VwGH 88/13/0075

VwGH88/13/007518.1.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerden der L-GesmbH in Z, vertreten durch Dr. Ulrich Brandstetter, Rechtsanwalt in Wien I, Herrengasse 5, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland A) vom 23. Februar 1988, GZ 6/2-2163/9/87, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1982 bis 1984 sowie der Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1982 bis 1984 und B) vom 25. Februar 1988, GZ GA 6/2-2163/12/87, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1982 bis 1984,

ad. A) zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184;
BAO §289 Abs2;
BAO §303 Abs4;
BAO §184;
BAO §289 Abs2;
BAO §303 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf die Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1982 bis 1984 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

ad. B) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Betriebsgegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin, einer GesmbH, ist die Produktion und der Handel mit Eiern und Geflügel. Im Jahre 1986 fand im Betrieb der Beschwerdeführerin eine den Zeitraum 1982 bis 1984 betreffende Betriebsprüfung statt. Im Zuge derselben wurde unter anderem festgestellt, daß eine Ausgangsrechnung vom 14. Dezember 1983 "in Höhe von S 15.163,20 brutto" nicht verbucht worden sei, daß von den fortlaufend numerierten Ausgangsrechnungsformularen 21 fehlten, sowie daß trotz entsprechenden Ersuchens Grundaufzeichnungen über die Eierabnahme - sogenannte Legelisten - hinsichtlich der Streitjahre nicht vorgelegt worden seien. Der Gesellschafter-Geschäftsführer RL habe im letztgenannten Zusammenhang die Behauptung aufgestellt, daß derartige Aufzeichnungen im fraglichen Zeitraum überhaupt nicht geführt worden wären. Weiters vertrat der Betriebsprüfer die Ansicht, daß die Belege für die Kfz-Kosten mangelhaft seien. Als Folge davon schied er pro Jahr ein Drittel der Gesamtkosten aus, behandelte sie als "Kosten der privaten Lebensführung", welche "somit den Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung" darstellten.

Im Zuge einer kalkulatorischen Umsatzverprobung auf der Basis des Futtermittelverbrauches und des ermittelten Hühnerbestandes errechnete der Betriebsprüfer im Prüfungszeitraum erhebliche Kalkulationsdifferenzen.

Im Hinblick auf die Feststellungen der Betriebsprüfung nahm das Finanzamt die Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1982 bis 1984 wieder auf und erließ entsprechende Abgabenbescheide. Bezüglich der auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung errechneten verdeckten Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer RL entfallende Kapitalertragsteuer wurde die Beschwerdeführerin mit Haftungsbescheid als Haftungspflichtige herangezogen.

Sowohl gegen die Wiederaufnahmsbescheide als auch gegen die neuen Sachbescheide sowie gegen den Haftungsbescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In diesem Rechtsmittel wird im wesentlichen die mangelhafte Begründung der erstinstanzlichen Bescheide gerügt.

Mit Schriftsatz vom 23. September 1986 ergänzte das Finanzamt die Ausführungen des Betriebsprüfungsberichtes und übermittelte der Beschwerdeführerin eine Darstellung der durchgeführten Kalkulation.

In ihrer Eingabe vom 3. November 1986 setzte sich hierauf die Beschwerdeführerin mit dieser Kalkulation auseinander und brachte umfangreiche Einwendungen dagegen vor. Zu der Frage der nicht verbuchten Ausgangsrechnung wird ausgeführt, daß diese "in der Tageslosung Deckung" fände. Das Fehlen von 21 Ausgangsrechnungsnummern erkläre sich daraus, "daß es sich hier um Verschreibungen handelt, die den im Betrieb mitarbeitenden Söhnen unterlaufen sind, die wegen ihrer fehlenden Erfahrung diese Belege herausgerissen haben".

Daß es über die Eierabnahme keine Aufzeichnungen gebe, hätten sie auch nicht vorgelegt werden können.

