Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des Strafausspruches einschließlich des Verfahrenskostenbeitrages wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In Ansehung des Schuldspruches wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Von der Bundespolizeidirektion Klagenfurt wurde gegen den Lenker eines dem Kennzeichen, der Marke, Type und Farbe nach bestimmten Pkws, dessen Zulassungsbesitzer die Beschwerdeführerin ist, Anzeige erstattet, weil das Fahrzeug vorschriftswidrig in der Postgasse vor dem Schuhhaus X abgestellt gewesen sei, obwohl für dieses Teilstück ein allgemeines Fahrverbot (ausgenommen Schalterzufahrt) bestehe. Nach der Anzeige sei ein Organmandat vorgesehen gewesen, davon aber nicht Gebrauch gemacht worden, weil der Lenker den Lenkerverständigungszettel unbeachtet gelassen habe und in kein Wachzimmer gekommen sei.
Mit Schreiben vom 19. November 1986 forderte die Bundespolizeidirektion Klagenfurt die Beschwerdeführerin als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967, BGBl. Nr. 267 i. d.g.F. auf, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens der Behörde schriftlich mitzuteilen, wer den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw zuletzt vor dem 23. August 1986 um 08.37 Uhr in Klagenfurt, Postgasse, vor dem Schuhhaus X abgestellt habe.
Innerhalb der gesetzten Frist teilte die Beschwerdeführerin der Behörde mit, daß sich aus der an sie ergangenen Aufforderung nicht ergebe, was der Behörde mitzuteilen sei, auch nicht, welche Auskunft bezüglich des angeführten Personenkraftwagens nach der angeführten Gesetzesstelle gewünscht werde oder zu erteilen wäre. Der Inhalt der Aufforderung sei unverständlich und es sei zu konkretisieren, welche Auskunft der Behörde zu erteilen sei.
Der Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren vom 2. Jänner 1987, in der die Behörde der Beschwerdeführerin zur Last legte, es als Zulassungsbesitzerin des in Rede stehenden Pkws trotz Aufforderung unterlassen zu haben, binnen zwei Wochen die verlangte Auskunft zu erteilen, leistete die Beschwerdeführerin keine Folge.
Dem den Verwaltungsstrafakten angeschlossenen Bericht der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 6. Februar 1986 (richtig 1987) zufolge habe die Beschwerdeführerin trotz mehrerer telefonischer Aufforderungen weder die Einkommens-, Vermögensnoch die Familienverhältnisse bekanntgegeben. Persönlich habe die Beschwerdeführerin nie erreicht werden können.
Mit Straferkenntnis vom 6. März 1987 sprach die Bundespolizeidirektion Klagenfurt aus, die Beschwerdeführerin habe es als Zulassungsbesitzerin des dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws trotz Aufforderung der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 9. November 1986 unterlassen, der Behörde binnen zwei Wochen schriftlich mitzuteilen, wer den Pkw zuletzt vor dem 23. August 1986 um 08.37 Uhr in Klagenfurt, Postgasse vor dem Schuhhaus X zum Halten abgestellt habe. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe zwei Wochen) verhängt. Ferner wurden der Beschwerdeführerin gemäß § 64 VStG S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Zur Begründung führte die Behörde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der angewendeten Gesetzesbestimmung aus, da die Beschwerdeführerin dem Ladungsbescheid vom 2. Jänner 1987 keine Folge geleistet habe, sei das Verfahren ohne ihre Anhörung beendet worden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG eindeutig und unmißverständlich und habe es die Beschwerdeführerin unterlassen, ihrer Auskunftspflicht nachzukommen. Bei der Strafbemessung sei auf die Bestimmungen des § 19 VStG Bedacht genommen worden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin hätten nicht berücksichtigt werden können, weil diese nicht bekanntgegeben worden seien. Straferschwerend seien zahlreiche Vormerkungen, davon allein fünf einschlägige nach § 103 Abs. 2 KFG, wobei beim letzten Mal über die Beschwerdeführerin eine Gelstrafe von S 7.000,-- verhängt worden sei, gewertet worden.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Die Berufungsbehörde versuchte neuerlich, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin zu erheben. Dieser Versuch scheiterte, weil laut einem Bericht der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 19. Mai 1987 die Beschwerdeführerin trotz mehrerer Versuche nicht erreicht worden sei.
Mit Bescheid vom 1. Juni 1987 wies der Landeshauptmann von Kärnten die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab, stellte jedoch den Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz dahin richtig, daß es darin "....trotz Aufforderung der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 19. November 1986...."
heißen soll. Als Beitrag zu den Kosten des Strafberufungsverfahrens wurden der Beschwerdeführerin weitere 10 % der gegen sie verhängten Strafe, das sind S 1.000,-- auferlegt. Auch nach Ansicht der Berufungsbehörde - so legte sie zur Begründung ihres Bescheides unter anderem dar - habe das von der Beschwerdeführerin am 25. November 1986 persönlich übernommene Aufforderungsschreiben der Behörde erster Instanz vom 19. November 1986 das Verlangen nach einer Auskunft im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG mit unmißverständlicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Diese Aufforderung entspreche völlig dem Gebot des § 103 Abs. 2 leg. cit. Es sei der Berufungsbehörde unverständlich, warum die Beschwerdeführerin das jedenfalls den Gesetzeserfordernissen entsprechende Aufforderungsschreiben konkretisiert wissen wollte, zumal sie selbst rechtskundig sei. Die Behörde sei nicht verpflichtet gewesen, eine abermalige Aufforderung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG an die Beschwerdeführerin zu richten. Bezüglich der Strafhöhe verwies die Berufungsbehörde auf § 19 VStG. Die Beschwerdeführerin habe trotz mehrerer telefonischer Aufforderungen die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben. Persönlich habe die Beschwerdeführerin nie erreicht werden können. Verweigert der Beschuldigte Angaben über seine Vermögensverhältnisse, so folge daraus nicht, daß die Behörde bei der Strafbemessung auf die Vermögensverhältnisse des Beschuldigten nicht Rücksicht zu nehmen brauche. Letztlich habe eine Einschätzung zu erfolgen, wobei es der Beschuldigte in diesem Falle seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben habe, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zum Nachteil des Beschuldigten Umstände unberücksichtigt lassen, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten. Die Behörde gehe auf Grund der Lebenserfahrung davon aus, daß die Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin das von der Erstinstanz festgesetzte Strafausmaß zuließen. Darüber hinaus seien bei der Strafbemessung aber auch noch das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigen. Es seien Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und es sei auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Zwar dürfe gegenständlich die mit der Tat verbundene Schädigung oder Gefährdung schutzwürdiger Interessen nicht überbewertet werden, doch dürfe nicht außer acht gelassen werden, daß die Beschwerdeführerin offensichtlich vorsätzlich der ihr vom Gesetz auferlegten Verpflichtung zur Bekanntgabe des Lenkers gemäß § 103 Abs. 2 KFG nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus seien noch mehrere einschlägige Verwaltungsvorstrafen als erschwerend zu werten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet zunächst Verfolgungsverjährung ein, weil sie von der Erstinstanz schuldig erkannt worden sei, trotz einer Aufforderung vom 9. November 1986 der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs. 2 KFG nicht entsprochen zu haben, und die Richtigstellung des Datums auf 19. November 1986 von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid, der ihr am 9. Juni 1987 zugestellt worden sei, außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG erfolgt sei. Mit diesem Einwand übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Verjährungsfrist hinsichtlich der Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG mit dem Zeitpunkt der Verweigerung der geforderten Auskunft zu laufen beginnt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1976, Zl. 1331/75). Die von der belangten Behörde der Beschwerdeführerin angelastete Tat wurde nach Ablauf der ihr zur Auskunftserteilung gestellten Frist von 14 Tagen, das ist am 9. Dezember 1986, vollendet. Mit diesem Tage hat die sechsmonatige Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Da der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin am 9. Juni 1987 zugestellt wurde, wurde er noch innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG erlassen, weshalb der Einwand der Verjährung jeder Grundlage entbehrt.
Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie vorbringt, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides die ihr zur Last gelegte Tat in keiner Weise wiedergegeben werde, weil es darin lediglich heiße "der Spruch des Straferkenntnisses", ohne dieses zu konkretisieren. Sie läßt mit diesem Vorbringen nämlich den ersten Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides außer Betracht, mit dem die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin abwies und in dem sowohl die Behörde, die das mit der Berufung angefochtene Straferkenntnis erließ, als auch das Datum dieses Straferkenntnisses ausdrücklich angeführt sind.
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid ferner deswegen für rechtswidrig, weil das Auskunftsverlangen der Behörde unverständlich gewesen sei. Die Formulierung "zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt" lasse nicht den logischen Schluß zu, wer zu dem behaupteten Tatzeitpunkt tatsächlich das Abstellen des Fahrzeuges vorgenommen habe. Dieser von der Beschwerdeführerin schon im Verwaltungsstrafverfahren vorgetragene Einwand ist - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - nicht berechtigt. Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Nach der Verfassungsbestimmung des letzten Satzes dieses Absatzes treten gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Das Auskunftsverlangen der Behörde entsprach in seiner Formulierung dem insoweit keineswegs mißverständlichen Gesetzeswortlaut und ließ keinen Zweifel daran, daß die Behörde von der Beschwerdeführerin eine Mitteilung darüber verlangte, wer als Letzter ("zuletzt vor") das zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort vorgefundene Kraftfahrzeug abgestellt hat. Zu welchem Zwecke die Auskunft verlangt wurde, insbesondere ob und zutreffendenfalls welche Verwaltungsübertretung Anlaß zu der Aufforderung war, mußte entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin in der Anfrage der Behörde nicht angeführt werden (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1982, Zl. 82/02/0069, und vom 28. Oktober 1986, Zl. 86/03/0103). Daß die Behörde im Falle des Verdachtes einer Übertretung der StVO zu einer Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG berechtigt ist, wird selbst von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Ein solcher Verdacht lag im Beschwerdefall aber vor. Die gegenteilige Behauptung der Beschwerdeführerin widerspricht der Aktenlage. Im übrigen wird zu dem Einwand, daß die gegenständliche Anfrage (gemäß § 103 Abs. 2 KFG), obwohl nunmehr zur Verfassungsbestimmung erhoben, ganz wesentlich gegen die Bestimmungen der Menschenrechtskonvention verstoße, weil das Recht auf Selbstverteidigung und die Berechtigung eines Beschuldigten, sich nicht selbst einer strafbaren Handlung zu beschuldigen, auf das gröblichste verletzt erscheine, auf das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1986, Zl. 86/02/0127, verwiesen.
In Ansehung des Schuldspruches haftet demnach nach dem Vorgesagten dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit an.
Bezüglich des Strafausspruches bemängelt die Beschwerdeführerin, daß keine Ermittlungen über ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse durchgeführt worden seien und daß diesbezüglich auch keine Einschätzung vorgenommen worden sei. Telefonische Aufforderungen zur Bekanntgabe dieser Verhältnisse seien nicht zulässig und hätten auch nicht stattgefunden. Wenn die Beschwerdeführerin persönlich nie habe erreicht werden können, könne auch nicht von einer Verweigerung der genannten Auskünfte ausgegangen werden.
Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, waren zwar sowohl die Erstbehörde als auch die belangte Behörde bestrebt, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin zu erheben, wobei es ihnen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine gesetzliche Bestimmung verwehrte, die dazu notwendigen Auskünfte auch auf telefonischem Wege einzuholen. Ist dieser Weg nicht zielführend und bleibt er - wie im Beschwerdefall - ohne Ergebnis, sind die Bemühungen in dieser Frage auf anderem Wege, etwa auf dem einer schriftlichen Aufforderung zur Bekanntgabe der gewünschten Daten, fortzusetzen, wobei die Behörde hiebei von Amts wegen vorzugehen hat. Zumindest einer schriftlichen Aufforderung hätte es im vorliegenden Fall schon deswegen bedurft, weil der Bericht der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 6. Februar 1987, auf den sich die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides offensichtlich stützt, daß nämlich die Beschwerdeführerin trotz mehrerer telefonischer Aufforderungen weder die Einkommens-, Vermögens- noch die Familienverhältnisse bekanntgegeben habe, unklar ist, heißt es doch in diesem Bericht weiters, daß die Beschwerdeführerin nie habe persönlich (auch telefonisch) erreicht werden können. Vor Klärung und Ausschöpfung aller Möglichkeiten in dieser Frage war die belangte Behörde aber auch nicht zu einer Einschätzung berechtigt. Für eine Einschätzung genügt im übrigen - dies sei der Vollständigkeit halber bemerkt - der Hinweis auf die "Lebenserfahrung" nicht.
Es ist nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Mangels in Ansehung des Strafausspruches zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Insoweit war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 24. Februar 1988
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