Normen
GebG 1957 §33 TP8 Abs1;
GebG 1957 §33 TP8 Abs4;
GebG 1957 §33 TP8 Abs1;
GebG 1957 §33 TP8 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern zu Handen des erstangeführten Beschwerdeführers Aufwendungen in der Höhe von S 11.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind die Erben nach dem im Jahre 1981 verstorbenen Dipl.-Ing. Dkfm. X (im folgenden kurz X. sen. genannt). Dieser errichtete mit Notariatsakt vom 17. September 1979 zusammen mit drei weiteren natürlichen Personen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zwecks Fortführung eines in Form einer OHG betriebenen Unternehmens. Im Punkt VI/4 des Gesellschaftsvertrages vereinbarten die Vertragsteile (Gesellschafter der zu errichtenden GesmbH), ihre Stammeinlagen dadurch zu leisten, daß sie das Unternehmen der OHG auf Grund der Aufwertungs- und Einbringungsbilanz dieses Unternehmens zum 1. Jänner 1979 als Sacheinlage einbringen. In dieser Bilanz scheine, wie es im Gesellschaftsvertrag weiters heißt, ein fixes unverzinsliches Darlehen des X. sen. an die Gesellschaft im Betrage von S 13,000.000,-- auf. X. sen. erkläre, der GesmbH dieses Darlehen bis zur Liquidation zu belassen und auf eine Verzinsung dieses Darlehens zu verzichten.
Im ersten, zum hg. Erkenntnis vom 27. September 1984, Zl. 83/15/0165, führenden Rechtsgang erblickte die belangte Behörde im Punkt VI/4 des Gesellschaftsvertrages die erstmalige Beurkundung einer Darlehensgewährung des X. sen. an die GesmbH und setzte eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 des Gebührengesetzes (in der Fassung der Gebührengesetz-Novelle 1976, BGBl. Nr. 668 - GebG) in Höhe von S 104.000,-- (0,8 % von S 13,000.000,--) fest.
Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis vom 27. September 1984 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes im wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, daß der Gesellschaftsvertrag vom 17. September 1979 im Punkt VI/4 einen noch nicht rechtsgültig zustandegekommenen Darlehensvertrag beurkundete, weshalb keine Rechtsgebühr ausgelöst worden ist.
Dem Erkenntnis entsprechend hat die belangte Behörde mit Berufungsbescheid vom 2. Mai 1985 der Berufung der Beschwerdeführer Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben.
In der Folge stellte das Finanzamt nach Durchführung weiterer Ermittlungen fest, daß die GesmbH am 28. September 1979 in das Handelsregister eingetragen worden ist und daß in dem Bilanzeröffnungskonto der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe von S 13,000.000,-- am 31. März 1980 verbucht worden ist. Mit Bescheid vom 28. Februar 1986 setzte hierauf das Finanzamt neuerlich eine Rechtsgebühr diesmal gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 GebG in Höhe von S 104.000,-- und zusätzlich eine Gebührenerhöhung im Betrag von S 20.800,-- gemäß § 9 Abs. 3 GebG fest.
Mit dem nunmehr mit Beschwerde angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nur bezüglich der Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 3 GebG statt und wies im übrigen die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung des Bescheides gab die belangte Behörde aus den Entscheidungsgründen des genannten Vorerkenntnisses folgendes wieder:
"Nach den Bestimmungen der §§ 983 ff ABGB ist der Darlehensvertrag ein Realvertrag. Das heißt, daß er nicht schon mit der Darlehensvereinbarung zustandekommt, sondern zu seiner Gültigkeit überdies die Übergabe der dargeliehenen Sachen an den Darlehensnehmer erfordert, und zwar dergestalt, daß der Darlehensnehmer an ihnen Eigentum erwirbt. Obzwar die dem Darlehensvertrag wesensgemäße 'Übergabe ins Eigentum' auch durch 'Schuldumwandlung' - also etwa wie im Beschwerdefall durch Umwandlung eines Auseinandersetzungsguthabens in eine Darlehensforderung bzw. entsprechende Darlehensschuld - erfolgen kann, kommt doch auch bei der Schuldumwandlung der Darlehensvertrag nur und erst zustande, wenn bezüglich der dieser Umwandlung zugrunde liegenden Darlehensvaluta ein Übergang ins Eigentum des Darlehensnehmers überhaupt denkbar ist. Dies wieder ist solange nicht der Fall, als der in Aussicht genommene Darlehensnehmer rechtlich noch gar nicht existiert, da er ja solange auch kein Eigentum erwerben kann. Bezogen auf die streitgegenständliche GesmbH bedeutet das, daß mit dieser Gesellschaft zur Zeit des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages vom 17. September 1979 rechtsgültig noch kein Darlehensvertrag zustandekommen konnte. Erlangte doch die GesmbH nicht schon mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages, sondern erst mit ihrer Eintragung in das Handelsregister Rechtspersönlichkeit. Erst dann konnte sie Eigentum an dargeliehenen Sachen erwerben. Im übrigen beurkundet auch der Gesellschaftsvertrag vom 17. September 1979 bei rechtem Verständnis lediglich eine künftige Darlehensgewährung."
Daraus leitet die belangte Behörde ab, die versprochene künftige Darlehensgewährung sei durch die am 31. März 1980 erfolgte Aufnahme in die Bücher realisiert worden. Der Betrag von S 13,000.000,-- sei an diesem Tag auf das "fixe Darlehenskonto Dipl.-Ing. X" gebucht worden. Damit sei aber eindeutig der Tatbestand des § 33 TP 8 Abs. 4 GebG verwirklicht. Gemäß § 17 GebG sei für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der Urkunden maßgebend. Wie bereits ausgeführt, stelle die Aufnahme in die Bücher eine Ersatzbeurkundung dar, sodaß für die gebührenrechtliche Beurteilung die Bücher und Aufzeichnungen der GesmbH heranzuziehen seien. Unzweifelhaft stellten die verschiedenen Konten Teile dieser Aufzeichnungen dar. Es sei somit für die Subsumtion unter § 33 TP 8 Abs. 4 GebG die Bezeichnung "Darlehenskonto" maßgeblich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Rechtsgebührenfestsetzung nunmehr auf § 33 TP 8 Abs. 4 GebG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 668/1976 gestützt. Danach gelten die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften im Inland zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, als Urkunde, wenn über ein Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft im Inland keine Urkunde nach Abs. 1 errichtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem zitierten Vorerkenntnis die Frage behandelt, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit ein Rechtsgeschäft der Gebührenpflicht unterliegt. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Entscheidungsgründe jenes Erkenntnisses verwiesen. Das Ergebnis dieser Ausführungen war, daß nur ein tatsächlich zustandegekommenes Rechtsgeschäft, über das eine rechtserzeugende oder rechtsbezeugende Urkunde errichtet worden ist oder in bestimmten Fällen in Ermangelung einer derartigen Urkunde der Tatbestand einer Ersatzbeurkundung gegeben ist, die Gebührenpflicht auslöst. Im gegenständlichen Fall hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen eines gebührenpflichtigen Rechtsgeschäftes deshalb verneint, weil zur Zeit des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages vom 17. September 1979, aus dessen Punkt VI/4 die belangte Behörde auf eine Darlehensgewährung geschlossen hatte, rechtsgültig noch kein Darlehensvertrag zustandekommen konnte, da zu diesem Zeitpunkt die "darlehensnehmende" GesmbH rechtlich noch gar nicht existiert hatte. Der Verwaltungsgerichtshof folgerte daraus, daß der Gesellschaftsvertrag vom 17. September 1979 im Punkt VI/4 einen noch nicht rechtsgültig zustandegekommenen Darlehensvertrag beurkundete und daher keine Rechtsgebühr auszulösen vermochte. Dieser Rechtsanschauung folgend wurde von der belangten Behörde mit Berufungsentscheidung vom 2. Mai 1985 der Berufung Folge gegeben und der sich auf § 33 TP 8 Abs. 1 GebG stützende Gebührenbescheid aufgehoben.
