VwGH 88/10/0179

VwGH88/10/01792.7.1990

1. Motorsportclub A und 2. B gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 21. Juli 1988, Zl. N-450003-10713-I/Mü-1988, betreffend einen naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag,

Normen

NatSchG OÖ 1982 §39;
NatSchG OÖ 1982 §4;
ROG OÖ 1972 §18 Abs3 Z1;
VwGG §34 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §39;
NatSchG OÖ 1982 §4;
ROG OÖ 1972 §18 Abs3 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

I.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

III. Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Zweitbeschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2163/5, KG C, das laut Flächenwidmungsplan der Gemeinde C als Grünland gewidmet ist. Die Bezirkshauptmannschaft A erteilte mit Bescheid vom 9. Juni 1983 dem Erstbeschwerdeführer die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Verwendung dieses Grundstückes sowie einer Reihe weiterer Grundstücke als "Übungsgelände für und zur Durchführung von Moto-Cross-Veranstaltungen" unter einer Reihe von Vorschreibungen bis zum 31. Dezember 1988. Diese Bewilligung enthält die Auflage (Punkt 4 des Gutachtens des Naturschutzbeauftragten), den als Ziel- und Starthaus verwendeten Container mit einigen Holzarten zu umpflanzen. Die baubehördliche Bewilligung dieses Objektes erfolgte durch Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde C vom 23. September 1983. Dessen Bestand ist laut Schreiben dieser Gemeinde vom 1. Juli 1986 bis 31. Dezember 1988 befristet. In der Folge wurde der Container ausgebaut und durch ein mit Mauerwerk sowie in Holzbauweise errichtetes Gebäude ersetzt. In dem darüber durchgeführten baurechtlichen Verfahren sprach sich die Bezirkshauptmannschaft A als Naturschutzbehörde gegen dieses Bauvorhaben aus. Der Bürgermeister der Marktgemeinde C wies mit Bescheid vom 29. September 1986 den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Bewilligung des Umbaus mit der Begründung ab, daß das betroffene Grundstück im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung (belangte Behörde) vom 21. Juli 1988 wurde dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 1 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 - Oö NSchG 1982 -, LGBl. Nr. 80, aufgetragen, die auf dem Grundstück 2163/5, KG C, widerrechtlich errichtete Hütte im Ausmaß von rund 9,00 x 12,00 m, die innen gemauert und außen mit Holz verkleidet ist, bis spätestens 31. Oktober 1988 zu entfernen und den vorherigen Zustand wiederherzustellen. In der Bescheidbegründung ging die belangte Behörde im wesentlichen davon aus, daß die vom Erstbeschwerdeführer auf dem genannten Grundstück errichtete Hütte ein gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Oö NSchG 1982 naturschutzbehördlich bewilligungspflichtiges Bauvorhaben darstelle. Im Verfahren sei nicht hervorgekommen, daß für die Errichtung dieser als Start- und Zielhaus verwendeten Hütte eine naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt worden wäre. Es seien daher die Voraussetzungen zur Erlassung eines Entfernungsauftrages im Sinne des § 39 leg. cit. gegeben. Für welchen Zweck das Gebäude errichtet worden sei und welche Ziele damit erreicht werden sollten, sei ohne Belang. Über die Durchführbarkeit der Wiederherstellung des vorherigen Zustandes bzw. der Entfernung der Hütte bestehe kein Zweifel. Die dem Erstbeschwerdeführer hiebei allenfalls entstehenden vermögensrechtlichen Schäden, die letzten Endes auf sein rechtswidriges Handeln zurückzuführen seien, müßten unberücksichtigt bleiben.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 3. Oktober 1988, B 1565/88, ablehnte und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der abgetretenen, bereits auch hinsichtlich behaupteter einfachgesetzlich gewährleisteter Rechte vollständig ausgeführten Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

I. ZUR BESCHWERDE DES ERSTBESCHWERDEFÜHRERS:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Oö NSchG 1982 bedürfen Bauvorhaben im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a bis d der Oö Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, einer Bewilligung der Behörde, es sei denn, daß sie in einer geschlossenen Ortschaft oder in einem Gebiet ausgeführt werden sollen, für das ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 19 Oö Raumordnungsgesetz) vorhanden ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 lit. a der Oö BauO - die Tatbestände der lit. b bis d dieser Gesetzesstelle kommen im Beschwerdefall von vornherein nicht in Betracht - bedürfen der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung).

Gemäß § 39 Abs. 1 Oö NSchG 1982 kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat, oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Grundeigentümer, sofern eine Verpflichtung gemäß Abs. 1 nicht diesen trifft, die zu ihrer Erfüllung notwendigen Maßnahmen zu dulden.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht außer Streit, daß das Objekt, auf welches sich der angefochtene naturschutzbehördliche Entfernungsauftrag bezieht, vom Erstbeschwerdeführer errichtet wurde.

Der Erstbeschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß die im § 39 Oö NSchG 1982 aufgezählten administrativen Verfügungen im Falle eines der Oö BauO zu unterstellenden Bauvorhabens nur dann erlassen werden dürften, wenn die sich aus der Oö BauO ergebenden Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Bewilligungspflicht desselben Vorhabens nach der Oö BauO - mangels einer im Oö NSchG 1982 etwa enthaltenen entsprechenden Subsidiaritätsbestimmung im Verhältnis zu anderen landesgesetzlichen Regelungen - nicht auch jene nach den Bestimmungen der Oö BauO berührt. Der Umstand, daß § 4 Abs. 1 Z. 1 Oö NSchG 1982 auf die Oö BauO hinweist, rechtfertigt keineswegs den Schluß, daß den Bestimmungen der Oö BauO der "Vorrang" gegenüber dem Naturschutzgesetz einzuräumen ist. Der Beschwerdeführer übersieht, daß ein und diesselbe Sache in rechtlich einwandfreier Form zum Gegenstand von mehr als einem behördlichen Beseitigungsverfahren gemacht werden kann. Im vorliegenden Verfahren hatte die belangte Behörde als Naturschutzbehörde nicht über Fragen des Baurechtes, sondern über solche, deren Rechtsgrundlage sich im Oö NSchG 1982 findet, abzusprechen und hatte daher den Beseitigungsauftrag nicht auf die Bestimmung des § 61 Oö BauO zu stützen.

Der Erstbeschwerdeführer bringt weiters vor, die vom errichteten Gebäude betroffene Grundfläche sei im Flächenwidmungsplan nicht als besonderen sportlichen Zwecken dienende Grünfläche ausgewiesen.

Selbst, wenn eine derartige Widmung erfolgt wäre, wäre für den Erstbeschwerdeführer nichts gewonnen, weil das Vorhaben trotzdem einer Bewilligung nach § 4 Oö NSchG 1982 bedurft hätte. Danach unterliegt ein Bauvorhaben nicht der Bewilligungspflicht durch die Naturschutzbehörde, wenn es in einer geschlossenen Ortschaft oder in einem Gebiet ausgeführt werden soll, für das ein rechtswirksamer Bebauungsplan vorhanden ist. Ob es sich bei dem somit der Bewilligungspflicht unterliegenden Gebiet um sportlichen Zwecken dienendes Grünland im Sinne der Flächenwidmung (§ 18 Abs. 3 Z. 1 des Oö Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1972) handelt oder nicht, ist für die rechtliche Beurteilung nach den §§ 4 und 39 Oö NSchG 1982 unerheblich.

Soweit sich der Erstbeschwerdeführer mit Fragen der BewilligungsFÄHIGKEIT befaßt, ist darauf nicht näher einzugehen, weil es sich hier nicht um ein Bewilligungsverfahren handelt, sondern um die Beseitigung eines konsenslosen Zustandes. Das gegenständliche Bauwerk wurde nämlich unbestrittenermaßen ohne die erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 Oö NSchG 1982 errichtet und es fehlte eine solche Bewilligung auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides.

Soweit der Beschwerdeführer sich auf eine mündliche Genehmigung des errichteten Objektes durch den Bürgermeister der Marktgemeinde C als Baubehörde erster Instanz beruft, vermag er damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht mit Erfolg darzutun, weil die Erteilung der für das gegenständliche Bauwerk erforderlichen naturschutzbehördlichen Genehmigung nicht in die Kompetenz der Baubehörde fällt.

Sofern der Erstbeschwerdeführer mit seinem Vorbringen die Passivlegitimation bestreitet, ist ihm entgegenzuhalten, daß er, soweit er behauptet, daß er im Einvernehmen mit der Grundeigentümerin das gegenständliche Bauwerk errichtet habe, deshalb nicht mit Erfolg durchzudringen vermag, weil es nach dem Gesetz allein darauf ankommt, wer das Bauwerk errichtet hat und nicht darauf, ob und wer der Errichtung zugestimmt hat. Eine allfällige Zustimmung des Grundeigentümers ändert nichts daran, daß der Erstbeschwerdeführer - nach dem gegebenen Sachverhalt - das Gebäude allein errichtet hat. Daher durfte der Auftrag gegen ihn ergehen.

Wenn er weiters vorbringt, die belangte Behörde habe vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eine mündliche Verhandlung abgehalten, darüber jedoch keine Niederschrift aufgenommen, dem Beschwerdeführer nicht die Ergebnisse dieser Verhandlung mitgeteilt und keine Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt, so macht er damit wohl Verfahrensmängel geltend, deren Wesentlichkeit von ihm jedoch nicht dargetan wird, sodaß der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermag, inwieweit die belangte Behörde bei ihrem Bescheid Verfahrensvorschriften verletzt haben soll, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Aus den obigen Ausführungen ist ersichtlich, daß die Voraussetzungen des bereits wiedergegebenen § 39 Abs. 1 Oö NSchG 1982 gegeben sind.

Da somit keine der vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeiten vorliegt, erweist sich dessen Beschwerde als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen ist.

II. ZUR BESCHWERDE DER ZWEITBESCHWERDEFÜHRERIN:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf seine Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht verletzt sein kann.

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 10. Februar 1988 läßt auch unter Bedachtnahme auf die Begründung keinen Zweifel daran, daß der Auftrag zur Entfernung des in Rede stehenden Bauwerkes ALLEIN an den Erstbeschwerdeführer (und nicht an die Zweitbeschwerdeführerin) gerichtet war und nur DIESER zu einem HANDELN verpflichtet wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß dieser Bescheid auch der Zweitbeschwerdeführerin zugestellt worden war. Zu keinem anderen Ergebnis führt im konkreten Fall auch der Umstand, daß § 39 Abs. 2 OÖ NSchG 1982 eine Duldungsverpflichtung des Grundeigentümers normiert. Auch die Frage, ob sich aus dieser Duldungsverpflichtung eine Parteistellung der Zweitbeschwerdeführerin ableiten läßt, muß hier nicht geprüft werden. Die Zweitbeschwerdeführerin hat sich nämlich am Berufungsverfahren trotz nachweislicher Zustellung des Bescheides der ersten Instanz nicht beteiligt. Die Beschwerde erweist sich daher als unzulässig.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte