VwGH 87/09/0046

VwGH87/09/00462.7.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Griesmacher, Mag. Meinl, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge, über die Beschwerde der Mag. phil. JZ in W, vertreten durch Dr. Rudolf Müller, Rechtsanwalt in Wien II, Leopoldsgasse 51, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 9. Februar 1987, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ArbVG §22;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3 Z4;
AuslBG §4;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art18 Abs2;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwRallg;
ArbVG §22;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3 Z4;
AuslBG §4;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art18 Abs2;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Beschwerdeführerin am 21. Oktober 1986 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe in Wien für die Philippinische Staatsangehörige MC zur Verwendung als Kindermädchen im Ausmaß von wöchentlich 20 Stunden die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 (Aus1BG), beantragt. Dieser Antrag war vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 28. Oktober 1986 unter Berufung auf die eben zitierte Gesetzesstelle mit der Begründung abgewiesen worden, die Höhe der Ausländerbeschäftigung habe auch nach übereinstimmender Ansicht der Sozialpartner die Grenze erreicht, über welche die weitere Zulassung von Ausländern für nachteilig und unerwünscht gehalten werde.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, sie bemühe sich seit März 1986 vergebens, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt eine ihren Anforderungen entsprechende Arbeitskraft zu finden. Ihre Ansprüche bezüglich eines Kindermädchens seien derart spezifisch, daß es ihr trotz größter Bemühungen nicht gelungen sei, jemanden zu finden. Zum einen habe sie als Gerichtsdolmetsch und Universitätslektor eine äußerst ungeregelte Arbeitszeit, zum anderen lege sie Wert darauf, daß das Kindermädchen perfekt englisch spreche, da ihr älterer Sohn die International School besuchen solle. Da ihr zweites Kind noch sehr klein sei, müsse das Kindermädchen auch gelernte Säuglingsschwester sein und außerdem müsse die Beschwerdeführerin während ihrer Abwesenheit sicher sein, daß sich bei ihren Kindern und in ihrem Haushalt eine Person ihres Vertrauens befinde. Keine der österreichischen Bewerberinnen habe, diesbezüglich könne sie Zeugen anführen, diesen Anforderungen entsprochen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 iVm. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 4 und Z.7 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 4 Abs. 1 AuslBG zunächst die Grundsätze aus, die ihrer Meinung nach bei der Beurteilung der Frage, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die beantragte Beschäftigung zuläßt, zu beachten seien. Sodann sprach sie aus, im Hinblick auf den bestehenden Arbeitskräfteüberschuß sei eine strenge Prüfung der Erteilung von Bewilligungen für Ausländer erforderlich, um einerseits ausreichende Unterbringungsmöglichkeiten für die bereits seit längerer Zeit arbeitssuchenden Kräfte zu gewährleisten und anderseits ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

