VwGH 87/05/0208

VwGH87/05/020830.1.1990

N gegen Bauoberbehörde für Wien, vom 23. Oktober 1987, Zl. MDR-B X -25/85, betreffend eine baubehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: T-Gesellschaft m.b.H. in Wien)

Normen

GaragenG Wr 1957 §4 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §4;
GaragenG Wr 1957 §4 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer beim Magistrat der Stadt Wien am 21. März 1984 eingelangten Eingabe beantragte die mitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines unterirdischen Lagerkessels für Dieselöl und für die Aufstellung einer zusätzlichen Zapfsäule bei der Tankstelle Wien XY, L-Straße, Ecke A-Gasse auf den Grundstücken Nr. nn1 und nn2, EZ nn3, KG YZ.

Über dieses Vorhaben wurde am 18. Juli 1984 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der auch die Beschwerdeführerin als Nachbarin teilnahm. Sie brachte gegen das Projekt vor, es werde eine Frequenzerhöhung durch Fahrzeuge aller Art eintreten und Schwerfahrzeuge würden die Zapfsäule benützen. Durch den Schwerverkehr würde eine unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigung im Wohngebiet erfolgen. Sie beantragte, die Baupläne und die Bewilligungen für die Fundamente und die Außenanlage der Tankstelle beizuschaffen, da die ursprüngliche Bauausführung auf den Schwerverkehr nicht Bedacht genommen habe. Es würden Schwingungen auftreten, die die bestehenden Anlagen und die Nachbarschaft gefährdeten. Die medizinische Amtssachverständige, die an der mündlichen Verhandlung teilnahm, erklärte, es sei nicht zu erwarten, daß es durch den zusätzlichen Tank und die Zapfsäule zu einer unzumutbaren Geruchsbelästigung kommen werde. Weiters sei anzunehmen, daß mit Dieselöl angetriebene Fahrzeuge den vorhandenen Lärm nicht merklich verändern würden.

Aus einem Gutachten des Amtssachverständigen für Umweltschutz (Mag. Abt. 22) vom 18. April 1985 hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen geht hervor, daß Diesel-Pkw und Klein-Lkw erfahrungsgemäß keine gegenüber benzinbetriebenen Kraftfahrzeugen erhöhten Schallpegel aufweisen. Was das höhere Verkehrsaufkommen durch das Zufahren dieselbetriebener Kraftfahrzeuge zur Tankstelle und die damit gesteigerte Lärmimmission betreffe, so könne keine Aussage getroffen werden, da hierüber genauere Unterlagen erforderlich wären. Eine meßbare Erhöhung der Schadstoffemission (gemessen als CO) sei wegen der guten Durchlüftung des Areals nicht zu erwarten.

Der verkehrstechnische Sachverständige, der um eine Prognose der zu erwartenden Frequenzänderungen ersucht worden war, teilte in einer Stellungnahme mit, daß eine solche Prognose nicht möglich sei. Während nämlich bei kleinen Kraftfahrzeugen (Pkw und Kombi) nur wenige Prozent mit Dieselmotoren ausgestattet seien, wobei die Tendenz allerdings als stark steigend zu bezeichnen sei, hätten schwere Kraftfahrzeuge praktisch ausschließlich Dieselmotoren.

Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Schreiben vom 2. Jänner 1986 gemäß § 73 AVG 1950 den Übergang der Entscheidungspflicht auf die Bauoberbehörde für Wien. Mit Schreiben vom 19. März 1986 teilte sie mit, daß sie einer Beschränkung auf dieselbetriebene Pkw und "KKW" zustimme und bereit wäre, an der Tankstelle eine Hinweistafel anzubringen, daß eine Betankung von Schwerfahrzeugen über 3,5 t unzulässig sei.

