VwGH 88/12/0068

VwGH88/12/00689.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Fischer, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. NZ in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Februar 1988, Zl. 106.768/01-Pr.C6/88 , betreffend Untersagung einer Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §56 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Dort leitet er als ernannter Stellvertreter die Abteilung III B 11.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde insbesondere unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Z. 12 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 fest, daß die vom Beschwerdeführer gemeldete Ausübung der Funktion eines Bundesgeschäftsführers des Österreichischen Kälber- und Rinderproduzentenringes (ÖKR) eine unzulässige Nebenbeschäftigung gemäß § 56 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes (BDG) 1979 darstellt.

Zur Begründung wird im wesentlichen dargelegt, aus der Meldung des Beschwerdeführers vom 2. Dezember 1987 gehe hervor, daß der Beschwerdeführer anläßlich der Gründungsversammlung des ÖKR zu dessen Bundesgeschäftsführer bestellt worden sei. Die zuständige Fachsektion im Bereich der belangten Behörde sei der Ansicht, daß eine Unvereinbarkeit dieser Funktion mit der Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Abteilung bestehe, und habe dies unter Hinweis auf folgende Verwaltungsaufgaben der genannten Abteilung begründet:

"Förderung des Inlandsabsatzes von Rindern, Kälbern, Schweinen, Pferden, Schafen und Ziegen; Förderung des Exportes von Ferkeln, Schafen, Ziegen und Pferden, soweit nicht Belange der Abteilung III B 11 berührt werden; Kälbermastprämienaktion; Ausstellung von Bestätigungen gemäß § 1 Abs. 6 VWG für jene Waren, die nach dem AHG nicht genehmigungspflichtig sind".

Gleichzeitig sei darauf hingewiesen worden, daß der Beschwerdeführer auf Grund der Suspendierung des Abteilungsleiters vorübergehend mit der Geschäftsführung dieser Abteilung betraut sei.

In Punkt 4 des § 2 der Satzung des Österreichischen Kälber- und Rinderproduzentenringes sei festgelegt, daß Zweck dieses Vereines unter anderem die "Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder gegenüber den Gebietskörperschaften, Körperschaften öffentlichen Rechts und sonstigen Personen" sei.

In seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 1987 habe der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, der Ressortchef habe anläßlich der Beratertagung am 19. Oktober 1987 mitgeteilt, daß er zur Schaffung von Vermarktungseinrichtungen eine positive Einstellung habe und derartige Entwicklungen begrüße. Mit Bezug auf diese Äußerung sei der Beschwerdeführer als Bundesgeschäftsführer vorgeschlagen worden und habe diese Funktion angenommen.

Nach den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme sehe er seine Aufgabe im ÖKR als beratende Hilfe, und zwar in Richtung Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der Förderungsmittel. Der ÖKR solle keineswegs entgegen den Zielsetzungen der belangten Behörde arbeiten. Als Ziel insgesamt müsse gelten, daß der gesamte Förderungsmitteleinsatz im Viehbereich bestmöglich, aber auch so gering wie möglich sein solle. Aus den angeführten Gründen sehe der Beschwerdeführer keine Unvereinbarkeit mit der Tätigkeit in seiner Abteilung.

Zur Ermittlung des vollständigen Sachverhaltes sei um eine Sachverhaltsergänzung dahingehend ersucht worden, ob durch die Berufung des Beschwerdeführers zum Bundesgeschäftsführer des ÖKR Tätigkeiten innerhalb der Dienstzeit anfallen würden und damit eine Beeinträchtigung der durch die Geschäftseinteilung übertragenen Aufgabenstellung zu erwarten sei. Hiezu habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er "die Tätigkeit eines Geschäftsführers des Österreichischen Kälber- und Rinderproduzentenringes in der selben Art und Weise pflegen möchte, wie ähnliche Tätigkeiten von Bediensteten des Ressorts bereits geführt werden". Auf die eingentliche Sachverhaltsfrage der allfälligen zeitlichen Unvereinbarkeit der Bundesgeschäftsführertätigkeit mit seiner Tätigkeit im Rahmen der Abteilung sei der Beschwerdeführer solcherart nicht eingegangen.