Diesen Überlegungen könne auch nicht entgegengehalten werden, daß die dargestellten Auswirkungen durch die Erteilung einer einzelnen Bewilligung nicht ausgelöst werden könnten. Da von einer Vielzahl gleich zu behandelnder Fälle auszugehen sei, würde die Berücksichtigung einer solchen Begründung im Einzelfall die Gesamtentwicklung in der angeführten nachteiligen Form beeinflussen. Weiters sei festgestellt worden, daß MC noch kein Dienstverhältnis in Österreich habe nachweisen können. Sie zähle somit nicht zu dem auf Grund von Beschäftigungs- bzw. Versicherungszeiten bevorzugt zu behandelnden Personenkreis. Derzeit sei eine Ersatzstellung durch Kräfte, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden, möglich. An der Vermittlung dieser Personen bestehe - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - ein dringendes öffentliches Interesse; diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Darüberhinaus dürfe eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG weiters nur erteilt werden, wenn die Gewähr gegeben erscheine, daß der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalte. Da der von der Beschwerdeführerin gebotene Lohn im Verhältnis zur vorgesehenen Arbeitszeit unter dem Mindestlohntarif liege, sei die Einhaltung der Lohnbedingungen nicht gegeben. Außerdem stünden der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die genannte Ausländerin fremdenpolizeiliche Gründe entgegen. Ihr Sichtvermerk sei nämlich laut Aktenlage bereits am 31. Dezember 1986 abgelaufen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete in der Sache eine Gegenschrift, in der sie - ohne nähere Begründung - die Zurückweisung der Beschwerde "mangels Legitimation" beantragte.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für MC verletzt. Sie trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, soweit sich der angefochtene Bescheid auf die besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z. 4 und Z. 7 AuslBG stütze, sei der belangten Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs vorzuwerfen. Im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung am 14. November 1986 habe die genannte Ausländerin bereits über eine aufrechte Aufenthaltsgenehmigung verfügt. Diesen Umstand hätte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides berücksichtigen müssen. Die Unterlassung des Parteiengehörs habe die Beschwerdeführerin daran gehindert, diesen Umstand der belangten Behörde zur Kenntnis zu bringen. Hinsichtlich der angeblich fehlenden Gewähr, daß die Beschwerdeführerin die Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalte, fehle eine nachvollziehbare Begründung. Die belangte Behörde gebe weder an, von welchem Mindestlohntarif sie ausgegangen sei, noch wie hoch der von der Beschwerdeführerin angeblich unterschrittene Mindestlohn sein soll. Es wäre auch Aufgabe der belangten Behörde gewesen, dieses, ihrer Meinung der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegenstehende Hindernis der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorzuhalten und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei dieser Stellungnahme hätte die Beschwerdeführerin unschwer dartun können, daß ihr nichts ferner liege, als lohnrechtliche Vorschriften nicht einzuhalten. Der Betrag in Höhe von S 3.500,-- netto sei vielmehr so zustande gekommen, daß die Beschwerdeführerin bei Ausfüllung des Antragsformulars von einem Beamten des Arbeitsamtes beraten worden sei. Auf ihre Frage, wie hoch der übliche Monatslohn für die in Aussicht genommene Beschäftigung sei, habe ihr der Beamte zur Antwort gegeben, daß dies etwa S 3.500,-- seien. Hinsichtlich des dritten, von der belangten Behörde ins Treffen geführten Arguments, daß eine Ersatzstellung durch Kräfte, die Arbeitslosengeld bezögen, möglich sei, sei der belangten Behörde ein Begründungsmangel unterlaufen. Die Beschwerdeführerin habe nämlich in der Berufung ausführlich dargetan, daß sie ein Kindermädchen mit speziellen Anforderungen suche, und zwar insbesondere bezüglich der durch die Beschäftigung der Beschwerdeführerin bedingten unregelmäßigen Arbeitszeit, perfekter Englischkenntnisse und einer Ausbildung als Säuglingsschwester. Die Beschwerdeführerin habe auch in ihrer Berufung eingehend begründet, inwieweit die vom Arbeitsamt stellig gemachten österreichischen Bewerberinnen diesen Voraussetzungen nicht entsprochen hätten und auch angeboten, Personen zu nennen, die ihre Angaben bestätigen könnten. Die belangte Behörde habe weder die von der Beschwerdeführerin genannten Anforderungen für die von ihr gesuchte Arbeitskraft präzise festgestellt, noch habe sie sich mit dem Berufungsvorbringen, die vom Arbeitsamt zugewiesenen Ersatzkräfte hätten als für den beabsichtigten Posten ungeeignet zurückgewiesen werden müssen, auseinandergesetzt. Die belangte Behörde habe auch nicht im einzelnen dargetan, weshalb diese Einwände ihrer Meinung nach allenfalls nicht stichhältig seien und für die in Aussicht genommene Tätigkeit in der Tat genügend geeignete inländische Arbeitskräfte zur Verfügung stünden. Der angefochtene Bescheid sei aber auch, soweit er sich auf § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG stütze, inhaltlich rechtswidrig. Diese Bestimmung ziele offenbar auf Mißstände in der Handhabung arbeitsrechtlicher Vorschriften ab. Ein bloßes Versehen des Arbeitgebers in der Lohnfrage vermöge jedenfalls noch keine begründeten Zweifel hinsichtlich des Vorliegens der "Gewähr" im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung auslösen.

