VwGH 87/05/0177

VwGH87/05/017712.1.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des FH in T, vertreten durch Dr. Karl Trindorfer, Rechtsanwalt in Enns, Hauptplatz 15/II, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. September 1987, Zl. BauR - 7838/2-1987 See/Pe, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) G-Gesellschaft m.b.H. in T, vertreten durch Dr. Winfried Sattlegger, Rechtsanwalt in Linz, Figulystraße 27, und 2) Marktgemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
GdO OÖ 1979 §43;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
GdO OÖ 1979 §43;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Dezember 1986 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung für den Zubau einer Lagerhalle für Fertigprodukte auf dem Grundstück Nr. 1539/1, EZ. 463 des Grundbuches über die Katastralgemeinde X, unter Vorschreibung mehrerer Bedingungen und Auflagen erteilt, wobei die Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Lärm-, Geruchs- und Verkehrsbelästigung als unzulässig zurückgewiesen, die Einwendungen "über die neuerliche Ausdehnung der Anlage bis auf einen Abstand von 5,50 m an die Nachbargrundgrenzen" gemäß § 50 Abs. 1 und 3 der OÖ Bauordnung 1976 "als sachlich nicht gerechtfertigt abgewiesen", und die Einwendung "betreffend Gefahr im Brandfalle" unter Hinweis auf dieselben Bestimmungen abgewiesen worden sind.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Jänner 1987 "abgewiesen bzw. als unzulässig zurückgewiesen" und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 6. März 1987 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung mit der Feststellung Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt werde. Dieser Bescheid wurde daher behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen.

Die Aufsichtsbehörde begründete ihre aufhebende Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Baubehörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu prüfen gehabt hätte, ob das Bauvorhaben der Erstmitbeteiligten mit der Flächenwidmung "Betriebsbaugebiet" im Sinne des § 16 Abs. 8 des OÖ Raumordnungsgesetzes vereinbar sei, zumal aus dem Ergebnis der bisher durchgeführten Ermittlungen nicht abgeleitet werden könne, ob es sich bei der beantragten Betriebserweiterung um ein solches Bauvorhaben handle, bei welchem erhebliche Immissionsstörungen und Gefahren in dem für das Betriebsbaugebiet zulässigen Ausmaß ausgeschlossen werden können. Insofern seien aber die dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegten Ermittlungen als mangelhaft anzusehen. Da nicht ausgeschlossen werden könne, daß die Berufungsbehörde bei Durchführung entsprechender Ermittlungen allenfalls auch zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, seien Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden.

Nach einer entsprechenden Ergänzung des Ermittlungsverfahrens erging sodann unter Hinweis auf diesen aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheid der auf dem Sitzungsbeschluß vom 30. Juli 1987 beruhende Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 31. Juli 1987, mit welchem einerseits die Vorschreibungen des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides vom 18. Dezember 1986 ergänzt worden sind und anderseits die in der Berufung des Beschwerdeführers behandelten Einwendungen "hinsichtlich einer allfälligen Umwidmung der Lagerhalle in eine Produktionshalle sowie der Sanierung der bestehenden Anlage und der negativen Beeinflussung des Ortsbildes durch die Wahl des Baustils sowie in der Stellungnahme vom 17. 7. 1987 hinsichtlich der Erschütterungen außerhalb der Lagerhalle bei Inbetriebnahme des Elektrostaplers" gemäß § 50 Abs. 2 der OÖ Bauordnung 1976 zurückgewiesen worden sind. Im übrigen wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erwähnten erstinstanzlichen Bescheid gemäß §§ 49 und 50 leg. cit. abgewiesen.

Mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 10. September 1987 wurde sodann der gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch diesen in seinen Rechten nicht verletzt werde.

