Projekt habe der gewerbetechnische Amtssachverständige ein Gutachten abgegeben. Dieses im Rahmen der Bescheidbegründung zur Gänze wiedergegebene Gutachten enthält zur Frage der von der projektierten Betriebsanlage ausgehenden Geruchsimmissionen folgende Ausführungen:

"2. Geruch: Aus den diversen im Bezugsakt enthaltenen Eingaben der Nachbarn ist zu entnehmen, daß sich die Nachbarn durch die Selchanlagen, durch die Holzfeuerungsanlagen, des Wurstkessel und des Enthaarungsbrühkessels sowie durch Gerüche beim Abtransport der Schlachtabfälle belästigt fühlen.

Zur Zeit der ho. Augenscheinsverhandlung vom 30.6.1987 waren sowohl die Selchen, als auch der Wurstkessel in Betrieb. Es war festzustellen, daß sich bei der herrschenden Wetterlage (Niederdruckwetter) der Selchrauch in Bodennähe in der Umgebung verbreitete und daß in der Nachbarschaft deutliche Geruchseinwirkungen verursacht wurden.

Der Konsenswerber will nunmehr den Rauch aus den Selchen sowie die Dünste des Wurstkessels mit Hilfe einer Biofilteranlage von den Geruchsstoffen befreien. In seinem Schriftsatz vom 13.11.1987 hat X auch ein entsprechendes Anbot der Fa. V-GesmbH, W, übermittelt. Wie einem am 24.2.1988 mit der Fa. V geführten Telefongespräch entnommmen werden konnte, ist vorgesehen, den Selchrauch über Bypaßklappen, die in die Rauchfänge der Selchen einzubauen sind, zu erfassen und der Biofilteranlage zuzuleiten. Die Bypaßklappen werden deshalb vorgesehen, weil im Fall einer Störung in der Filteranlage der Betrieb der Selchen weiterhin möglich sein muß. Die Dünste der Wurstkessel, die sich im Schwadenfang oberhalb des Wurstkessels sammeln, werden über eine Blechrohrleitung und einem Saugzugventilator der Biofilteranlage zugeleitet. Nicht erfaßt werden hingegen die Feuerungsabgase des derzeit mit Feststoffen befeuerten Wurstkessels. Würden auch diese Abgase erfaßt und über die Biofilteranlage geleitet werden, so müßte nach Angaben der Fa. V die Filteranlage deutlich größer dimensioniert werden.

Zu dem beabsichtigten Einsatz der Biofilteranlage ist aus gewerbetechnischer Sicht auszuführen, daß es sich hiebei um eine Technologie handelt, die erst seit neuerer Zeit für die Reinigung von Abluft, die mit organischen Substanzen angereichert ist, angewandt wird. Wenn auch die in der Literatur genannten Anwendungsfälle (z. B.

Tierkörperverwertungsanlagen, Schlachthöfe, Fischbratereien etc.) zum Teil ausgezeichnete Ergebnisse brachten, existiert in der ho. bekannten einschlägigen Literatur kein eindeutiger Hinweis auf die Eignung von Biofilteranlagen für die Entsorgung der rauchhaltigen Abgase aus Selchanlagen. Es wurde deshalb mit der Fa. V auch diesbezüglich telefonisch Rücksprache gehalten. Auch die Fa. V konnte auf einschlägige eigene Erfahrungen über die Anwendung von Biofiltern für Selchanlagen nicht verweisen.