Die Beschwerde ist begründet.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG, auf welche Bestimmung die im Beschwerdefall ausgesprochene Ablehnung der von der Beschwerdeführerin im Sinne des § 19 Abs. 1 AuslBG beantragten Beschäftigungsbewilligung zunächst gestützt wird, ist eine solche Bewilligung - unbeschadet hier nicht weiter in Betracht kommender Ausnahmen - zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Aus der konditionalen Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge mittels der Konjunktion "wenn" folgt, daß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an zwei Voraussetzungen geknüpft ist, nämlich

1) daran, daß die Lage und die Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und

2) wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Die Subsumtion des von der Behörde festgestellten Sachverhaltes unter die Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 1 AuslBG hat als die Beantwortung einer Rechtsfrage zu erfolgen. Der Gesetzgeber bedient sich in dieser Bestimmung jener Rechtssetzungstechnik (arg.: ....."ist...zu erteilen..."), mit der in der Gesetzessprache typischerweise eine Behördenzuständigkeit zur Entscheidung im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit zum Ausdruck gebracht wird.

Schon auf Grund des Ergebnisses einer Wortauslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG kann jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber im Schlußteil der angeführten Gesetzesstelle erwähnten wichtigen öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen erst zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung KONKRET die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese KONKRETE Beschäftigung zuläßt. Dies aber bedeutet, daß die Behörde bei der ihr im § 4 Abs. 1 AuslBG aufgetragenen Beurteilung, ob eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen oder zu verweigern ist, jedenfalls von der im EINZELFALL angestrebten Beschäftigung auszugehen hat (vgl. hiezu die Darlegungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1984, Zl. 84/09/0040, und die dort angeführte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung).

Solcherart stellt es aber einen Begründungsmangel dar, daß sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf allgemeine Ausführungen zur Frage der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Bundesgebiet und auf die allgemeine Aussage zurückgezogen hat, arbeitslosen Inländern und langjährig in Österreich tätig gewesenen Ausländern sei gegenüber Neuzugängen der Vorrang einzuräumen, beschränkt hat, ohne durch entsprechende damit im Zusammenhang stehende und den obigen Erwägungen Rechnung tragende Sachverhaltsfeststellungen und Erörterungen dem Verwaltungsgerichtshof eine nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit in dieser Hinsicht zu ermöglichen. Auch die Partei des Verwaltungsverfahrens, die ein Recht geltend macht, hat einen Anspruch darauf, die konkreten Gründe dafür zu erfahren; denn nur dann kann sie ihre Rechte sachgemäß verteidigen.

Nach dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. Oktober 1986, insbesondere aber nach ihren Ausführungen im Berufungsverfahren, war die Verwendung der MC als Kindermädchen mit spezifischen Voraussetzungen in Aussicht genommen. Solcherart hätte sich die belangte Behörde bei der dargestellten Rechtslage im Streitfalle ganz besonders mit dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, ihre unregelmäßige Arbeitszeit, die Ausbildung und Betreuung ihrer Kinder verlange (objektiv gesehen) die Verwendung eines Kindermädchens, welches die englische Sprache beherrsche und als Säuglingsschwester ausgebildet sei, auseinandersetzen und allenfalls im einzelnen dartun müssen, weshalb dieses Vorbringen ihrer Meinung nach bei objektiver Betrachtung nicht stichhältig sei und entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin diese Tätigkeit, für welche MC in Aussicht genommen sei, auch von einem inländischen Arbeitnehmer ausgeübt werden könne und hiefür auch bezüglich Leistung und Qualifikation vergleichbar geeignete inländische Arbeitskräfte zur Verfügung stünden.

Soweit die belangte Behörde die Nichterteilung der Beschäftigungsbewilligung weiters auf die besondere Voraussetzung des § 4 Abs. 3 Z. 4 stützt, und dazu lediglich ausführt, die Einhaltung der Lohnbedingungen sei im Beschwerdefall deshalb nicht gegeben, weil der von der Beschwerdeführerin gebotene Lohn im Verhältnis zur vorgesehenen Arbeitszeit unter dem Mindestlohntarif liege, leidet der angefochtene Bescheid an einem weiteren Begründungsmangel, der dem Fehlen jeglicher Begründung gleichkommt, und daher den Verwaltungsgerichtshof an der Ausübung seiner Kontrollbefugnisse hindert.

