VwGH 87/07/0091

VwGH87/07/00918.10.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des IS in W, vertreten durch Dr. Herwig-Rainer Hanslik, Rechtsanwalt in Wien I, Wildpretmarkt 1/21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. April 1987, Zl. III/1-4.496/15-87, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes und Erlöschensvorkehrungen, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 3. Dezember 1986 stellte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (BH) unter Bezugnahme auf die §§ 29 Abs. 1 und 5, 27 Abs. 1 lit. g, 98 Abs. 1 WRG 1959 fest, daß das Wasserbenutzungsrecht des Beschwerdeführers (eingetragen im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Gmünd unter PZl. 157) erloschen sei und trug dem Beschwerdeführer gleichzeitig die Durchführung von in 17 Punkten angeführten, aus Anlaß des Erlöschens notwendig gewordenen Vorkehrungen auf.

Begründend führte die BH aus, es handle sich vorliegend um eine Wasserkraftanlage, hinsichtlich welcher auf das eingetragene Wasserrecht verzichtet worden sei. Da seit dem Verzicht rund 21 Jahre vergangen seien, in denen die Anlage weder genutzt noch erhalten worden sei, seien wesentliche Anlageteile verfallen bzw. gänzlich weggefallen. Auf den Einwand des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 22. September 1986, daß er nicht als Adressat letztmaliger Vorkehrungen nach dem WRG 1959 in Betracht komme, sei zu erwidern, daß als "bisher Berechtigter" (im Sinne des § 29 Abs. 1 leg. cit.) auch der jeweilige Rechtsnachfolger desjenigen, der die Anlage als letzter betrieben habe, anzusehen sei, und zwar so lange, bis den Bestimmungen des § 29 entsprochen worden sei. Daß dies dem Willen des Gesetzgebers entspreche, erhelle aus dem Motivenbericht zu § 22 WRG 1959, der besage, daß es im Sinne dieser Bestimmung liege, bei ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen - vorliegend handle es sich zweifellos um eine solche - als bisher Berechtigten nach § 29 leg. cit. den jeweiligen Eigentümer der Anlage oder Liegenschaft anzusehen, mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden gewesen sei. Aus den Erklärungen des Beschwerdeführers selbst gehe aber klar hervor, daß dieser vom seinerzeitigen Bestand einer Wasserkraftanlage Kenntnis gehabt habe. Da er derzeit Eigentümer der betreffenden Liegenschaft sei, sei er auch im Sinne des § 22 Abs. 1 WRG 1959 als derzeitiger Eigentümer der Liegenschaft, mit der das erlöschende Wasserrecht verbunden sei, anzusehen. Die Erlöschensvorkehrungen seien im öffentlichen Interesse, im Interesse anderer Wasserberechtigter sowie im Interesse der Anrainer notwendig.

2. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 10. April 1987 gemäß §§ 98 und 29 WRG 1959 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung ihrer Entscheidung schloß sich die belangte Behörde nach zusammengefaßter Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und des Berufungsvorbringens sowie Zitierung des § 29 Abs. 1 WRG 1959 den rechtlichen Erwägungen der Erstinstanz mit dem Beifügen an, daß derjenige, der eine Liegenschaft oder eine Anlage erwerbe, darauf zu achten habe, ob er ein Grundstück erworben habe, auf dem eine Wasserbenutzungsanlage betrieben worden sei, für die das Erlöschensverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Er werde sich somit darüber informieren, ob ihm Verpflichtungen aus dem Betrieb der Wasserkraftanlage träfen. Allfällige Regreßansprüche seien nicht nach dem WRG 1959 und nicht von der Wasserrechtsbehörde, sondern nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes von den Gerichten zu entscheiden.

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Beschwerdevorbringen zufolge durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf, daß nicht ihm gegenüber das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes festgestellt wird, sowie in seinem Recht darauf, daß nicht ihm letztmalige Vorkehrungen aufgetragen werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In Ausführung der Rechtsrüge bringt der Beschwerdeführer vor, der "bisher Berechtigte" im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 sei derjenige, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen sei. Dies sei im Beschwerdefall Roswitha F., die am 1. Juli 1965 auf das mit der Bauparzelle 128/2, KG X, verbundene Wasserrecht zum Betrieb einer Wasserkraftanlage (Wasserbuch PZl. n1) verzichtet habe. Er sei daher nicht Rechtsnachfolger nach der seinerzeitigen Wasserberechtigten im Sinne des Wasserrechtsgesetzes, weshalb weder die beschwerdegegenständliche Feststellung des Erlöschens noch die letztmaligen Vorkehrungen ihm gegenüber hätten getroffen werden dürfen.

2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbestritten und durch die Aktenlage gedeckt ist, daß die frühere Eigentümerin des Grundstückes 128/2, KG X, im Rahmen einer am 1. Juli 1965 vor der BH stattgefundenen Verhandlung auf das zugunsten ihrer Rechtsvorgängerin Paula B. im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Gmünd unter der PZl. n1 eingetragene, mit der Bauparzelle 128/2 verbundene Wasserbenutzungsrecht Wasserkraftanlage zur Erzeugung elektrischer Energie für den Eigenbedarf (vgl. den Wasserbuchbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. Februar 1952) verzichtet hat.

Bereits damit aber war das Wasserbenutzungsrecht im Grunde des § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erloschen, da Voraussetzung hiefür nach dieser Gesetzesstelle lediglich ist, daß der Berechtigte den Verzicht der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebracht hat. Von da her gesehen war es verfehlt, eben dieses bereits mit 1. Juli 1965 durch rechtsgültigen Verzicht erloschene Wasserbenutzungsrecht als weiterhin (über diesen Zeitpunkt hinaus) rechtlich existent zu behandeln und dem Beschwerdeführer als Berechtigtem zuzurechnen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Rechtsnachfolger im Eigentum des obgenannten Grundstückes 128/2 ist, vermag daran nichts zu ändern, da angesichts des Vorgesagten davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer (seinen Angaben zufolge im Jahre 1980) eine Liegenschaft erworben hat, die nicht (mehr) mit einem Wasserrecht verbunden war. Demnach kommt eine rechtliche Qualifikation des Beschwerdeführers als Rechtsnachfolger nach der seinerzeitigen Wasserberechtigten Roswitha F. nicht in Betracht (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1981, Zlen. 81/07/0035, 0036). Nur wenn dem Beschwerdeführer diese Eigenschaft zugekommen wäre, hätten die Wasserrechtsbehörden - das Vorliegen eines Erlöschenstatbestandes nach § 27 Abs. 1 WRG 1959 vorausgesetzt - ihn zu Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. verpflichten dürfen, hätte doch allein in diesem Fall vom Beschwerdeführer als demjenigen, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen sei, sohin - im Sinne der hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. Juli 1978, Slg. Nr. 9616/A) - als dem "bisher Berechtigten" gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 gesprochen werden können.

3. Da die belangte Behörde nicht erkannt hat, daß aufgrund des rechtsgültig erklärten Verzichtes vom 1. Juli 1965 ausschließlich Roswitha F. als diejenige anzusehen ist, deren Wasserbenutzungsrecht erloschen ist, mit der Folge, daß nur sie kraft ihrer damit gegebenen rechtlichen Eigenschaft als "bisher Berechtigte" als Adressat bescheidmäßig ausgesprochener Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 in Frage kommt, leidet der angefochtene Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß eine Vergütung von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Wien, am 8. Oktober 1987

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