Somit kann nicht eindeutig beurteilt werden, ob und inwieweit sich die Biofilteranlage für die Reinigung der Abluft aus den Selchanlagen überhaupt eignet. Diese Situation ist nun insofern problematisch, weil auch keine für den Betrieb anwendbare andere praktikable Maßnahme zur Reinigung der Abluft aus den vorhandenen Selchen genannt werden kann. Die im Verfahren seinerzeit zur Diskussion gestandene thermische oder katalytische Nachverbrennungsanlage steht in Anbetracht der mit dem Betrieb solcher Anlagen laufend verbundenen Betriebskosten in keinem ausgewogenen Verhältnis zur Größe des Betriebes. Sofern es dem Konsenswerber bzw. der Fa. V als Errichterfirma der Anlage nicht gelingt, einen geeigneten Nachweis über die Wirksamkeit der Biofilteranlage zur Entsorgung der betrieblichen Abluft zu erbringen, könnte die Eignung der Filteranlage lediglich im Rahmen eines Probebetriebes (Dauer etwa 1 Jahr) geprüft werden. Es wäre jedoch besonders darauf hinzuweisen, daß in einem solchen Fall der Konsenswerber das alleinige Risiko über die Eignung der Biofilteranlage zu tragen hätte, und daß im Falle der Nichteignung keine Alternativmaßnahmen für die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage existieren. Es könnte sich somit herausstellen, daß im Falle ungünstiger Ergebnisse die Betriebsbewilligung nach Ablauf des Probebetriebes nicht erteilt werden kann..........."

Der vom Bundesminister beigezogene Amtssachverständige habe ein (im Rahmen der Bescheidbegründung ebenfalls zur Gänze wörtlich wiedergegebenes) Gutachten abgegeben. Dieses Gutachten enthält hinsichtlich der Beurteilung der von der in Rede stehenden Betriebslage ausgehenden Geruchsimmissionen nachstehende Ausführungen:

"Mögliche Geruchseinwirkungen nach Ausführung des

eingereichten Projektes:

Brühkessel:

Der Brühkessel im Schlachthaus soll in Zukunft durch eine Wasserrückgewinnungsanlage mit Warmwasser (50 Grad C) versorgt werden, und muß dann nicht mehr geheizt werden. Dadurch würden Emissionen von Rauchgasen weitgehend entfallen.

Containerraum:

Der Containerraum dient für die Zwischenlagerung von Schlachtabfällen. Die Schlachtabfälle werden in Zukunft in verschlossenen Behältern im gekühlten Containerraum gelagert, die Entsorgung soll am selben Tag durch die Tierkörperverwertung erfolgen. Durch diese Maßnahmen sind Geruchseinwirkungen weitgehend hintangehalten, und Geruchseindrücke wie Fäkalgeruch auch in den Sommermonaten nicht zu erwarten.

Selchanlagen:

Der Konsenswerber beabsichtigt durch Installieren einer Abluftreinigungsanlage den Rauch der beiden Selchen sowie die Dämpfe des Wurstkessels durch ein sogenanntes Biofilter zu leiten. Laut gewerbetechnischem Sachverständigen konnte die Firma keine Angaben über die Eignung derartiger Filter für die Entsorgung rauchartiger Abgase aus Selchanlagen machen. Da die Rauch- und Geruchseinwirungen je nach Wetterlage stark schwanken bzw. bei Niederdruck unzumutbare Ausmaße annehmen können, und die Selchen Tag und Nacht betrieben werden, ist eine wirksame Entsorgung auf jeden Fall erforderlich.

Wurstkessel:

Wenn der Wurstkessel in Zukunft mit Strom oder Gas betrieben wird, entfällt jene Rauchentwicklung, die durch die derzeitige Feststoffeuerung gegeben ist.

Durch das Installieren einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage wird es auch möglich sein, die Fliegenplage bei den Nachbarn so zu reduzieren, daß keine Belästigung oder Gesundheitsgefährdung zu erwarten ist, sofern die Türen und Fenster der Betriebsanlage während der Arbeitszeit geschlossen bleiben............"

Zusammenfaßend sei der medizinische Amtssachverständige zu dem Ergebnis gekommen, nach Ausführung des eingereichten Projektes sei für den gesunden normalempfindenden Menschen keine Gefährdung der Gesundheit und auch keine unzumutbare Belästigung durch Rauch zu erwarten. Voraussetzung sei, daß eine entsprechende Entsorgung rauchartiger Abgase aus den Selchanlagen gewährleistet sei.