In einer Stellungnahme vom 9. März 1987 setzte sich das Finanzamt neuerlich mit der Frage der durchgeführten Kalkulation auseinander und führte sodann hinsichtlich jener Punkte, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch relevant sind, im wesentlichen aus:

Die nicht verbuchte Ausgangsrechnung in Höhe von S 15.163,20 könne in der Tageslosung keine Deckung finden, weil die Rechnung mit Scheck bezahlt worden sei. Eine Scheckeinlösung könne nicht nachgewiesen werden. Die Geschäftsbücher der Beschwerdeführerin wiesen pro Tag eine bare Tageslosung aus Eierverkäufen im Detailhandel und eine unbare Tageslosung aus Großhandelsumsätzen aus. Letztere würden auf einem Klopfstreifen täglich aufaddiert und in einer Summe auf das Erlöskonto gebucht. Die in Rede stehende Rechnung sei zwar bei den Belegen der unbaren Großhandelsumsätze abgelegt, jedoch auf dem Klopfstreifen nicht erfaßt und auch nicht auf dem Erlöskonto verbucht.

Das Fehlen von 21 Ausgangsrechnungsnummern im Prüfungszeitraum könne nicht "mit Verschreiben der Söhne begründet werden, denn es wird auf ordentliche Numerierung in der Buchhaltung großen Wert gelegt". Das "Herausreißen" könne nicht überprüft werden, weil keine Durchschläge von Paragonblöcken vorgelegt worden seien.

Vom Gesellschafter JH sei die Auskunft erteilt worden, daß Produktionsaufzeichnungen über die tägliche Eierabnahme in Form von Listen geführt würden. Die Nichtvorlage dieser Grundaufzeichnungen ließe vermuten, "daß die geführten Listen mit den erklärten Umsatzziffern nicht übereinstimmen".

Die nichtabzugsfähigen Kfz-Kosten beträfen die von der Tankstelle vorgelegten monatlichen Sammelrechnungen. Diese wiesen das Datum, den Rechnungsbetrag und die Kundenanschrift auf. Es fehlten allerdings die Typenbezeichnung des betreffenden Autos und die Art des getankten Kraftstoffes (Diesel oder Benzin). Im Zuge der Vorbesprechung am 28. April 1986 habe RL erklärt, er könne nicht ausschließen, "daß die Tankzettel für die Privatautos seiner beiden Söhne auch in diesen Sammelrechnungen enthalten sind (3 Pkw BMW befinden sich im Privatvermögen!)". Zu den Sammelrechnungen hätten detaillierte Tankzettel nicht vorgelegt werden können.

Mit Eingabe vom 15. Dezember 1987 brachte hierauf die Beschwerdeführerin ergänzend vor:

Der Betrag von S 15.163,20 laut Ausgangsrechnung vom 14. Dezember 1983 sei in der Tageslosung enthalten. Diese betrage an dem betreffenden Tag S 25.662,--. Tageslosungen stammten aus Verkäufen am Großmarkt, wo an verschiedene Großabnehmer vom Wagen herunter verkauft werde. Am 14. Dezember 1983 habe der Großhändler F eine Rechnung von S 15.163,-- mit Scheck bezahlt. Dieser sei auf der Heimfahrt bei der Bank eingelöst und der Betrag mit anderen Inkassi und Belegen zu Hause abgeliefert worden. Die Verbuchung erfolge dergestalt, daß die Beträge laut den Belegen addiert würden, die sich daraus ergebende Summe von der des inkassierten Geldes abgezogen werde, "woraus sich die Differenz als Tageslosung aus den Marktverkäufen ergibt". Wenn nun eine Großhandelsrechnung bei der Erfassung auf dem Klopfstreifen übersehen werde, sei nur diesen übersehenen Betrag die Tageslosung höher. Die betragsmäßige Erfassung sei somit sichergestellt.