Mit diesem Schreiben sowie mit Schreiben vom 2. April 1986 wies die Mitbeteiligte unter Vorlage von ÖMV-Sicherheitsdatenblättern darauf hin, daß bezüglich der Emissionsgefahr im Vergleich der Werte für Benzin und Diesel eine deutlich geringere Belastung bei Dieseltreibstoff nachweisbar sei.

Aus einer Stellungnahme der Mag. Abt. 22 (Umweltschutz) vom 11. Februar 1987 geht hervor, daß nach der Zulassungsstatistik derzeit ca. 6,5 % der Neuzulassungen auf Pkw mit Dieselmotoren entfallen. In früheren Jahren seien diese Zulassungszahlen geringer gewesen, es könne somit mit einem maximalen Anteil von 6,5 % dieselbetriebenen Fahrzeugen am Gesamtverkehrsaufkommen gerechnet werden. Die Steigerung der Fahrzeugfrequenz an der Tankstelle werde somit voraussichtlich maximal 6,5 % betragen. Eine solche Steigerung entspreche, da die Lärmemissionen von dieselbetriebenen Pkw jenen von vergasertreibstoffbetriebenen Pkw gleichzusetzen seien, einer Erhöhung des energieäquivalenten Dauerschallpegels um weniger als 1 dB. Änderungen dieser Größenordnung seien meßtechnisch nicht erfaßbar, da sie in derselben Größenordnung wie die Meßgerätetoleranz liegen. Weiters werde festgestellt, daß erst eine Erhöhung des Schallpegels um 2 bis 3 dB subjektiv wahrgenommen werde. Im vorliegenden Falle werde die akustische Situation praktisch ausschließlich vom Verkehr auf der L-Straße geprägt; eine Verschlechterung der Situation durch die Hinzunahme einer Betankungsmöglichkeit für dieselbetriebene Pkw sei mit Sicherheit auszuschließen.

Bei einer weiteren mündlichen Verhandlung am 8. April 1987 sprach sich die Beschwerdeführerin gegen den Devolutionsantrag aus, da wegen Unzulänglichkeit der von der mitbeteiligten Partei beigebrachten Unterlagen ein Übergang der Entscheidungspflicht unzulässig sei. Die Mängel der Einreichunterlagen hätten die Erstinstanz an der Entscheidung gehindert.

Der Sachverständige für Umweltschutz erklärte bei dieser Verhandlung, daß die Gesamtzahl der zugelassenen Fahrzeuge ungefähr gleich bleibe, während der Anteil der dieselbetriebenen sich innerhalb dieser Gesamtzahl etwa bei 6,5 % bewege. Allerdings zeige die Erfahrung, daß dieselbetriebene Fahrzeuge bei ungefähr gleichem Tankinhalt etwa 20 % weniger oft betankt würden als vergasertreibstoffbetriebene. Die Prognose der Frequenzsteigerung hätte noch um diesen Anteil von 20 % verringert werden müssen. Wegen der Geringfügigkeit sei eine solche Berücksichtigung jedoch unterblieben. Die Beschwerdeführerin brachte vor, der 6,5 %-Anteil dieselbetriebener Fahrzeuge könnte nur als unterster Wert angesehen werden, da ein Trend zum Umsteigen auf Dieselfahrzeuge bestehe. Außerdem komme die Tankstelle schon jetzt der Grenze des Zumutbaren nahe, sodaß jede Ausweitung eine unzumutbare Belästigung der Anrainer herbeiführe. Auch der Vertreter des Bezirksvorstehers sprach sich gegen eine Erweiterung der Tankstelle aus.