Nach Darstellung der die Lärmimmissionen betreffenden zusammenfaßenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen und der Stellungnahme des Vertreters des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

- Zentral-Arbeitsinspektorat - führte der Bundesminister weiter aus, vorweg sei festzuhalten, daß die Betriebsanlage im genehmigten Umfang ohne relevante Unterbrechung immer betrieben worden sei und daß für den Standort auf Grund der bestehenden Flächenwidmung Bauland - gemischtes Baugebiet für die Betriebsliegenschaft ein Verbot im Sinne des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 nicht bestehe. Die von der geänderten Betriebsanlage zu erwartenden Immissionen gliederten sich in Lärm- und Geruchsimmissionen, wobei festzuhalten sei, daß es sich ihrer Art nach nicht um Neuimmissionen handle, weil bereits von der genehmigten Betriebsanlage Immissionen dieser Art ausgegangen seien und diese daher die bestehenden örtlichen Verhältnisse mitgeprägt hätten. Hinsichtlich der von der geänderten Betriebsanlage zu erwartenden Lärmimmissionen könne (aus näher dargestellten Erwägungen) zusammenfaßend festgehalten werden, daß eine Gefährdung der Gesundheit ausgeschlossen werden könne und daß diese Immissionen nach dem Maßstab eines gesunden normalempfindenden Erwachsenen und eines gesunden normalempfindenden Kindes unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, nämlich der Umgebungslärmsituation und der rechtskräftig genehmigten und betriebenen Betriebsanlage, nicht zu erwarten seien. Hinsichtlich der Geruchseinwirkungen könne vorausgeschickt werden, daß die Türen und Fenster der Betriebsanlage durch die Installierung einer mechanischen Be- und Entlüftung während der Betriebszeit aufgeschlossen blieben und daher Geruchsstoffe nur über diese verfrachtet werden könnten. Nach dem schlüssigen ärztlichen Amtssachverständigengutachten sei selbst in den Sommermonaten kein Fäkalgeruch zu erwarten. Da sowohl die Wurstkessel als auch die Brühkessel in Zukunft nicht mehr mit festen Brennstoffen beheizt würden, könnten Rauchgeruchsbelästigungen durch Rauchemissionen dadurch ausgeschlossen werden. Auch Geruchseinwirkungen durch Schlachtabfälle seien durch das Projekt ausgeschlossen, da diese in einem mit Kühlanlage ausgestatteten Containerraum verwahrt und ein- bis zweimal pro Woche durch einen befugten Entsorger abgeholt würden. Sowohl die Abluft aus den Selchen, als auch die Dünste des Wurstkessels würden nach dem bescheidgegenständlichen Projekt über eine Biofilteranlage geleitet. Dabei handle es sich um eine neuartige Technologie, die für die Reinigung von mit organischen Substanzen angereicherter Abluft angewendet werde. In der Literatur würden ausgezeichnete Ergebnisse für Tierkörperverwertungsanlagen, Schlachthöfe und Fischbratereien etc. angeführt. Auf Grund der Literaturangaben sei nach dem bisherigen Wissensstand zwar nicht mit einer Gefährdung der Gesundheit bzw. mit unzumutbaren Belästigungen zu rechnen, es könne aber die Wirksamkeit der Biofilteranlage nach dem schlüssigen gewerbetechnischen und ärztlichen Gutachten in der Praxis nur durch einen Probebetrieb und zwar auf die Dauer eines Jahres festgestellt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung mit Beschluß vom 26. September 1989, Zl. B 449/89-3, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in ihren Nachbarrechten nach der Gewerbeordnung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes tragen die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, die