Das Fehlen von 21 Ausgangsrechnungsformularen sei durch "Verschreibungen", welche vor allem den Söhnen des RL zu Beginn ihrer Tätigkeit als Marktfahrer passiert wären, verursacht worden. Die genannten Personen hätten nicht gewußt, daß verdorbene Formulare aufzuheben seien. Für die Annahme, daß Ausgangsrechnungen ausgestellt und nicht verbucht worden wären, gebe es keinen Nachweis.

Was die Frage der Legelisten anlange, so würden solche seit 1981 nicht geführt. Seit dieser Zeit sei nämlich RL, der bis dahin selbst auf den Markt gefahren sei, laufend im Betrieb anwesend.

Was die gegenteilige Angabe des JH anlange, so sei zu sagen, daß dieser seit Anfang 1982 nicht mehr im Betrieb tätig sei und daher über den Prüfungszeitraum keine Aussagen machen könne.

Zur Aussage der HK, die ebenfalls die Führung von Legelisten bestätigt habe, sei auszuführen, daß es sich bei ihr nur um eine tageweise im Unternehmen tätige Aushilfskraft gehandelt habe. "Der Beweiswert ihrer angeblichen Aussage ist nicht zuletzt daran zu messen, daß sie die Unterfertigung der Niederschrift verweigert hat".

Zu den Ausführungen der Verwaltungsbehörde in ihrer Stellungnahme vom 9. März 1987 hinsichtlich der Frage der Kfz-Kosten brachte die Beschwerdeführerin nichts vor.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde mit dem zur hg. Zl. 88/13/0075 angefochtenen Bescheid vom 23. Februar 1988, Zl. 6/2-2163/9/87, die Berufung gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme als unbegründet ab, der Berufung gegen die Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide 1982 bis 1984 jedoch teilweise Folge gegeben. Begründend führte sie im wesentlichen aus:

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die "nicht verbuchte Ausgangsrechnung" deswegen betragsmäßig erfaßt sein müsse, weil die Tageslosung aus den Marktverkäufen als Unterschiedsbetrag zwischen den kassierten Geldern und der Summe der Großhandelsrechnungen ermittelt werde, sei festzustellen, "daß dadurch der vorliegende (formelle) Buchführungsmangel keineswegs beseitigt wird". Im übrigen sei in der dargelegten Art der Ermittlung der Tageslosung aus Marktverkäufen selbst ein gravierender Buchführungsmangel zu erblicken, weil offensichtlich die Losungssumme nicht durch besondere Aufzeichnungen ermittelt werde.

Wenn die Beschwerdeführerin das Fehlen von 21 Ausgangsrechnungsformularen "mit Verschreibungen bzw. Unbrauchbarwerden" begründe, übersehe sie, "daß die Anführung der Gründe für die Vernichtung der betreffenden Rechnungsformulare das Vorliegen der darin gelegenen Buchführungsmängel nicht zu beseitigen vermag".

Was die Frage der Aufzeichnungen über die täglichen Eierabnahmen (Legelisten) anlange, behaupte die Beschwerdeführerin im Gegensatz zu den Aussagen von JH und HK, solche ab 1981 nicht mehr geführt zu haben. Da H aber erst im März 1982 aus der Firma ausgeschieden sei, erscheine er sehr wohl in der Lage auch hinsichtlich des Prüfungszeitraumes entsprechende Angaben zu machen. HK wieder habe angegeben, wöchentlich die Eier in den Legehallen abgenommen und die Eiermengen in den Listen eingetragen zu haben. Sie habe daher unmittelbar mit der Führung dieser Listen zu tun gehabt.

Die Aussagen der beiden Auskunftspersonen erschienen nach Ansicht der belangten Behörde glaubhaft. Die gegenteiligen Behauptungen des Geschäftsführers aber stellten offensichtlich reine Zweckbehauptungen dar.

Auf Grund des Dargelegten scheine die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht gegeben, eine Schätzungsbefugnis gemäß § 184 BAO liege vor.

Die vom Finanzamt angewandte Schätzungsmethode könne allerdings nicht aufrechterhalten werden; denn die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren gegen die von der Betriebsprüfung "vorgenommene Kalkulation und der darauf aufbauenden Ermittlung der Bemessungsgrundlagen vorgebrachten umfangreichen Einwendungen sind überwiegend berechtigt". In Anbetracht der festgestellten Buchführungsmängel erscheine "daher durch Hinzurechnung eines Betrages von 2 % zum Umsatz jeden Jahres gewährleistet, daß den tatsächlichen Betriebsergebnissen möglichst nahe gekommen wird".

Der im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 3. November 1986 enthaltene Berufungspunkt betreffend die nichtabzugsfähigen Kfz-Kosten sei auf Grund der weiteren Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 9. März 1987 offensichtlich nicht mehr aufrechterhalten worden und es komme ihm auch keine Berechtigung zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 88/13/0075 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Mit dem zur hg. Zl. 88/13/0077 angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 1988, GZ GA 6/2-2163/12/87, gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer der Jahre 1982 bis 1984 teilweise Folge und führte begründend aus:

Mit Berufungsentscheidung vom 23. Februar 1988, Zl. 6/2- 2163/9/87, habe die belangte Behörde der Berufung gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1982 bis 1984 teilweise Folge gegeben und festgestellt, in welchem Ausmaß verdeckte Gewinnausschüttungen in diesen Jahren vorgelegen seien. Auf die Begründung dieser Entscheidung werde verwiesen.

Die Abgabenschuldigkeiten an Kapitalertragsteuer seien daher, ausgehend von den in der Berufungsentscheidung vom 23. Februar 1988 ermittelten verdeckten Gewinnausschüttungen, entsprechend herabzusetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 88/13/0077, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für beide Beschwerdefälle ist in erster Linie die Frage zu klären, ob die belangte Behörde mit Recht hinsichtlich der Streitjahre von dem Vorliegen entsprechender Wiederaufnahmsgründe gemäß § 303 Abs. 4 BAO ausgegangen ist oder nicht. Erweist sich nämlich die Auffassung der belangten Behörde als unrichtig, stellen sich die beiden angefochtenen Bescheide zur Gänze als rechtswidrig dar.

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter anderem in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen und Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Wien 1980, Seite 726 f und die dort zitierte hg. Judikatur) ist es für die amtswegige Wiederaufnahme unmaßgeblich, ob die neuen Tatsachen im Erstverfahren verschuldet oder unverschuldet nicht berücksichtigt worden sind. Das bedeutet, daß auch ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen bzw. Beweismittel im Erstverfahren die Wiederaufnahme von Amts wegen nicht ausschließt. Eine solche Wiederaufnahme kann jedoch nur auf Tatsachen gestützt werden, die neu hervorgekommen sind, von denen die Abgabenbehörde also bisher noch keine Kenntnis hatte. Die Wiederaufnahme führt zur gänzlichen Beseitigung jenes Bescheides, der das nunmehr wiederaufgenommene Verfahren seinerzeit zum Abschluß brachte (vgl. Stoll, a.a.O. Seite 729 und die dort angeführte hg. Judikatur). Dies hat zur Folge, daß, wenn die Wiederaufnahme auf Grund einer neu hervorgekommenen Tatsache zulässig war, im wiederaufgenommenen Verfahren auch eine Änderung jener Bemessungsgrundlagen erfolgen darf, hinsichtlich deren keine neuen Tatsachen und Beweismittel gegeben sind (vgl. hg. Erkenntnis vom 23. März 1971, Zl. 1754/69).