Nach Wiedergabe der Rechtslage führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, daß es sich bei der Tätigkeit als Bundesgeschäftsführer des ÖKR um eine Tätigkeit außerhalb des Dienstverhältnisses bzw. einer allfälligen Nebentätigkeit handle, also eine Nebenbeschäftigung im Sinne des § 56 Abs. 1 BDG 1979 vorliege. Die Erläuterungen zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 würden als Nebenbeschäftigungen jene Tätigkeit des Beamten bezeichnen, die weder zur Erfüllung der Dienstpflichten zähle noch eine Nebentätigkeit darstelle. Die Nebenbeschäftigung könne, müsse aber nicht erwerbsmäßig sein. Es könne sich somit um erwerbsmäßige unselbständige Tätigkeiten handeln, ferner um wirtschaftlich selbständige Tätigkeiten und schließlich auch um nicht erwerbsmäßige Tätigkeiten. Es zeige sich somit, daß die Bestimmung des § 56 Abs. 2 BDG 1979 sich auf jede Nebenbeschäftigung beziehe. Der Beamte dürfe daher auch eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht ausüben, wenn sie mit der genannten Bestimmung im Widerspruch stehe. Es sei daher zu prüfen gewesen, ob die gemeldete Nebenbeschäftigung den Beschwerdeführer an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindere, die Vermutung seiner Befangenheit hervorrufe oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährde.

Im Hinblick auf die ausweichende Äußerung des Beschwerdeführers zur Frage der Vereinbarkeit der Nebenbeschäftigung mit der Dienstzeit und die Tatsache, daß ein eindeutiges Beweismittel für eine zeitliche Behinderung der dienstlichen Aufgaben nicht vorliege, sei dieses Sachverhaltselement nicht als erwiesen anzunehmen und daher auch nicht dem Spruch zugrundezulegen.

Bei der Vermutung der Befangenheit sei von der Gegenüberstellung der bereits dargelegten Aufgaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Organisation der belangten Behörde und dem Punkt 4 des § 2 der Satzung des Österreichischen Kälber- und Rinderproduzentenringes auszugehen. Wenn ein und dieselbe Person als Bundesgeschäftsführer des ÖKR die "wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder gegenüber den Gebietskörperschaften" vertreten müsse, andererseits aber auch als Beamter im Rahmen der genannten Abteilung mit Förderungsmaßnahmen in diesem Bereich befaßt sei, dränge sich die Vermutung seiner Befangenheit bei der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben geradezu auf. Hiebei sei auch zu beachten, daß nach den Erläuterungen zum BDG 1979 beim Begriff der Befangenheit bereits deren Vermutung genüge. Die vorliegenden Stellungnahmen des Beschwerdeführers hätten diese Vermutung nicht zu entkräften vermocht; die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Äußerung des Ressortchefs zur Schaffung von Vermarktungseinrichtungen sei für die Beurteilung der Vermutung der Befangenheit ohne Belang. Auch die bekundete Bereitschaft, die Aufgaben als Bundesgeschäftsführer im ÖKR als Aufgaben der beratenden Hilfe zu sehen könne nicht das Bestehen der aufgabenmäßigen Interessenüberschneidung der Funktion als Bundesgeschäftsführer im ÖKR und der Dienstpflichten entkräften.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gemäß § 56 Abs. 2 BDG 1979 zulässige Ausübung einer Nebenbeschäftigung durch deren gesetzwidrige Untersagung auf Grund unrichtiger Anwendung der genannten Bestimmung, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen geltend, daß die belangte Behörde sowohl seine dienstliche Verwendung als auch die Art der vorgesehenen Nebenbeschäftigung nicht ausreichend erhoben bzw. in der Begründung dargestellt habe. Es hätte sich sonst ergeben, daß keinerlei Zusammenhang zwischen der Vereinstätigkeit und seiner Beamtentätigkeit bestehe. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß die Vermutung der Befangenheit nur dann entstehen könne, wenn durch ihn oder durch andere Vereinsorgane um jene Förderungen eingereicht werde, über die er als Beamter zu entscheiden habe. Dieser Eindruck könne aber auch nur bei jemandem entstehen, der über die Genauigkeit der Förderungsrichtlinien nicht Bescheid wisse. Da der Verein auf eine große Mitgliederzahl angelegt sei, erweise es sich als undenkbar, daß die Vereinsmitgliedschaft eine Bedeutung bei der Förderungsvergabe haben könnte. Des weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Entscheidung der belangten Behörde im Widerspruch zu ihrer sonstigen Verwaltungspraxis stehe, und weist darauf hin, daß er als parteiloser Kandidat bei der letzten Personalvertretungswahl aufgetreten sei.

