VwGH 87/01/0282

VwGH87/01/028210.2.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des PA in S, vertreten durch Dr. Gunther Stemberger, Rechtsanwalt in Salzburg, Imbergstraße 18, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. Mai 1987, Zl. 0/92-5182/8-1987, betreffend Feststellung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
StbG 1985 §27 Abs2;
StbG 1985 §32;
StbG 1985 §42 Abs3;
StbG 1985 §42;
AVG §56;
StbG 1985 §27 Abs2;
StbG 1985 §32;
StbG 1985 §42 Abs3;
StbG 1985 §42;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde am 4. Juli 1962 in S geboren. Er besaß durch Abstammung seit Geburt gemäß § 3 Abs. 1 StbG 1949 die österreichische Staatsbürgerschaft.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 1980 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 32 StbG 1965, BGBl. Nr. 250, durch den Eintritt in den Militärdienst eines fremden Staates nicht verloren hat. Begründend führte die belangte Behörde in ihrem damaligen Bescheid im wesentlichen aus, über Betreiben des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten sei der Beschwerdeführer auf Wunsch der Eltern aus der französischen Fremdenlegion entlassen worden, weil er noch minderjährig gewesen sei. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zum Eintritt in die französische Fremdenlegion sei offenbar nicht vorgelegen. Nach § 32 StbG 1965 verliere die Staatsbürgerschaft, wer freiwillig in den Militärdienst eines fremden Staates trete. Dabei finde § 27 Abs. 2 des genannten Gesetzes sinngemäß Anwendung, wonach für den freiwilligen Eintritt eines Minderjährigen in die französische Fremdenlegion die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters hätte vorliegen müssen. Da diese Zustimmung jedoch nicht gegeben worden sei, habe der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft durch seinen Eintritt in die französische Fremdenlegion nicht verloren.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 1986 fragte das Landesgericht Salzburg bei der belangten Behörde an, ob der Beschwerdeführer durch einen zweiten Vertrag mit der Fremdenlegion nicht ex lege die österreichische Staatsbürgerschaft verloren habe. Angeschlossen war ein Schreiben des französischen Generalkonsulates in Innsbruck vom 4. September 1986, aus dem hervorgeht, dass nach Auskunft des französischen Verteidigungsministeriums, Abteilung Fremdenlegion, der Beschwerdeführer am 7. Juni 1982 einen zweiten Vertrag bei der Fremdenlegion unterschrieben hat. Dieser Vertrag wurde am 21. April 1984 aus Disziplinargründen aufgekündigt. Der Beschwerdeführer hat während seines Aufenthaltes bei der Legion die französische Staatsbürgerschaft nicht beantragt.

In einer Niederschrift der Sicherheitsdirektion Salzburg, die mit dem Beschwerdeführer am 19. Jänner 1987 aufgenommen worden war, bestätigte der Beschwerdeführer, dass er im Juli oder August 1979 als Minderjähriger ohne Wissen seiner Erziehungsberechtigten der französischen Fremdenlegion beigetreten sei. Über Betreiben des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten und auf ausdrücklichen Wunsch seiner Eltern sei er im Jahre 1980 aus der Legion entlassen worden und am 2. März des genannten Jahres in die elterliche Wohnung nach S zurückgekehrt. Bis zu seinem neuerlichen Eintritt in die Legion am 7. Juni 1982 sei er als Getränkeausführer und Arbeiter im Lungau beschäftigt gewesen. Am 21. April 1984 sei sein Vertrag mit der französischen Fremdenlegion aus disziplinären Gründen aufgekündigt worden. Der Beschwerdeführer sei sich nicht bewusst gewesen, dass er durch den neuerlichen Beitritt zur französischen Fremdenlegion und in Anbetracht des Umstandes, dass er in der Zwischenzeit die Volljährigkeit erlangt gehabt hatte, die österreichische Staatsbürgerschaft verlieren werde. Während des Aufenthaltes bei der Legion habe er die Verleihung der französischen Staatsbürgerschaft nicht beantragt. Weitere zweckdienliche Angaben könne er zum Sachverhalt nicht machen.

Der angefochtene Bescheid lautet in der Einleitung und im Spruch wie folgt:

"Auf Grund der Anfrage des Landesgerichtes Salzburg, Zl. 25 Vr 647/85, wurde von amtswegen ein neuerliches Verfahren bezüglich der Feststellung der staatsbürgerschaftsrechtlichen Verhältnisse des PA, geb. am 4.7.1962 in S, eingeleitet. Nach durchgeführten Erhebungen und in Würdigung der vorliegenden Beweismittel ergeht folgender

SPRUCH

Im Sinne der §§ 39 und 42 (2) des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 wird festgestellt, dass PA, geb. am 4.7.1962 in S gemäß § 32 StbG 1985, BGBl. Nr. 311, die österreichische Staatsbürgerschaft durch den neuerlichen Eintritt in den Militärdienst eines fremden Staates mit 7.6.1982 verloren hat.

Eine Kostenentscheidung entfällt, da es sich um ein amtliches Feststellungsverfahren handelt."

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, es sei durch die Angaben des Beschwerdeführers bei der Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg erwiesen, dass der Beschwerdeführer am 7. Juni 1982 freiwillig der französischen Fremdenlegion beigetreten sei. Er sei zu diesem Zeitpunkt bereits großjährig gewesen. Nach § 32 StbG 1985 verliere die Staatsbürgerschaft, wer freiwillig in den Militärdienst eines fremden Staates trete. Der Beschwerdeführer habe daher durch seinen freiwilligen Beitritt zur französischen Fremdenlegion die österreichische Staatsbürgerschaft verloren. Seine Aussage, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er durch den neuerlichen Beitritt die Staatsbürgerschaft verlieren würde, sei bedeutungslos und unglaubwürdig, weil er von der Bestimmung des § 32 leg. cit. bereits im Feststellungsbescheid vom 9. Juni 1980 Kenntnis erhalten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich insoweit als beschwert, als ihm durch den Bescheid der belangten Behörde die Rechtsstellung eines Staatsbürgers entzogen worden sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 32 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliert die Staatsbürgerschaft, wer freiwillig in den Militärdienst eines fremden Staates tritt. § 27 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.

Die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 2 des genannten Gesetzes ist nur für den Fall des Eintrittes eines nicht eigenberechtigten Staatsbürgers in den Militärdienst eines fremden Staates von Bedeutung.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er am 7. Juni 1982, also nach Eintritt der Volljährigkeit, der französischen Fremdenlegion beigetreten ist. Seine Behauptung, ein Beitritt zur französischen Fremdenlegion sei nicht als Eintritt in den Militärdienst eines fremden Staates anzusehen, ist nicht begründet. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 1965, Zl. 363/65, ausgesprochen hat, bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass der Eintritt in den Dienst der französischen Fremdenlegion als Eintritt in den Militärdienst eines fremden Staates anzusehen ist.

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, dass in der "Präambel" des angefochtenen Bescheides von einem amtswegig eingeleiteten Verfahren gesprochen werde, während der Spruch § 42 Abs. 2 StbG als Rechtsgrundlage anführe, nach welcher Bestimmung der Feststellungsbescheid über Antrag des Bundesministers für Inneres erlassen worden wäre. Ein solcher Antrag liege jedoch nicht vor. Auch wäre eine amtswegige Erlassung des Feststellungsbescheides nur zulässig, wenn ein öffentliches Interesse an der Feststellung bestehe. Ein derartiges öffentliches Interesse sei nicht behauptet worden und auch nicht gegeben.