Das zu den Tatbestandsvoraussetzungen gehörende rechtserhebliche Tatbestandsmerkmal des "Gegebenerscheinens der Gewähr" bedeutet, daß keine Umstände vorliegen dürfen, die nach der Überzeugung der Behörde die künftige Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen als zweifelhaft erscheinen lassen; zu Zweifeln Anlaß gebende Umstände sind von den Behörden in einem der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun.

Der eine Verordnung darstellende Mindestlohntarif ist ein Rechtsinstrument, durch das Mindestentgelte mit zwingender Wirkung für den Einzelarbeitsvertrag festgelegt werden können. Arbeitnehmer, deren Lohnbedingungen wegen des Fehlens einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft auf Arbeitgeberseite durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht geregelt werden können, soll durch eine behördliche Festsetzung des Entgelts der notwendige soziale Schutz gewährt werden. Dies trifft insbesondere auf Hausgehilfen, Hausbesorger, Privat-, Musik- und Sprachlehrer und ähnliche Arbeitnehmer zu (Strasser im ArbVG-Handkommentar S 22, 1.; Weißenberg-Cerny, Arbeitsverfassungsgesetz4 (1981), 79).

Der Begriff der "Arbeitsbedingungen" ist weit zu verstehen. Er erfaßt nicht bloß die Hauptleistungen aus dem Arbeitsvertrag, also insbesondere das Entgelt und andere aus dem Arbeitsverhältnis entspringende Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien, wie Arbeitszeit, Freizeit, Feiertagsarbeit, sondern überhaupt jede Frage, welche die Stellung der Arbeitnehmer im Betrieb oder Unternehmen betrifft (vgl. Rebhahn, DRdA 1982, 241 ff; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 2 (1983) 558.

Entsprechend ihrer aus den §§ 58, 60 und 67 AVG 1950 erfließenden Verpflichtung, ihren Bescheid zureichend, d.h. in einer der nachprüfenden Rechtskontrolle zugänglichen Art, zu begründen, wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, konkret und in substantieller Weise darzulegen, auf welche Lohn- und Arbeitsbedingungen sich ihre nicht näher begründete Annahme stützt, ob diese Rechtsvorschriften auch für Teilzeitbeschäftigte gelten und ob die Ausländerin bezüglich ihrer Qualifikation mit österreichischen Arbeitnehmern vergleichbar ist.

Gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG - auf den sich der angefochtene Bescheid gleichfalls stützt - darf die Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn fremdenpolizeiliche oder paßrechtliche Gründe dem Aufenthalt oder der Beschäftigung des Ausländers nicht entgegenstehen.

Die belangte Behörde ging in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid von der Sachverhaltsannahme aus, daß der zeitlich beschränkte Sichtvermerk der genannten Ausländerin bereits abgelaufen sei. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde zu dieser Annahme niemals gekommen wäre, wenn sie an eine Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes geschritten wäre und hiezu sie, der Vorschrift des § 37 AVG 1950 entsprechend, zugezogen hätte. Gemäß § 37 AVG 1950 muß der Erlassung eines Bescheides - von den Sonderfällen des § 57 abgesehen - stets ein Ermittlungsverfahren vorangehen, dessen Zweck ein zweifacher ist, nämlich: 1. Den für die Erledigung der Sache maßgebenden Sachverhalt festzustellen, und 2. den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Die Wahrung des Parteiengehörs ist somit eine kardinale Voraussetzung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens. In ihr erblickt das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz in verfahrensrechtlicher Beziehung eine der wichtigsten Sicherungen des rechtsstaatlichen Prinzips.

In Ansehung der beiden oben dargestellten Begründungslücken und mit Rücksicht auf die aufgezeigte Verletzung des Parteiengehörs handelt es sich ihrer Art nach um prozessuale Mängel, von denen nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Behörde bei ihrer Vermeidung insgesamt zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Dementsprechend mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 2. Juli 1987

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