Der Sachverständige führte weiters aus, Leitwert für die von Kraftfahrzeugen abgegebenen Schadstoffe sei das CO. Beim Ausstoß von CO sei durch die Frequenzerhöhung infolge der Erhöhung von Dieseltreibstoff eine meßbare Erhöhung nicht zu erwarten; dies gelte analog für die übrigen Schadstoffkomponenten. Das bestehende Lärmniveau sei derart hoch, daß die beim Tanken der Dieselfahrzeuge entstehende Lärmentwicklung nicht gesondert in Erscheinung trete. Erfahrungsgemäß könne als Widmungsmaß für Wohngebiet ein Wert von 55 dB angenommen werden. Dieser Wert entspreche der langjährigen Erfahrung und werde auch durch die den Stand der Technik bildenden Richtlinien und Normen untermauert. Dieser Wert würde im gegenständlichen Fall erst bei einer Fahrzeugfrequenz von ca. 100 Fahrzeugen pro Stunde erreicht werden, wobei es gleichgültig sei, ob es sich um diesel- oder vergasertreibstoffbetriebene Kraftfahrzeuge handle. In der L-Straße sei - nach Aussage der mitbeteiligten Partei - bei bester Auslastung mit einer Stundenfrequenz von 15 bis 20 Wagen zu rechnen. Der Lärm eines Kraftfahrzeuges hänge vornehmlich von dessen Geschwindigkeit ab. Je höher diese sei, desto größer werde auch der erzeugte Lärm. Was die von der Beschwerdeführerin genannten lärmintensiveren Startvorgänge anlange, sei zu beachten, daß bei Tankstellen in aller Regel warme Motoren gestartet würden und lärmintensive Kaltstarts den Ausnahmefall darstellen. Bei der Annahme der Erreichung einer Lärmentwicklung von 55 dB seien die Vorgänge des Anfahrens und Startens bereits mitberücksichtigt. Das gegenwärtige Niveau der Lärmbelästigung im Bereich L-Straße - A-gasse sei nicht gemessen worden. Es sei aber bekannt, daß die Fahrzeugfrequenz in Spitzenzeiten etwa 1100 Fahrzeuge pro Stunde betrage.

Aus einem Gutachten der Mag. Abt. 15 (Gesundheitsamt) geht hervor, daß - obwohl aus medizinischer Sicht eine Verringerung der Lärm- und Schadstoffemissionen wünschenswert sei - im Hinblick auf die Gutachten des technischen Sachverständigen, wonach das bestehende Immissionsniveau nicht erhöht werde, die zu erwartenden Immissionen nicht geeignet seien, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen der Nachbarschaft herbeizuführen.

Bei einer weiteren mündlichen Verhandlung am 4. September 1987 erklärte der medizinische Sachverständige ergänzend zu seiner schriftlichen Stellungnahme auf entsprechende Einwendungen der Beschwerdeführerin eingehend, es sei zwar grundsätzlich richtig, daß der Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen höher als der von Benzinfahrzeugen sei, doch gehe es im konkreten Fall darum, ob durch den Betrieb einer Dieselzapfsäule eine zusätzliche Belastung entstehen werde. Was die Wahrscheinlichkeit einer zusätzlichen Belastung anlange, so sei der Mediziner an die Prognose des Technikers gebunden, somit an die Feststellungen der Mag. Abt. 22 vom 11. Februar 1987, welche bei der mündlichen Verhandlung vom 8. April 1987 ergänzt wurden. Eine Erhöhung des energieäquivalenten Schallpegels um 1 dB sei nicht meßbar und schon gar nicht wahrnehmbar. Unter Zugrundelegung der Richtigkeit des technischen Gutachtens könne daher ausgeführt werden, daß durch die zusätzliche Errichtung des Treibstoffbehälters für Diesel keine weitere Lärmbelästigung entstehen werde. Auch hinsichtlich der Schadstoffemission könne der medizinische Sachverständige seine eigene Stellungnahme nur auf der Prognose des Technikers aufbauen. Die Auswirkung der Schadstoffe eines dieselbetriebenen Fahrzeuges in der beschriebenen Größenordnung von maximal

20 Fahrzeugbewegungen pro Stunde könne nicht losgelöst von der bereits an Ort und Stelle gegebenen Vorbelastung durch Schadstoffe aus anderen Quellen (z. B. durch den Verkehr auf der L-Straße) beurteilt werden. Aus medizinischer Sicht könne daher auch keine zusätzliche Immission beurteilt werden. Der medizinische Sachverständige bemerkte abschließend, es seien keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, wonach sich eine höhere humanmedizinisch bedeutsame Gefährlichkeit der Abgase von Dieselmotoren gegenüber den Abgasen von Benzinmotoren ergebe.