Die neuerliche denselben Rechtsvorgang betreffende Gebührenfestsetzung wird von der belangten Behörde ausschließlich auf § 33 TP 8 Abs. 4 GebG gestützt. Die seinerzeitigen Sachverhaltsfeststellungen haben nur insofern eine Ergänzung erfahren, als die belangte Behörde nunmehr festgestellt hat, daß die GesmbH am 28. September 1979 in das Handelsregister eingetragen worden ist und daß die Buchung des Darlehens in dem Bilanzeröffnungskonto der GesmbH am 31. März 1980 erfolgt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch die Ansicht der belangten Behörde nicht zu teilen, daß der nunmehr vorliegende Sachverhalt die Gebührenfestsetzung rechtfertigt. Wie schon im ersten Rechtsgang wird nämlich von der belangten Behörde nicht hinreichend darauf Bedacht genommen, daß nicht die Urkunde als solche, sondern das jeweilige Rechtsgeschäft der Gebühr unterliegt. Die Urkunde ist lediglich Bedingung für die Gebührenpflicht eines Rechtsgeschäftes. Es konnte daher, wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis ausgeführt hat, der Gesellschaftsvertrag vom 17. September 1979, der im Punkt VI/4 einen noch nicht rechtsgültig zustandegekommenen Darlehensvertrag beurkundete, keine Rechtsgebühr auslösen. Das gleiche gilt für die Ersatzbeurkundung eines Darlehens, weil auch eine solche nur dann zur Gebührenpflicht führt, wenn ein rechtsgültig zustandegekommener Darlehensvertrag vorliegt. Daß aber ein rechtsgültiger Darlehensvertrag zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Aufnahme des Darlehens in die Bücher der GesmbH zustandegekommen ist, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Eine Darlehensgewährung wurde von den Beschwerdeführern schon im ersten Rechtsgang bestritten. Aber auch nach dem ersten Rechtsgang steht ohne ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu dieser Frage nicht von vornherein fest, daß eine derartige Vereinbarung nach dem genannten Gesellschaftsvertrag zustandegekommen ist. Damit konnte sich die belangte Behörde aber auch nicht auf § 17 GebG berufen. Die Aufnahme des Darlehens in die Bücher der GesmbH ersetzt für sich nicht die Feststellung, daß ihr ein rechtsgültig zustandegekommener Darlehensvertrag zu Grunde liegt. Die Annahme der belangten Behörde, daß die im seinerzeitigen Gesellschaftsvertrag vorgesehene "künftige Darlehensgewährung" nun durch die Aufnahme des Darlehens in die Bücher realisiert worden sei, ist aber deshalb nicht begründet, weil mit dem in Rede stehenden Gesellschaftsvertrag nach wie vor kein rechtsgültig zustandegekommener Darlehensvertrag beurkundet worden ist und auch nunmehr als einziger Anhaltspunkt, der auf das Zustandekommen eines Darlehensvertrages zu einem späteren Zeitpunkt hindeutet, die Aufnahme eines Darlehens in die Bücher vorliegt. Die Eintragung eines Darlehens in die Bücher hätte aber für die belangte Behörde Anlaß sein müssen, zu prüfen, ob, abgesehen von dem oben erwähnten Gesellschaftsvertrag zwischen den Parteien, eine Willenseinigung etwa im Weg einer Novation stattgefunden hat, die ein taugliches Titelgeschäft darstellt, und ob weiters die für den Realkontrakt Darlehen wesentliche Übergabe der Darlehensvaluta vorgenommen wurde, wobei zu beachten ist, daß diese auch im Wege kurzer Hand erfolgen kann.
Ausgehend von der inhaltlich unrichtigen Rechtsansicht, daß der Gesellschaftsvertrag das Rechtsgeschäft über die Darlehensgewährung darstellt, hat die belangte Behörde es unterlassen, Feststellungen über eine allenfalls zeitlich nach dem Gesellschaftsvertrag zustandegekommene Darlehensgewährung, für die die Aufnahme in die Bilanz ein Indiz bietet, zu treffen.
Dies mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes führen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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