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 56 Abs. 2 BDG 1979, wonach der Beamte u.a. keine Nebenbeschäftigung ausüben darf, die die Vermutung seiner Befangenheit hervorrufen könnte.

Sachverhaltsmäßig steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer derzeit die Abteilung leitet, die insbesondere für die Förderung des Inlandsabsatzes von Rindern, Kälbern, Schweinen und anderen Nutztieren, für die Kälbermastprämienaktion sowie für die Förderung des Exportes von solchen Nutztieren, ausgenommen Rinder und Kälber, zuständig ist. Dem Beschwerdeführer obliegt die Ausarbeitung der Förderungsrichtlinien und die Überprüfung und Fertigung der von den Mitarbeitern in der Abteilung bearbeiteten einzelnen Förderungsansuchen. Weiters ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer bei der Gründungsversammlung des Österreichischen Kälber- und Rinderproduzentenringes zu dessen Bundesgeschäftsführer bestellt wurde. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers handelt es sich dabei um einen Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, zwischen den Anbietern und Abnehmern von Kälbern und Rindern zu vermitteln, wobei vom Verein hiefür neben einem geringen Mitgliedsbeitrag eine Vermittlungsprovision eingehoben wird und auch die Transporte durchgeführt bzw. organisiert werden.

Bereits auf Grund dieses Sachverhaltes ist erkennbar, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid das Vorliegen der Vermutung einer Befangenheit im Sinne des § 56 Abs. 2 BDG 1979 zu Recht bejaht hat.

Im Beschwerdefall wird die Nebenbeschäftigung vom Beschwerdeführer gerade in jenem Bereich ausgeübt, in dem der Beschwerdeführer auch dienstlich tätig ist; es ist bei dieser Nebenbeschäftigung für den Beschwerdeführer zwangsläufig der Kontakt mit den Personen gegeben, denen gegenüber auch ein dienstliches Einschreiten des Beschwerdeführers notwendig sein kann. Der finanzielle Erfolg des Vereines, dessen Führung der Beschwerdeführer als Nebenbeschäftigung ausübt, hängt zumindest teilweise von den Personen ab, denen gegenüber der Beamte dienstlich tätig zu werden hat. Damit kann die durch die Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers gegebene Vermutung der Befangenheit im Sinne des § 56 BDG 1979 keinesfalls mehr als eine bloß abstrakt-denkmögliche gesehen werden.

Da die Gefahr der Befangenheit auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes hinlänglich konkret ist (vgl. insbesondere Erkenntnis vom 18. November 1985, Zl. 85/12/0145, Slg. N.F. Nr. 11942/A, weiters zu vergleichbaren Vorschriften die Erkenntnisse vom 23. Juni 1986, Zl. 86/12/0085 und vom 12. Jänner 1987, Zl. 86/12/0011) ist die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der belangten Behörde nicht rechtswidrig. An diesem aus dem Gesetz abgeleiteten Ergebnis kann auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die ansonst angeblich andere Verwaltungspraxis der belangten Behörde und auf seine Tätigkeit im Rahmen der Personalvertretung nichts ändern.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Soweit in diesem Erkenntnis in der Amtlichen Erkenntnissammlung des Verwaltungsgerichtshofes nicht enthaltene Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 9. Mai 1988

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