In dem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlichen Teil der Begründung ihres Bescheides führte die Aufsichtsbehörde aus, es sei hinsichtlich aller im Zusammenhang mit einer allfälligen Brandgefahr vorgebrachten Einwendungen grundsätzlich festzuhalten, daß dem Nachbarn nach der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine subjektivöffentlichen Rechte aus den Vorschriften feuerpolizeilichen Inhaltes erwachsen. Darüber hinaus sei im abgeführten Ermittlungsverfahren vom Brandsachverständigen ausführlich und verständlich dargelegt worden, daß im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der geplanten Lagerhalle und der darin zur Lagerung gelangenden Waren mit keiner besonderen Brandgefahr zu rechnen sein werde. Soweit der Beschwerdeführer im übrigen die Gutachten bekämpfe, sei ihm entgegenzuhalten, daß einem Sachverständigengutachten grundsätzlich nur auf gleicher Ebene (mit Gutachten) entgegengetreten werden könne, sodaß die diesbezüglichen Äußerungen des Beschwerdeführers schon insofern jeglicher Seriosität entbehrten.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die Erstmitbeteiligte erwogen:

Den gegen die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. Juli 1987 geäußerten Bedenken des Beschwerdeführers ist zu entgegnen, daß den Mitgliedern des Gemeinderates vor der Abstimmung der Entwurf eines Berufungsbescheides vorgelegen war, welcher nicht nur einen Spruch, sondern auch eine Begründung enthalten hat, wobei keine Anhaltspunkte dafür bestehen - und vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet wird -, da der der Beschlußfassung des Gemeinderates zugrunde gelegene Bescheidentwurf und der nach dessen Annahme durch 23 Mitgliede des Gemeinderates ergangene Bescheid vom 31. Juli 1987 nicht übereinstimmen, weshalb keine Bedenken bestehen, davon auszugehen, daß der Gemeinderat nicht nur die spruchgemäße Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 18. Dezember 1986 mit einer Ergänzung der darin enthaltenen Vorschreibungen, sondern auch die mehrere Seiten umfassende Begründung dieses Spruches zum Gegenstand seines Beschlusses gemacht hat. Der Gerichtshof kann in dem Umstand, daß der Entwurf dieses Bescheides nicht von einem Organwalter der mitbeteiligten Gemeinde, sondern vom OÖ Gemeindebund verfaßt worden ist, keine Rechtswidrigkeit erkennen. Im übrigen sind nicht etwa dadurch Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden, daß der Gemeinderat über die Berufung des Beschwerdeführers nach einem einstimmig angenommenen Dringlichkeitsantrag entschieden hat, zumal dem über die betreffende Gemeinderatssitzung aufgenommenen Protokoll zu entnehmen ist, daß während dieser Sitzung nicht nur der Entwurf des in der Folge beschlossenen Berufungsbescheides, sondern auch die Ergebnisse des nach dem aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 6. März 1987 ergänzten Ermittlungsverfahrens verlesen worden sind. Der Beschwerdeführer konnte nicht dartun, gegen welche Bestimmung der OÖ Gemeindeordnung 1979 durch diese Vorgangsweise verstoßen worden sein soll.

Das gesamte übrige Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über die vom Beschwerdeführer wegen der vom geplanten Vorhaben ausgehenden Brandgefahr erhobenen Einwendungen seine Rechte verletzt habe.

Dieser Ansicht kann sich der Gerichtshof aus nachstehenden Erwägungen nicht anschließen:

Auch wenn man davon ausgeht, daß die Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters zu jenen im § 46 Abs. 3 der OÖ Bauordnung 1976 erwähnten gehören, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen, dem Beschwerdeführer also insoweit ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zusteht, könnte der belangten Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Berufungsbescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. Juli 1987 zu Unrecht keine Folge gegeben zu haben.

Bereits in dem diesem Berufungsbescheid zugrundeliegenden erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid vom 18. Dezember 1986 wurden der Erstmitbeteiligten nachstehende, unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes relevante Auflagen vorgeschrieben:

"20) Die Wand zwischen der bestehenden, angrenzenden Produktionshalle und dem Lagerhallenzubau ist als Brandmauer in F 90-Ausführung auszubilden. Die bestehenden Fensteröffnungen sind zuzumauern.

21) Die Gehtür und das Tor zwischen bestehender und neuer Halle sind brandhemmend (T 30) auszuführen. Die Gehtür ist selbstschließend auszubilden. Das Tor ist so auszubilden, daß es im Brandfall selbständig schließt. Die Steuerung dieses Selbstschließmechanismus hat durch Brandmelder sowohl in der Lagerhalle als auch in der Produktionshalle zu erfolgen.

22) An der nördl. und südl. Außenwand ist je eine Fluchttüre einzubauen.

23) Zu den Fluchttüren sind die Fluchtwege von Lagerungen freizuhalten. Diese Fluchtwege sind durch mind. drei Notbeleuchtungen, welche mind. 30 Minuten nachleuchten, auszustatten.

24) Mindestens zwei der Lichtkuppeln am Dach sind brandrauchentlastend auszubilden. Es wird empfohlen, diese gleich wie das Zufahrtstor mit den Brandmeldern anzusteuern.

25) Der Hallenzubau ist in den bestehenden Brandschutzplan einzubeziehen.

26) In der Lagerhalle sind insgesamt 4 Handfeuerlöscher der Type P 6 zur ersten Löschhilfe gut sichtbar zu montieren. Diese sind alle zwei Jahre nachweislich überprüfen zu lassen."

Diese Vorschreibungen wurden durch den Berufungsbescheid vom 31. Juli 1987 wie folgt ergänzt:

"1. Der Hallenzubau ist als eigener Brandabschnitt im Sinne der Bestimmungen der Bauordnung auszuführen. Dementsprechend ist die Trennwand zwischen bestehender Lagerhalle und Neubau als Brandmauer auszuführen.

2. Die Verbindungsöffnung von der bestehenden Lagerhalle zum Regallager ist mit einer Brandschutztüre T 30 zu verschließen.

3. Die nördliche und östliche Außenwand des Hallenzubaues ist wegen der nicht isolierten Lage aus Gründen des Anrainerschutzes in brandbeständiger Bauweise herzustellen. Sollte diese Bauweise aus bautechnischen Gründen nicht eingehalten werden können, wäre im Regallager eine automatische Brandmeldeanlage zu installieren. Die automatische Brandmeldeanlage wäre nach den Richtlinien der österreichischen Brandverhütungsstellen TRVB 123 'Brandmeldeanlagen' auszuführen, wobei vor Bauausführung ein einschlägiges Projekt der Brandverhütungsstelle für OÖ zur Vorbegutachtung vorzulegen wäre.

4. In der Lagerhalle ist auf das Rauchverbot durch entsprechende Anschläge hinzuweisen.

5. In der Lagerhalle dürfen keine Gegenstände gelagert werden, die eine Verbindung mit Kunststoffen der Polyvenilchloridgruppe (PVC) aufweisen."

Gerade dieser letztgenannten, offenbar auf Grund der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bedenken in den Berufungsbescheid aufgenommenen Vorschreibung kommt besondere Bedeutung zu, weil damit in verbindlicher Form klargestellt ist, daß in der den Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens bildenden Lagerhalle - also nicht einer Produktionsstätte - gerade jene Stoffe nicht gelagert werden dürfen, von denen nach Auffassung des Beschwerdeführers im Brandfall eine besonders nachteilige Wirkung zu befürchten ist. Angesichts dieser Vorschreibung und der am 2. Juli 1987 erstatteten gutächtlichen Äußerung des brandschutztechnischen Sachverständigen, in welcher abschließend festgestellt worden ist, daß "die für den Anrainerschutz erforderlichen Maßnahmen in ausreichendem Maße getroffen und im Gutachten enthalten sind", bestand für die belangte Behörde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht etwa deshalb Anlaß für eine neuerliche Aufhebung der Entscheidung der Berufungsbehörde, weil sie einem diesbezüglichen Antrag des Beschwerdeführers nicht gefolgt ist und daher nicht zusätzlich festgestellt hat, welche Materialien bei der Herstellung der Oberflächenbeschichtungen in der Beschläge- und Metallwarenfabrik der Erstmitbeteiligten verwendet werden, welche chemische Zusammensetzung diese aufweisen, und mit welchen Auswirkungen im Brandfalle gerechnet werden muß. Der Beschwerdeführer ist der eben wiedergegebenen Auffassung des Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat auch nicht dartun können, inwiefern die Baubehörde zweiter Instanz baurechtliche Bestimmungen feuerpolizeilichen Inhaltes außer acht gelassen haben soll.

Der Beschwerdeführer vermochte sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Damit erübrigte sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 12. Jänner 1988

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