Die Beschwerdeführerin sowie der Vertreter des Bezirksvorstehers sprachen sich weiterhin gegen die Erweiterung der Tankstelle aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 23. Oktober 1987 wurde gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 in Verbindung mit § 70 der Wiener Bauordnung und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung erteilt, nach Maßgabe der zum Bescheidbestandteil erklärten Beilage in Wien L-Straße/ A-gasse, auf der Liegenschaft nn3 des Grundbuches KG YZ, die zuletzt mit dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Mai 1982 bewilligte Tankstelle um eine Tankanlage für Dieselöl zu erweitern. Diese Anlage solle aus einem zusätzlichen unterirdischen Doppelmantelbehälter mit einem Inhalt von 10.000 l und einer zusätzlichen Zapfsäule bestehen. Die Zapfsäule solle auf der vorderen Zapfsäuleninsel zwischen den vorhandenen Zapfsäulen aufgestellt werden. Die Einwendung der Beschwerdeführerin, durch die stärkere Inanspruchnahme der Tankstelle auch durch Schwerfahrzeuge werde es zu einer im Wohngebiet unzumutbaren Lärm- und Geruchsbelästigung sowie zu gefährlichen Schwingungen kommen, wurde als im Gesetz nicht begründet abgewiesen. Nach Erwägungen zur Frage ihrer Zuständigkeit führte die belangte Behörde in der Begründung aus, daß schon nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Ermittlungen vom Verkehrsstandpunkt und vom Standpunkt der allgemeinen technischen Voraussetzungen nach dem Wiener Garagengesetz keine Bedenken gegen die Bewilligung der angestrebten Erweiterung der Tankanlage bestanden haben. Was die befürchteten Immissionen betreffe, habe die mitbeteiligte Partei während des Verfahrens ihr Ansuchen auf dieselbetriebene Pkw und Kkw eingeschränkt. Diese Einschränkung sei in Form einer Auflage gemäß § 3 Abs. 5 des Wiener Garagengesetzes in den Bescheid aufgenommen worden, sodaß die Betankung anderer dieselbetriebener Kraftfahrzeuge, insbesondere von Lkw, durch die Bewilligung nicht gedeckt wäre. Aus diesem Grunde bleibe für Bedenken gegen die Fähigkeit der vorhandenen Tankstellenanlage, einer Belastung durch Lkw standzuhalten, kein Raum. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin befürchteten Lärm- und Geruchsimmissionen sei deren Zulässigkeit anhand des § 6 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes in Verbindung mit § 6 der Wiener Bauordnung zu prüfen. Die Liegenschaft, auf der sich die Tankstelle befinde, sei als Wohngebiet gewidmet, sodaß sich das zulässige Ausmaß der Immissionen aus § 6 Abs. 6 der Wiener Bauordnung ergebe. Danach müsse sichergestellt sein, daß die zu bewilligenden Anlagen nicht durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet seien. Ausgangspunkt der Überlegungen sei gewesen, inwieweit durch die beabsichtigte Erweiterung der Tankstelle überhaupt eine Vergrößerung des Ausmaßes der Immissionen auftreten werde. Aus den Gutachten gehe hervor, daß eine Steigerung der Fahrzeugfrequenz voraussichtlich höchstens 6,5 % betragen würde, was eine Erhöhung des energieäquivalenten Dauerschallpegels um weniger als 1 dB bedeute. Im übrigen werde die akustische Situation bei der Tankstelle praktisch ausschließlich durch den Verkehr auf den anliegenden Straßen geprägt. Eine Verschlechterung der Situation durch die Hinzunahme der Betankungsmöglichkeit für dieselbetriebene Pkw sei mit Sicherheit auszuschließen. Die Frequenzprognose des umwelttechnischen Sachverständigen sei vom verkehrstechnischen Sachverständigen im wesentlichen bestätigt worden, welcher hinzugefügt habe, daß sich nach Ausschluß der schweren Lkw überhaupt nur mehr eine minimale Frequenzsteigerung ergeben würde. Dem Argument der Nachbarin, daß ein Trend zum Umsteigen auf Dieselfahrzeuge bestehe und der 6,5 %-Anteil nur als unterster Wert angesehen werden könne, werde entgegengehalten, daß die Lärmentwicklung durch vergasertreibstoffbetriebene und dieseltreibstoffbetriebene Kraftfahrzeuge gleich sei. Erfahrungsgemäß könne nach Ansicht des umwelttechnischen Sachverständigen als Widmungsmaß für das Wohngebiet ein Wert von 55 dB angenommen werden, was den langjährigen Erfahrungswerten entspreche und auch durch die den Stand der Technik bildenden Richtlinien und Normen untermauert werde. Ein solcher Wert würde aber erst bei einer Fahrzeugfrequenz von etwa 1000 Fahrzeugen pro Stunde erreicht, wobei es gleichgültig sei, ob es sich dabei um diesel- oder benzinbetriebene Fahrzeuge handle. Die mitbeteiligte Partei selbst rechne nur mit der Zufahrt von 15 bis 20 Fahrzeugen pro Stunde zu ihrer Tankstelle. Im übrigen werde das Niveau der Lärmbelästigung in diesem Bereich vornehmlich durch den Verkehrslärm auf der L-Straße bestimmt, wo die Fahrzeugfrequenz in den Spitzenzeiten etwa 1100 Fahrzeuge pro Stunde betrage. Der medizinische Sachverständige habe dargelegt, daß durch die geplante Erweiterung der Tankstelle das bestehende Immissionsniveau nicht erhöht werde und die zu erwartenden Immissionen nicht geeignet seien, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. So sei besonders die Erhöhung des energieäquivalenten Dauerschallpegels um etwa 1 dB nicht meßbar und schon gar nicht wahrnehmbar.

Unter Zugrundelegung der schlüssigen, mit den Parteien des Verfahrens ausgiebig erörterten Feststellungen der Sachverständigen nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß die geplante zusätzliche Errichtung eines Dieselkraftstoffbehälters und die Aufstellung einer Zapfsäule für dieses Produkt keine im Sinne des § 6 Abs. 6 der Wiener Bauordnung im Wohngebiet unzulässige Immissionen herbeiführen werde. Die von der mitbeteiligten Partei angestrebte Bewilligung sei daher unter gleichzeitiger Vorschreibung der notwendigen Nebenbestimmungen zu erteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957, in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 40/1969 und Nr. 7/1975, lauten:

"Städtebauliche Vorschriften

§ 4.

 

(1) Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sind im Bauland grundsätzlich zulässig. Die Errichtung von Tankstellen ist nur im Betriebsbaugebiet sowie im Industriegebiet zulässig; im übrigen Bauland ist die Errichtung von Tankstellen nur dann zulässig, wenn gleichzeitig auf dem gleichen Bauplatz eine Garage zur Errichtung gelangt, in welcher mindestens 300 Stellplätze geschaffen werden. ..."

 

"§ 6.

 

(1) Jede Anlage zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und jede Tankstelle muß so beschaffen sein, daß eine Gefährdung ihrer Benützer, der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch giftige Gase oder Dämpfe, durch Brand oder durch Explosion sowie eine das nach der festgesetzten Widmung zulässige Ausmaß übersteigende Belästigung der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch Lärm, üblen Geruch oder Erschütterung nicht zu erwarten ist."

 

Die Beschwerdeführerin stützt ihre Beschwerde darauf, daß die Vorschrift des § 4 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes, wonach die Errichtung von Tankstellen im übrigen Bauland (ausgenommen Industriegebiet und Betriebsbaugebiet) nur dann zulässig sei, wenn gleichzeitig auf dem gleichen Bauplatz eine Garage mit mindestens 300 Stellplätzen zur Errichtung gelangt, im gegenständlichen Fall nicht beachtet worden sei. Die Prüfung der Übereinstimmung mit der Widmung Wohngebiet sei unterlassen worden. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes lägen ebensowenig wie die des § 6 Abs. 6 der Wiener Bauordnung vor. Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 1972, VwSlg. Nr. 8297/A, ausgesprochen, daß der Lärm einer Tankstelle für die Nachbarschaft auch dann unzumutbar sei, wenn er nur um 1 dB den Lärm des Straßenverkehrs übersteige. Schließlich hätte sich der medizinische Sachverständige mit der Frage der Zumutbarkeit der erhöhten Immissionen nicht entsprechend auseinandergesetzt.

Im Beschwerdefall soll im gewidmeten Wohngebiet eine bereits bestehende (zuletzt mit Bescheid vom 5. Mai 1982, Zl. MA 35-AB/10/140/81, bewilligte) Tankstelle um eine Tankanlage für Dieselöl erweitert werden. Die vorgesehene Anlage, bestehend aus einem unterirdischen Doppelmantelbehälter mit einem Inhalt von 10.000 l und einer zusätzlichen Zapfsäule, soll unbestritten im räumlichen Verband der bestehenden Tankstelle für andere Treibstoffe errichtet werden. Die NEUERRICHTUNG einer Tankstelle ist also keinesfalls geplant.

Die erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Einwendung, die Tankstellenerweiterung widerspreche der Regelung des § 4 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes, kann schon infolge Präklusion nicht berücksichtigt werden; handelt es sich, wie sich sowohl aus der Überschrift als auch aus der Verbindung mit dem Garagenbau ergibt, dabei doch nicht um den Schutz vor den eingewendeten Immissionen, sondern um eine städtebauliche Vorschrift.

Die Einwendung wäre aber auch, selbst wenn sie ein rechtzeitig geltend gemachtes Nachbarrecht beträfe, unberechtigt: Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 7. November 1977, Zl. 1318/77, und vom 21. September 1982, Zl. 05/0003/79 (beide zitiert bei Geuder-Hauer, Das Wiener Baurecht, 3. Auflage, S. 608, E. Nr. 4), ausgesprochen, daß der Ausdruck "Errichtung von Tankstellen" des § 4 Abs. 1 zweiter Satz des Wiener Garagengesetzes nur in jenem Sinn verstanden werden kann, in dem er in eben diesem Satz für denselben Vorgang bei Garagen verwendet wird. Mit der Forderung, daß gleichzeitig auf dem Bauplatz eine Garage zur Errichtung gelangt, wird eindeutig auf den Neubau der Garage abgestellt, was zur Auslegung führen muß, daß der Gesetzgeber mit dem Ausdruck "Errichtung" von Tankstellen dieselbe Bedeutung verbindet. Die Ansicht, es sei im Bauland außerhalb des Betriebsbaugebietes und des Industriegebietes nicht nur jede Neuerrichtung, sondern auch jede Vergrößerung einer Tankstelle nur zulässig, wenn gleichzeitig auf demselben Bauplatz eine Garage mit mindestens 300 Stellplätzen errichtet wird, findet im Gesetz keine Stütze (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1978, B 215/77, VfSlg. 8403).

Aber auch das übrige Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Wenn sich die Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1972, Slg. Nr. 8297/A, beruft, in dem auch eine geringfügige Erhöhung des energieäquivalenten Dauerschallpegels für maßgebend erklärt wurde, übersieht sie, daß der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt - ganz abgesehen von der zwischenzeitigen Novellierung des Wiener Garagengesetzes - mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist. So lag dem damaligen Erkenntnis ein Fall zugrunde, in dem der Lärm einer Tankstelle geringfügig den Lärm des STRAßENVERKEHRS überstieg, wogegen sich im gegenständlichen Fall von der Beschwerdeführerin unbestritten nach den unbedenklichen Gutachten und Stellungnahmen des Sachverständigen ergibt, daß die Lärmimmissionen der Tankstelle, auch wenn sie ansteigen, durch den starken Verkehr (ca. 1100 Autos pro Stunde) der vorbeiführenden Straße überdeckt werden. Von einem Übersteigen dieses Verkehrslärms durch den Lärm der Tankstelle war im Beschwerdefall nie, auch nicht für Zeiten geringeren Verkehrs, die Rede. Dementsprechend legte der medizinische Sachverständige dar, daß keine erhöhte Beeinträchtigung der Nachbarn durch die Erweiterung der Tankstelle zu erwarten sei.

Aus dem unbedenklichen Gutachten des Sachverständigen für Umwelt- und Verkehrstechnik geht schlüssig und nachvollziehbar hervor, daß einerseits in Anbetracht der vorhandenen Lärmsituation (die sich auch aus den Messungen im Rahmen des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens ergibt) durch die Erweiterung der Tankstelle eine wahrnehmbare Vermehrung der Lärm- und Geruchsimmissionen nicht eintreten wird. Andererseits ist seit der Novelle zum Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 7/1975, für die Beurteilung von Belästigungen nicht mehr das ORTSÜBLICHE Ausmaß, sondern DAS NACH DER FESTGESETZTEN WIDMUNG ZULÄSSIGE Ausmaß entscheidend. Wesentlich ist das Widmungsmaß, das innerhalb einer Widmungskategorie überall gleich sein muß, da die Bauordnung für Wien hinsichtlich der Zulässigkeit von Immissionen keine Grenzziehungen innerhalb ein und desselben Widmungsgebietes vornimmt. Ob sich das Ausmaß der Lärmimmissionen nach der zusätzlichen Errichtung des Dieselbehälters um maximal 1 dB gegenüber jenem Zustand erhöht, der gegenwärtig im engeren oder weiteren Bereich um die Tankstelle gegeben ist, bleibt somit bedeutungslos. Daß eine Überschreitung der 55 dB-Grenze, die derzeit von der Wissenschaft für Wohngebiete angenommen wird, eintritt, wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich gegen das Gutachten des Sachverständigen für Medizin vorbringt, dieser sei auf die Frage der Zumutbarkeit des erhöhten Schadstoffausstoßes nicht genügend eingegangen und habe sich zu sehr auf die Vorgaben des technischen Sachverständigen gestützt, so ist darauf hinzuweisen, daß der Sachverständige für Medizin von den vom technischen Sachverständigen ermittelten Daten auszugehen hatte, da er sonst sein Fachgebiet überschritten hätte. Davon ausgehend, beurteilte der medizinische Sachverständige aber entgegen den Ausführungen in der Beschwerde sehr wohl die Frage der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Nachbarn als Folge der Erweiterung der projektierten Anlage und gelangte zu dem einleuchtenden Ergebnis, daß in Anbetracht der möglichen, nicht einmal meßbaren Erhöhung des energieäquivalenten Dauerschallpegels keine zusätzliche Belästigung der Nachbarn in gesundheitlicher Hinsicht zu erwarten ist. Auch hinsichtlich der Schadstoffemissionen ist angesichts der gegebenen Vorbelastung durch den Verkehr auf der angrenzenden Straße keine Verschlechterung der Situation in gesundheitlicher Hinsicht anzunehmen. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, der medizinische Sachverständige habe die Zumutbarkeit des Projektes in gesundheitlicher Hinsicht nicht genügend geprüft, ist daher unberechtigt.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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