Hinsichtlich der Beschwerdefälle erblickt die belangte Behörde einen tauglichen Wiederaufnahmsgrund im Mangel der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung der Beschwerdeführerin in den Streitjahren. Ihre Ansicht, daß eine solche Ordnungsmäßigkeit nicht gegeben ist, stützt sie auf die unbestrittenermaßen erstmals im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Feststellung, wonach eine Ausgangsrechnung nicht verbucht wurde, von den fortlaufend numerierten Ausgangsrechnungsformularen 21 fehlten, sowie daß Grundaufzeichnungen über die Eierabnahme - sogenannte Legelisten - , aus welchen allein die Anzahl der tatsächlich "produzierten" Eier hätte ersehen werden können, für den in Streit stehenden Zeitraum nicht beigebracht wurden. Daß diese Feststellungen des Betriebsprüfers grundsätzlich den Tatsachen entsprechen, hat die Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Wenn nun die belangte Behörde davon ausgeht, daß die sich auf Grund dieser Feststellungen ergebende, erst nach Erlassung der betreffenden "Erstbescheide" durch das Finanzamt im Zuge der Betriebsprüfung neu hervorgekommene mangelnde Ordnungsmäßigkeit der Buchführung der Beschwerdeführerin eine Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO darstellt, die im Hinblick auf die auf Grund ihres Vorliegens durchzuführende Schätzung im Spruch anders lautende Bescheide herbeiführt, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Der zur hg. Zl. 88/13/0075 angefochtene Bescheid erweist sich demnach, soweit er die erstinstanzlichen Wiederaufnahmsbescheide bestätigt, nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet.

Anders stellt sich allerdings die Sachlage hinsichtlich der von der belangten Behörde durchgeführten Schätzung dar, auf deren Basis sie die Bemessungsgrundlagen der einzelnen in Streit stehenden Abgaben ermittelte. Hier ist davon auszugehen, daß sie die von der Betriebsprüfung vorgenommene und den Gegenstand der Erörterung des gesamten Verwaltungsverfahrens bildende Schätzung ohne weiteres verworfen hat. An deren Stelle tritt die mit keinem Wort begründete Behauptung der belangten Behörde, daß durch die von ihr vorgenommene Hinzuschätzung eines Betrages von 2 % zum Umsatz eines jeden Jahres gewährleistet erscheine, "daß den tatsächlichen Betriebsergebnissen möglichst nahegekommen wird".

Zu Recht rügt die Beschwerde sinngemäß, daß diese Schätzung jegliche Begründung vermissen läßt, weshalb es nicht möglich ist, die Gedankengänge der belangten Behörde, die zu dem in Rede stehenden Ergebnis geführt haben, nachzuvollziehen.

Damit aber erweist sich der zur hg. Zl. 88/13/0075 angefochtene Bescheid, soweit er sich auf die Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1982 bis 1984 bezieht, ebenso wie der ebenfalls ausschließlich auf der Grundlage der von der belangten Behörde durchgeführten, oben genannten Hinzuschätzung erlassene, zur hg. Zl. 88/13/0077 angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was zur jeweiligen Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG führen muß.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, daß der belangten Behörde beizustimmen ist, wenn sie in dem angefochtenen Bescheid vom 23. Februar 1988, GZ 6/2-2163/9/87, davon ausgeht, daß die Beschwerdeführerin ihre ursprünglichen Einwendungen gegen die Nichtberücksichtigung von Kfz-Aufwendungen offenbar fallengelassen hat; denn auf die diesbezügliche eingehende Stellungnahme der Abgabenbehörde vom 9. März 1987, in welcher ausführlich der von der Finanzverwaltung zu dieser Frage festgestellte Sachverhalt und die von der Behörde daraus gezogenen Konsequenzen dargestellt wurden, hat die Beschwerdeführerin weder in ihrer nachfolgenden Berufungsergänzung noch - soweit dies aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Protokoll entnommen werden kann - im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde irgendetwas Konkretes vorgebracht. Die belangte Behörde hat sich daher keiner Rechtswidrigkeit schuldig gemacht, wenn sie in dem genannten angefochtenen Bescheid die in Streit stehenden Kfz-Kosten im Sinne der Ausführungen in der Stellungnahme vom 9. März 1987, deren Unrichtigkeit ohne weiteres nicht erkennbar ist, behandelte.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren war in beiden Beschwerdefällen abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand Umsatzsteuer nicht zuzusprechen ist.

Wien, am 18. Jänner 1989

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