Gemäß § 42 Abs. 2 StbG ist ein Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn dies der Bundesminister für Inneres beantragt. Dagegen kann nach Abs. 3 der genannten Bestimmung ein Feststellungsbescheid von Amts wegen erlassen werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Feststellung besteht. Richtig ist, dass in der Einleitung des angefochtenen Bescheides von einem amtswegigen Verfahren auf Grund einer gerichtlichen Anfrage gesprochen wird, während in der Folge § 42 Abs. 2 StbG als Rechtsgrundlage zitiert wird. Der Spruch des angefochtenen Bescheides enthält jedoch auch den Ausspruch, dass es sich um ein amtliches Feststellungsverfahren handle. Wenngleich also richtig von der belangten Behörde § 42 Abs. 3 zu zitieren gewesen wäre, kann ihr dennoch nicht vorgeworfen werden, dass der Bescheid nicht erkennen lasse, auf welche gesetzliche Grundlage er sich stützt. Die offenbar unrichtige Anführung einer Regelung betreffend die Einleitung des Feststellungsverfahrens bedeutet keinen den Bescheid mit einer dessen Aufhebung nach sich ziehenden Rechtswidrigkeit belastenden Mangel (vgl. das in einem ähnlichen Fall ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1983, Zl. 81/01/0030). Aus der im Bescheid genannten gerichtlichen Anfrage ergibt sich zwingend das öffentliche Interesse an der Feststellung der Staatsbürgerschaft.

Erstmals in der Beschwerde wird vorgebracht, der Eintritt in die Fremdenlegion sei nicht freiwillig erfolgt. Der Beschwerdeführer habe sich kurz nach Eintritt der Volljährigkeit in einer wirtschaftlichen Notlage befunden. Als heranwachsender Jugendlicher habe er mit seinen Eltern und seiner Umgebung große Schwierigkeiten gehabt und sei durch seine Notlage gezwungen gewesen, zur Sicherung seiner Existenz ins Ausland zu gehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den im wesentlichen mit der Bestimmung des § 32 StbG übereinstimmenden Vorgängerbestimmungen des § 9 Abs. 1 Z. 2 des StbG 1949 und des § 10 Abs. 1 Z. 2 des StbG 1925 (vgl. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1965, Zl. 363/65 und vom 21. Juni 1961, Slg. N.F. Nr. 5599/A), wurde zum Ausdruck gebracht, man müsse in gewissen Fällen anerkennen, dass sich eine Notlage derart auswirken könne, dass von Freiwilligkeit des Eintrittes in den Dienst eines fremden Staates nicht mehr gesprochen werden könne; dies insbesondere dann, wenn zur Beseitigung oder Vermeidung einer Notlage für den Betreffenden nur der Weg des Eintrittes in den Dienst eines fremden Staates offen gestanden sei. Allerdings werde dann auch zu untersuchen sein, ob der Notstand nicht durch eine Handlung des Betreffenden ausgelöst worden sei, die sich gegen die Interessen seines Heimatstaates gerichtet habe, die ihn etwa veranlasst habe, das österreichische Staatsgebiet zu verlassen.

Eine derartige Notlage, der er nur durch den Eintritt in die französische Fremdenlegion habe entgehen können, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Vielmehr hat er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme ausdrücklich erklärt, er sei vor seinem neuerlichen Eintritt in die Fremdenlegion im Inland als Arbeiter beschäftigt gewesen. Bei diesen Angaben war die belangte Behörde aber auch nicht verhalten, weiter zu ermitteln, ob der Beschwerdeführer seinen neuerlichen Eintritt in die Fremdenlegion freiwillig erklärt hat. Vielmehr wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs jene Umstände vorzubringen, die einen Willensmangel bei der Erklärung des Eintrittes in den Militärdienst eines fremden Staates begründet hätten.

Dem neuen Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei durch Notlage gezwungen gewesen, neuerlich in die Fremdenlegion einzutreten, sodass dieser Beitritt in den Militärdienst eines fremden Staates nicht als freiwillig im Sinne des Gesetzes zu verstehen sei, steht einerseits das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot entgegen, andererseits auch, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben vor dem Eintritt in die Fremdenlegion im Inland beschäftigt war. Eine selbstverschuldete Notlage kann aber nach der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Grund dafür angenommen werden, die Freiwilligkeit des Beitrittes in den Militärdienst eines fremden Staaten zu verneinen.

Damit ist auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers der Boden entzogen, denn der Beschwerdeführer hat auch in der Beschwerde nichts vorgebracht, was in seinem Falle die Annahme rechtfertigen könnte, sein neuerlicher Eintritt in den Dienst der französischen Fremdenlegion wäre nicht freiwillig erfolgt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 10. Februar 1988

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte