VwGH 87/10/0006

VwGH87/10/00063.6.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der S-Gesellschaft mbH in B, vertreten durch Dipl.-Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, Griesplatz 2/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. November 1986, Zl. 6 - 375/III Pu 23/43 - 1986, betreffend Verlängerung einer Bewilligung nach dem Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
LSchG Vlbg 1982 §11 Abs1;
NatSchG Bgld 1961 §19 Abs5;
NatSchG Krnt 1986 §5 Abs4;
NatSchG OÖ 1982 §12 Abs1;
NatSchG Slbg 1977 §38;
NatSchG Stmk 1976 §21 Abs2;
NatSchG Stmk 1976 §21 Abs3;
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs3 litc;
NatSchG Tir 1975 §13 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Februar 1983 erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 6 Abs. 3 lit. c, Abs. 4 lit. a und Abs. 7 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 (LGBl. Nr. 65, im folgenden kurz: NSchG) in Verbindung mit der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. Juni 1981, LGBl. Nr. 58, über die Erklärung von Gebieten der Warscheneck-Gruppe zum Landschaftsschutzgebiet, die Ausnahmebewilligung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am B-bach im Landschaftsschutzgebiet Nr. 15 unter einer Reihe von Vorschreibungen. Am Ende des Spruches dieses Bescheides wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Bewilligung gemäß § 21 Abs. 2 NSchG erlösche, wenn binnen zwei Jahren nach Eintritt ihrer Rechtskraft hievon kein Gebrauch gemacht oder das Vorhaben binnen drei Jahren nach Beginn der Ausführung nicht vollendet worden sei.

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage am 2. März 1983 zugestellt (auch die Beschwerdeführerin geht in der vorliegenden Beschwerde ausdrücklich von diesem Zustelltag aus).

Mit Schreiben vom 8. August 1985 beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde, ihr die Rechtswirksamkeit der erwähnten naturschutzrechtlichen Bewilligung vom 25. Februar 1983 um zwei Jahre zu verlängern.

Mit Bescheid vom 14. November 1986 wies die belangte Behörde diesen Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 21 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 NSchG zurück. In der Begründung führte sie im wesentlichen aus, die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Vermessung könne nicht als Bautätigkeit bzw. als Ausführungstätigkeit angesehen werden. Auch die geschaffenen Meßeinrichtungen stellten keine Bauwerke der Wasserkraftanlage selbst dar; sie dienten lediglich der Beweissicherung im wasserrechtlichen Verfahren. Es sei daher davon auszugehen, daß die mit dem Bescheid vom 25. Februar 1983 erteilte Bewilligung am 3. März 1985 erloschen sei. Da nur eine rechtswirksame Bewilligung verlängert werden könne, sei der Antrag der Beschwerdeführerin zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 2 NSchG erlischt u.a. eine Bewilligung gemäß § 6 Abs. 7, wenn binnen zwei Jahren nach Eintritt ihrer Rechtskraft hievon kein Gebrauch gemacht oder das Vorhaben binnen drei Jahren nach Beginn der Ausführung nicht vollendet wurde, soweit nicht im Bewilligungsbescheid selbst Fristen für den Beginn oder die Beendigung des Vorhabens festgesetzt sind. Nach § 21 Abs. 3 NSchG ist die Rechtswirksamkeit einer Bewilligung auf Antrag um höchstens zwei Jahre zu verlängern, wenn ihr Inhaber glaubhaft macht, daß er an der rechtzeitigen Vollendung des Vorhabens oder am Gebrauch der Bewilligung ohne sein Verschulden verhindert war und wenn in der Zwischenzeit die Erteilung einer Bewilligung nicht unzulässig geworden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof versteht die dargestellte Regelung des § 21 Abs. 2 NSchG dahin, daß von einer Bewilligung dann "kein Gebrauch gemacht" wurde, wenn mit der Ausführung nicht begonnen wurde. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem gegebenen Regelungszusammenhang und den hiebei vom Gesetzgeber verwendeten Worten, wobei auch § 21 Abs. 3 NSchG zu keiner anderen Auslegung führt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher - entgegen der offenbaren Ansicht der Beschwerdeführerin - auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zunächst anzuwendende Bestimmung des § 21 Abs. 2 NSchG wegen allfälliger mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit.

So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. September 1982, Zl. 81/10/0058, worauf die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend verweist, unter Hinweis auf die Vorjudikatur die Rechtsansicht vertreten, daß eine Verlängerung der Rechtswirksamkeit einer bereits erloschenen Bewilligung nicht in Betracht kommt. Da - wie oben dargestellt - von einer Zustellung des Bewilligungsbescheides vom 25. Februar 1983 am 2. März 1983 auszugehen ist, ist dieser als letztinstanzlicher Bescheid am 2. März 1983 in Rechtskraft erwachsen. Da weiters in diesem Bewilligungsbescheid eine gesonderte Frist für den Beginn des Vorhabens nicht festgesetzt wurde, endete die Frist hiefür am 2. März 1985 (vgl. § 32 Abs. 2 AVG 1950). Hatte die Beschwerdeführerin daher spätestens am 2. März 1985 keine Maßnahmen gesetzt, welche als "Beginn der Ausführung" ihres Vorhabens anzusehen sind, so ist die Bewilligung erloschen und kommt eine Verlängerung ihrer Rechtswirksamkeit nach § 21 Abs. 3 NSchG nicht in Betracht.

Die Beschwerdeführerin bringt insoweit vor, sie habe "Vorbereitungshandlungen" gesetzt, um die Bauarbeiten überhaupt erst zu ermöglichen. Sie führt hiezu wörtlich aus:

"Als Vorbereitungshandlungen wurde

a) die genaue Trassierung der Kraftwerksanlage einschließlich der dazugehörigen Druckrohrleitung mit den in der Natur ersichtlichen Vermessungspunkten und Markierungspunkten vorgenommen. Anhand der in der Natur ersichtlichen Pflöcke ist die Linienführung der späteren Druckrohrleitung exakt fixiert und wurden zu diesem Zweck die betroffenen Grundstücke in Anspruch genommen.

b) Am Gerinne und den Nebengerinnen wurden diverse Meßeinrichtungen, die zur Erfassung der Wasserführungsdaten erforderlich sind, installiert. An der S-Quelle ebenfalls im Bereich des Gerinnes ist ein Meßwehr errichtet worden, welches aus einer im Boden fix verankerten Betonplatte und einer entsprechenden Holzkonstruktion besteht. Die einzelnen Maßnahmen sind in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin fotografisch vor der Begehung dokumentiert worden. Trotz dieser eindeutig durch Fotos nachgewiesenen Bau- und Ausführungstätigkeiten hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid ausgesprochen, daß von der naturschutzrechtlichen Bewilligung kein Gebrauch gemacht wurde. Sie hätte diese Tätigkeiten als Ausführungstätigkeiten bewerten müssen, da ohne Vermessung eine Wasserkraftanlage nicht errichtet werden kann."

Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Tätigkeiten zur Gänze mit der erwähnten naturschutzrechtlichen Bewilligung im Zusammenhang stehen (was die belangte Behörde in der Gegenschrift in Hinsicht auf die Wassermeßeinrichtungen bestreitet, weil diese allein von der Wasserrechtsbehörde aufgetragen worden seien). Denn selbst wenn diese Tätigkeiten (auch) zur Realisierung des naturschutzbehördlich genehmigten Vorhabens unternommen worden sein sollten, wäre für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen:

Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 3 lit. c NSchG, welche für die Bewilligung der in Rede stehenden Wasserkraftanlage herangezogen wurde, ist für die Errichtung (Widmung und Aufführung) von Bauten und Anlagen, die nicht unter lit. b fallen und außerhalb eines geschlossenen, bebauten Gebietes liegen ... eine Bewilligung der zuständigen Behörde einzuholen. Im Hinblick auf den terminologisch gegebenen Konnex mit baurechtlichen Vorschriften ist der Gerichtshof der Ansicht, daß die Frage, welche Tätigkeiten im Rahmen einer Bewilligung wie der in Rede stehenden als "Beginn der Ausführung" des Vorhabens zu werten sind, unter Zuhilfenahme der von Rechtsprechung und Literatur zu baurechtlichen Vorschriften entwickelten Auslegungsgrundsätze lösbar ist. So hat etwa der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. April 1969, Zl. 1854/68 (zur Bauordnung für Wien), die Rechtsansicht vertreten, daß nur solche Erdarbeiten, welche der Verwirklichung des Bauvorhabens dienen, den Lauf der Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung unterbrechen; hiezu gehöre in erster Linie die Aushebung der sogenannten Baugrube, nicht aber die bloße Planierung des Bauplatzes. Unter Bezugnahme auf dieses Erkenntnis hat Krzizek (System des Österreichischen Baurechts II, Wien 1974, S. 196) die Ansicht vertreten, bei großen Bauvorhaben erfordere bereits die Einrichtung der Baustelle umfangreiche Arbeiten (Errichtung einer oder mehrerer Bauhütten, Aufstellung von Baumaschinen und Baugeräten usw.), alle diese Arbeiten seien (jedoch) noch nicht als Beginn der Bauführung anzusehen; vielmehr könne als Beginn der Bauarbeiten nur eine auf die tatsächliche Ausführung des Baues bezughabende Tätigkeit angesehen werden, wie der Abbruch von Baulichkeiten oder der Beginn der Erdarbeiten (Aushebung der Fundamente).

Die Übertragung dieser Überlegungen auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet, daß die von der Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Arbeiten als bloße "Vorbereitungsarbeiten" anzusehen sind und daher keineswegs als "Beginn der Ausführung" des Vorhabens, welches mit dem erwähnten Bescheid vom 25. Februar 1983 bewilligt wurde, gewertet werden können.

Entgegen der offenbaren Ansicht der Beschwerdeführerin ist es unerheblich, aus welchen Gründen sie von der erwähnten Bewilligung keinen Gebrauch machen konnte: Ob nämlich die Unterlassung des Beginnes der Ausführung auf Unmöglichkeit (tatsächliche und/oder rechtliche) zurückzuführen ist oder lediglich auf den Willen des Inhabers der Bewilligung, ist ohne Bedeutung (siehe zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 38 Abs. 1 lit. c des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977 das hg. Erkenntnis vom 26. März 1984, Slg. Nr. 11 380/A).

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die mit dem Bescheid vom 25. Februar 1983 erteilte Bewilligung erloschen ist.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Wien, am 3. Juni 1987

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