belangte Behörde habe bei Beurteilung der Zumutbarkeit der von der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgehenden, auf die Nachbarn einwirkenden Imissionen zu Unrecht auf die für die Widmung der Liegenschaft maßgebenden Vorschriften nicht Bedacht genommen. Auch stünde der Genehmigung der beantragten Änderung der Betriebsanlage § 2 Abs. 6 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1970 entgegen. Einige der von der belangten Behörde vorgeschriebenen Auflagen seien keine geeigneten Auflagen und es sei zudem deren Einhaltung gar nicht zu erwarten. Die Auflagen seien zuwenig bestimmt und seien auf Grund eines unrichtigen Befundes zustande gekommen, weil der Konsenswerber nämlich sowohl von den Lärmmessungen als auch von den übrigen Messungen im voraus Kenntnis gehabt und sich danach gerichtet habe. Die Beschwerdeführer seien grundsätzlich dagegen, daß im Wohngebiet Großbetriebe, die einem Schlachthof gleichkämen, errichtet würden. Der Konsenswerber sei derzeit in der Lage, mit der alten Anlage alle 3 Minuten ein Schwein zu schlachten und komplett aufzuarbeiten, was bei 15 Stunden 300 Schweine bedeute. Es sei unschwer erkennbar, welche Lärmimmissionen im Zusammenhang mit dem Zu- und Abtransport daraus hervorgehen könnten. Die Biofilteranlage sei für die Hintanhaltung von Lärm und Geruchsemissionen ungeeignet, zudem erzeuge das Gebläse für die Biofilteranlage zusätzlichen Lärm. Die in Rede stehende Biofilteranlage sei bisher noch nicht überprüft und es könne selbst die "Erzeugerfirma" nicht angeben, welche Immissionen von dieser Biofilteranlage ausgingen und welcher Ersatz für den Fall des Ausfalles der Biofilteranlage vorgesehen sei oder als Ersatz eingerichtet werden könnte.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen die Beschwerdeführer aus, die von den Sachverständigen erhobenen Befunde seien nicht repräsentativ, weil sie einerseits nur punktuell vorgenommen worden seien und andererseits der Konsenswerber die Möglichkeit gehabt habe, die von seiner Betriebsanlage ausgehenden Emissionen klein zu halten. Die Überprüfung der Geruchsimmissionen sei nicht repräsentativ, weil im Zeitpunkt der Überprüfung Hochdruckwetter mit Temperaturen von ca. 5 Grad C geherrscht habe. Die Überprüfung bei Niederdruckwetter und bei Temperaturen von 20 bis 30 Grad C, wie im Sommer, hätte ganz andere Ergebnisse gezeitigt. Die Begründung, daß die Auflage der Errichtung einer Biofilteranlage ausreichend sei, sei nicht überprüfbar, stehe mit dem Akteninhalt in Widerspruch und sei unrichtig. Falls es zu einem probeweisen Einbau einer Biofilteranlage kommen sollte, müßten Lärmmessungen sowohl bei Tag als auch bei Nacht durchgeführt werden, da die "Lieferfirma" nicht in der Lage sei, Aussagen über die zu erwartenden Schallemissionen zu machen. Die Beschwerdeführer sprächen sich auch entschieden gegen die Anordnung eines Probebetriebes für die Dauer eines Jahres aus. Der Beschwerdeführer betreibe bereits seit 10 Jahren ohne baubehördliche und ohne gewerberechtliche Genehmigung seinen "Schlachthof" unmittelbar im Wohngebiet. Durch die Anordnung des Probebetriebes dürfe er nunmehr seinen Betrieb um das 6-fache vergrößern, wodurch die Beschwerdeführer in ihrem Wohlbefinden, in ihrer Wohnqualität und in ihrer Einnahmemöglichkeit beeinträchtigt würden. Die Fortsetzung des Betriebes für die Dauer eines weiteren Jahres sei für die Beschwerdeführer unzumutbar und würde jedenfalls ihre Gesundheit durch Geruch, Lärm und Rauch noch weiter beeinträchtigen.

I.

 

Vorweg war die Zulässigkeit der Beschwerde zu prüfen.

Im Grunde des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsberhörde - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

In den in der Gewerbeordnung 1973 festgelegten Nachbarrechten können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 leg. cit. durch einen nach § 77 oder § 81 in Verbindung mit § 77 leg. cit. ergehenden Genehmigungsbescheid nur im Rahmen ihrer nach § 356 Abs. 3 leg. cit. rechtzeitig erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden.

Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1973 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstigen dinglichen Rechte gefährdet werden könnten. Zufolge der Regelung des § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren über ein Ansuchen um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Eine Einwendung muß, um auf Grund des § 356 Abs. 3 leg. cit. zu bewirken, daß ein Nachbar Parteistellung erlangt, somit auf einen oder mehrere der Tatbestände des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 leg. cit., im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein. Wer eine solche Einwendung rechtzeitig erhebt, erlangt im Rahmen dieser Einwendung als Nachbar Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/04/0091, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im vorliegenden Verfahren waren die Dritt- und Viertbeschwerdeführer C und D zur Augenscheinsverhandlung erster Instanz vom 21. März 1984 nicht erschienen. Zur Augenscheinsverhandlung vom 19. Juni 1984 war C "auch für ihren Gatten" erschienen und gab nachstehendes zu Protokoll: "Ich zweifle das Gutachten des Amtsarztes Hofrat Dr. U an. Es wurde nicht festgestellt, wie viele Tiere geschlachtet werden (pro Tag und Woche) und daraus ergeben sich zwangsläufig Immissionen für die Nachbarschaft, die sowohl gesundheitsschädlich als auch umweltbelastend sind und zudem eine Verminderung der Wohnqualität hervorrufen. Der Abstand vom Schlachthof sowie vom Gesamtbetrieb des Herrn X ist, wie im Ministerialverfahren festgestellt wurde, zu gering, um unzumutbare Belästigungen hintanhalten zu können. Frau C. bemerkt, daß ursprünglich das gesamte Gebiet einschließlich den Grundstücken, auf denen sich die Betriebsanlage des Herrn X befindet, als Bauland-Wohngebiet gewidmet war und auf Grund dieser Widmung die Nachbarn ihre Wohnobjekte errichtet haben. Nachträglich wurde das Betriebsgrundstück des Herrn X umgewidmet, in Bauland-gemischtes Baugebiet. Um die Qualität, die für Wohngebiete widmungsbezogen vorgesehen sind, zu erhalten, wird gefordert, daß von der Betriebsanlage X nur solche Immissionen ausgehen dürfen, die im Einklang mit der Widmung Bauland-Wohngebiet stehen. Durch die projektierte Überdachung des Innenhofes und die Verlegung der Zufahrt wird es Herrn X ermöglicht, seinen Betrieb in einen Schlachthof umzuwandeln, wodurch eine noch verstärktere Belastung bzw. Belästigung für die Nachbarschaft auftreten wird. Letztlich verweist Frau C darauf, daß die bisher im gegenständlichen Verfahren ASV-seits erteilten Auflagen nicht bzw. unzureichend eingehalten werden. Zusammenfassend wird festgestellt, daß von mir wie überhaupt von der Nachbarschaft aus den angeführten Gründen dem Erweiterungsvorhaben nicht zugestimmt werden kann."

Die Sechstbeschwerdeführerin F war in der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz vom 21. März 1984 durch ihren Ehemann E vertreten. Seine Erklärungen sind in der Verhandlungsschrift wie folgt protokolliert:

"Herr E ist gegen die beantragte Betriebsanlagenänderung, zumal diese mit Belästigungen für die Nachbarn verbunden ist, die nachbarlicherseits nicht hingenommen werden können. Zudem bemerkt Herr E, daß eine allfällige Verlegung der Zufahrt keine Verbesserung für die Nachbarn mit sich bringt, sondern lediglich zum Vorteil des Genehmigungswerbers reicht."

An der Verhandlung vom 19. Juni 1984 nahm die Sechstbeschwerdeführerin F weder persönlich noch durch einen Vertreter teil.

Die von bzw. namens der Dritt-, Viert- und Sechstbeschwerdeführer C sowie D und F in den Augenscheinsverhandlungen erster Instanz abgegebenen Erklärungen erfüllen nicht die oben dargestellten Erfordernisse einer Einwendung im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973. Diese Beschwerdeführer haben daher im gegenständlichen Genehmigungsverfahren Parteistellung nicht erlangt, weshalb sie entsprechend der oben dargestellten Rechtslage durch den angefochtenen Bescheid nicht in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein können. Ihre Beschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

 

II.

 

Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebslage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden ...

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub,

Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ............

Zufolge § 78 Abs. 2 GewO 1973, in der im Hinblick auf den

Zeitpunkt der Bescheiderlassung hier anzuwendenden Fassung der

Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, kann die Behörde im

Genehmigungsbescheid anordnen, daß die Betriebsanlage oder

Teile dieser Anlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in

Betrieb genommen werden dürfen, wenn im Zeitpunkt der

Genehmigung nicht ausreichend beurteilt werden kann, ob die die

Auswirkungen der genehmigten Anlage oder von Teilen dieser

Anlage betreffenden Auflagen des Genehmigungsbescheides die

gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend

schützen oder zur Erreichung dieses Schutzes andere oder

zusätzliche Auflagen erforderlich sind; ..........

Die Beschwerdeführer vermögen zwar mit ihrem Vorbringen hinsichtlich der ihrer Meinung nach der Genehmigung der Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage entgegenstehenden Widmungen der betroffenen Liegenschaften eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Denn einerseits wurde mit der Gewerberechtsnovelle 1988 das bis dahin in § 77 Abs. 2 normierte Erfordernis der Berücksichtigung der für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften bei der Beurteilung, ob Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. zumutbar sind, beseitigt. Andererseits kann aus der Bestimmung des zweiten Satzes des § 77 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 über die Unzulässigkeit einer Betriebsanlagengenehmigung im Hinblick auf Verbotsnormen ein subjektives Nachbarrecht nicht abgeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0047).

Die Beschwerde erweist sich jedoch auf Grund folgender Überlegungen als im Ergebnis berechtigt:

Wie sich aus dem oben wiedergegebenen diesbezüglichen Wortlaut des § 78 Abs. 2 GewO 1973 ergibt, ist im Genehmigungsbescheid die Betriebsbewilligung dann vorzubehalten, wenn unklar ist, ob mit den bisher vorgeschriebenen Auflagen die gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen ausreichend geschützt sind oder ob es zur Erreichung dieses Zieles anderer oder zusätzlicher Auflagen bedarf. Voraussetzung einer solchen Entscheidung ist somit, daß bereits bei Erlassung des Genehmigungsbescheides die Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage grundsätzlich feststeht. Im Rahmen des Verfahrens über die Erlassung der Betriebsbewilligung ist sodann nur mehr zu prüfen, ob und allenfalls welcher anderen oder weiteren Auflagen es zum Schutz der genannten Interessen bedarf.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Aus dem von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten amtsärztlichen Sachverständigengutachten geht hervor, daß die Rauch- und Geruchseinwirkungen aus der in Rede stehenden Betriebsanlage bei Niederdruckwetter unzumutbare Ausmaße annehmen können und somit zufolge § 77 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 der Genehmigung der beantragten Änderung der Betriebsanlage entgegenstehen. Zur Vermeidung solcher Emissionen steht nach dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen neben der projektierten Biofilteranlage "keine für den Betrieb anwendbare andere praktikable Maßnahme" zur Verfügung. Ob und inwieweit sich die Biofilteranlage hiezu aber überhaupt eignet, kann nach Aussage dieses Sachverständigen derzeit nicht eindeutig beurteilt werden. Der Klärung dieser Frage soll nach Meinung der belangten Behörde der angeordnete Probebetrieb dienen.

Bei dieser Sachlage hängt - da im Falle des Versagens der geplanten Biofilteranlage eine andere technische Möglichkeit zur Vermeidung unzumutbarer Rauch- und Geruchsbelästigungen nicht zur Verfügung steht - die Genehmigungsfähigkeit der in Rede stehenden Änderung der Betriebsanlage von der Wirksamkeit der Biofilteranlage ab. Da die Wirksamkeit dieser Anlage derzeit aber nicht beurteilt werden kann, ist somit ungewiß, ob das in Rede stehende Projekt überhaupt durch technische Maßnahmen in einen der Bestimmung des § 77 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 entsprechenden, seine Genehmigung erlaubenden Zustand gebracht werden kann. Es steht somit derzeit keinesfalls die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der beantragten Änderung der fraglichen Betriebsanlage fest, weshalb auf Grund der oben dargestellten Rechtslage die Erteilung eines Genehmigungsbescheides, wenn auch unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung und gleichzeitiger Vorschreibung eines Probebetriebes, dem Gesetz widerspricht.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das auf Zuspruch von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil für Schriftsatzaufwand gemäß § 49 Abs. 1 VwGG nur der in der zitierten Verordnung normierte Pauschalbetrag zuzuerkennen ist. Darüberhinaus betrifft die Abweisung des Mehrbegehrens nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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